Unter Musketieren... von MadameAramis
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 17 BewertungenKapitel Paris
Kapitel 4
Oben angekommen, betrachtete Constance die Mädchen genauer. Sie hatten wirklich komische Kleidung an und sie fragte sich, warum sie eine Hose trugen. Aber wichtiger, als diese Frage zu klären, war jetzt erst einmal, dass die Zwei versorgt wurden, denn sie waren schmutzig und erschöpft.
„Was ist denn nur mit euch passiert?“, fragte sie, während sie die
Mädchen von oben bis unten musterte.
„Das ist eine komplizierte
Geschichte“, antwortete Lexie, die darauf hoffte, dieses Gespräch
auf später verlegen zu können.
,,Kümmern wir uns jetzt erst mal darum, dass ihr etwas Anderes zum
anziehen bekommt.".
Mit diesen Worten ging Constance aus dem Zimmer und rief noch ein
„Ich bin gleich wieder da“, über ihre Schulter.
Als sie wieder kam, hatte sie einen Eimer Wasser dabei und begann
damit, eine Holzwanne zu füllen. „Ich bin übrigen Constance“.
„Ich heiße Leah“
„Alexandra“, stellten sich die zwei Mädchen vor. Constance kam
ihnen direkt sympathisch vor und man sah ihnen ihre Erleichterung
an, eine Pause von den Musketieren zu haben.
Constance schaute die Geschwister an: „Ich denke, ihr habt keine
andere Kleidung dabei, oder?“
Beide schüttelten den Kopf.
„Na dann, leihe ich euch erst einmal etwas.“
Sie legte ein paar Kleidungsstücke auf eine Kommode neben die
Wanne.
„Kommt einfach runter, wenn ihr fertig seid. Dann bekommt ihr erst
mal was zu essen. Und ruft, wenn ihr noch etwas braucht!“, sagte
Constance und lächelte die Zwei an.
Als Constance aus der Türe war, sahen sich Leah und Alexandra an:
„Na dann wollen wir mal“.
Das Baden in der Wanne, stellte sich als deutlich schwieriger
heraus, als sich unter eine Dusche zu stellen. Außerdem war das
Wasser eiskalt und alle beide zitterten.
Ein weiteres Problem bestand darin, die Kleider, die Constance
ihnen geliehen hatte, anzuziehen.
„Ich hab keine Ahnung wie ich da rein kommen soll“, stellte
Alexandra fest.
Sie versuchte sich das Kleid über den Kopf zu ziehen. Nach mehreren
Anläufen hatte sie es endlich geschafft und kämpfte nun mit der
Schnürung.
„Soll ich dir helfen?“, fragte Leah grinsend, die sich den Kampf
schon eine Weile mit angesehen hatte.
„Ja, ich denke, ich könnte Hilfe gebrauchen.“
Leah begann damit, das Korsett fester zu schnüren und Alexandra
schnappte nach Luft: „Spinnst du, das ist viel zu eng!“
„Nein das muss so sein.“, berichtigte Leah sie belustigt.
„Ist mir egal, „wie das muss“, ich bekomme keine Luft mehr!",
motzte Alexandra weiter.
Leah trat einen Schritt zurück und betrachtete ihr Werk: „Sieht
doch gut aus“.
„Das ist verdammt unbequem!“, beschwerte sich Alexandra.
„Da gewöhnt man sich schon noch dran“, erwiderte Leah
optimistisch.
„Jaja, das sagst du! Warte bist du deines anhast. Du bist dran“,
forderte Alexandra Leah auf.
Als auch Leah es in ihr Kleid geschafft hatte, musste sie dann doch
zugeben, dass es unbequem war und die Bewegungsfreiheit deutlich
eingeschränkt zu sein schien.
Als Constance die Treppe herunter kam, hörte sie bereits die laute
Unterhaltung der Musketiere. Mit dem Erreichen der Küche,
verstummte die Diskussion jedoch und die Männer sahen zu ihr.
D´Artagnan sah sie wieder mit seinem „Bitte sei nicht böse - ich
mach alles wieder gut - nur tu mir nichts“- Hundeblick an.
Constance amüsierte sich innerlich, war aber auch stolz auf den
Respekt, den ihr diese vier Musketiere entgegenbrachten. Nach Außen
hin tat sie jedoch weiterhin wütend. Obwohl sie längst allen
verziehen hatte, wollte sie sie doch noch ein wenig zappeln
lassen.
„So, wollt ihr mir jetzt mal erklären, was hier los ist?“, wollte
sie wissen.
„Aramis musste mal wieder den Helden spielen“, bemerkte Porthos,
der sich einen zweiten Teller von Constances Suppe nahm.
„Wie genau soll ich das jetzt verstehen?“, erkundigte sich
Constance.
„Porthos. Du willst doch wohl nicht damit sagen, dass du den Zwei
nicht geholfen hättest!“, mischte sich Aramis ein.
„Natürlich hätte ich auch geholfen, aber es war so klar, dass du
wieder mal der Erste bist, wenn es um das andere Geschlecht
geht.“
„Was genau ist den überhaupt passiert?“, versuchte Constance noch
immer herauszufinden.
„Ich habe bemerkt, wie zwei junge Damen, völlig verängstigt, allein
und hilflos in das Gasthaus kamen und bin zur Hilfe geeilt.“,
erzählte Aramis seine Heldentat.
„Sie behaupten, sie kämen aus der Zukunft“, bemerkte Athos, der
sich an den Türrahmen gelehnt hatte.
Constance schenkte ihm einen ungläubigen Blick. „Zukunft?“
„Ich bin auch noch nicht so überzeugt“, murmelte Porthos
dazwischen.
In dem Moment kamen Alexandra und Leah um die Ecke.
„Setzt euch doch.“, begann Constance sofort und nahm Porthos den
Suppentopf weg, welchen er zu sich gezogen hatte. Porthos warf
Constance einen enttäuschten Blick zu, ließ aber sofort nach, als
Constance ihn streng ansah. Sie stellte den Mädchen zwei Teller
hin.
Draußen wurde es bereits langsam dunkler und die Musketiere
verabschiedeten sich. Als Constance die Tür hinter ihnen
geschlossen hatte, wandte sie sich an D´Artagnan, der die ganze
Zeit über sehr still geblieben war.
„Alles in Ordnung bei dir?“, fragte Constance ihn besorgt.
„Wenn bei dir alles in Ordnung ist?“, antwortete D´Artagnan.
„Wir kriegen das schon hin, mach dir keine Sorgen, ich tue doch nur
so. Ich bin dir nicht böse“, sagte sie lächelnd. „Es war gut, dass
ihr die zwei hierher gebracht habt. Sie brauchen unsere Hilfe und
ich kümmere mich gerne um sie“
Das Musketier schien erleichtert: „Na dann ist ja alles gut“.
„Genau und außerdem - ich bin nicht diejenige, die auf dem Boden
schlafen muss!“, ärgerte Constance ihn mit einem amüsierten
Gesichtsausdruck.
„Was? Wie lange soll ich denn auf dem Boden schlafen?“, rief
D´Artagnan empört.
„So lange, bis wir die Zwei irgendwo anders unterbringen können“,
antwortete Constance gelassen und machte sich auf den Weg in ihr
Bett.
Auf halben Weg drehte sich dann allerdings doch noch einmal um, da
sie auf einmal Mitleid mit ihrem Musketier hatte, der ja eigentlich
nichts für die ganze Situation konnte. Sie lief zu ihm zurück,
legte ihre Hände um seine Schultern, stellte sich auf ihre
Zehenspitzen und küsste ihn.
„Gute Nacht!“ murmelte sie.
„Schlaf gut“, lächelte D´Artagnan zurück und sah ihr mit seinem
Hundeblick in die Augen.
„Na gut“, seufzte Constance schließlich, „Komm mit, du kannst bei
mir schlafen“.
„Wirklich?“, frage D´Artagnan noch etwas skeptisch.
„Na komm schon, diesem Blick kann doch Keiner widerstehen!“
Triumphieren folgte D´Artagnan seiner Geliebten.
D´Artagnan wachte langsam auf. Er drehte sich auf die andere Seite
und wunderte sich, als er bemerkte, dass ein Arm über ihm lag. Er
öffnete die Augen und musste lächeln, als er Constance sah. In dem
Moment machte auch Constance die Augen auf und lachte zurück.
„Na gut geschlafen?“, fragte sie glücklich.
„So gut, wie noch nie“, antwortete der Gefragte mit einem
zufriedenen Gesichtsausdruck.
D´Artagnan drehte seinen Kopf zur Seite, um auf die Uhr zu
sehen.
„Verdammt!“, fluchte er nur und war mit eine mal aus dem
Bett.
„Was ist denn?“, wunderte sich Constance.
D´Artagnan verschwand kurz, tauchte dann mit seinem Hemd wieder auf
und rannte im Haus umher, um seine Sachen zusammen zu suchen. „Ich
bin viel zu spät! Athos wird mich umbringen!
„Das glaub ich nicht, wenn du einmal zu spät kommst.“
„Wir sollen aber heute den König auf diesen langweiligen
Jagdausflug begleiten.“
„Das schaffen sie bestimmt auch ohne dich.“
„Hoffentlich, ansonsten würde das bedeuten, dass sie auf mich
gewartet haben.“
D´Artagnan gab Constance noch schnell einen Kuss und war aus dem
Haus.
Vor dem Palast warteten in der Zwischenzeit ein mürrisch und wütend
aussehender Athos, sowie Aramis, Porthos und der König. Aramis und
Porthos hatten sich ein wenig abseits gegen die Wand gelehnt, um
Athos Zorn zu entkommen.
„Athos sieht echt sauer aus, findest du nicht?“, stellte Aramis,
der besorgt um D´Artagnan war, fest.
Porthos sah ihn an: „Ja, das gibt auf jeden Fall Ärger!“
„Wenn er nicht bald kommt, wird Athos selbst losziehen und ihn hier
her schleifen.“, warf Aramis ein.
„Dann wollen wir hoffen, dass er nicht mehr lange braucht“.
Kaum hatte Porthos diese Worte kundgetan, bog auch schon D´Artagnan
um die Ecke. Er war offensichtlich gerannt, denn er atmete schwer
und stütze seine Hände auf die Beine, nachdem er an Aramis und und
Porthos vorbeigelaufen war, und vor einem schlecht gelaunten Athos
zu einem Halt kam.
„Tut … mir Leid“, brachte er zwischen seinen Versuchen, seinen Atem
zu kontrollieren, hervor.
„Es sollte dir auch Leid tun! Weißt du, wie lange wir schon hier
warten! Du hast den König warten lassen!“, sagte Athos sauer.
„Wirklich, das war nicht mit Absicht, ich habe verschlafen!“,
entschuldigte sich D´Artagnan.
„Ach ja verschlafen? Das ausgerechnet heute!“
„Wirklich, Entschuldigung“
Athos musterte ihn, drehte sich um und sagte mit bedrohlich ruhiger
Stimme: „Lasst uns nicht noch mehr Zeit verlieren!“
Nachdem sie eine Stunde geritten waren, fühlte D´Artagnan sich noch
immer schuldig. Das Schweigen von Athos machte ihm Angst, und war
schlimmer, als angeschrien zu werden.
Aramis schloss zu Athos Pferd auf: „Wie lange willst du ihn noch
leiden lassen?“
„So lange, wie nötig!“, bemerkte Athos trotzig.
„Und wie lange ist das? Sie ihn dir doch an, er fühlt sich schuldig
genug“, versuchte Porthos
D´Artagnan zu retten.
Athos seufzte: „Ist ja gut!“.
„D´Artagnan“, rief er und brach
damit das Schweigen, das bis dahin zwischen dem Ältesten und
jüngsten Musketier geherrscht hatte. ,,Reite voraus und suche uns
einen Rastplatz!“
Erleichtert atmete D´Artagnan durch und ritt voran.
„Siehst du, war doch gar nicht so schwer“, erwiderte Porthos
glücklich, da die angespannte Stimmung zwischen seinen Freunden nun
zu schwinden schien.
Derweil bei Constance zu Hause:
„Hallo“, begrüßte Alexandra Constance, deutlich besser gelaunt, als
am Vortag.
„Guten Morgen.“, grüßte Constance zurück. „Du scheinst gut
geschlafen zu haben.“
„Das habe ich“, lächelte Alexandra. ,,Wo ist D´Artagnan?“
„Der musste weg, arbeiten“, antwortete Constance.
„Was macht man denn so den ganzen Tag als Musketier?“, erkundigte
sich Alexandra nun Neugierig. Dabei dachte sie sofort wieder an
besagtes Buch.
„Also meistens den Palast oder den König bewachen. Dann auf
Missionen gehen, Briefe überreichen, Leute finden, Banditen
hinterherjagen, und alles andere Gefährliche“, dabei seufzte
Constance.
„Hört sich so an, als wärst du nicht so einverstanden. Mit dem
gefährlichen Teil.“, schlussfolgerte Alexandra.
„Mir wäre es lieber, er würde im Palast bleiben, aber er liebt
diese Missionen. Außerdem bin ich auch stolz auf ihn, dass er ein
Musketier ist.“, erwiderte Constance.
„Das hört sich so aufregend an. Bei uns Zuhause gibt es so etwas
gar nicht, alles ist komplett anders."
„Was genau ist denn anders?“, wollte Constance nun ebenfalls
neugierig wissen.
„Einfach Alles, wo soll ich da nur anfangen?“
Eine lange Unterhaltung über Städte, Technik, Medizin, und Schule,
später kam Constance aus dem Staunen nicht mehr heraus.
„Und in der Politik hat sich auch einiges geändert. Wie haben eine
Demokratie und es gibt eine Gleichberechtigung“, berichtete
Alexandra weiter.
,,Was ist denn das?", wollte Constance interessiert wissen.
,,Demokratie, also Mitbestimmungsrecht. Es gibt Wahlen und das Volk
entscheidet mit. Das ist natürlich noch etwas komplizierter, aber
das ist jedenfalls die Grundidee. Gleichberechtigung heißt, alle
Menschen haben die gleichen Rechte. Das funktioniert aber leider
nicht immer. Aber Frauen Beispielsweise, sind in den meisten
Ländern mit den Männern gleichgestellt."
„Das muss eine schöne Welt sein!“, bemerkte Constance, die noch
immer damit beschäftigt war, zu versuchen, sich die zukünftige Welt
vorzustellen.
„Naja, dafür gibt es andere Nachteile, ich wette hier hat man zum
Beispiel noch nie etwas von Umweltverschmutzung gehört. Außerdem
ist es nicht in allen Ländern so friedlich“.
„Es muss komisch für euch sein, auf einmal in dieser Welt zu
leben“, bemerkte Constance
„Das ist es“, sagte Alexandra traurig und schaute auf den Boden.
„Wir müssen versuchen zurück zu kommen, unbedingt!“
„Wie wollt ihr das anstellen?“, wunderte sich Constance und legte
Alexandra tröstend eine Hand auf den Arm.
Alexandra sah auf: „Porthos hat da von so einem Mann erzählt, der
etwas ähnliches wie wir erzählt hat, wir müssen ihn finden!“
„Das war ein paar Tagesritte von hier entfernt“, überlegte
Constance und dachte dabei an
D´Artagnan Schilderung, des seiner Meinung nach viel zu langen,
unbequemen Ritts.
„Wir müssen ihn aber finden!“, sagte Alexandra mit ernster
Miene.
„Vielleicht solltest du mal mit euren Rettern darüber reden, die
könnten euch vielleicht hinbringen.“
„Denkst du wirklich, das würden sie tun?“. Alexandras Gesicht
hellte sich wieder auf und man sah die Hoffnung in ihren
Augen.
„Ja das denke ich!“, lächelte Constance.
„Ich muss sie direkt fragen!“. Alexandra sprang schon von ihrem
Stuhl auf, drehte sich zur Tür und war schon draußen. Sie tauchte
kurz danach jedoch wieder im Türrahmen auf: „Wo genau muss ich
nochmal hin?“
Constance lachte: „Komm her, ich erkläre dir den Weg. Vielleicht
solltest du auch noch etwas warten, momentan sind alle auf
irgendeinem Jagdausflug.“
Einige Zeit und eine, aus Alexandra Sicht sehr komplizierte,
Wegbeschreibung später, saß Alexandra auf einem Pferd und ritt
richtung Garnison. Ein Glück, dass sie schon seit ihrem zehnten
Lebensjahr reiten konnte, sonst hätte sie jetzt wohl ein Problem
gehabt. Schon vorher hatte sie die wunderschönen Friesen der
Musketiere bewundert, aber jetzt auf einem zu reiten, war eindeutig
nicht zu toppen. Sie streichelte den Hals, des atemberaubenden
Tieres und sprach liebevoll mit ihm. Erneut bewunderte sie Paris.
Wie kann eine Stadt nur so anders wirken?
Nach ein paar Minuten, wurde es schließlich ziemlich eindeutig,
dass sie sich verlaufen hatte. Unvorteilhafter Weise hatte sie sich
in den unschöneren Teil der Stadt verirrt. Obwohl es hell war, war
es ziemlich beängstigend. In den Schatten der Häuser saßen dunkle
Gestalten, die offensichtlich ein paar Gläser zu viel getrunken
hatten. Schon bald erkannte sie, dass sie wohl ohne Hilfe hier
nicht wieder rauskommen würde. Sie beschloss einen, nicht ganz so
betrunkenen Mann nach dem Weg zu fragen. Höflich stieg sie also ab
und näherte sich ihrem Ziel.
„Entschuldigung, ich habe da eine Frage. Ich habe mich verlaufen,
könnten sie mir sagen, wie ich zur Garnison der Musketiere komme?“,
fragte die freundlich.
Der Mann musterte Alexandra, lachte verächtlich und entblößte dabei
seine ungepflegten Zähne.
„Verlaufen sagst du? Was willst du denn bei den Musketieren?“. Das
Wort „Musketiere“ sprach er dabei überhaupt nicht erfreut
aus.
„Bitte, können sie mir einfach sagen, wie ich hier raus komme.“,
fragte Alexandra erneut.
„Und was bekomme ich dafür?“, wollte der Mann mit einem musternden
Blick wissen.
Er hatte sich in der Zwischenzeit von der Hauswand wegbewegt und
kam Alexandra nun immer näher. Das Mädchen trat einen Schritt
zurück, um den Sicherheitsabstand zu dem Unbekannten wieder
herzustellen. Langsam wurde ihr die Situation ein wenig zu
bedrohlich.
„Ähm, also können sie mir nicht diesen Gefallen tun, ich habe
leider kein Geld!“. Alexandra wirkte ziemlich verunsichert und sie
wünschte sich, den Mann nicht gefragt zu haben.
„Ach das macht doch nichts. Geld will ich doch nicht!“. Der
Betrunkene machte noch einen Schritt auf Alexandra zu und streckte
seinen Arm aus, um sie zu berühren. Alexandra wich sofort zurück
und schlug seine Hand weg. Ihr Herz pochte wild und sie bekam es
wirklich mit der Angst zu tun. So etwas war ihr im 21. Jahrhundert
noch nie passiert!
„Warum so frech?“, fragte der Mann bedrohlich ruhig.
„Lassen sie mich in Ruhe!“, schrie das Mädchen verunsichert.
„Ach komm schon.“, drängte der Unbekannte weiter.
„Gehen sie weg!“, sagte Alexandra mit zitternder Stimme.
Der Unbekannte packte Alexandra am Handgelenk und zog sie zu sich
heran.
Alexandra verpasste ihm eine schallende Ohrfeige und versuchte sich
aus seinem Griff zu befreien. Ein wildes Handgemenge entstand, bis
der Mann auf einmal einen Dolch in der Hand hielt. Angsterfüllt
starrte Alexandra auf den Dolch. Das war ihr nun wirklich noch NIE
passiert. Was jetzt? Was sollte sie tun? Wegrennen, war ihr erster
Gedanke, doch der Mann hielt sie immer noch fest. Den Dolch hielt
er nun gegen ihre Kehle und Alexandra traute sich nicht mal mehr zu
schlucken.
„Wirst du nun tun, was ich dir sage!“, befahl der Mann mit einer
ungeduldigen Stimme.
Alexandra rollte vor Verzweiflung eine Träne die Wange herunter.
Obwohl sie eigentlich überzeugt war, dass ihr Angreifer keine Gnade
zeigen würde, versuchte sie es trotzdem.
„Bitte, Bitte lassen sie mich gehen!“, schluchzte sie nun.
„Das hättest du wohl gerne so!“, antwortete der Mann nur und machte
nicht den Eindruck, als würde er Alexandra gehen lassen.
Zur Demonstration, seiner Glaubwürdigkeit, drückte er den Dolch nun
fester gegen Alexandras Hals, bis eine rote Spur herunterlief.
Alexandras Atem beschleunigte sich. Sie konnte nicht mehr klar
denken, sie hatte solche Angst. Wie war das nochmal in dieser
Selbstverteidigungsstunde gewesen, die sie einmal im
Sportunterricht hatten? Komm schon, denk nach! Sie hatte keine
andere Wahl. Alexandra nahm all ihren Mut zusammen und befreite
sich mit einem Tritt zwischen die Beine ihres Angreifer und einer
flüssigen Bewegung ihrer Arme. Der Mann war eindeutig verwirrt,
über die Gegenwehr des Mädchens. Für Alexandra hieß es jetzt
rennen, das war ihre einzige Chance! So schnell sie konnte
sprintete sie zu ihrem Pferd, sprang auf und flüchtete im vollen
Galopp. Sie drehte sich nicht mehr um und ließ das Pferd einfach
rennen. Sie wusste sowieso nicht, wo sie war. Sie wollte einfach
nur weg von diesem Ort. Nach ein paar Minuten in vollem Tempo
traute sie sich wieder durchzuparieren und ließ ihr Pferd in einen
Schritt fallen. Sie bemerkte, dass sie es irgendwie geschafft
hatte, wieder auf den Marktplatz zu kommen. Wahrscheinlich wusste
ihr treues Reittier den Weg. Außerdem bemerkte sie jetzt auch den
Schmerz, an ihrem rechten Arm und der Stelle an ihrem Hals, an der
der Dolch sie geschnitten hatte. Sie schaute auf ihren Arm. Sie sah
einen ziemlich tiefen Schnitt, der unangenehm pochte.
„Das wird schon wieder“, beruhigte sie sich, „alles wird
gut!“
Nach ein paar Minuten hatte sie endlich die Garnison
erreicht.
Völlig verschwitzt und immer noch zitternd, trat sie erleichtert
durch das Tor, hinter welchem sie hoffentlich in Sicherheit
war.