And if I were to meet.... von
Durchschnittliche Wertung: 4.5, basierend auf 20 BewertungenKapitel Fremde Betten von
„Ähem.“
Ein ungehörig lautes Räuspern weckt mich. Wer räuspert sich hier?
Also, ich bin´s gewiss nicht. Ausgeschlossen. Ich wecke mich doch
nicht selbst auf. Und dann noch mit einem solchen Geräusch. Klingt
ja nach Rohrbruch unter der Spüle. Wer bleibt übrig?
Paapiii! Nein. Papa räuspert sich nicht, sondern ruft mit lauter
Stimme durch die Zimmer. „Bist du schon wach?!“
Bruder! Nein. Brüderlein grinst höchstens und zieht mir die Decke
weg.
Wer bleibt also übrig? Öhm ...
„ÄHEM!“
Vorsichtig hebe ich ein Lid und linse darunter hervor. Ein
ungewaschener Kopf erscheint in meinem Blickfeld. Er sieht
unzufrieden aus. Und er sieht nach Planchet aus. Planchet, Diener
von d´Artagnan, dem Leutnant der Musketiere.
Hm. Planchet. Eine interessante Frage: Wieso steht Planchet in
meinem Schlafzimmer? Wenn ich solch konfuse Träume schon habe, dann
steht doch eher Monsieur le mousquetaire in meinem Schlafzimmer,
mit einem liebreizenden Lächeln auf den Lippen.
Ich öffne auch mein zweites Auge und sehe mich um. Vorerst
schweigend, denn der Mann vor mir beschränkt sich auch darauf, mich
stumm und vorwurfsvoll anzusehen.
Ich könnte nun natürlich entsetzt aufschreien und den Kerl fragen,
wie er in mein Zimmer kommt. Andererseits fordert solch eine dumme
Frage eine dumme Antwort heraus. Wie? Na, durch die Tür. Das tue
ich mir nicht an!
„Äh ... wer sind Sie?“, frage ich. Meine erste Reaktion wäre es ja
gewesen „Planchet, du dummer Kerl! Was glaubst du, was du hier
tust?!“ zu rufen. Aber wenn ein solcher Ausruf nicht von
d´Artagnan, sondern von mir kommt, dann fehlt ihm das gewisse
Etwas. Die entscheidende Portion Dienstherr, zum Beispiel. Zudem
ist es gut möglich, dass ich es mit dem Elektriker oder dem
Installateur zu tun habe. Solche Leute schreit man nicht grundlos
an. Auch wenn Schlafzimmerfriedensbruch ein guter Grund wäre.
„Planchet“ blickt missbilligend auf mich herab. „Ich bin Planchet.
Und wer seid Ihr? Übrigens liegt Ihr in meinem Bett!“ Er
betont das „meinem“ noch extra, aber das ist garnicht mehr
nötig.
„IGITT!“, rufe ich entsetzt und springe auf, während ich hastig
durch meine Haare fahre und versuche, möglichst viel imaginären
Dreck abzukehren. Einen angeekelten Blick auf das Bett werfend, das
bestimmt Brutstätte für tausende Läuse, Flöhe und anderes
scheußliches Getier ist, springe ich weg. Planchet weicht
seinerseits zurück, während er sich geistesabwesend am Kopf
kratzt.
„ICH bin ... also, wer ich bin, geht einen Diener schon mal
überhaupt nichts an.“, fahre ich den Mann an und weiche in Richtung
Tür zurück.
„Aber Ihr habt in meinem Bett gelegen.“, versucht sich Planchet zu
rechtfertigen und daraufhinzuweisen, dass er ein Recht darauf hat
zu erfahren, warum ich das wohl getan habe. Das frage ich mich
auch, welcher Teufel mich geritten hat.
„Reines Versehen.“, sage ich, öffne die Holztür, die in einem
scheußlichen Braunton gehalten ist, und schließe sie hinter mir
ohne dem armen Planchet eine Erklärung geliefert zu haben.
Einen tiefen Seufzer ausstoßend, schließe ich für einen Moment die
Augen.
Planchet. Planchets Kammer. Was für ein idiotischer Traum ist das?!
Seit wann habe ich Albträume dieser Art? Das ... ist doch ein
Traum, oder?
„Guten Morgen, Mademoiselle.“
Ich zucke zusammen und wirble herum. Zuerst traue ich meinen Augen
nicht! Vor mir steht der Mann meiner Träume. - Und er hat ein
schmutziges Grinsen auf den Lippen.
„Guten ... Morgen.“, meine ich betont höflich und hebe den Kopf.
Mit einiger Genugtuung stelle ich fest, dass er gerade mal so groß
ist wie ich. Wenn nicht sogar etwas kleiner ... Was für ein Glück
er hat, dass ich so selten Stöckel trage.
Aber wie gut er aussieht! Toll, dass ich ihm hier begegne.
„Monsieur d´Artagnan?“, erkundige ich mich nun mit
Unschuldsmiene.
„Zu Diensten.“, erwiderte er und verneigt sich. Mit Mühe widerstehe
ich der Versuchung, entzückt aufzuseufzen. Was für ein Kavalier!
Auch wenn er immernoch ein etwas spöttisches Lächeln an sich
hat.
„Ich habe Euch gesucht.“
Nun ist der Spott nicht nur auf seinen Lippen, sondern auch in
seinen Augen sichtbar! Er wirft einen bedeutungsschweren Blick zu
Planchets Kammer.
„Ich habe mich im Zimmer geirrt!“, gebe ich indigniert zurück und
mustere mit kühlem Blick seinen Teil der Wohnung. Schließlich weiß
ich wie es dort aussieht. Immerhin ist Planchet auch für diesen
Teil verantwortlich und d´Artagnan wahrlich kein Ordnungsfanatiker!
„Kann ja mal passieren...“, füge ich leise hinzu.
„Wie .. kann ich Euch helfen?“, besinnt er sich nun endlich auf
seine Manieren.
„Äh.“ Ja. Genau. Gute Frage. Wie denn nur?
„Das weiss ich noch nicht.“
D´Artagnan starrt mich einen Moment verdutzt an und als er sieht,
dass ich es ernst meine, runzelt verärgert die Stirn.
„Mademoiselle, ich bin der Leutnant Seiner Majestät Louis XIII. Ich
habe keine Zeit für Spielereien.“
„Ach ja ... Ihr seid ja immer in Eile.“, spotte ich. Dabei weiss
ich doch genau, dass ich ständig dafür sorge, dass der arme Mann es
eilig hat.
„Ganz genau!“ Ich frage mich, ob er Ironie kennt.
„Seid Ihr jetzt auch in Eile?“
„Nun .. nein.“
„Habt Ihr nun Dienst?“
„In etwa einer halben Stunde.“
Zufrieden nicke ich. „Dann ... dann bringt mich bitte in die ...
zum Palais Tréville.“
Ich weiss selbst nicht, was ich dort will. Außer in d´Artagnans
Nähe sein... Und wenn er schon mal dort hin geht...
Er wirft mir einen nachdenklichen Blick zu. Bestimmt ist er
erstaunt über meine sagenhafte Schönheit. So wie ich über
seine.
„Dann lasst uns gehen.“
Ich nicke , trete zur Tür und bleibe dort stehen. Beharrlich warte
ich bis er ebenfalls kommt und sie mir öffnen möchte. Ich will
hoffen, dass er mir auch seinen Arm reicht! Wenn er es nicht
freiwillig tut, muss ich wohl nachhelfen. Auf ... subtile Weise. So
wie es für uns Österreicher typisch ist.