And if I were to meet.... von Anonymous

  Durchschnittliche Wertung: 4.5, basierend auf 20 Bewertungen

Kapitel The Nightmare before Christmas

Hallo,

dies hier ist jetzt die Umkehrung der Heldenfrage und nicht mehr als der Transportweg. Ich habe nicht aus Arroganz nur meine eigenen Originals (Dvoran Uretanor/Haljyar debar’Baraque) zitiert, sondern weil ich weiß dass den meisten Leuten ihre Originals zu kostbar sind, als dass sie so erwähnt werden dürfen. Was die FF’s angeht, habe ich mich versucht zu erinnern, was für andere Fandoms hier erwähnt wurden, und erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Jeder der *seine* anderen Helden hier nicht findet, stellt sie sich bitte irgendwo in einer Stillen Ecke sitzend vor.

Teclador

The nightmare before Christmas

Es gibt für jeden in dieser Welt einen Ort, auch für Geister, Romanfiguren und vergessene Träume. Doch wo es für verlorene Träume einen verlassenen Friedhof gibt, bleiben vergessene Romanfiguren und Helden an einem Ort, den man „Haus der verlorenen und wiedergefundenen Dinge“ nennt. Nun gab es in jenem Hause auch ein Zimmer, der gehörte der kleinen, literarischen Gemeinschaft, die sich “Artagnan.de” nannte und dort herrschte seit einiger Zeit arge Überfüllung.

Um einen Tisch nahe dem Feuer hatten sich eine ganze Reihe Herren versammelt, die allesamt zu verlassenen Fanfictions gehörten, welche von den fleißigen Autoren Artagnan.de’s aus dem einen oder anderen Grunde aufgegeben worden waren. Sie waren eine recht bunte Versammlung, die Gemeinschaft des Ringes beschlagnahmte den Platz vor dem Feuer, Hagen von Tronje, der düstere Held des Nibelungenliedes, der zu Zeiten zwei der Autorinnen inspiriert hatte, führte einen freundschaftlichen Streit mit Tenaka Khan, der, seit David Gemmells Romane bei den jeweiligen Mitgliedern in Ungnade gefallen waren, ebenfalls hier festsaß und nicht ungern mit dem Tronjer über Krieg und Kriegskunst dispurtierte. Die verbliebenen Helden der Entprise Besatzung, denen früher einige Mitglieder geneigt gewesen waren, fühlten sich etwas verloren zwischen so viel offensichtlicher Gewalttätigkeit.

Die Herren und Damen, die weiter oben auf einer gesonderten Ebene des Raumes saßen und sich bemühten, die Gestalten aus der Fanfiction zu ignorieren, waren die vergessenen Originals, und als solche per Definitionem etwas besseres. Ein nicht näher namentlich bekannter Kavallerieoffizier hatte, zum X-ten Mal eine Schachpartie gegen Dvoran Uretanor begonnen und beide scherten sich nicht darum, dass sie so in alle Ewigkeit weitermachen konnten, wenn sich nichts änderte. Wenigstens war der Umstand, dass Haljyar debar’Baraque hin und wieder so etwas wie einen Kommentar abgab, beinahe hilfreich.

“Und da sitzen wir nun, und langweilen uns.” Unten, in einer Ecke, spielte Tyr Anasazi, der Nitzscheaner, der seitdem es mit ‚Andromeda’ abwärts gegangen war, hier heimatlos herumhing, unruhig mit einem Messer. “Und wenn es so weiter geht, fallen unsere Blutslinien mitsamt uns der Vergessenheit anheim.”

“Was bei dir ja auch ein gewaltiger Verlust wäre”, stellte Tenaka Khan fest. Eine gewisse Arroganz hatte der Nadrdirkhan selbst hier noch.

“Aber eine Schande ist es schon”, meinte Peregrin Tuk und warf ein Stück Holz ins Feuer. “Nur wegen dieser Muskeltiere haben sie uns vergessen, verlassen, und hier abgeladen wie überflüssiges Gepäck.”

“Wahrscheinlich bedeuten wir ihnen nicht genug”, fügte Worf düster hinzu.
Tenaka hatte sich schon wieder halb abgewandt. “So wie ihr jammert, kann man Euch ja nur verachten.”

“Und was würdest du tun wollen?” grollte Peregrin Tuk. “Hier sitzen und auf bessere Zeiten hoffen, wie die Originals?”

Tenaka lehnte sich zurück. “Ja, wenn es um das Tun geht, Peregrin könnte man...”

“Rache üben”, warf Hagen düster ein.

Tenaka schüttelte den Kopf. “Sinnlos, was würde uns das schon bringen? Tote Autoren schreiben nichts mehr. Man müsste sie viel mehr überzeugen, dass ihre Musketiere –“ er sprach das Wort richtig aus, “nicht so grossartig sind, wie sie denken.”

Peregrin sah ihn an. “Und wie willst du das bewerkstelligen? Wir sitzen hier und können nicht viel tun, außer schimpfen.”

“Ein Zauber oder ein Fluch.” Hagens Stimme war düster wie immer, aber er begriff anscheinend worüber Tenaka sprach.

Denn der Nadirkhan nickte zustimmend. “Genau das, ein Zauber, der ihnen – sagen wir – eine nähere Erfahrung mit ihren Lieblingen verschafft.”

„Aber von diesem Ort hier wirkt keine Magie in die wirkliche Welt“, warf Tyr Anasazi ein.

Tenaka zuckte die Schultern. „Wer sagt denn, dass wir zaubern. Wir alle haben noch die eine oder andere Verbindung... Es könnte ausreichen, um jemanden dazu zu bringen, für uns den Weihnachtsfluch zu sprechen.“

Allgemein herrschte anerkennendes Nicken ringsum. Und in der folgenden Nacht machte sich Tenaka auf den Weg.

***

Susanne war über ihrem Buch während der langen Fahrt im ICE eingeschlafen, irgendwo in mitten von „The King beyond the gate“ hatte alle Spannung sie nicht mehr wach halten können, was wohl der Grund war, warum sie von Tenaka Khan, dem Helden des Buches träumte, doch das, was er ihr sagte, war alles andere als im Buch zu finden. Erst wollte sie seine Bitte rundheraus ablehnen, mit derart okkultem Unsinn würde sie sich nicht einlassen. Doch... welche Dame, besonders wenn sie erst vierzehn ist, kann einer eindringlichen Bitte ihes Lieblingshelden lange wiederstehen? Und so versprach sie ihm zu tun. um was er sie gebeten hatte.

Am Abend vor Weihnachten hatte sie alles zusammen, was sie brauchte. Ein simpler, weißer Kreidekreis mit zwölf Kerzen verzierte den Boden ihres Zimmer. O Gott, wenn nur ihre Eltern sie nicht erwischten! Langsam legte sie die Karten vor die Kerzen, beginnend an der Nordseite, die sie mühsam mit einem Kompass herausgefunden hatte. Narr und Teufel, Rat des Schicksals, und Gehängter, der Magier und die Liebenden, die Welt und die Sonne, Ritter und Turm, sieben der Schwerter und neun der Stäbe. Dann setzte sie sich in die Mitte des Kreises, eine leise Stimme in ihrem Inneren sagte ihr, dass dies hier alles andere als freundlich war, und dass sie es vielleicht besser ließ. Aber jedesmal wenn sie zweifeln wollte, rief sie sich Tenakas bittende schwarze Augen ins Gedächtnis und das brachte sie dazu, weiter zu machen. Die Worte, die sie sprach klangen merkwürdig, wie verdrehtes Latein und es wurde immer schwerer sie hervor zu stoßen, die Kerzen brannten immer höher je weiter sie sprach, dann flackerten die Flammen grell auf, und als das letzte Wort gesprochen war, löschte ein eisiger Windstoss sie aus. Susanne blieb bewusstlos in der Mitte des Kreises liegen.

***

Und im selben Moment schlief Maike an ihrem Schreibtisch ein, der Türmer schaute empört vom Monitor auf sie herab, und die Bücher lagen aufgeschlagen, aber sie schlief und der Traum trug sie davon, nach Paris zu einem Hause, von dem sie bisher nur gelesen hatte.

Und Maren, die zu Hause in der Badewanne lag, döste ebenfalls ein und fand sich mir nichts, dir nichts in der Rue des Fossoyeurs wieder.

Stella war noch im falschen Zimmer, als sie einschlief und fand sich darum etwas sehr verwirrt in Planchets Kammer wieder.

Und Linda, die auf der Heimfahrt von der Arbeit in einem Stau steckte, schlief ein und ihr Traum trug sie hinüber zu einem Garten nahe der Rue Ferou..

Dorothea, die im Flugzeug nach Deutschland saß, rutschte die Michael Collins Biographie aus den Händen und ihr Traum führte sie zur Ile de Cité, zu einem Haus, genannt das Schloss an der Seine.

Boys and Girls of every age,
would you see something strange?
Come with us and you will see...

(The Nightmare before christmas)

Kapitel Ein Glas zuviel von xalibur 

Ich weiß nicht, woher ich es wußte, wo ich war, aber ich wußte es sofort. Die Dunkelheit, die Schemen der geduckten Häuser, der Geruch nach Holzrauch und Jauche - so hatte ich mir das Paris des 17. Jahrhunderts vorgestellt, und jetzt war ich hier. Ich lag im Gras und konnte kaum die Hand vor Augen erkennen. Mühsam rappelte ich mich hoch. Es war kalt. Die Halme waren mit Reif überzogen. Feuchtigkeit drang durch meine Jeans.

Jeans. Ich tastete über meinen Körper. Ja, ich trug meine normale Kleidung, Goretex-Jacke, Jeans und Stiefel. Oh je, damit würde ich hier auffallen wie ein bunter Hund. Trotzdem mußte ich grinsen. Mit 16 hatte ich mal eine kleine Geschichte geschrieben, wo genau das geschehen war: ich war im Traum in Paris gelandet, so wie ich war, im Nachthemd und ohne ein Wort Französisch zu verstehen. Und wurde, kaum angekommen, von der Stadtwache aufgegriffen und wegen meines schamlosen Aufzugs in die Bastille gesteckt. Nun ja, das war lange her.

Irgendwie ahnte ich, daß die Rue de Ferou in der Nähe war. Ob ich sie suchen sollte? Nur einfach mal einen Blick durchs Fenster werfen? Vielleicht brannte ja noch Licht und Monsieur Athos saß beim Wein. Ich hätte ihn ja schon gern einmal in Natur gesehen. Ich könnte ja auch klopfen, unter irgendeinem Vorwand. Dann wüßte ich auch, wie seine Stimme klingt. Aber ich wußte, ich würde nicht gehen. Ich bin ein zurückhaltender Mensch, ich dringe nicht ungefragt in die Privatsphäre anderer Menschen ein. Oder ehrlicher, ich bin einfach schüchtern. Außerdem verunsichern mich schweigsame Zeitgenossen. Und Betrunkene machen mir Angst. Und außerdem sagte die Vernunft, daß ich in meinem Aufzug mich gar nicht irgendwohin wagen konnte, ohne Schwierigkeiten zu bekommen. Und ich war nicht neugierig auf die Keller der Bastille.

Nein, ich würde nicht gehen. Hier war eine einmalige Chance, aber ich würde sie vergeuden! Ärgerlich auf mich selbst, machte ich mich auf die Suche nach dem Ausgang aus diesem Garten. Es war so dunkel, daß man die Hand nicht vor Augen sah. Kaum hatte ich ein paar Schritte gemacht, stolperte ich über etwas am Boden und fiel. Ich fiel weich, und das worauf ich gefallen war, stöhnte unwillig auf. Mir schlug das Herz bis zum Hals. Eilig rollte ich mich zur Seite und murmelte ein "Je suis desolee!", aber der Schemen, den ich nun undeutlich erkannte, grunzte nur, und legte den Kopf wieder auf die Schulter. Sein Atem stank nach Alkohol. Verdammt, das hier war nicht lustig! Bei Temperaturen unter Null betrunken draußen zu schlafen, konnte tödlich ausgehen! So sehr ich es haßte, ich mußte mich überwinden und den Mann wecken. Die Wolken rissen ein wenig auf, der Mond warf sein Licht in den Garten und ich konnte den Mann betrachten. Er hatte etwa mein Alter, ein schönes Gesicht, der Atem war in seinem Bart zu Reif gefroren. Er trug den Rock der Musketiere, der Mantel lag achtlos neben ihm. Ich wußte sofort, wer er sein mußte.

Was zum Teufel hieß "aufwachen" auf Französisch? Egal, Athos verstand doch auch English, damit konnte ich dienen. Mit klopfendem Herzen faßte ich ihn an der Schulter. "Mister, Thou hast to wake up! Thou must not sleep out here in the cold." Ein unwilliges Stöhnen war alles, was ich als Reaktion bekam. Nun, vielleicht leiden die Sprachfähigkeiten doch im Vollrausch. Verdammt, warum hab ich nie Französisch gelernt? Ich kratzte aus den hintersten Winkeln meines Gedächtnisses ein paar Brocken zusammen "Monsieur, vous ne peuvent pas dormir!" Keine Reaktion. Was ich auch tat, es gelang mir nicht, ihn wach zu bekommen. Ich versuchte sogar, ihn fortzuziehen, aber ein erwachsener Mann ist einfach zu schwer, als daß ich ihn tragen könnte. Verzweifelt ließ ich von ihm ab und kniete schwer atmend neben ihm im Gras. Die Kapuze war von meinem Kopf gerutscht, das Haar hing mir ins Gesicht. "Ihr seid ein gottverdammter Idiot! Ihr werdet sterben!" "Geht weg! Laßt mich schlafen!" Die Antwort kam mit schwerer Zunge in jener überdeutlichen Betonung, die den Betrunkenen verrät, aber sie war verständlich und im schönsten Deutsch. Ich bemühte mich, meine Überraschung zu verbergen und meine Stimme fest klingen zu lassen. "Das werde ich nicht. Ich lasse Euch nicht erfrieren. Wenn Ihr jetzt schlaft, werdet Ihr nie wieder aufwachen!" "Und wenn schon, wen kümmerts?" "Mich kümmert es." Ich faßte ihn an der Schulter und fand im nächsten Augenblick meine Hand von einem harten Griff umspannt. Der Mond schob sich wieder einmal zwischen den Wolken hervor und wir konnten einander ins Gesicht sehen. Als er meine Hand loslies und mit benommenem Kopfschütteln den Blick senkte, wußte ich, ich hatte gewonnen. "Steht jetzt auf!" "Ihr werdet keine Ruhe geben, nicht wahr?" "Nein!" "Also gut." Ungeschickt versuchte er, auf die Füße zu kommen und wäre ohne meine Hilfe sofort wieder gestürzt. Schließlich stand er schwankend. Ich legte mir seinen Arm über die Schulter und zog ihn mehr als dass er selber ging auf die Straße. "Wohin, Monsieur?" Er deutete auf ein Haus, das Gott sei Dank nicht weit entfernt war. Schweigend legten wir den Weg zurück. An seiner Tür mußte ich lange klopfen, bis endlich ein verschlafener Diener die Tür öffnete und mich erschrocken anstarrte. Ich bedeutete ihm stumm, er solle sich um seinen Herrn kümmern. Verstanden hätte er mich ohnehin nicht. Athos stützte sich schwer auf Grimaud und wankte in seine Wohnung, die Tür schloß sich, und ich war wieder allein in der Nacht.

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Der wettergegerbte Spielmann hatte an der Wand gelehnt und das Geschehen mit gemischten Gefühlen betrachtet. "Tenaka, warum seid so rachsüchtig? Ihr findet doch immer wieder jemanden." Tenakan lachte ihn aus "Villion, Ihr und Eure kleine Jean, die nicht mal wirklich Jean heißt. Sie hat sich 20 Jahre nicht um Euch geschert! Sie bekommt, was sie verdient." Seufzend hatte sich Villon wieder dem grüngekleideten Jungen neben ihm zugewandt. "Er versteht einfach nicht, daß kleine Mädchen erwachsen werden, Peter." Peter nickte traurig und ergänzte "wie Wendy."

Jetzt aber pfiff Villion vergnügt und sah den verärgerten Khan herablassend an. "Ihr seid eben kein Original." "Und Ihr? Ihr verdankt Eure Existenz einem lausigen Mary-Sue einer 16jährigen!" "Von einem Mann, der für seine Rache die Schwärmerei und Gutgläubigkeit einer 14jährigen mißbraucht, trifft mich das nicht." "Villion, dafür werdet Ihr ..." "Später, Monsier le Khan, später. Jetzt habe ich leider keine Zeit, meine Schöpferin braucht mich!" Und pfeifend ging er von neidischen Blicken begleitet durch die Tür. Seine Geschichte war im Begriff, eine Fortsetzung zu erhalten.

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Mein Musketier lag nun in seinem Bett und ich war allein in einer kalten Nacht in einer fremden Welt. Ein nettes Mary-Sue hatte ich mir da geträumt, aber jetzt wäre es Zeit, wieder aufzuwachen. Auffordernd blickte ich in den langsam heller werdenden Himmel, aber nichts geschah. Ich war kalt und hungrig und wußte nichts mit mir anzufangen. Dann fiel mir der Mantel ein. Athos hatte seinen Mantel im Garten liegen lassen. Also ging ich noch einmal zurück. Ein ungutes Gefühl machte sich in meinem Magen breit, aber ich fand keine Ursache. Der Garten war noch so verlassen wie zuvor und der Mantel lag unberührt da. Ich bückte mich, um ihn aufzuheben, als ich ein Geräusch hinter mir hörte. Ich wollte mich aufrichten, aber in diesem Moment traf etwas meinen Kopf und mir wurde schwarz vor Augen.

to be continued

Kapitel Fremde Betten von Anonymous

„Ähem.“
Ein ungehörig lautes Räuspern weckt mich. Wer räuspert sich hier? Also, ich bin´s gewiss nicht. Ausgeschlossen. Ich wecke mich doch nicht selbst auf. Und dann noch mit einem solchen Geräusch. Klingt ja nach Rohrbruch unter der Spüle. Wer bleibt übrig?
Paapiii! Nein. Papa räuspert sich nicht, sondern ruft mit lauter Stimme durch die Zimmer. „Bist du schon wach?!“
Bruder! Nein. Brüderlein grinst höchstens und zieht mir die Decke weg.
Wer bleibt also übrig? Öhm ...
„ÄHEM!“
Vorsichtig hebe ich ein Lid und linse darunter hervor. Ein ungewaschener Kopf erscheint in meinem Blickfeld. Er sieht unzufrieden aus. Und er sieht nach Planchet aus. Planchet, Diener von d´Artagnan, dem Leutnant der Musketiere.
Hm. Planchet. Eine interessante Frage: Wieso steht Planchet in meinem Schlafzimmer? Wenn ich solch konfuse Träume schon habe, dann steht doch eher Monsieur le mousquetaire in meinem Schlafzimmer, mit einem liebreizenden Lächeln auf den Lippen.
Ich öffne auch mein zweites Auge und sehe mich um. Vorerst schweigend, denn der Mann vor mir beschränkt sich auch darauf, mich stumm und vorwurfsvoll anzusehen.
Ich könnte nun natürlich entsetzt aufschreien und den Kerl fragen, wie er in mein Zimmer kommt. Andererseits fordert solch eine dumme Frage eine dumme Antwort heraus. Wie? Na, durch die Tür. Das tue ich mir nicht an!
„Äh ... wer sind Sie?“, frage ich. Meine erste Reaktion wäre es ja gewesen „Planchet, du dummer Kerl! Was glaubst du, was du hier tust?!“ zu rufen. Aber wenn ein solcher Ausruf nicht von d´Artagnan, sondern von mir kommt, dann fehlt ihm das gewisse Etwas. Die entscheidende Portion Dienstherr, zum Beispiel. Zudem ist es gut möglich, dass ich es mit dem Elektriker oder dem Installateur zu tun habe. Solche Leute schreit man nicht grundlos an. Auch wenn Schlafzimmerfriedensbruch ein guter Grund wäre.
„Planchet“ blickt missbilligend auf mich herab. „Ich bin Planchet. Und wer seid Ihr? Übrigens liegt Ihr in meinem Bett!“ Er betont das „meinem“ noch extra, aber das ist garnicht mehr nötig.
„IGITT!“, rufe ich entsetzt und springe auf, während ich hastig durch meine Haare fahre und versuche, möglichst viel imaginären Dreck abzukehren. Einen angeekelten Blick auf das Bett werfend, das bestimmt Brutstätte für tausende Läuse, Flöhe und anderes scheußliches Getier ist, springe ich weg. Planchet weicht seinerseits zurück, während er sich geistesabwesend am Kopf kratzt.
„ICH bin ... also, wer ich bin, geht einen Diener schon mal überhaupt nichts an.“, fahre ich den Mann an und weiche in Richtung Tür zurück.
„Aber Ihr habt in meinem Bett gelegen.“, versucht sich Planchet zu rechtfertigen und daraufhinzuweisen, dass er ein Recht darauf hat zu erfahren, warum ich das wohl getan habe. Das frage ich mich auch, welcher Teufel mich geritten hat.
„Reines Versehen.“, sage ich, öffne die Holztür, die in einem scheußlichen Braunton gehalten ist, und schließe sie hinter mir ohne dem armen Planchet eine Erklärung geliefert zu haben.
Einen tiefen Seufzer ausstoßend, schließe ich für einen Moment die Augen.
Planchet. Planchets Kammer. Was für ein idiotischer Traum ist das?! Seit wann habe ich Albträume dieser Art? Das ... ist doch ein Traum, oder?
„Guten Morgen, Mademoiselle.“
Ich zucke zusammen und wirble herum. Zuerst traue ich meinen Augen nicht! Vor mir steht der Mann meiner Träume. - Und er hat ein schmutziges Grinsen auf den Lippen.
„Guten ... Morgen.“, meine ich betont höflich und hebe den Kopf. Mit einiger Genugtuung stelle ich fest, dass er gerade mal so groß ist wie ich. Wenn nicht sogar etwas kleiner ... Was für ein Glück er hat, dass ich so selten Stöckel trage.
Aber wie gut er aussieht! Toll, dass ich ihm hier begegne.
„Monsieur d´Artagnan?“, erkundige ich mich nun mit Unschuldsmiene.
„Zu Diensten.“, erwiderte er und verneigt sich. Mit Mühe widerstehe ich der Versuchung, entzückt aufzuseufzen. Was für ein Kavalier! Auch wenn er immernoch ein etwas spöttisches Lächeln an sich hat.
„Ich habe Euch gesucht.“
Nun ist der Spott nicht nur auf seinen Lippen, sondern auch in seinen Augen sichtbar! Er wirft einen bedeutungsschweren Blick zu Planchets Kammer.
„Ich habe mich im Zimmer geirrt!“, gebe ich indigniert zurück und mustere mit kühlem Blick seinen Teil der Wohnung. Schließlich weiß ich wie es dort aussieht. Immerhin ist Planchet auch für diesen Teil verantwortlich und d´Artagnan wahrlich kein Ordnungsfanatiker! „Kann ja mal passieren...“, füge ich leise hinzu.
„Wie .. kann ich Euch helfen?“, besinnt er sich nun endlich auf seine Manieren.
„Äh.“ Ja. Genau. Gute Frage. Wie denn nur?
„Das weiss ich noch nicht.“
D´Artagnan starrt mich einen Moment verdutzt an und als er sieht, dass ich es ernst meine, runzelt verärgert die Stirn. „Mademoiselle, ich bin der Leutnant Seiner Majestät Louis XIII. Ich habe keine Zeit für Spielereien.“
„Ach ja ... Ihr seid ja immer in Eile.“, spotte ich. Dabei weiss ich doch genau, dass ich ständig dafür sorge, dass der arme Mann es eilig hat.
„Ganz genau!“ Ich frage mich, ob er Ironie kennt.
„Seid Ihr jetzt auch in Eile?“
„Nun .. nein.“
„Habt Ihr nun Dienst?“
„In etwa einer halben Stunde.“
Zufrieden nicke ich. „Dann ... dann bringt mich bitte in die ... zum Palais Tréville.“
Ich weiss selbst nicht, was ich dort will. Außer in d´Artagnans Nähe sein... Und wenn er schon mal dort hin geht...
Er wirft mir einen nachdenklichen Blick zu. Bestimmt ist er erstaunt über meine sagenhafte Schönheit. So wie ich über seine.
„Dann lasst uns gehen.“
Ich nicke , trete zur Tür und bleibe dort stehen. Beharrlich warte ich bis er ebenfalls kommt und sie mir öffnen möchte. Ich will hoffen, dass er mir auch seinen Arm reicht! Wenn er es nicht freiwillig tut, muss ich wohl nachhelfen. Auf ... subtile Weise. So wie es für uns Österreicher typisch ist.

Kapitel Schloss an der Seine von Anonymous

[ b] Schloss an der Seine

Eisiger Wind, es schneit, die Luft ist nasskalt und die Luft riecht nach Rauch... und nach all dem was sonst so noch auf der Straße herumliegt. Etwas verwirrt schaue ich mich. Eigentlich war ich im Flugzeug nach Hause, und für eine Flugumleitung sieht das hier... entschieden zu ungewöhnlich aus. Um genau zu sein, besteht dieses „Hier“ aus einem düsteren Innenhof, in den kaum etwas Licht fällt, was nicht weiter auffällt, denn es scheint Nacht zu sein. Die Fenster die zu diesem Hof gehen sind mit stabilen Gittern versehen. Hm... gut, es scheint eine Art Schloss zu sein. Die restliche Schlussfolgerung kommt mir allzu leicht, denn irgendwo in einem Torgang streiten sich zwei Personen in einer Sprache, die ich zwar nicht verstehe, aber am Klang als französisch identifizieren kann. Meine Französischlehrerin wäre glücklich.

Innerlich verdrehe ich die Augen. Das darf und kann nicht sein... was soll ich im 17ten Jahrhundert? Ausgerechnet ich, von allen Menschen sich der ungeeignetste, mitten im 17ten Jahrhundert, ohne ein Wort – na ja nicht ganz ein Wort, vielleicht hundert bring ich noch zusammen, - Französisch und... ich schaue an mir herunter. Ich stecke immer noch in der schwarzen Jeans, schwarze Rollkragenpullover und weißer irischer Wollponcho... was für ein Aufzug!

Eine Stimme, die mich scharf und fast bellend anfährt, reißt mich aus den Gedanken. Ich fahre herum und sehe mich einem Soldaten gegenüber. Nein, nicht irgendeinem Soldaten... 1.90 groß, lange schwarze Haare, ein paar sehr eindringliche graugrüne Augen, trägt einen Kürasspanzer... Neeeeeeeeeein! Du warst eine Erfindung César! Jemand über den ich gemütlich auf meinem Balkon sitzend, die tollsten Geschichten ausspinnen konnte... aber – nimm das jetzt echt nicht persönlich – eine Begegnung war nicht vorgesehen. Er schaut mich irritiert an und wiederholt seine Worte, schärfer diesmal.

Ich zittere nicht wenig, als mir eine Phrase einfällt, die sich irgendwie aus Madame Trumboldts Franzsösischunterricht zu mir gerettet hat. „Parle d’allmagne?“ meine Aussprache muss scheußlich klingen und irgendein ferner Teil meines Verstandes stellt sarkastisch fest, sollte ich hier – und Biscarrats Anwesenheit lässt mich ja glatt fürchten, dass das die Bastille ist – etwas länger bleiben, würde ich sicher noch ein brauchbares französisch lernen. Sechs Monate im entsprechenden Land, sollen ja bekanntlich Wunder wirken...

Jedenfalls scheint er mich verstanden zu haben, denn er nickt und was dann kommt verstehe ich nicht. Nun, das wird wohl Normalzustand werden. Er bedeutet mir, ihm zu folgen. Ich gehorche und es geht hinein in diesen düsteren Bau. Irgendwie bin ich dankbar, dass es nicht sehr weit geht. Dann stehen wie vor etwas, was eine Wachstube sein könnte und dort wartet... Francis. Oder wohl besser Monsieur le Capitaine Francesco de Cavoyes. Nun, ich weiß es eigentlich nicht, aber ich höre, dass Biscarrat ihn mit „Monsieur le Capitaine“ anredet. Von selbst wäre ich kaum drauf gekommen, wieso zum Kukuck ist Francesco blond??

In jedem Falle mustert er mich und scheint meine merkwürdige Kleidung nicht zu bemerken. „Madame, man sagt mir, dass Ihr des französischen nicht mächtig seid.“ Beginnt er in einem recht verständlichen Deutsch. Danke Maike, dass du diesen Herzog von Harburg, mitsamt Hochverratsanklage, Kanzler von Petersdorf und anderem Chaos erfunden hast! „Also weshalb seid Ihr hier?“

Nun, in Staatsgefängnissen hängt man nicht herum, auch nicht als gestrandete Existenz, oder man bleibt für immer. Wenigstens meine Phantasie lässt mich nicht im Stich. Rasend schnell durchwühle ich mein Gedächtnis nach einem passenden – und möglichst unbedeutenden – sächsischen Adelsgeschlecht. Miltitz huscht mir als erstes durch den Kopf, zusammen mit irgendeiner Bemerkung von Tobias zu einer Verbindung nach Frankreich, wenn ich nur wüsste in welchem Jahrhundert. Dann kommt mir eine Lösung ein. „Man hat mich wissen lassen, dass mein Bruder Tobias von Scharfenberg, in der Bastille inhaftiert worden sei, aber wahrscheinlich irrtümlich und man wünsche....“

„Die Bastille?“ Francesco – dessen Aussehen, groß, blond mit grauen Augen, mich immer noch irritiert – runzelt die Stirn. „Madame, dies hier ist die Conciergerie.“

Gütiger Himmel! Da habe ich so gern über diese Gefängnisse geschrieben, aber erkenne nicht in welchem ich stehe! Schande über dich Doro! Mein Gesicht muss wohl schafsdämlich genug gewesen sein, denn er spricht weiter, ohne viel innezuhalten.

„Nun, dem wird sich abhelfen lassen, Madame von Scharfenberg.“ Ungewollt bin ich in einen Rang befördert worden, der unverdient ist. „ Wie es der Zufall will, bin ich ohnehin im Begriff mich zur Bastille zu begeben und Ihr könnt mich begleiten.“

Vom Regen in die Traufe... oder besser... von der Conciergerie in die Bastille. Eine mittlere Panik breitet sich in meinem Geist aus... theoretisch müsste irgendwie in dieser Zeit der dreißigjährige Krieg stattfinden, und selbst wenn ich wüsste welches Jahr wir schreiben, habe ich doch keine Ahnung was meine – reele ebenso wie vorgebliche – Heimat, darin grade treibt. Wenn er mir nur eine falsche Frage stellt. Ich muss reichlich blass geworden sein, denn er sieht sich genötigt, beruhigender zu sprechen. „Ihr habt nichts zu fürchten, Madame. Wenn Euer Bruder derjenige ist, der ich vermute, dann ist er irrtümlich, in Verwechslung mit dem Hauptmann der Musketiere, verhaftet worden.“

Wenn wir ins Gefängnis kommen, dann natürlich gründlich. Ist das vielleicht die Strafe dafür, dass ich so gern Kerkerszenen geschrieben habe? Wenn ja, dann hat das Sprichwort „Kleine Sünden straft der liebe Gott sofort“ eine neue Bedeutung bekommen und Gott einen merkwürdigen Humor. In jedem Falle werde ich mit nach unten geführt, wie ich einen Ritt im Damensattel überleben soll, weiß ich nicht.

***

„Bei dem Zauber ist etwas schief gegangen, sie wurde zu früh bewusstlos.“ Tenaka Khan lehnte sich gegen den Kamin und betrachtete seinen Gesprächspartner, Hagen von Tronje, nachdenklich. „Und das kann sich zum Problem auswachsen.“

Hagen hob die Schultern. „Dann muss jemand sie rechtzeitig finden und zurückholen.“ Stellte er ruhig fest.

Tenaka hob die Hand. „Und wer? Ich habe niemanden den ich darum bitten könnte... aber wart mal. Ihr Vater ist doch... wie war das gleich?... Altgermist oder so etwas nennt es sich und müsste sich mit deiner Person befasst haben. Könntest du nicht versuchen etwas zu unternehmen.“

Hagen schüttelte den Kopf. „Er ist kein Literat, sondern Wissenschaftler und die vergessenen Wissenschaftlichen Arbeiten haben ihr Quartier im Keller dieses Hauses. Allein die jenes Wissenszweiges nehmen ein eigenes Stockwerk ein.“

Resigniert hockte sich der Nadirkhan vor das Feuer und begann auf einen neuen Plan zu sinnen.

Kapitel Zwei Triumvirate von Anonymous

Zwei Triumvirate

Es war kalt. Lausig kalt und ich fragte mich, ob ich schon wieder in der Badewanne eingeschlafen war. Als Kind wird einem immer eingetrichtert, bloß nicht auch nur für ein paar Minuten die Augen zu schließen, wenn man im angenehm temperierten Wasser liegt. Aber mittlerweile bin ich wohl alt und vor allem groß genug, so dass Ertrinken eher ausgeschlossen sein sollte. Eher müssten sich meine Beine dreimal zusammenfalten, bevor mein Kopf auch nur halb unter Wasser rutschen könnte. Was Erfrieren angeht, bin ich mir allerdings nicht so ganz sicher.

Besonders in diesem Augenblick, als ich, noch schlaftrunken und eher unwillig halb ein Auge öffnete, war ich beinahe davon überzeugt, dass meine Badewanne einem Eismeer gleichkam. Wie viel Zeit musste vergehen, bis einige Liter Wasser dermaßen abkühlen konnten? Vor allem, so plötzlich abkühlten, dass ich in einem Augenblick noch die wohlig warme Nässe auf der Haut spürte und im nächsten Moment das Gefühl hatte, man hätte mich geradewegs ins Gefrierfach gesetzt?

Als mein rechtes Augenlid endlich den Kampf gegen die Schwerkraft gewonnen hatte, war es für das linke keine Schwierigkeit mehr, ebenfalls aufgerissen zu werden. Denn was sich meinem erst müden, dann ungläubigen und schließlich ganz und gar fassungslosem Blick bot, das war eine plötzliche Kraftanstrengung schon wert. Mein kleines, gemütliches Badezimmer, mein Handtuch, mein Micky Maus-Heft, mein Badeschaum, mein Wasser - das alles war weg! Statt in der Wanne, saß ich auf einer dunklen Straße, mitten im Dreck, lehnte gegen eine kalte Hauswand und starrte mit offenem Mund auf das gegenüberliegende Haus, ein architektonisch eigentlich unmögliches Machwerk, das wahrscheinlich nur von den Nachbargebäude in seiner aufrechten Position gehalten wurde.

Weiß der Teufel, warum mir solch eine bauingeneurliche Kleinigkeit in diesem Moment besonders auffiel, zumal ich mit Architektur ansonsten herzlich wenig zu schaffen habe. Wahrscheinlich verarbeitete mein Gehirn erst einmal das, was noch einigermaßen real wirkte, während der Rest meines Körpers noch überlegte, ob er sich überhaupt hier befand oder nicht doch noch daheim in der Badewanne.

Mechanisch hob ich eine Hand und kniff mir in den anderen Arm. Mein ohnehin schon völlig überlastetes Denkorgan brachte irgendwie das Kunststück fertig, zwischen der Erkenntnis, dass ich mich hier in einer dunklen, kalten Straße mit Häusern aus einem längst vergangenen Jahrhundert befand, auch noch festzustellen, dass meine Finger nicht in nackte Haut, sondern zusätzlich noch in Stoff kniffen. Ich riß mich nur mühsam vom Anblick der Häuserfront los und blickte an mir selbst herunter. Mit lang ausgestreckten Beinen saß ich da und dass ich nicht tatsächlich schon längst erfroren war, sondern jetzt nur jämmerlich anfing zu zittern - ob vor Kälte oder des Schocks wegen wusste ich nicht zu sagen - dafür hatte einiger Stoff gesorgt, den ich in Ermangelung eines besseren Wortes als Kleid bezeichnen wollte. Es war geblümt.

Zunächst einmal: Ich trage eigentlich keine Kleider. Zweitens: Blumenmuster sind mir ein Gräuel! Drittens: Wer hatte mir das angezogen, mich aus meiner Badewanne entführt und hierher verfrachtet, in eine Gasse, die mir verflucht bekannt vorkam, auch wenn ich sie bis jetzt nur in meiner Phantasie gesehen hatte?!

Etwas umständlich rappelte ich mich hoch, woran nicht zuletzt dieses Kleid Schuld trug, denn es war ziemlich schwierig, mit viel zuviel überflüssigem Stoff an einem dran das Gleichgewicht zu halten. Immerhin hielt es die gröbste Kälte ab, aber gegen einen Mantel oder ein Cape - aber bitte passend zum Blumenmuster! (Es ist schon faszinierend, was man in einer eigentlich absolut unmöglichen Situation denken kann) - hätte ich auch nichts einzuwenden gehabt. Meine Füße steckten in irgendwelchen unbequemen Schuhen und da ich noch nie der Pomps- und Pfennigabsätze-Fraktion angehörte, war mir nach dem ersten unsicheren Schritt fort von meiner stützenden Hauswand schon bald klar, dass ich nicht nur eine Blase zu behandeln hatte, sobald ich wieder daheim war.

Daheim... Himmel, die Rue des Fossoyeurs sah tatsächlich so aus, wie ich sie mir immer vorgestellt hatte! Alles war da! Sogar der eine Straßenstein, den man mit viel Phantasie und im schlechten Licht für ein kauerndes Tier halten mochte. Allmählich schien sich mein Verstand an die neue Umgebung gewöhnt zu haben, denn zähflüssig setzte mein Denken wieder ein. Und natürlich fiel mir nichts besseres ein, als zunächst einmal festzustellen, dass das alles gar nicht wahr sein konnte.

Ein neuerlicher Kniff in den Arm machte mir aber bald klar, dass es sehr wohl wahr war und einen winzigen Moment lang war ich froh, dass ich mir diese Gasse nie bedrohlich, sondern einladend und offen, vielleicht etwas zu eng für einen Karren oder ein Fuhrwerk, aber sehr gemütlich zum Spazieren vorgestellt hatte. Denn auch wenn es wahr sein mochte, ein Traum blieb es trotzdem. Etwas anderes konnte ja schlecht möglich sein. Also, eigentlich war ich gar nicht hier, aber irgendwie war ich es doch. Dabei nehme ich gar keine Drogen. Und halluziniert habe ich auch nie. Höchstens vor dem Computer, aber das war produktives Halluzinieren zwecks Geschichten erfinden...

Langsam kroch die Kälte immer tiefer in mein Kleid, dass ich mittlerweile aufgegeben hatte, zu verfluchen. Das war komisch. In Träumen war mir selten so real kalt. Aber ich wusste, wenn ich nicht gleich irgendwo einen warmen Offen finden würde, dann wären Blasen an den Füßen noch meine geringste Sorge. Gott sei Dank war das hier ja _meine_ Rue. Und Gott sei dank wusste ich von daher genau, wo ein gewisser Leutnant der Musketiere wohnte, an dessen Haustür ich klopfen konnte. Und das war im Grunde genommen auch _meine_ Haustür, denn das alles hier gehörte mir.

Erste Zweifel an dieser, zugegeben etwas stark übertrieben, Theorie kamen mir, als ich die Straße hinunterging, das gesuchte Haus fand und dort gar nicht anklopfen konnte, denn gerade, als ich die Hand hob, wurde die Tür von sich aus geöffnet. Und wem stand ich gegenüber? Einer anderen jungen Frau! So etwa in meinem Alter, aber sie trug Jeans! Warum musste ich in geblümtem Stoff herumrennen?! war das erste, was mir dazu einfiel, bevor ich Stella erkannte. Ich erkannte sie, obwohl ich sie noch nie gesehen hatte. Aber das war ja _mein_ Traum, also musste das da wohl Stella sein und das hinter hier...

Ich hätte mir schon einen etwas erfreuteren Gesichtsausdruck gewünscht, wenn ich in meiner, heute Abend anscheinend besonders lebhaften, Phantasie dem Held meiner Träume gegenüberstand, aber stattdessen bedachte mich d'Artagnan mit einer reichlich überraschten Miene und sah über die Schulter zurück nach hinten in seine Wohnung, wo im Hintergrund Planchet stand und nicht minder verwirrt die Schultern hob. Ich hatte das Gefühl, irgendetwas verpasst zu haben, aber ich war mir ziemlich sicher, dass Stella mir darauf eine Antwort geben konnte.

"Ok, was hast Du angestellt?" war meine erste Frage an die Freundin. Wann immer ich d'Artagnan in solch einer Verfassung fand, dann hatte garantiert Stella etwas damit zu tun. Nicht, dass ich in dieser Hinsicht nicht auch schon einiges angestellt hätte - aber wenn in meinem Traum schon eine andere Autorin auftauchte, dann konnte es ja nicht an mir liegen, oder?

*~*~*~*

"Ich weiß nicht, was sie gegen Blümchenmuster hat", kicherte Aeris leise und zupfte an einem Veilchen in ihrem Korb.

"Das Blumenmädchen aus dem Slums..." schüttelte Sam Mumm schmunzelnd den Kopf. "Ich hätte nicht erwartet, dass du dich einmischst. Normalerweise hältst du dich aus allem heraus."

"Ich arbeite eben gerne im Hintergrund. Weißt du, es ist nicht einfach, nur noch geistige Energie zu sein. Um diesen Körper zu erhalten musste ich schon sehr weit in die Vergangenheit zurückgehen. Und siehst du? Ich bin noch immer sehr blaß..."

"Ich bin froh, dass du hier bist", bedachte Cloud das Blumenmädchen mit einem liebevollem Blick und schulterte sein riesiges Schwert etwas bequemer. Tatsächlich konnte man durch Aeris Kopf hindurch leicht vernebelt die Verbindungsgasse zwischen der Rue Ferou und der Rue des Fossoyeurs erkennen. Cloud selbst wirkte nicht gar so körperlos und dennoch schien auch er nicht völlig an Konturen gewonnen zu haben. Vielleicht lag es daran, dass der Weg von einem Computerspiel, über Comics, Fanarts und Kurzgeschichten etwas holprig gewesen war. "Trotzdem frage ich mich, ob das nötig war. In letzter Zeit scheint sie wieder viel öfter an uns zu denken..."

"Das ist nur eine Phase", mischte sich Mumm mit einem unwilligen Kopfschütteln ein. "Gute Spiele holt man immer wieder mal hervor, aber wann hat sie euch das letzte Mal etwas geschrieben?"

"Aber sie hat es Motti versprochen..." erwiderte Cloud mit seinem typischen Stirnrunzeln. Mochten die Details seiner Hände, seines Gesichtes und seiner Kleidung auch nicht sehr genau, eher grob gezeichnet sein: Seine blonde Stachelfrisur saß perfekt und nicht eine Locke fiel auf die falsche Weise über seine Augen, wodurch er tatsächlich sehr finster dreinblicken konnte.

"Papperlapapp! Sie hat auch schon anderes versprochen und nie geschrieben! Oder nur angefangen und liegengelassen!" fasste Mumm knapp zusammen.

"Spricht da ein wenig die Eifersucht und Enttäuschung, Mumm?"

"Für dich Sir Samuel Mumm, Herzog von Ankh-Morpok, Kommandeur der Nachtwache, Pixelhintern."

"Bitte, Sir Samuel", mischte sich Aeris mit sanfter Stimme ein, bevor Cloud Gebrauch von seinem Schwert machen konnte. Anscheinend hatte Mumm in seiner Schreibtischschublade noch eine letzte Flasche Bärendrücker gefunden und der Alkohol war ihm nach langer Zeit der Abstinenz nicht mehr so ganz bekommen. "Lasst uns nicht streiten. Wir sind doch wegen etwas ganz anderem hier. Und es lief gerade so gut... Wenn zwei sich Streiten..."

"...freut sich der Dritte", nickte Mumm. "Und vielleicht überlässt sie diesen Leutnant ja doch Stella - Einen Leutnant, könnt ihr euch das vorstellen?! Ich habe meine Bekanntschaft mit ihr schon als Hauptmann begonnen, bin Herzog und Kommandeur geworden, während dieser Kerl noch mindestens zwanzig Jahre den untersten Offiziersrang bekleiden wird! Ich habe schon Verbrechern in den Hintern getreten, als dieses Bübchen da noch versucht hat, das Krabbeln zu lernen!"

"Bitte, beruhige dich, Sir Samuel!" beschwichtige Aeris erneut den Nachtwächter und wandte sich dann Cloud zu, der gedankenversunken wie immer in der Gegend stand und zu versuchen schien, seine Erinnerungen zu sortieren. Aeris seufzte leise. Mit einem übellaunigen Polizisten und einem komplexbeladenem Ex-Soldier sollte sie dieses Mission erfüllen... das konnte noch heiter werden. "Zurück zu Tenaka", meinte sie bestimmt. "Wir müssen ihm erzählen, dass auch hier alles geklappt hat."

"Ich werde hier bleiben, und die Drei dort im Auge behalten", deutete Cloud um die Ecke und erntete einen misstrauischen Blick Mumms. "Wenn der Knabe bleib, bleibe ich auch. Trau dir nich, Stachelkopf."

Kalte Mako-Augen bohrten sich in den abgehärteten Blick des Kommandeurs. Aeris beendete das stumme Duell indem sie ungeduldig rief: "Schön, schön! Bleibt hier und arrangiert das ein oder andere! Ich werde gehen!"

Schwungvoll drehte sich die letzte der Cetra um und lief die Gasse hinunter. Vielleicht war Tenaka noch bei Peter und den anderen. "Was findet sie eigentlich an den beiden..." hörten Cloud und Mumm sie noch murmeln, bevor sie von der Dunkelheit verschluckt wurde.

Fortsetzung folgt...

Kapitel Was einem so einfällt... von Anonymous

„Und wie heisst Ihr?“, fragt mich der Leutnant, während wir die Holztreppe hinab ins Erdgeschoß wandern.
„Stella.“
„Ah. Italienerin?“ Ich kann ihm ansehen, wie begeistert er von der Idee ist. Kommt nicht auch sein Lieblingskardinal aus dem hübschen Lande?
„Nein. Aus dem gleichen Land wie Eure Königin.“
Er nickt verständnisvoll. „Spanien.“, spricht er es aus.
"Wieso Spanien?"
D´Artagnan sieht verblüfft aus, als er meine Frage hört. Nun, ich bin auch etwas verwirrt.
"Die Infantin von Spanien ...?", meint er versuchsweise und sieht mich abwartend an.
"Äh. Anna von Österreich?" Ich versuche es auch nochmal.
"Oh. Ja. Aber ist keine Österreicherin."
"Warum nicht?" Ist doch unerhört. Da hat man schon mal in Geschichte nicht aufgepasst und schon passiert einem sowas..
"Macht nichts. Ich komm da her."
Er nickt wieder, hält sich diesmal mit dem Verständnis zurück. Hätte ihm auch passieren können. Ich sehe, wie sich bei ihm im Kopf die Rädchen drehen. Ob er auch fragt wie der Nachname lautet. Gräfin von ... ? Nein, er wird nicht fragen. Jetzt nicht.
Es dauert eine Weile bis wir zur Haustür kommen und ich lächle aufmunternd, während er nach dem Schlüssel sucht. Ja, es ist ein Kreuz mit den Dingern. Endlich hat er ihn! Er wirft mir einen nachdenklichen Blick zu, als er den Schlüssel ins Schloß steckt.
Aber er hat seine Manieren wieder entdeckt und wird mir die Tür aufhalten, ich weiß es. D´Artagnan ist auch drauf und dran, mir freiwillig den Arm zu reichen, dessen bin ich sicher. Dazu kommt es aber leider nicht. Stattdessen hat er kaum die Tür geöffnet, als er auch schon die Augen aufreisst. Ich folge seinem Blick und erkenne, dass ich wohl nicht die einzige bin, die sich plötzlich im falschen Jahrhundert wiedergefunden hat.
Auf den ersten Blick sieht die junge Frau vor mir ja aus wie ... wie eine ganz normale Frau im Kleid mit Blümchenmuster. Auf den zweiten stellt sie sich als Maren heraus. Das weiss ich natürlich. Man muss eben in die Galerie gucken.
"Ok, was hast Du angestellt?", werde ich gleich gefragt und Maren betrachtet unseren Helden mit einem vielsagenden Blick. Während d´Artagnan sich hilfesuchend nach Planchet umdreht, zucke ich ratlos mit den Schultern.
„Ich? Nichts. Im Übrigen, was machst Du in meinem Traum?“
„Wieso Deinem Traum?“
„Unserem Traum ... na gut. Dann stellt sich die Frage nicht mehr, was Du hier machst. Hm. Aber ich bin unschuldig. Ich bin zu hause schlafen gegangen und dann in ,äh, einem anderen Bett wieder aufgewacht.“ Ich erfange mich gerade noch. Dieses unglückliche Detail von wegen „falschem Bett“ muss sie ja nicht unbedingt wissen.
„Ich bin in der Badewanne eingeschlafen.“
Ich sage nichts. Nein, kein Kommentar von wegen „Ach, du badest im Gewand?“ kommt über meine Lippen. Und ich grinse auch nicht. Ich weiss nichtmal, was das ist!
Abgesehen davon fällt mir eben d´Artagnan wieder ein. Der Arme steht noch komplett verwirrt im Türrahmen und wartet auf eine Erkärung. Ob er eine bekommt?
„Wir sind zum Hotel de Tréville unterwegs.“, wende ich mich ein Mal mehr an Maren, den Herrn Leutnant ausser Acht lassend.
„Was macht ihr dort?“
Ich versuche unauffällig mit den Schultern zu zucken. So, dass es d´Artagnan nicht merkt und Maren versteht, dass ich dort überhaupt nichts mache. Ausser meinen Helden anzuhimmeln.
„Ach so.“ Maren hat verstanden. Das beweist schon der Tonfall, mit dem sie das kommentiert. Ob sie mein offensichtliches Anhimmeln stört? Ob sie mich weiterhin flirten lässt? Oder zumindest einen Anfang machen lässt? Ach ja .. sie ist ja großzügig. Ausserdem darf sie ihn später auch haben ... vielleicht.... möglicherweise.
Dass Maren sich uns anschließt, ist ja selbstverständlich. Der Leutnant wird ihr noch kurz - überflüssigerweise, aber man muss ja den Schein wahren - vorgestellt, ehe wir uns auf den Weg machen.
„Seid Ihr schon lange Leutnant?“ Ein kläglicher Versuch meinerseits, mich mit dem Herrn zu unterhalten. Kläglich, ja, und gescheitert noch dazu. Für solchen Unsinn ist er nicht empfänglich, wie mir ein verstörter Blick von seiner Seite klar macht. Andererseits frage ich mich, worüber man sich sonst unterhalten könnte. Über das Wetter?
Seltsam ist es schon ... diverse Gräfinnen würden einfach darüber hinwegsehen. Diversen Gräfinnen ist er aber leider auch nicht verfallen. Zu dumm, dass ich nie Liebesgeschichten schreibe.
Nun, vielleicht muss ich zu meiner eigenen Verteidigung sagen, dass es sich in trauter Dreisamkeit schwieriger verführt als in der angestammten Zweisamkeit. Besonders, wenn man nicht gut verführt.
D´Artagnan trabt indes gehorsam neben mir her, schweigt verlegen bis ihm seine Manieren endlich wieder einfallen und er etwas von „Nicht sehr lange.“ stammelt. Leider habe ich inzwischen keine Ahnung mehr, worüber er redet und starre ihn in höflicher Verwirrung an. Oder was ich darunter verstehe. Adlerauge auf den armen Mann gerichtet und zu Tode gestarrt.
Was Maren inzwischen macht, will ich lieber garnicht wissen. Ich werde es früh genug erfahren, aber nicht solange ich mich mit Monsieur hier beschäftige. Obwohl ich glaube, ein verhaltenes Kichern hinter mir zu hören.
„Wisst Ihr, ob Monsieur de Tréville überhaupt anwesend ist?“ Der Herr Hauptmann ist mir wieder eingefallen! Und mit ihm die Frage, was ich eigentlich bei ihm will. Ich hoffe, er ist nicht da. Denn was ich ihm erzählen möchte, weiß ich wirklich nicht. Vielleicht versuche ich es bei ihm mit dem Wetter? Lieber nicht. Er kam mir nie besonders humorvoll vor.
„Bedauerlicherweise nicht. Ich werde es für Euch in Erfahrung bringen, wenn Ihr das möchtet.“
„Ja, bitte.“, erwidere ich in einer Fröhlichkeit, die ihn mich agrwöhnisch unter die Lupe nehmen lässt.
Wunderbar! Da will man mit ihm flirten, ihn verführen, dafür sorgen, dass er einem verfällt und was passiert? Er wird misstrauisch. Wahrscheinlich überlegt er bereits, welches dunkle Geheimnis ich hüte. Ich hoffe, es handelt sich nur um eine Kleinigkeit. Steuerhinterziehung. Solange er nicht auf meine Schulter linst, bin ich zufrieden. Sonst werde ich ärgerlich.
Ich sage nun nichts mehr und beschränke mich darauf, höflich zu lächeln und ihn anzusehen. Da fällt mir meine Gräfin ein! Die beschränkt sich auch eine ganze Geschichte lang darauf, ihn anzusehen. Ich hoffe, er zieht keine Vergleiche. Oder noch besser: das ist hier nie passiert. Also, hoffen und lächeln. Freundlich, fröhlich, aber nicht zu fröhlich. Sonst wundert er sich wieder und das wollen wir ja nicht.
Während wir weitergehen, suche ich verzweifelt nach einem Gesprächsthema. Es ist erstaunlich schwierig, sich mit dem Herrn zu unterhalten! Man hat ja keine Geheimnisse, die man andeuten möchte und die für ihn von Bedeutung sein könnten. Von der dreckigen Wäsche unter dem Bett will er bestimmt nichts wissen! Da ist es zwar dunkel, aber das ist doch etwas anderes. Ausserdem hat er das selber. Und seine Wäsche ist gewiss schmutziger als meine.
Wir nähern uns dem Palais und langsam wird es ernst. Innerliche Analyse, ob mir bereits ein Gesprächsthema mit dem Monsieur de Tréville - den ich nun wirklich nicht brauchen kann - eingefallen ist, fällt schlecht aus. Nein, nichts ist mir eingefallen. Und zu allem Unglück wirft d´Artagnan eben einen neugierigen Blick zu Maren. Ich will garnicht wissen, was er da sieht. Auf jeden Fall ist es interessant genug, dass er stehen bleibt und Anstalten macht, sich dazu zu äußern.

Kapitel Perspektive von Anonymous

Perspektive

"Ich? Nichts. Im Übrigen, was machst du in meinem Traum?"

"Wieso deinem Traum?" Jetzt bin ich völlig verwirrt. Ich fühle mich eigentlich sehr lebendig und nicht wie das Phantasieprodukt eines anderen Menschen. Und eine Matrix gibt es nicht wirklich, oder? Bevor ich noch ernsthaft ins Philosophieren geraten kann, unterbricht Stella auch schon meine Gedanken. "Unserem Traum ... na gut. Dann stellt sich die Frage nicht mehr, was du hier machst. Hm. Aber ich bin unschuldig. Ich bin zu Hause Schlafen gegangen und dann in ,äh, einem anderen Bett wieder aufgewacht."

So, so einem anderen Bett... Unschwer zu erraten, wessen Bett wohl gemeint sein könnte. Wären wir jetzt in einem Comicstrip und nicht in einem Traum, könnte man wahrscheinlich ein verräterisches Aufblitzen in meinen Augen sehen, aber so merke ich nur betont kühl an: "Ich bin in der Badewanne eingeschlafen."

Stella zeigt eine steinerne Miene. Von Monsieur le lieutenant, der noch immer hinter der Freundin steht und sich nun langsam mit dem Gedanken anzufreunden scheint, dass zwei sehr seltsame junge Damen in sein Leben gestolpert sind, kann ich das nicht behaupten. Ich weiß sehr genau, was ihm gerade durch den Kopf geht - und das ist nichts eben schmeichelhaftes, was meinen Aufzug betrifft. Ich unterlasse es, ihn daran zu erinnern, dass er in solch einem Kleid nicht eben besser ausgesehen hat. Diese Rache kommt vielleicht noch...

"Wir sind zum Hôtel de Tréville unterwegs", räumt Stella gerade ein und ich reiße mich vom Anblick eines einerseits verwirrt und andererseits spitzbübisch dreinblickenden d'Artagnan los.""Was macht ihr dort?" Ich komme mir schon vor, wie die Anstandspolizei, neugierig, wie ich mal wieder bin. Aber nunmal ehrlich: Wie könnte ich meinen armen Leutnant allein mit Stella umherziehen lassen? Er scheint mir ohnehin nicht ganz er selbst zu sein. Also, schon er selbst - in den Grundzügen. Aber irgendetwas ist anders... "Ach so", murmele ich mehr für mich selbst, als ich beginne, zu begreifen. Stella scheint das allerdings als Antwort auf etwas zu verstehen, was sie nicht laut zu mir gesagt hat. Bevor ich noch herausfinden kann, worum es sich dabei handelt, tritt Stella auch schon endgültig aus dem Hauseingang und macht damit großzügig Platz für d'Artagnan, der sich mit einer leichten Verneigung bei mir vorstellt.

"Ich weiß, ich weiß", mache ich eine ungeduldige Handbewegung in seine Richtung, was nicht eben dazu beiträgt, dass er mich mit einem etwas freundlicherem Gesichtsausdruck bedenkt, als noch vor wenigen Minuten. Stella ist so liebenswürdig, ihm meinen Vornamen zu sagen. Ohne ein weiteres Wort bietet er Stella den Arm und dann marschieren wir los, die beiden vorneweg, ich trabe brav hinterher. Ich könnte jetzt rasend eifersüchtig sein - zumal mir jetzt, in voller Lebensgröße und nicht mehr durch den Türrahmen verdeckt, auffällt, dass der Herr Kavalier wirklich ganz mein Typ ist - aber mir ist im Augenblick etwas anderes wichtiger.

"Seid Ihr schon lange Leutnant?"

Während Stella unseren unfreiwilligen und noch immer höchst merkwürdigen Aufenthalt hier geradezu zu genießen scheint - Mein Gott, was wirft sie dem Leutnant jetzt schon wieder für einen Blick zu! - kann ich mich weniger amüsieren. Das hier fühlt sich einfach alles viel zu real an, um ein Traum zu sein - wenn gleich merkwürdigerweise alles so zu sein scheint, wie ich es mir immer vorgestellt habe. Aber ich bin noch nicht aufgewacht.

"Nicht sehr lange."

Normalerweise wache ich immer dann auf, wenn ich am liebsten weiterträumen würde. Was hab' ich meinen Wecker schon verflucht! Bei dem Gedanken muss ich leise Kichern, obwohl mir nicht danach zumute ist. Normalerweise döse ich in der Wanne nur kurz ein, doch wirklich schlafen tue ich nicht. Außerdem beharrt Stella fest darauf, dass wir beide gleichzeitig den gleichen Traum haben... Also, Entschuldigung bitte, aber mir kommt das besorgniserregend vor!

"Wisst Ihr, ob Monsieur de Tréville überhaupt anwesend ist?"

Verfluchte Kälte! In den letzten Minuten habe ich völlig vergessen, wir sehr ich beim... "Aufwachen" noch gefroren habe. Aber allmählich macht es sich doch wieder bemerkbar, dass ich nicht meinen geliebten Mantel trage, sondern nur ein dünnärmeliges, schrecklich gemustertes Kleid, das knapp oberhalb meiner Knöchel endet.

"Bedauerlicherweise nicht. Ich werde es für Euch in Erfahrung bringen, wenn Ihr das möchtet." - "Ja, bitte."

Beim Gehen wird mir nicht gerade wärmer. Eher das Gegenteil, jetzt fangen auch noch meine Zähne an zu klappern. Ach, verflixt, ich friere immer so leicht. Ich reibe mir über die Arme, aber wirklich nützen tut es nichts. Mein Atem ist nur eine graue Dampfwolke und ich glaube, entweder fällt mir gleich zuerst meine Nase ab, oder meine Ohren. Ich tippe allerdings mehr auf die Nase, denn unter einigen zersauselt langen Haaren sind meine Ohren noch einigermaßen vor dem Wind geschützt, der jetzt auch noch auffrischt. Ich bibbere leise vor mich hin und hauche abwechseln in meine Handflächen. Finger werden erst blau und schwarz, bevor sie abfallen, oder? Oh bitte, ist das kalkweiß hier schon ein schlechtes Zeichen?

So in meine wenig aufmunternden Gedanken gefangen, bemerke ich es beinahe zu spät, dass d'Artagnan und Stella stehen geblieben sind. Ich sehe erst auf, als mich der Leutnant direkt anspricht und ich glaube, aus seiner Stimme einen besorgten Tonfall herauszuhören. "Ihr friert."

"Jajajajaja..." schlottere ich und beiße die Zähne zusammen, die schon wieder unkontrolliert anfangen wollen, zu klappern. Ohne einen weiteren Kommentar streift d'Artagnan seinen Mantel ab und legt ihn mir um die Schultern. Ich protestiere nicht. Aber ich grinse wie blöde, wenn auch etwas verunglückt, da unkontrollierte Muskelzuckungen jedes freundliche Lächeln gerade zu irgendetwas undeutbaren verzerren. Und Stella schenkt mir einen Blick, in dem es nun wirklich aufblitzt.

Kopfschüttelnd tritt der Leutnant wieder einen Schritt zurück und murmelt etwas von: "Um diese Zeit und bei diesem Wetter nur im Kleid unterwegs..." In diesem Moment beschließe ich, ihn niemals raus in die Kälte zu schicken. Was auch immer noch zukünftig für Ideen auf mich zukommen werden, aber ich werde niemals d'Artagnan in einer Schneewehe feststecken lassen. Und gerade haben sich auch meine Pläne hinsichtlich einiger anderer, eher unangenehmer Dinge für den Leutnant geändert. Ich bin ja nicht undankbar.

Anscheinend erwartet Monsieur le lieutenant kein Dankeswort von mir, denn er setzt sich wieder in Bewegung und hält weiter auf die Rue de Vieux-Colombier zu. Na toll, was habe ich schon wieder für einen Eindruck hinterlassen. Aber der Kampf um die Gunst des Herrn steht jetzt bei 1:1 - Ich glaube, ich amüsiere mich...

*~*~*~*

"Hast du das gesehen?" Mumm starrt ungläubig um die Hausecke, während Cloud nur mit den Schultern zuckt. Der Ex-Soldier hat sein riesiges Buttermesser gegen die Wand gestellt und sich selbst bequem daneben gelehnt, die Arme verschränkt, den Kopf gesenkt, als wäre er schon wieder ganz bei sich selbst.

Der Kommandeur der Nachtwache von Ankh-Morpok wendet sich entgeistert seinem Gefährten zu. "Wie kann dich das so kalt lassen? Gerade eben haben wir eine Niederlage hinnehmen müssen - woran nicht zuletzt Aeris dumme Idee mit dem Kleid schuld ist!"

"So bin ich eben geschaffen", winkt Cloud diese Bemerkung beiseite.

"Ohja, du fühlst dich sicher. Wegen dieser momentanen Phase von Maren" grollt Mumm und tritt zurück in den Schatten der Gasse. "Aber vielleicht denkst du auch daran, dass Stella gerade nicht damit beschäftigt ist, ein Spiel zu spielen oder ein Scheibenwelt-Buch zu lesen. Ja, sie denkt nicht einmal mehr an uns, sondern, seit sie hier ist, noch sehr viel intensiver an diesen... Leutnant!"

"Reg dich wieder ab, Herzog", sieht Cloud nun endlich auf. "Wenn es dich beruhigt, dann können wir ja allmählich zu Plan B übergehen."

"Plan B?"

"Plan B." Cloud greift nach seinem überdimensionierten Schwert und hievt es sich ohne sichtliche Kraftanstrengung über die Schulter. "Wir beweisen, wie wenig heldenhaft der Held tatsächlich ist."

"Und wie willst du das machen, Stachelkopf? Wir dürfen uns nicht zeigen."

"Wir nicht - aber die Gegenspieler dieses Romans sehr wohl", lächelt Cloud dünn und wendet sich um.

Fortsetzung folgt...

Kapitel Kopfweh von xalibur 

Eine zerlumpte Gestalt sah den schwankenden Musketier und seine Begleitung aus dem Garten kommen und schaute ihnen nachdenklich nach. Dann verschwand sie selbst in der Richtung, aus der die beiden gekommen waren. Das Licht ließ immer noch nicht mehr als Schemen erkennen, aber der Mann fand den Mantel, einen guten, festen Mantel mit einer Schließe aus Silber. Das war ein Fang! Trotzdem suchte er weiter. Wenn die feinen Herrschaften so nachlässig gewesen waren, hatten sie vielleicht noch mehr verloren. Dann hörte er Schritte auf dem Pflaster der Rue Ferrou näherkommen. Kurz überlegte er, dann warf er den Mantel wieder dorthin, wo er vorher gelegen hatte und verbarg sich eilig im Gebüsch. Der Mantel war nicht schlecht, aber sollte sein Besitzer zurückkehren, mochte noch fettere Beute winken. Immerhin hatte der alles andere als fest auf seinen Beinen gestanden. Er sollte nicht schwer sein, mit ihm fertig zu werden, und wer weiß, was sich in seinen Taschen fand. Tatsächlich betrat einen Augenblick später eine Gestalt den Garten und ging arglos zu der Stelle, wo der Mantel im Gras lag. Der Dieb lächelte und packte sein Messer fester. Abschätzend betrachtete er die Sihoutte vor ihm, kein Degen an der Seite, dies war nicht der Soldat, sondern der andere. Nein, totmachen mußte er den nicht, er war schließlich ein guter Christenmensch und versündigte sich nicht, wenn es nicht nötig war. Hier würde ein fester Schlag allemal reichen. Als das Opfer sich bückte, um den Mantel aufzuheben, war er mit zwei, drei Schritten hinter ihm und ließ den Knauf des Dolches auf seinen Hinterkopf herabsausen. Mit einem Aufstöhnen brach die Gestalt zusammen und stürzte Gesicht voran ins Gras. Schnell bückte er sich, drehte sie auf den Rücken und wollte ihr das Wams ausziehen. Aber was war das? Keine Knöpfe oder Haken! Nur so etwas wie eine breite Naht aus Metall. Und bei den Stiefeln und der Hose war es dasselbe! Wie zum Teufel sollte man das ausziehen? Und irgendwie mußte man es ausziehen können, schließlich war es ja auch einmal angezogen worden. Das Problem fesselte seine Aufmerksamkeit so sehr, daß er nicht bemerkte, daß er nicht mehr allein im Garten war. Erst als ein Kiesel haarscharf an seinem Kopf vorbeipfiff, schreckte er auf. Sacrebleu! Eine Bande lumpiger, kleiner Bettlerkinder hatte ihn eingekreist, Gesocks, aber er wußte, daß die Schleudern in ihren Händen eine ernstzunehmende Bedrohung waren. Er knurrte wütend und verwünschte sie, aber es blieb ihm keine Wahl, als mit leeren Händen abzuziehen.

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"Wir haben sie gefunden, Villon!" Der magere 8jährige, der eben die bescheidene Stube betrat, war noch ganz außer Atem. "Hat ein bischen Pech gehabt, die Gute, und eins über den Schädel bekommen." Villon wurde blaß. Was hatte Tenaka da nur angerichtet? Hatte er bedacht, daß die Autoren hier zu Schaden kommen mochten? Schließlich war da niemand, der das Universum kontrollierte, während die Autoren selbst darin gefangen waren. Hart faßte er den Jungen am Arm "Aber sie ist nicht ernstlich verletzt?" Der Junge sah die Furcht in Villons Zügen und erwiderte verunsichert "Ich glaube nicht. Ich weiß nicht. Am Kopf hat sie geblutet." "Hol den Karren von Lucia! Wir treffen uns dort."

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Mir war kalt und elend und ich hatte rasende Kopfschmerzen. Ich mußte mir eine Grippe eingefangen haben, daher auch der lebhafte Traum, der noch schemenhaft in meiner Erinnung war. Mühsam öffnete ich die Augen - und sah Grashalme! Meine Hände griffen in feuchtes Laub. Ich lag nicht in meinem Bett, wo ich hingehörte, und als ich mich bewegte, kniete sich ein Junge in zerrissenen Lumpen zu mir und redete in Französisch auf mich ein!
Die Erinnerung kam zurück. Athos und der Mantel. Der Traum war doch keiner, oder ich träumte immer noch. Ich bekam langsam wirklich Angst. Es mußte ein Traum sein, es ging gar nicht anders, und er verwandelte sich Stück für Stück in einen Alptraum und es gelang mir nicht aufzuwachen! Ich versuchte, mich aufzurichten, aber der Junge rief mit bittender Miene "Non, non, Madame!" und bedachte mich mit einem weiteren Wortschwall, von dem ich nur "ausruhen" verstand und den Namen Francois Villon. Ich schüttelte benommen den Kopf und bereute es im selben Moment. Himmel, nie wieder würde ich leichtfertig in einer Geschichte jemanden niederschlagen lassen! Ich sank zurück und schloß die Augen. Hoffentlich hatte ich keine Gehirnerschütterung. Das nächste, an das ich mich erinnere, war ein wettergegerbtes Gesicht über mir und eine Stimme, die mir sagte: "Keine Angst, ma petite. Es wird alles gut!" Der Mann kam mir bekannt vor und auch wieder nicht. Er half mir auf die Beine, aber das gefiel meinem Magen gar nicht. Ungefähr so schwankend wie vorher Athos wankte ich die paar Schritte zu einem Karren und war froh, daß ich mich darauf ausstrecken durfte. Er deckte mich mit Athos Mantel zu. Dann rumpelten wir eine Weile durch die Straßen. Mein armer Kopf protestierte bei jedem Loch im Pflaster. Endlich hielten wir vor einem ärmlichen, kleinen Haus. Eine zierliche Frau öffnete die Tür und half ihm, mich ins Haus zu bringen und auf ein einfaches, aber leidlich sauberes Bett zu legen. "Hab keine Angst, mein Vögelchen. Das kommt schnell wieder in Ordnung." sagte sie zu mir. Ich mußte grinsen. Vögelchen. Ich war bestimmt einen Kopf größer und einige Kilo schwerer als sie. "Was sie jetzt braucht, ist Schlaf, Francois. Reden könnt Ihr später." Sie kam mit einem Becher zurück. "Trink das aus, das läßt Dich schlafen." Ich hatte leichte Panik. Was im 17. Jahrhundert Hausmedizin war, fällt heute bestimmt unter das Betäubungsmittelgesetz. Aber die Kopfschmerzen waren wirklich schlimm und Aspirin würde erst in knapp 300 Jahren erfunden werden, also trank ich zögerlich und spürte bald danach den Schmerz genau wie die Furcht nachlassen, während meine Gedanken wie langsam ziehende Wolken in die Dunkelheit des Schlafes hinüberdrifteten.

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In der Rue Ferrou wurde ein gewisser Musketier erst gegen Mittag munter und hatte mit kaum weniger üblem Kopfweh zu kämpfen. Oh je, er hatte es wohl übertrieben gestern. Ja, gestern. Träge kam die Erinnerung zurück. Seit der Sache an der Lys war es schlimmer geworden mit der Trinkerei. Mühsam kam er aus dem Bett und wusch sich. Das Rasieren überließ er lieber Grimaud, weil seine Hände zu sehr zitterten. Eigentlich dürfte er gar nicht zum Dienst antreten. Wenn er heute seinen Degen gebrauchen mußte, würde es wohl das letzte Mal gewesen sein. Aber d'Artagnan hatte ihn bis jetzt stets gedeckt, und außer dem Regiment war ihm nichts geblieben. Dann war er fertig angekleidet und bedeutete Grimaud, seinen Mantel zu bringen, aber der sah nur fragend auf seinen Herrn, holte Luft, wie um etwas zu sagen, tat es aber nicht. Athos verzog das Gesicht. "Dann rede, in drei Teufels Namen! Ich erlaube es." "Ihr hattet keinen Mantel, als die Frau Euch nach Hause brachte." "Eine Frau?" Athos sah ihn ungläubig an. "Wovon zum Teufel sprichst Du?" "Eine Frau hat Euch gestern Nacht hergebracht, Herr." Grimaud senkte den Blick, sprach aber trotzig weiter "Ihr hattet Mühe, alleine zu gehen." "Raus!" Schnell verzog sich der Diener.

Athos suchte mit einer Hand Halt an der Tischkante. Da war keine Erinnerung! Was hatte er mit einer Frau zu schaffen? Wo hatte er den Mantel abgelegt und vor allem warum? War es möglich...? Nein, Unsinn, dazu war er viel zu betrunken gewesen! Oder doch nicht? Hatte sie ihm den Mantel gestohlen? Nein, das gab keinen Sinn. Dann hätte sie ihm gleich alles abnehmen können. Gestern hatte es Sold gegeben und ein tastender Griff verriet ihm, daß der größte Teil der Münzen in seinem Gürtel noch da war. Er rief Grimaud zurück. "Wie hat die Frau ausgesehen?" Grimaud schien zu grübeln. Es kam nicht oft vor, daß er Fragen beantworten mußte. "Seltsam." "Herrgott nochmal, kannst Du sie nicht besser beschreiben?" schrie ihn sein Herr an. Grimaud duckte sich. Heute war kein guter Tag. Heute war ganz und gar kein guter Tag. "Sie war etwas größer als Ihr, vielleicht Anfang 30 und hatte schönes blondes Haar." Athos schluckte. An Anne hatte ihn damals zuerst ihr schönes helles Haar angezogen. Er hatte d'Artagnan nicht umsonst vor blonden Frauen gewarnt. "Aber sie war ganz seltsam angezogen. Fast wie ein Mann und auch wieder nicht." Grimauds Stimme riß ihn aus den Gedanken. "Ich verstehe nicht." "Sie trug keinen Mantel, sondern so eine Art Wams oder Rock, aber ganz fremdartig geschnitten und darunter, glaube ich, eine Hose." Athos sah seinen Diener mißtrauisch an. "Sag mal, hast Du etwa gesoffen, als ich nicht zuhause war? Ich werde Dich nicht bestrafen, aber wenn es so war, sag es jetzt!" Er hoffte es fast, dann würde er nicht länger grübeln müssen, aber Grimaud schüttelte nur äußerst energisch den Kopf.

Kapitel Irrungen und Wirrungen von Anonymous

Warum d´Artagnan sich umdrehte und starrte? Na, weil Maren fror. Das sehe ich ein. Normalerweise, unter anderen Umständen. Aber wenn mein Held sich dann galanterweise von seinem Mantel trennt und ihn ihr um die Schultern legt, dann fühle ich mich ... vernachlässigt. Ja, das ist das richtige Wort! Vernachlässigt, allein gelassen ... und ich sinne auf Rache. Nicht an Maren, sondern an dem Herrn Musketier.
Da himmelt man ihn an und zum Dank benimmt er sich uns beiden gleich aufmerksam gegenüber. Ich friere leider nicht und es würde mir auch nichts nützen. Der junge Mann würde sich gewiss nicht unsretwegen bis auf die Unterhosen ausziehen. Wobei ... ich frage mich, ob er einfärbige Unterhosen hat. In einem schicken Schmutzgrau?
Und wir marschieren weiter in Richtung Hôtel de Tréville. D´Artagnan kann sich, das sehe ich ihm an, nicht ganz entscheiden, ob er nun verwirrt, nachdenklich oder amüsiert sein möchte. Nun, sei´s drum. Wir werden ihn schon klein kriegen. Nicht zu klein allerdings! Ich möchte dem Manne doch noch ins Auge sehen können.
Im Palais angekommen, stolpern wir auch gleich über die ersten Musketiere. Sieht genauso aus wie ich mir das immer vorgestellt hatte. Ein Chaos! Irgendwie wirft das die Frage auf, wie sich das Maren vorgestellt hat. Denn, wenn sie sich das anders vorgestellt hat, dann müsste es doch auch so aussehen, oder? Wenn es mein Traum ist, dann nicht. Aber ihr Traum kann es auch einfach so sein, denn d´Artagnan sieht so aus, wie ich ihn mir vorstelle. Und dass Maren ihn sich exakt so vorstellt, glaube ich nicht. Auch wenn sie dann einen wirklich guten Geschmack hätte ...
Und wenn dieser interessante Traum unser Traum ist, dann ... dann müsste das Palais für Maren so aussehen wie sie sich das ausgedacht hat. Hmm ... erinnert mich entfernt an eine StarTrek Folge. Jeder sieht etwas anderes. Das gehört untersucht! Auch wenn ich das Gefühl habe, dass das langsam zu hoch für mich wird.
D´Artagnan führt uns in den Vorraum zu Trévilles Zimmer und ich werde leicht nervös. Da stehen eine ganze Menge junger und älterer Herren und alle werfen sie interessierte Blicke auf uns. Und nicht einer von ihnen gefällt mir! Natürlich, ich bin bereits in der Gesellschaft meines strahlenden Helden - ob er momentan wohl über ein Pferd verfügt? -, aber ich bemerke doch, dass das Angebot hier zu wünschen übrig lässt.
Der Herr Leutnant verneigt sich wieder einmal und geht dann zu einem Lakaien, mit dem er für einige Minuten leise flüstert.
Hoffentlich ist er nicht da! Hoffentlich ist er nicht da!
Gebannt starre ich auf die Tür das Arbeitszimmers, entsetzt über die Möglichkeit, die sich da offenbart. Wenn Monsieur de Tréville anwesend ist, darf ich mich mit ihm unterhalten. Äh. Worüber? Ich weiß es nicht. Auf solche Dinge muss man sich angemessen vorbereiten! Mit nächtelangen Überlegungen und vielen Entwürfen. Ich hoffe, nein, ich wünsche, dass er nicht da ist. D´Artagnan unterhält sich ganz schön lange. Ob das gut ist? Und nun kommt er zurück und ich weiß, ich sehe entsetzlich aus. Ja, ich glaube, ich könnte jetzt locker in Ohnmacht fallen. Ob das das Problem lösen würde? Im Stile von: Mademoiselle ist in Ohnmacht gefallen. - Ach. Dann lassen wir das mit der Audienz mal gut sein. Soll sie in einem Jahr wiederkommen. -
Wahrscheinlich würde das nicht so funktionieren. Ob der Herr Leutnant mich auffangen würde? Ist er ein galanter Mann? Ich weiss es nicht mehr. Vielleicht? Habe ich einen guten Eindruck gemacht? Gefalle ich ihm? Kann ich ihm bereits um den Hals fallen?
Vor lauter Panik habe ich jetzt nicht gehört, was er gesagt hat. Er sieht mich komisch an, das merke ich.
„Mademoiselle? Ist Euch nicht gut?“
„Äh .... doch, doch.“ Ich lächle zögernd und endlich, endlich nickt er und lächelt auch. Allerdings amüsiert, spöttisch. Er verdient einige Ohrfeigen! Von mir wird er sie zwar nicht bekommen, aber wenn ich dann mal eine Liebesgeschichte schreibe! Ihr werdet schon sehen, Herr Leutnant!
„Was sagtet Ihr?“ Ich bemühe mich wieder, einen angemessenen Befehlston anzuschlagen. Hmm. Ob ein unterwürfiger Ton besser gewesen wäre? Er überlegt jedenfalls noch, was er von mir zu halten hat.
„Monsieur de Tréville ist auf der Jagd, zusammen mit dem König.“
Gott segne den König!, möchte ich rufen und strahle. Gerade noch rechtzeitig besinne ich mich, dass ich ja eigentlich enttäuscht sein sollte. In etwas zerknirschtem Tonfall erwidere ich: „Das ist schade.“ Ich zögere und versuche an seinen Eigenstolz zu appellieren. „Meint Ihr, dass es morgen möglich sein wird, mich mit ihm zu unterhalten?“
D´Artagnan verbirgt ein Lächeln hinter seiner Hand, während er sich offenbar geistesabwesend über den Spitzbart streicht. Hah! Getroffen. Ich wusste doch, dass er ein eingebildeter Mensch ist. Er kommt sich gerne wichtig vor. Freunde hin oder her, er ist der Leutnant der Musketiere und wichtig!
„Der Hauptmann ist ein sehr beschäftiger Mann, Mademoiselle,“, er legt eine Pause ein, die - dessen bin ich mir sicher - er allein um des Effekts willen macht, und fährt fort, „aber ich nehme an, dass er gewiss bereit sein wird, mit Euch zu sprechen...“
Ich lächele wieder und nicke dankbar.
Jaa, das gefällt ihm. Nur am Rande frage ich mich, seit wann ich so von ihm rede. So wie ich mich ausdrücke, könnte ich auch gerade einem Terrier den Bauch kraulen. „Jaaaa, das gefällt dir, mein Kleiner, nicht wahr? Du putziges Ding!“ Etwas in der Art. Zum Glück halte ich den Mund.
„Wenn Ihr mir sagen könntet, in welche Angelegenheit Ihr den Hauptmann zu sprechen wünscht, so könnte ich sicherlich....“ Er lässt den Satz unvollendet und ich bin beglückt.
Oh! Ihr könntet ganz bestimmt ... was auch immer es ist, das ihr könntet.
Betont gelassen antworte ich ihm: „Ich wollte mit Eurem Hauptmann über eine Angelegenheit von einiger Wichtigkeit sprechen. Es handelt sich um ...“ Ich stocke und überlege fieberhaft, worum es sich handelt.Tja, man sollte denken bevor man beginnt zu sprechen. „...um ... eine Dame, die Euch sicherlich bekannt sein dürfte.“
Er starrt mich verständnislos an. So würde ich mich auch ansehen. Ich denke an ... mich. Naja, ich möchte in eigener Angelegenheit vorsprechen. Das heisst, möchte ich natürlich nicht, aber ,ähh, mir fiel nichts besseres ein. D´Artagnan fiel auch nichts ein; er starrt immernoch, durchforstet sein Gedächtnis nach Frauen. Ich kann es ihm ansehen und ich weiß, dass es da nicht viele gibt. Hm. Ob man das ausnutzen kann? Ich finde es zwar persönlich nicht so lustig, ständig eine gewisse Frau auftauchen zu lassen, aber ... in der Not?
„Verzeiht mir, aber von welcher Dame sprecht Ihr?“ Er versucht, so zu klingen als gäbe es da massenahft Auswahl.Pah“ Dabei kann man sie an einer Hand abzählen. Ich zumindest.
„Eine ... Dame, die ... die , nun sagen wir, beunruhigende, Eigenschaft hat, Geister zum Leben zu erwecken.“ Das ist nicht einmal gelogen! Er sollte mal einige alten Geschichten von mir lesen! Ich weiß, Maren ist auch in der Nähe. Ich will lieber nicht wissen, wie sie jetzt dreinsieht.
D´Artagnan dagegen kann ich genau sehen. Ich sehe zum Beispiel, dass er kalkweiß wird und für einen Moment einen sehr seltsamen Eindruck hinterlässt. Er denkt wie ich es möchte. Ob er schon unter dem Einfluß meiner Charakterentwicklung steht?
„Geister?“, wiederholt er, als könne er es nicht glauben. Und er tut mir leid. Ganz plötzlich tut er mir leid. Armer Mann. Ich entschließe mich für ein leises Lachen, um die Spannung zu lösen. Mit einem unschuldigen Lächeln sage ich: „Aber, ja, Monsieur. Ich beschäftige mich sehr gerne mit diesen Dingen.“ Das ist zwar glatt gelogen, aber wenigstens erfüllt es seinen Zweck. Er bekommt wieder etwas Farbe ins Gesicht und lacht unsicher.
Ich nicke lächelnd. Und, um nicht ganz seine Aufmerksamkeit zu verlieren, füge ich bescheidener hinzu: „Meine Angelegenheit ist für mich von einiger Wichtigkeit. Sie ist aber vielleicht nicht geeignet, das Interesse eines Hauptmannes zu wecken.“ Ich zögere, um des Effekts willen. „Aber vielleicht kann mir ...“ Ich werde mir plötzlich bewusst, dass ich hier nicht ganz allein bin und in dem Bewusstsein, dass er mich mit plötzlichem Interesse und einigem Wohlwollen ansieht, siegessicher und großzügig gestimmt, fahre ich fort: „ ... vielleicht kann uns der Leutnant der Musketier behilflich sein.“
Er ist geschmeichelt. Wieder einmal. Aber er ist zu niedlich, man kann ihm nicht widerstehen. Dann ist er auch noch fesch und intelligent ....
Der Herr Leutnant verneigt sich zur Abwechslung mal wieder und nickt fröhlich. In seinen Augen kann ich es aufblitzen sehen und weiss, er wittert ein Abenteuer. Was genau er da wittert, weiß ich allerdings nicht.
„Mit Vergnügen, Mademoiselle.“
„Ihr werdet uns also behilflich sein ... wann können wir mit Euch rechnen?“
„Heute bin ich leider den ganzen Tag verhindert. Wäre Euch morgen früh recht? Dann könntet Ihr mir mehr berichten, von dieser Angelegenheit.“
Ich grinse amüsiert. Hab´ihn an der Angel! „Aber gewiss doch, Monsieur. Und wo werden wir die Ehre haben, Euch anzutreffen?“
„Da Ihr bereits zu wissen scheint, wo ich wohne ...“, ich höre den Spott und die Neugier aus seiner Stimme heraus und muss mich bemühen, nicht zu lachen, „treffen wir uns doch in der Rue des Fossoyeurs.“
Ich nicke und ich glaube zu sehen, dass Maren das Selbe macht. Monsieur le mousquetaire nickt noch ein Mal, zieht den Hut und entfernt sich rasch.
„Was machen wir jetzt?“, wende ich mich etwas verlegen an Maren, denn ich habe wirklich keine Ahnung, was wir nun tun könnten.

Kapitel Und erstens kommt es anders als man meistens zweitens denkt von Anonymous

Den erstens kommt es anders, als man meistens zweitens denkt

Ich war kurz vor dem Seekrank werden, als wir der Rue de St. Antoine entgegen ritten. Man verstehe mich nicht falsch, ich saß nicht das erste Mal im Sattel. Auf einem gutmütigen Haflinger habe ich es auch schon einmal zu einem gemütlichen Trab rund um den Sandplatz gebracht. Aber das war einem herrlich verträumten Augusttag vor über zehn Jahren. Das hier ist ein unruhiger Warmblüter, und ein Sattel, den man wohl Damensattel nennt, und der ein Folterwerkzeug ist. Zudem ist das Tempo das geritten wird nicht unbedingt gering. Monsieur le Capitaine haben es eilig. Irgendwo notiere ich Geist dass er keinen Anglonormannen reitet wie ich geschrieben habe, sondern einen Friesen. Dagegen ist ja nichts einzuwenden.

Vor dem düsteren Torgang der Bastille weigert sich dieser elende Gaul endgültig weiterzugehen und hält stur inne. Säße ich im Herrensattel, bestünde die vage Chance, dass ich mich der richtigen Hilfen vielleicht erinnere, aber so bin ich aufgeschmissen. Mit einem ärgerlichen Blick auf meine Person – der mir deutlich sagt dass ich erbärmlich bin, - fasst Biscarrat das Zaumzeug meines Pferdes und bringt es mit einem leisen Zungenschnalzen wieder zum antraben. Ich falle fast aus dem Sattel so eilig begibt sich der Braune nun in den Hof.

Düstere Mauern, die eng herandrängen, einige hohe Türme, Wälle, schwere Tore, selbst jetzt wo ein neuer Wintermorgen dämmert, wird es hier drin nicht besonders hell. Ich schaudere leicht, als ich den Innenhof der Bastille betrachte. Dagegen ist Festung Königstein, genannt die „sächsische Bastille“ ein lichtes und luftiges Schloss. Cavoyes ist bereits dabei den Hof zu verlassen, und hat mich der charmanten Aufsicht von César überantwortet, der mir mit einer knappen Geste bedeutet, mitzukommen. Auf dem holprigen Pflaster des Hofes komme ich ins Stolpern. Ein harter Griff um mein rechtes Handgelenk hindert mich am Fallen. Au! César hat einen Griff wie ein Schaubstock.

Der Konversation zwischen de Cavoyes und der hageren Person, die entweder der oberste Schließer oder gar der Kommandant dieses ehrenwerten Hauses ist, kann ich – wieder – nicht folgen. Nur das der Name Tobias von Scharfenberg – sehr präzise und korrekt von Cavoyes gesprochen – einige Male fällt, verstehe ich.

Dann hebt der – ich entscheide dass es der oberste Schließer ist – die Schulter und murmelt etwas wie „...c’est mort l’anee derniere..“

Halt mal, halt mal... c’est das ist irgendwas mit „Ist“; mort bedeutet tot, l’anee müsste das Jahr sein und derniere.... wie war das noch mal? Gestern? Nein, das letzte. „ist letztes Jahr gestorben?“ Herrschaften, das geht nicht! Mein Bruder kann wohl schlecht im letzten Jahr hier gestorben sein, das ist ausgeschlossen.

In dem Moment wendet sich Cavoyes zu mir. „Euer Bruder ist flüchtig Madame.“ Sagt er streng.

Tobias... wenn du wirklich hier bist: Gut gemacht! Aber wenn du hier bist, kann das schwer ein Traum sein, nur halb höre ich, wie Cavoyes weiterspricht. „....vermutlich um eine Verwandte von Euch handelt. Man wird Euch zu Ihr führen.“

Ich kann nur so tun, als hätte ich ihm höflich zugehört. „Dafür danke ich Euch.“ Erwiderte ich. Zum Glück ist Barocke Deutsch dem heutigen schon halbwegs ähnlich.

Cavoyes, César und zwei weitere Männer führen mich zu einer Zelle, die oberirdisch liegt. Irgendwie bin ich dankbar, dass ich nicht gleich die Kavernen besichtigen muss. Die Tür wird von dem Schließer umständlich geöffnet. Als ich eintrete, sehe ich im Licht eines winziges Fensters jemanden liegen. Ein Mädchen von vielleicht vierzehn Jahren, ich kenne sie nicht. Aber sie trägt moderne Sachen, so wie ich. Ich eilte sofort zu ihr hinüber und kniee neben ihr auf dem Boden nieder. Sie scheint bewusstlos zu sein. Wer kann sie sein? Kennen tue ich sie nicht...

Eine furchtbare Ahnung beginnt in mir aufzusteigen. Das hier ist Paris, das Paris über das ich – oder eigentlich alle Mitglieder von Artagnan.de geschrieben haben. Sollten wir alle hier sein? Wieder betrachte ich das fremde Mädchen. Wer kann sie sein? Wären es zwei würde ich ja auf die Zwillinge tippen, und die sind älter, ebenso wie die meisten anderen von uns.

„Kennt Ihr dieses Kind?“ die Frage von Cavoyes klingt um eine Spur freundlicher. „Sie wurde so schlafend in den Kavernen gefunden.“

Demonstrativ lege ich den Arm um die Schlafende. „Sie ist meine Schwester Monsieur le Capitaine, mein Bruder war auf der Suche nach Ihr, als er nach Paris kam.“ Himmel, ich hoffe ich schaffe es die Geschichte logisch zu halten.

„Und Euer Bruder ist flüchtig.“ Konstatiert Cavoyes. „Man sollte Euch hier festhalten, bis er hervorkommt.“

Ich friere. Francesco du hast wirklich Charme, kein Wunder das dir die Frauen scharenweise nachlaufen! Denke ich zynisch. Jemand mischt sich ein. „Mon Capitaine?“ Der jenige der hinzugekommen ist, ist ebenfalls ein Kardinalist. Etwas kleiner als Francesco und César, dunkelhaarig, feingeschnittenes Gesicht und sehr nachdenkliche Augen. Ich weiß sofort, dass es sich um Julien d’Aquitaine handeln muss. Ich habe keine Ahnung was er Cavoyes sagt, aber die Geste mit der er auf mich und die kleine Schläferin deutet und dann auf die Umgebung, lässt mich erahnen, dass er seinem Hauptmann wohl widerspricht was das sofortige Einkerkern angeht. Für einige Moment flammt Hoffnung in mir auf. Julien du bist großartig! Doch dann schüttelt Cavoyes den Kopf und bedeutet mit einer knappen Geste den Gardisten zu verschwinden. Er sieht mich noch einmal an. „Betet dass Euer Bruder bald hervorkommt, dann wird man Euch wieder frei lassen und das Kind ebenso.“ Damit geht er, und krachend fällt die Zellentür ins schloss.

Ich bin versucht zu heulen, aber ich reiße mich zusammen, kein Fluch und keine Tränen werden an dieser verfahrenen Lage etwas ändern. Ich streife meinen Wollponcho über den Kopf und schiebe ihn der schlafenden unter den Kopf. Der Dreck in der Zelle wird ihn wohl ruinieren, aber damit muss ich leben. Dann beginne ich meine Taschen nach brauchbaren Utensilien zu durchsuchen. Was zu Tage kommt ist deprimierend. Zwei Taschentücher, meine Dresdner Wohnungsschlüssel, zwei alte Busfahrkarten und ein Schmierzettel auf dem ich ein paar Ideen hastig notiert habe. Nicht eben eine Ausrüstung um aus der Bastille auszubrechen.

***

„Eure kleine Freundin ist ebenfalls in Schwierigkeiten, Nardirkhan.“ Stellte Haljyar debar’Baraque fest und wandte seinen Blick von Dvorans Schachpartie ab.

Tenaka schnaubte. „Ja und mit zynischen Kommentaren von Originals ist mir ja auch geholfen. Wenn ich dorthin gehen könnte, würde ich sie da schon herausholen.“

„Derlei Freiheiten sind aber eher uns Originals gegeben.“ Wandte Dvoran ein, und machte einen Zug, der seinem Gegenüber einige Zeit zu denken geben sollte.

„Ja, aber ihr scheint ja ganz zufrieden zu sein, abzuwarten und Euch zu amüsieren.“ Gab Tenaka verärgert zurück. „Und einige von Euch rühren mit Spitzen Fingern in der Sache herum, aber wirklich etwas unternehmen könnt ihr nicht.“

Ehe ein Streit zwischen Dvoran Uretanor und Tenaka Khan ausbrechen konnte, mischte sich ein Mann, der bisher mit dem Stimmen seines Instruments befasst gewesen war, ein. „Er hat Recht Dvoran, es wird Zeit dass wir etwas unternehmen. Die Frage ist, wie wir jemanden von uns in diesen Traum bringen.“

Dvoran schüttelte entschieden den Kopf. „Noch jemand der nicht hineingehört in diesem Traum, kann mehr sein als er verträgt, Decan. Das ist keine Lösung.“

Wieder herrschte Stille unter den Originals.

Kapitel Geständnisse von xalibur 

Natürlich hieß sie nicht Jean. Villon nannte sie so, weil sie damals in ihrer Geschichte so eine glühende Verehrerin der Jeanne d'Arc gewesen war. Sie hatte sie sogar eine Heilige genannt! Villon seufzte. Er fühlte sich schuldig und hätte ihr gern alles gebeichtet, aber Tenaka würde ihn erwürgen. Tenaka. Der Khan wollte den Schöpfern diese Welt verleiden. Dabei konnte Villon nur verlieren. Villons ursprüngliche Geschichte spielte im Frankreich der Musketiere oder besser gesagt, etwas früher, im Paris Heinrichs VI. und er war darin gerade Anfang 20 gewesen. Sicher wollte er dem Vergessen entfliehen, aber er wäre zufrieden damit, ein gemütliches Leben als Nebenfigur in Musketierfanfictions zu führen. Wenn Tenaka Erfolg hätte, würde seine Jeanne sich von Paris abwenden und ihn genau wie die Musketiere verlassen. Er mußte sich irgendwas einfallen lassen.

Er nutzte die Zeit, um das Geschick der anderen Schöpferinnen in Erfahrung zu bringen, was nicht schwerfiel. Schließlich standen ihm die Augen und Ohren des Cour des Miracles zu Gebote. de Cavoyes hatte eine Dame in die Bastille gebracht? Oh je, das mußte Tenakas treulose Schöpferin sein. Wie konnte Tenaka ihr das nur antun? Und der Herr Leutnant der Musketiere zog mit zwei merkwürdigen Frauenspersonen durch die Gegend? Vermutlich Maren und Stella. Nahe des Palais de Cardinal entdeckte Villon ein paar Gestalten, die in dieser Welt so gar nichts zu suchen hatte. Ob die anderen Bewohner von Paris sie ebenfalls sehen konnten?
"Aeris, Mumm, was bringt Euch denn in diese Geschichte?" Aeris setzte ein unschuldiges Gesicht auf und erwiderte "Ein Kleid, ein Blumenmusterkleid." um dann einen Lachanfall zu bekommen. Villion mußte sehr verständnislos geschaut haben, denn sie setzte hinzu "Ich habe Maren ein hüsches, geblümtes Kleid verpaßt, sie ist doch in der Badewanne eingeschlafen und ich kann sie ja nicht nackt hier herumlaufen lassen." "Du hast das einfach so... erschaffen? Das können doch nur Autoren!" Wenn das ging, dann würde er seine Jeanne mit der schönsten Robe ausstaffieren und mit einer Kutsche und allen.

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Als ich erwachte, saß der Spielmann an meinem Bett und lächelte mich fröhlich an. Lucia hatte recht gehabt, mein Kopf schmerzte längst nicht mehr so und ich spürte sogar wieder Hunger. "Geht es Dir besser, ma petite?" "Ja. Du bist Francois? Francois Villon?" "Oui, Mademoiselle! Du erinnerst Dich?" Natürlich erinnerte ich mich. Er war so ziemlich die einzige Figur, die ich je erschaffen hatte. Ich hatte ihn nur nicht gleich erkannt. Damals war er jung gewesen. Damals waren wir beide jung gewesen. Er schien überglücklich zu sein, daß es mir besser ging. "Weißt Du noch, damals? Ich hatte mich unsterblich in die Baronesse verliebt, und Du hast am Adel kein gutes Haar gelassen. Aber Du hast mir trotzdem geholfen, sie zu gewinnen. Heut ist es umgekehrt. Meine Liebe zum Adel ist abgekühlt, aber wenn Du Dir unbedingt diesen Grafen in den Kopf gesetzt hast, sollst Du ihn bekommen. Schau her, ist das nicht ein schönes Kleid?" Eine grün-samtene Robe mit ausladendem Reifrock lag über einen Stuhl ausgebreitet, aber ich sah sie nur mit halbem Auge. Wie konnte Villon wissen, daß Athos ein Graf war? Wie konnte er überhaupt wissen ...? Und wieso war er so plötzlich zur Stelle gewesen, um mich zu retten? Hier stimmte was nicht!

Ich musterte ihn ernst und prüfend. "Woher weißt Du, wen ich mir in den Kopf gesetzt habe und vor allem, wer er in Wirklichkeit ist? Du wirst mir einiges erklären müssen. " Francois merkte, daß er einen Fehler gemacht hatte. Das Lachen schwand aus seinem Gesicht, er schien zu zögern, dann setzte er sich zu mir ans Bett und sagte leise "Kleine Jeanne, ich weiß nicht, was geschieht wenn ich das tue, aber ich bringe es auch nicht fertig, Dir ins Gesicht zu lügen." Und dann begann er, mir eine unglaubliche Geschichte zu erzählen, vom Haus der verlassenen Geschichten, vom Weihnachtszauber und von Maren und den anderen. "Und Doro?" "Hat das größte Pech gehabt. Sie ist an de Cavoyes geraten und der hat sie in die Bastille gesperrt."

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Heute war der Tag vor Weihnachten, also wollte Athos die Zeit bis zu seinem Dienstanfang nutzen, um zu beichten. Aber auch dort stand ihm die vergangene Nacht im Wege. Bei der Beichte ein Vergehen zu verschweigen war eine Sünde und machte die Lossprechung zunichte - ein Vergehen zu beichten, was man nicht begangen hatte, konnte aber ebensowenig angehen. Er würde sich wohl oder übel näher erklären müssen. Angetan mit einem alten Mantel, der den kalten Wind nicht halb so gut abhalten konnte wie der verlorene, machte er sich auf den Weg zu den Jesuiten. Die standen im Ruf, den Fallstricken des Soldatenlebens ein wenig mehr Verständnis entgegen zu bringen. Als er die dunkle Kirche betrat, warteten schon einige Bußwillige. Er kniete nieder, aber statt zu beten, kreisten seine Gedanken um den letzten Abend. Aber es half nichts, die Erinnerung war wie ausgelöscht. Müde stütze er den schmerzenden Kopf in die Hände und schloß die Augen. Die Kirche war nach der Kälte draußen angenehm warm, dunkel und still und langsam begann er einzudösen. Aber dann schreckte er auf. Da war ein Gesicht gewesen im Traum! Das Antlitz einer Frau hatte ihn wütend und vorwurfsvoll angesehen und gesagt "Wenn Ihr jetzt schlaft, werdet Ihr nie mehr erwachen."
Noch durcheinander von der Erscheinung betrat er den Beichtstuhl und begann seine Beichte. "Mein Sohn, Ihr habt vielleicht Unkeusches getan? Ihr wißt es nicht?" Der Priester war jung und konnte seine Gefühle nicht so verbergen, wie es der Gelegenheit angemessen gewesen wäre. "Nein, Pater." "Nun, vielleicht solltet Ihr mir einfach berichten, was Ihr getan habt und ich..." Pater, wenn ich das könnte, wüßte ich selber, ob es unkeusch war oder nicht! Die Schwierigkeit besteht darin, daß ich mich nicht mehr erinnern kann. Ich war zu betrunken." Der Priester stieß einen Seufzer aus, der verdächtig nach einem mühsam unterdrückten Lachen klang. Dann aber besann er sich auf seine geistlichen Pflichten und gewährte die Lossprechung. "Und als Buße erlege ich Euch auf, Euch bis zum Ende der Weihnachtszeit jeglichen Alkohols zu enthalten." Athos fuhr auf. Den Protest, der ihm auf der Zunge lag, konnte er gerade noch zurückhalten, denn natürlich war es undenkbar, dem Priester in dieser Angelegenheit zu widersprechen - aber, Mon Dieu! Keinen Tropfen bis Lichtmess (3. Februar)! Diese Buße kam ihn wirklich hart an, und so sehr er haßte, sich das eingestehen zu müssen, er wußte nicht, ob er sie durchhalten konnte.

Reichlich verstört begann er seine Wache am Louvre. Und ertappte sich immer wieder dabei, zwischen den vorbeigehenden Frauenspersonen nach dem Gesicht aus seinem Traum zu suchen. Verflucht, wieso konnte ein so alberner Vorfall ihm so die Ruhe rauben? Er nahm sich vor, seine Schritte von gestern zurückzuverfolgen, sobald sein Dienst vorüber war. Wenn da eine Frau gewesen war, mußte sie doch jemand zusammen gesehen haben.

Kapitel Kriegslisten von Anonymous

Kriegslisten

Da stehen wir nun, hilflos, einsam und verlassen. Nunja... nicht ganz verlassen. So grob geschätzt eintausend fremde Männer stehen um uns herum, beachteten uns entweder gar nicht oder - für meinen Geschmack - etwas zu aufmerksam. Musketiere...

Ich packe Stella kurzerhand am Arm und zerre sie mit mir die Aufgangstreppe hinunter. Erst, als wir wieder glücklich vor dem Haupttor des Hôtels stehen, wage ich, kurz aufzuatmen. Na, das war ja was! Ich weiß, wie ich mir diesen Trubel im Hauptquartier immer vorgestellt habe und ich erinnere mich jetzt nur zu gut an die Beschreibung, die Dumas selbst gegeben hat. Das Wort "betrunken" spielte da eine zentrale Rolle, ebenso "töten", getötet werden" und "rächen". Was für eine Truppe, das wäre auch mein Kindheitstraum, da beizutreten!

Ich muss sagen, besonders wohl habe ich mich die ganze Zeit über nicht gefühlt, während Stella allerdings mit unserem Leutnant beschäftigt war und wohl weniger auf ihre Umgebung geachtet hat. Ich zumindest bin es leid, dumm angestarrt zu werden von dem ein oder anderen nicht gar so vertrauenserweckend dreinblickendem Augenpaar. Das sind also d'Artagnans Untergebene... Ich meine natürlich, Trévilles Untergebene! Ich glaube, in diesem Zusammenhang möchte ich im Moment lieber von den Untergebenen des Hauptmanns denken... Was ja letztlich auch voll und ganz der Wahrheit entspricht. Herr Gott nochmal, wie kann man sich wünschen, hier beizutreten?!

Ich glaube, das ist eine Mentalität, die ich nie so recht verstehen werde. Oder Dumas hat noch verklärender gearbeitet, als er selbst zugibt. Gibt er das eigentlich zu? Hm... sobald ich wieder zu Hause bin, werde ich den Roman noch einmal gründlich lesen und mit Rotstift alles markieren, was garantiert NICHT so romantisch ist, wie es klingen soll.

"Was sollen wir jetzt machen?" Stella reißt mich aus meinen nicht ganz so fröhlichen Gedanken.

"Gute Frage. Was wolltest du denn nun eigentlich beim Hauptquartier?"

"Nichts."

"Nichts?" Ich glaube, das Augenbraueheben beherrsche ich mittlerweile auch ganz gut. In Geschichten passiert es reichlich oft, dass irgendwer verwundert die Augenbraue hebt. Oh bitte, ich will keiner dieser Romanfiguren ähnlich sein! Aber irgendwie... scheint man ja immer ein wenig von sich selbst mit hineinzuschreiben. Das würde ich nicht einmal als Mary-Sue bezeichnen, sondern als Stil. Oder aber, irgendwann wird man seinen Romanfiguren doch ähnlich. Och nö... "Ich verstehe schon. Du wolltest den Herrn Leutnant nur ungern allein lassen."

"Natürlich! Er war im Begriff, sein Haus zu verlassen, um hierher zu kommen. Was soll ich denn allein bei Planchet?"

"Keine Ahnung", gebe ich zu und kann mir trotzdem nicht die Spitze verkneifen. "Ihm im Haushalt helfen. Die Betten machen, zum Beispiel."

Stella läuft rot an und ich glaube, ich habe mal wieder das ganz große Fettnäpfchen getroffen. Oder eher: Die Ölwanne, die da so rumstand und nur darauf wartete, dass ich reinfalle. Ok, ist hiermit geschehen. Wie geht es weiter?

"Apropos Bett." Stella hat sich schnell wieder gefangen, Glück gehabt. "Wo sollen wir die Nacht verbringen? Hast du Geld?"

"Nein. Hast du eine Ahnung, wo hier überhaupt eine Herberge wäre?"

"Nein."

"Super."

Wieder einmal versinken wir beide in grübelndes Schweigen, während um uns herum die Leute im Hôtel ein- und ausgehen. Zu schade auch, dass Tréville gerade beim König ist... Wenn er so ist, wie Maike ihn immer beschreibt, würde er uns beide sicher nicht hier auf der Straße in der Kälte stehen lassen - aus reiner Höflichkeit, versteht sich. Und selbst, wenn er so wäre, wie ich ihn immer beschreibe, dann würde er uns zumindest eine warme Zelle anbieten... Na gut, so gemein bin ich nun auch nicht - aber mir ist gerade nach Sarkasmus.

"Sag mal..." überlegt Stella laut. "Wenn wir hier über Nacht bleiben... und einschlafen... wachen wir dann wieder zu Hause auf?"

"Weiß nicht."

"Irgendwie scheint mir das ohnehin kein gewöhnlicher Traum zu sein."

"Ach?" Ich glaube, ich sollte meinen Sarkasmus doch einmal bändigen. Stella kann schließlich auch nichts dafür. "Das werden wir wohl sehen, wenn es soweit ist. Aber ich möchte nicht auf offener Straße die Nacht verbringen. Es wird bestimmt noch viel kälter..."

"Ach", gibt Stella im gleichen Tonfall zurück. Gut, wir sind quitt. Nur vor einem warmen Herd hocken wir immer noch nicht. Wohin nur, wohin? Etwas zupft an meinem Mantel. Es ist Stella, die gedankenverloren eine Falte glatt streicht. Moment mal... das ist nicht _mein_ Mantel!

"Meinst du, er will ihn wiederhaben?"

"Was?" schreckt Stella aus ihren eigenen Überlegungen und mustert mich einen Moment verwirrt. Dann versteht sie. Sie grinst.

"Bestimmt!"

"Bald?"

"Sehr bald."

"Dann los."

Es dauert nicht lange, dann sind Stella und ich wieder in der Rue des Fossoyeurs. Ich habe mir den Weg einigermaßen eingeprägt, während Stella mehr mit d'Artagnan beschäftigt war - sie kann sich gleich gerne wieder beschäftigen, solange ich endlich ein prasselndes Feuer im Ofen bekomme!

Es ist Planchet der uns öffnet und reichlich entgeistert starrt. Ich hebe eine Augenbraue - wow, das funktioniert wirklich! Eine Universalgeste, irgendwann werde ich sie bei einem meiner Professoren anwenden. Das verhindert einen Haufen dummer Fragen. Planchet tritt auch schon, ganz Diener, unterwürfig bei Seite und lässt Stella und mich eintreten.

"Wer ist es?" schalt es aus einem Nebenraum und die Stimme erkenne ich sofort wieder, während sich Schritte dem Flur nähern, wo Stella und ich stehen und darauf warten, dass unser Held aus dem Zimmer tritt. Und da ist er auch schon, nur noch in Hemd und Hose - und sieht nicht minder entgeistert drein, als sein Diener, der es jetzt ziemlich eilig hat, sich in seine Kammer zu verkrümeln.

"Wir sind's", fällt mir keine geistreichere Antwort ein und ich bekomme dafür auch gleich einen Knuff von Stellas Ellbogen in die Seite. Schon gut, schon gut. "Ich habe noch Euren Mantel und wollte ihn Euch zurückbringen, Monsieur."

"Aber... Ihr hättet ihn doch behalten können. Bis morgen früh", stottert d'Artagnan völlig überrumpelt, indem er den Mantel entgegen nimmt. Er könnte mir ja fast leid tun - wenn er nur ein bißchen mehr Grips beweisen würde. Ja, schlau und listig, das ist er. Aber vom Umgang mit Damen hat er nun wirklich nicht gerade viel Ahnung. Wie gerne würde ich entnervt mit den Augen rollen. Aber das wäre Stellas und meiner Sache nicht eben dienlich, also senke ich scheu die Lider und blicke betreten zu Boden. Ich hoffe, Stella kann für einen Augenblick einmal das Anhimmeln sein lassen und ebenfalls hilflos, einsam und verlassen wirken. Es scheint zu funktionieren.

"Nun... vielen Dank, dass Ihr den Mantel zurückgebracht hat", versucht d'Artagnan verlegen, diesmal die richtigen Worte zu finden. Nun, das klingt schon einmal gut. "Aber nun werdet Ihr wieder frieren, Mademoiselle."

JA, du Schlaumeier! Wie gerne würde ich ihm einige wenig schmeichelhafte Dinge an den Kopf werfen. Aber er versucht ja nur, höflich zu sein. Vielleicht kommt er irgendwann auch von allein auf den richtigen Gedanken, aber mir dauert das jetzt eindeutig zu lange. Ich glaube, ich habe den einen Fehler gemacht, nie Damen in meinen Fanfictions auftreten zu lassen, sondern immer nur Schurken und Intrigen. Da kann der arme Junge ja gar nichts anders, als völlig verwirrt zu sein.

"Seht Ihr, Monsieur, es ist so. Meine Freundin und ich, wir kennen niemanden hier in Paris. Wir sind heute hier eingetroffen und wurden von unseren Begleitern schon kurz nach Passieren der Stadttore getrennt. Ein Missverständnis, man hat sie verhaftet und abgeführt. Uns hat man zurückgelassen, allein, verängstigt mit keinem Pfenn... äh, Sous Geld. Wir wissen nicht, wohin..." lüge ich das blaue vom Himmel herunter (und tatsächlich ist es ja schon tiefschwärzeste Nacht da draußen). Es hat auch seine Vorteile, wenn man es mit einem ständig zur Übertreibung oder weglassen gewisser Wahrheiten neigendem Charakter zu tun hat. Man lernt dazu.

"Man hat sie verhaftet?"

"Grundlos", nicke ich, ohne aufzusehen. Noch ein wenig länger und ich werde noch einen echt klingenden Schluchzer zustande bekommen. Los, rette uns, 'dammig nochmal! Ich glaube, das ständige Fluchen ist ebenfalls ein Nebeneffekt, wenn man zuviel mit diesem Gascogner zu tun hat.

"Und man hat Euch nicht einmal gesagt, wohin man Eure Begleiter gebracht hat?"

Ich schüttele den Kopf und - da ist der Schluchzer! Ich bin guuuut. Stella legt tröstend einen Arm um meine Schulter und spielt mit das hilflose Mädchen, das sogar gezwungen ist, an fremder Leut's Türen anzuklopfen. Allerdings macht sie eine Einschränkung: "Es waren unsere Reisebegleiter, die uns sicher nach Paris bringen sollten. Aber anscheinend waren sie nicht so vertrauenswürdig, wie unsere Väter dachten."

Reisebegleiter... Bloß nicht riskieren, es könnte sich hierbei etwa um unsere Verlobten oder was weiß ich was handeln. Ich muss mich schon sehr zusammenreißen, um mein Kichern in einen weiteren Schluchzer zu verwandeln. Herrje, nicht nur ich kann gut lügen, wenn es sein muss. Und ich glaube fast, auch der Herr Leutnant hört lieber das Wort "Eskorte", als "Freunde".

"Mesdemoiselles", sagt er mit einer Verbeugung, ganz Kavalier. "Bitte sorgt Euch nicht weiter. Euch wird nichts geschehen und Ihr seid nicht ganz verlassen in Paris", bietet sich unser Held nun endlich als der große Retter an. Wurde ja auch Zeit.

"Sind wir nicht?" wage ich es, aufzusehen und d'Artagnan ein hoffnungsvolles Lächeln zu schenken. Er nickt freundlich und ich sehe zu Stella. Na also, läuft doch. Ich erhole mich jetzt ziemlich schnell von meinem beinahe Zusammenbruch. "Habt vielen Dank, Monsieur. Aber wir wollen Euch nicht zur Last fallen." Ein bißchen zieren muss man sich ja doch noch. Anscheinend habe ich Monsieur le lieutenant allerdings auch ein weiteres mal überrumpelt. Dass wir bei ihm bleiben diese Nacht hatte er wohl noch nicht so ganz geplant, zumindest spricht sein Gesichtsausdruck etwas in der Art. Aber jetzt ist es zu spät und wegzuschicken. Wieder nickt d'Artagnan und dann bekommen Stella und ich den Raum gezeigt, wo wir heute Nacht schlafen dürfen: In seinem Schlafzimmer. Hm, nicht schlecht, könnte allerdings etwas aufgeräumter sein.

Ich glaube, ich habe noch nie so schnell einen Mann aus seinem eigenen Schlafzimmer flüchten sehen. Zumindest wünscht uns der Leutnant nur flüchtig eine Gute Nacht und zieht dann die Tür hinter sich zu. Er wird wohl noch einiges zu Grübeln haben bis morgen früh.

Fortsetzung folgt...

Kapitel Mitternächtliche Erkundungstouren von Anonymous

"Wer ist es?"
"Wir sind's.“
D´Artagnan sieht uns verwirrt an, also verkneife ich mir ein Augenverdrehen. Aber Maren hat ja Recht. Er wird uns doch nicht so schnell vergessen haben? Nein. Ich seh´es ihm an der Nasepsitze an, die ist bereits kalkweiß und der Rest folgt noch.
Nun beginnt ein kurzes, wohlüberlegtes Manöver, dem d´Artagnan garnichts entgegenzusetzen hat. Wenn er sich auch etwas geschickter anstellen könnte. Man muss sich ja direkt genieren, so langsam ist er! Ob er begriffen hat, dass Maren ihm von Anfang an einreden wollte, uns bei sich übernachten zu lassen? Ich fürchte nicht. Er sieht damit nicht sehr glücklich aus. Aber er ist schließlich ein Kavalier und Kavaliere lassen keine Damen in der Kälte stehen!
Es endet damit, dass d´Artagnan uns sein Schlafzimmer überlässt. Ich frage mich, wo er schläft. Oder Planchet. Nun, wenn ich ihn richtig einschätze wird einer von ihnen auf dem Boden schlafen und es wird nicht der Herr Leutnant sein! Es sei denn, d´Artagnan hat auch einen gewissen Respekt vor Planchets Bett. Dann wird er wohl die Dielen vorziehen. Oder er interessiert sich nicht für Läuse, Wanzen und Flöhe.
Hm. Ich wünschte, ich würde nicht gar so ausgeprägt darüber nachdenken. Jetzt graust´s mir ein wenig vor dem Bett.
„Maren? Nimm du doch das Bett. Ich suche mir einen Stuhl oder so etwas in der Art.“
Maren hebt stumm einen Augenbraue. Sie kann das schon richtig gut. Ich setzte einen unschuldigen Blick auf und erwidere ihren Blick.
„Nein, danke.“, sagt sie trotzdem, „ausserdem, was willst du dir da suchen? Hier gibt es exakt drei Stühle.“
„Guter Einwand. Dann eben einen Stuhl.“ Ich betrachte die Stühle. Sie knarren schon, wenn man sie nur ansieht und sie wirken auch nicht besonders tragfähig. Nun, wenn sie den Herrn Leutnant und - beizeiten - auch Monsieur Porthos aushalten, dann werden sie mich wohl auch tragen. Porthos ist ja doch um einiges kräftiger als ich. Und größer. Und breiter. Und überhaupt, warum habe ich ihn eigentlich vorgebracht? Er ist ja doch nicht mit mir zu vergleichen.
„Das sieht nicht sehr stabil aus.“, meine ich vorsichtig und werfe Maren einen Blick zu.
„Es gibt auch noch einen Tisch.“, antwortet sie darauf. Wir sehen uns den Tisch an.
Hm. Knarrender, sich unter seiner Last biegender Tisch oder knarrender Stuhl? Schwierige Wahl.
„Oder den Boden.“, sage ich. Den Boden sehen wir uns aber nicht an. Das war nur eine Verlegenheitsaussage. Dieser Boden ist nicht gut. Zwar, in meinen Geschichten habe ich mich nie sonderlich mit dem Fußboden des werten Monsieur auseinander gesetzt, aber , im Nachhinein betrachtet, hatte das seine Gründe.
Etwas unschlüssig sehen wir uns an.
„Tja ... wir könnten´s auslosen.“
„Das Bett?“ Marens Tonfall sagt alles.
„Ja, klar, wer verliert, bekommt das Bett.“, meine ich betont fröhlich.
„Und was bekommt der Gewinner?“ Maren wird noch Meister im Augenbrauenheben und sarkastischen Aussagen machen. Dabei dachte ich, für letzteres wäre eher ich prädestiniert. Augenbrauenheben kann ich leider nicht. Zumindest nicht gezielt.
„Gewinner?“, wiederhole ich, „was für ein Gewinner? Der andere Verlierer - der siegreiche Verlierer - bekommt, äh, naja ... den Tisch oder einen Stuhl. Oder sowas in der Art.“
„In dem Fall nehme ich das Bett.“
„Gute Wahl.“
„Ach? Du willst es aber nicht.“
„Nein. Ich hab´ja erst drin geschlafen.“ Ich lächle unschuldig. Maren weiß ja nicht, dass ich eigentlich in Planchets Bett geschlafen habe und nicht in d´Artagnans... Wird schon nicht so ein großer Unterschied sein. Und es ist ja nicht so, dass ich tatsächlich ein Laus gesehen hätte. Im Übrigen ... dies ist ein Traum. Davon bekommt man keine Läuse.
Während sich Maren mit misstrauischem Gesichtsausdruck auf das Bett setzt und es vorsichtig untersucht, sehe ich mich wieder um. Ich schlafe auf einem der Stühle. Das ist hoch über dem Boden - es besteht also keine Gefahr, dass irgendetwas des Nachts über mich hinweg krabbelt - und wie geschaffen für mich. Erinnert mich direkt an die Sessel in den Hörsälen des Juridicums. Den dazugehörigen Professor, der mich in den Schlaf sing--, lesen kann, denke ich mir einfach dazu.
Ich frage mich, ob ich in meinem Bett aufwache, wenn ich hier einschlafe. Das passiert ja manchmal. Manchmal, in normalen Träumen. Ob es auch in abnormalen Träumen geschieht?
Maren zupft ein wenig an ihrem Kleid herum, ehe sie sich entschließt, über Nacht eben nur das Unterkleid anzulassen. Das „Ober“kleid würde sich nur unnötig verdrücken. Mit vereinten Kräften gelingt es, das Kleid auch aufzubekommen. Bin froh, dass ich in Jeans träume.
Lange dauert es nicht, da hören im Nebenzimmer die energischen Schritte auf und ich versuche nebenbei die Wohnung abzufackeln, als ich die Kerze löschen möchte. Es gelingt mir fast, aber Maren schafft es gerade noch das Zimmer zu retten. und der Tisch ist auch bloß ein wenig angesengt. Von dem kleinen Wachsfleck auf der Wachliste garnicht zu sprechen! Das fällt sowieso nicht auf, denn wen interessiert es schon, wer übermorgen um 9 Uhr Dienst hat?
Nachdem das Licht weg ist, kommt auch bald der Schlaf. Und so ist es nur wenige Minuten später ruhig im Haus. Maren schläft, Paris schläft, alles schläft - außer mir. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht im Hörsaal sitze und mir eine Vorlesung anhöre. Oder an meiner Neugier. Denn plötzlich habe ich den Wunsch, mir d´Artagnans Wohnung anzusehen. Ob wirklich alles so aussieht, wie ich es mir vorgestellt habe?
Ich werfe einen Blick durch das dunkle Zimmer und versuche mich zu erinnern. Jene Kommode, auf der Planchet so gerne Staub verteilt, steht zum Beispiel nicht an der Wand im rechten Winkel zum Bett, sondern im schiefen Winkel zur Tür. Ob das etwas zu bedeuten hat? Und wenn ja, was? Welches finstere Geheimnis steckt dahinter, auf das ich noch nicht gekommen bin?
Vorsichtig stehe ich auf und möchte hinter die Kommode blicken. Auf halbem Wege fällt mir ein, dass das wohl keine so gute Idee ist. Ich könnte glatt etwas finden! Und das kann nicht gut sein.
Aber nun stehe ich schon und der Sessel würde nur knarren, wenn ich mich gleich wieder daraufsetzte. Vielleicht, denke ich, vielleicht, wird der Stuhl weniger knarren, wenn ich mich etwas später hinsetze... Für eine Jusstudentin ist das eine ganz enorme Menge an Unlogik, aber was soll´s ... es weiss ja niemand, dass ich so denke.
Leise, um niemanden zu wecken, schleiche ich mich zur Tür. Sie quietscht leise, als ich sie öffne und in Gedanken mache ich mir eine Notiz - „Tür quietscht - wunderbar! - Leises Anschleichen unmöglich“ -, ehe ich sie etwas weiter öffne und vorsichtig in die Dunkelheit hinaustrete.
Während ich die Tür langsam hinter mir zuziehe, lausche ich leisen, regelmäßigen Atemzügen. Sind es meine eigenen? Sie klingen eher röchelnd und ich würde es doch merken, wenn ich das täte! Und schnarchend! Wer schnarcht hier? D´Artagnan?! Das kann doch nicht sein!
Empört will ich mich dazu äußern, als mir zwei Dinge einfallen. Erstens, ich bin hier nicht allein und möchte an sich niemanden aufwecken! Zweitens, d´Artagnan schläft höchstwahrscheinlich bei Planchet und einen so guten Gehörsinn habe ich auch nicht, dass ich ihn durch Wände höre - auch wenn es hier sehr dünne Wände gibt.
Wer mag es also sein? Oder schlimmer, was? Ich glaube, das „was“ kann ich streichen. So große Wanzen werden doch hier nicht rumlaufen ... oder? Ich denke und denke und stehe still in der Dunkelheit, aber schon nach einigen Sekunden wird es mir zu dumm. Hier muss es irgendwo Kerzen geben - darauf habe ich leider vergessen - oder auch nur Streichhölzer und damit sehe ich mir das Haus an! Zuerst wird es aber einmal der Boden.
Denn kaum dass ich zwei Schritte gemacht habe, steige ich unvermutet auf etwas Weiches. Mein Fuß ist noch nicht ganz abgestellt, als ich es merke. Weich? Warum ist da etwas Weiches? Soll ich meinen Fuß nun besser wieder hochheben und, äh, um das weiche Etwas herum gehen? Oder einfach Augen zu und durch? Während ich noch überlege, erklingt wieder dieses seltsame Röcheln. Es ist relativ unregelmäßig und verwandelt sich langsam in ein Schnaufen. Und dann ist es mit einem Mal still. Ich stehe noch immer mit erhobenem Fuß da, mitten inder Dunkelheit und zögere mich zu bewegen.
„Äh. Was tut Ihr da?“
Eine Stimme reisst mich aus meine Gedanken und sie gehört Planchet. Was macht Planchet hier? Gedankenversunken stelle ich meinen Fuß ab. Wenn schon jemand da ist, brauche ich ja nicht so dumm dastehen.
Ein heiserer Aufschrei lässt mich zusammenzucken. Klingt irgendwie so als würde man aus einem Ballon die Luft auslassen...
„Planchet?“, frage ich erschrocken, während ich mich noch über meine seltsamen Gedanken wundere, „was habt Ihr?“ Ich blicke mich rasch um und sehe natürlich nur Schwärze.
„Ihr ... Ihr...“
Seine Stimme klingt viel leiser als vorher und er selbst erschöpfter. Was, ich? Von einer plötzlichen Vorahnung geplagt, wirble ich herum und starre angestrengt in die Dunkelheit. Ist das jemand? Noch jemand? Mit Waffe? Was mache ich, wenn da jemand mit Waffe ist? Hilfe ...
Während ich mich immer mehr in eine Panik hineinsteigere, stößt etwas gegen meinen Fuß und das Weiche unter mir bewegt sich. Ich fühle mich an einen Indiana Jones Film erinnert... Schlangen? Spinnen? Kakerlaken?
Entsetzt springe ich zurück, in die Richtung, in der ich die Tür zu d´Artagnans Schlafzimmer vermute. Leider ist es mit meinem Orientierungssinn nicht weit her und ich lande mit einem Fiuß auf dem Treppenabsatz und rudere gleich wild mit den Armen, um nicht rückärts hinunterzustolpern, und mit dem anderen Fuß ...
Ein langer, langer Fluch ist zu hören. Planchet hat einen enormen Wortschatz. Muss er von seinem Herrn haben, aber die Hälfte der Worte kenne ich überhaupt nicht. Ich frage mich, was der arme Kerl denn hat und will mich wieder bewegen, als ich ihn wieder höre. „Bewegt Euch nicht! Um Gotteswillen! Zum Teufel! Mademoiselle, bitte, bewegt Euch nnn....hebt schnell eure Füße!“
Was denn, beide? Schulternzuckend springe ich auf die Stufen hinunter, sehr darauf achtend, nicht den Halt am Geländer zu verlieren... welches Geländer eigentlich? Wo kommt das denn her?
Ein leiser Aufseufzer erklingt und dann höre ich, wie sich Planchet bewegt. Er geht offenbar herum und zwischendurch kann ich immer wieder hören „Bitte, bewegt Euch nicht, Mademoiselle“, „Einen Moment!“ und „Bleibt, wo Ihr seid...kommt mir bloß nicht zu nahe...“. Ich könnte mich gekränkt fühlen. Zumal ich garnicht weiss, was denn nun mit ihm los ist. Erst heute morgen habe ich in seinem Bett geschlafen! Ich finde, das verdient einen gewissen .... äh, Respekt vor mir.
Schließlich verstummen die Schritte und dann flammt ein Streichholz auf. Ich wage es endlich, mich zu bewegen, gehe auf Planchet zu und nehme die Kerze in Empfang, die er mir reicht. Er bedenkt mich mit einem ärgerlichen Blick und schüttelte seine Hand.
„Habt Ihr Euch verletzt?“, frage ich besorgt. Ein verletzter Diener ist nie gut, finde ich. Und irgendwie weiss ich, dass d´Artagnan das auch noch einmal erfahren wird.
Planchet indes starrt mich einen ganzen Augenblick lang schweigend an, kräuselt arrogant die Lippen - was mich sogleich ärgert, denn das kann ich viel besser; bei ihm sieht es lächerlich aus! - und faucht: „Dafür seid Ihr verantwortlich mit - mit Euren großen Füßen!“
Damit ist es auch getan mit dem Bosheitspotential des Picarden und er sagt nichts weiter. Das macht aber nichts, denn er wäre ohnehin nicht weiter gekommen. Ich weiss ja, dass 41 nicht gerade klein ist, aberwas fällt diesem ... Diener ein, das zu sagen? Das geht den doch nichts an!
Mit funkelnden Augen starre ich zurück und setze meinen „Ich-sitze-hier-am-höheren-Ast“- Blick auf, während ich sogleich zurückzische: „Meinen großen Füße gehen Euch überhaupt nichts an und wartet nur bis ich wieder zuhause bin! Dann werdet Ihr mal sehen, was es mit großen Füßen auf sich hat!“
Zugegeben, ich weiss auch nicht so recht, was ich damit sagen wollte. Aber die Drohung erfüllt ihren Zweck - Planchets Augen weiten sich, grausige Szenen spielen sich in seinem Kopf ab, soviel sehe ich gerade! Armer Junge. Was er wohl gerade denkt? Egal; es sorgt dafür, dass er still ist und schweigt.
Zufrieden nicke ich. „Und nun, legt Euch wieder hin, Planchet. Ihr dürft doch morgen früh nicht verschlafen.“, weise ich ihn mit leisem Spott an.
Er zögert. Sollte er misstrauisch werden? Ich setze mein unschuldigsest Gesicht auf und er zuckt schließlich mit den Schultern, während ihm ein kalter Schauer über den Rücken läuft. „Kann ich Euch nicht behilflich sein, Mademoiselle?“ Er besinnt sich wohl auf seinen letzten Rest Dienerwürde, aber das nützt hier nichts mehr.
„Nein, danke“, meine ich, „das kann ich auch allein erledigen.“
Ich sage nicht, was das ist. Planchet hat so eine nette Vorstellungskraft, wie mir nun auffällt. Ich möchte doch seine Illusionen nicht zerstören - und noch viel weniger möchte ich wissen, was das für Einbildungen sind!
Ich will mich aber auch nur umsehen. ich verstehe garnicht, warum er darüber so einen Aufstand macht! Und nun legt er sich auch noch - mit einem bedeutungsschweren Blick zu mir - vor die Tür seiner Kammer. Was sollte ich denn dort wollen? Was glaubt er? Dass ich d´Artagnan beim Schlafen zusehen möchte? Sehe ich etwa so aus, als hätte ich den Mann noch nie gesehen, während er schläft? Um Himmels willen, ich weiss sogar, was er manchmal träumt, denn ich bin dafür verantwortlich! Es ist also einfach lächerlich, sich so aufzuführen!
Aber daran kann ich nun nichts ändern und während die Kerze langsam runterbrennt, gehe ich mal die Treppe hinunter und sehe mir die Details an. Knarrende Stufe hier, kaputte Diele da, Loch in der Wand dort drüben ... schmutzige Küche, staubige Sessel. Planchet scheint ja wirklich hart zu arbeiten!
Die Minuten vergehen und ich merke es garnicht. Schließlich ist es schon zwölf Uhr, ich höre es ganz deutlich. Irgendeine Kirchenglocke schlägt zwölf Mal. Beim zwölften Schlag öffnet sich im Obergeschoß eine Tür. Ein Fluch, ein Poltern, ein neuerlicher Fluch.
Ich kann mir schon denken, was passiert ist. D´Artagnan flog über Planchet drüber. Haha. Und noch ein neuer Fluch, dem ich meinem Repertoire hinzufügen kann. Schritte erklingen und dann kommt jemand die Stiegen herunter. Rasch trete ich aus der Küche und ducke mich hinter eine Kommode. Nicht dass ich einen solchen Begegnung abgeneigt wäre, aber gerade in der Küche? Und dann fragt er glatt noch, was ich hier unten will? Äh ... Sightseeing? Das ist keien besonders gute Ausrede, also versuchen wir es erst garnicht.
Ich widerstehe der Versuchung hinter der Kommode hervorzuspähen, verberge das Kerzenlicht unter meiner Hand und warte bis d´Artagnan an mir vorbei und schließlich wieder in Planchets Kammer zurückgegangen ist. Dann warte ich noch etwas länger. Es sollten alle eingeschlafen sein ehe ich mich zurück ins Zimmer begegne. Und endlich ist es soweit.
Während ich langsam die Stufen hochschleiche, weiss ich dass ich mich wieder auf meinen Stuhl begebe. Ich werde schon bald einschlafen. Für heute habe ich genug gesehen und es gibt ohnehin nichts mehr, das ich mir ansehen möchte. In Planchets Kammer war ich schließlich schon, da gibt es nichts zu sehen. und das meine ich wörtlich. Wer interessiert sich schon für schmutzige Bettwäsche?
ICH! Ich bin gerade auf der obersten Treppenstufe angekommen und kann mit einem Blick die Sitution beurteilen. Planchet liegt schnarchend in einer Ecke und die Tür zu seiner Kammer ... steht einen Spaltbreit offen. Ein entzücktes Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen.
Wenn ich nur einen kurzen Blick ins Zimmer werfe ... ja, einen ganzen kurzen, also, nicht einmal einen richtigen Blick .... Wenn ich für eine Sekunde hineinsehe, dann macht das doch nichts, oder?
Natürlich nicht, beantworte ich meine eigene Frage und sofort betrete ich den Raum. Mit der Kerze in der linken Hand taste ich mich vorsichtig voran. D´Artagnan liegt in Planchets Bett, mit dem Kopf zu mir, Sicht zum Fenster. Er schläft ganz offensichtlich; seine Atemzüge sind ruhig und regelmäßig. Ich grinse und trete ein wenig näher.
Er sieht richtig nett aus, wenn er schläft. Er sieht selbstverständlich auch sonst gut aus, aber so ... eine gewisse Aura der Unschuld umgibt ihn. Das liegt wohl daran, dass er im Schlaf nicht flucht.
„Mmmrdioux...“, höre ich ihn murmeln und mein Grinsen wächst in die Breite. Na gut, vielleicht kann er auch im Schlaf fluchen. Aber unschuldig sieht er trotzdem aus!
Etwas blitzt in der Dunkelheit auf und ein Lichtstrahl hellt für einen Moment d´Artagnans Gesicht auf. Schnell ziehe ich mich zurück, so, dass er mich nicht sehen kann und blicke mich um. Der Kerzenschein muss von irgendetwas reflektiert worden sein ... ein anderer Leuchter, ein Messer, irgendetwas ... ein Spiegel. Ich zucke zusammen als ich mein Spiegelbild sehe und noch mehr fahre ich zusammen, als sich d´Artagnan abrupt aufsetzt und mit schreckensgeweiteten Augen auf den Spiegel starrt.
Wiedereinmal tut er mir leid. Vielleicht träumte er von Mylady? Der arme, frauengeschädigte Junge. Eilig stammele ich: „Ich bin es nur, d´Artagnan. Keine Angst, das bin nur ich.“ Gerade widerstehe ich noch der Versuchung ihn in den Arm zu nehmen. Er könnte das falsch auffassen. Er weiss ja nicht, dass ich ihn besser kenne, als er sich selbst kennt.
D´Artagnan wendet in Zeitlupentempo den Kopf und sieht mir in die Augen, denn ich habe mich ebenfalls zu ihm umgewandt. Er sieht gleich ruhiger aus und seine Stimme ist fest, wenn auch ein wenig verwirrt, als er sagt: „Mademoiselle, was tut Ihr hier?“
„Ich ...oh.“ Ich reisse die Augen auf, zögere und tue so als würde ich ihn erst jetzt bemerken. „Ich, äh ... oh, Monsieur, wie komme ich denn hierher?“ Es klingt leider nicht sonderlich eindrucksvoll und meine Stimme zittert ein bisschen, als ich ihm antworte. Er hebt eine Augenbraue und mustert mich eindringlich. Ich lege meine ganze Naivität und Unschuld in den Blick, mit dem ich zurücksehe. Ob ich ihm einreden kann, dass ich ....
Er schweigt immernoch, mustert mich, will mir offenbar beweisen, dass er auch gut starren kann. Aber ich kann es besser! Ich schaffe es sogar, ein bisschen verstört auszusehen wie mir ein Blick in den Spiegel beweist.
„Was wolltet Ihr-“
„Ich bin mondsüchtig!“, platzt es aus mir heraus und ich merke garnicht, dass ich ihn unterbrochen habe. Er sieht für einen Moment verblüfft aus, dann wandert sein Blick langsam zum Fenster und ich folge ihm.
Draussen ist alles dunkel. Ja, und? Am Himmel sind eben Wolken. Ausserdem kann ich bestimmt auch mondsüchtig sein ohne Mond. Der Mond ist ja immer da... oder?
Wir sehen uns an. Auf d´Artagnans Gesicht stiehlt sich schön langsam ein Lächeln und ich möchte entnervt aufseufzen. Er glaubt mir nicht. Ich würde mir auch nicht glauben. Aber muss er das so eindeutig zeigen?
„Tj--- ich....hm. Ich werde dann wohl mal ins Zimmer zurückgehen.“ Ich zögere um des Effektswillen und verfluche im Stillen meinen Friseur! Jetzt wäre es ganz gut, wenn ich mit einer langen Haarsträhne spielen könnte... das sieht meiner Meinung nach, zwar absolut idiotisch aus, aber es wäre doch irgendwie passend.
D´Artagnan sieht immernoch aufrecht im Bett und in seinen Mundwinkeln zuckt es. Ich würde gerne noch einmal wiederholen, dass ich jetzt gehen werde, aber ich glaube nicht, dass das einen guten Eindruck hinterlassen würde. Ich beschränke mich darauf, d´Artagnan einen sehnsuchtsvollen Blick zuzuwerfen. Er erwidert meinen Blick mit offensichtlicher Verwirrung ... er hat nicht verstanden, was ich wollte.
„Ja. Ja, Mademoiselle, dann - eine gute Nacht.“
Ich kann mich eben noch davon abhalten, ihn anzuknurren und die Augen zusammenzukneifen. Vermutlich bin ich mitschuld, dass er so ungeschickt ist. Seit Constance hat sich keine Frau mehr in sein Bett gewa--- Sofort aufhören daran zu denken! Ich lenke den Gedanken ab und denke nur, dass jetzt gerade eine Frau in seinem Bett liegt. Aber nicht bei ihm. Und dazu kommt es heute auch nicht mehr! Rasch wende ich mich ab, wünsche ihm auch eine gute Nacht und schreite eiligst davon.
Armer d´Artagnan!
Nur dreißig Sekunden später sitze ich wieder auf meinem Stuhl, stoße einen tiefen Seufzer aus, ob des armen Jungen und seiner langen Leitung und versuche einzuschlafen. Zum Glück brauche ich nicht sehr lange und schlafe bald ebenso ruhig wie - alle anderen.

Kapitel Fragen und Antworten von xalibur 

"Wir müssen irgendetwas unternehmen, um Doro zu helfen!" Villion sah mich skeptisch an, dann erwiderte er entschlossen: "Wir müssen nicht und wir werden nicht, das heißt, Du wirst nicht, ma cher! Sieh einmal, der Spuk endet ganz von allein, sobald das Mädchen aufwacht, das Tenaka da überredet hat. Und deswegen solltest Du die Zeit nutzen, die Dir bleibt, und zwar nicht indem Du Deiner Freundin in der Bastille Gesellschaft leistest. Ich werde herausfinden, ob es einen Weg gibt, ihr zu helfen und Du solltest einen gewissen Mantel zurückbringen!" Er sah mich vielsagend an. Mein Herz fing an zu klopfen und ich fühlte mich auf einmal gar nicht mehr so fest auf den Beinen. "Ich weiß nicht, ob es mir gut genug geht." Ich sah ihn hilfesuchend an und erntete ein aufmunterndes Lächeln. "Erstmal werden wir Dich hübsch machen, Kleines, und dann kommst Du mit zum Louvre. Da kannst Du Dir Deinen Helden aus sicherer Entfernung anschauen. Vielleicht gefällt er Dir ja gar nicht mehr, wenn Du ihn bei Tageslicht siehst." Verschmitzt zwinkerte der Spielmann mir zu.

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Die eintönige Routine des Wachdienstes ließ Athos wieder einigermaßen zu sich finden. Die Sache würde sich aufklären oder auch nicht und die Buße würde er erfüllen wie jeden anderen Befehl, den der Hauptmann oder der König ihm erteilen mochten. Er bemühte sich, seine Aufmerksamkeit ganz seiner Aufgabe zuzuwenden und alle anderen Gedanken beiseite zu schieben. Eine Weile gelang das auch. Dann aber beschlich ihn das Gefühl, beobachtet zu werden. Er schalt sich einen Narren, aber er gab dem Impuls nach und begann, sich unauffällig umzusehen. Nein, da war niemand. Die Menschen gingen ihren Geschäften nach. Einige Müßiggänger bewunderten den Glanz des Louvre, wie es Reisende stets taten. Aber halt! Da war eine Frau, die immer wieder einen verstohlenen Blick in seine Richtung warf. Oder spielte ihm seine Einbildung einen Streich? Sie stand in einiger Entfernung und ein dunkler, pelzverbrämter Mantel mit Kapuze verbarg das meiste ihrer Erscheinung. Gerade schob sie die Kapuze aus dem Gesicht und einige ungebändigte helle Locken blitzten darunter hervor. Athos erstarrte und bemühte sich, das Gesicht zu erkennen. Gerade in diesem Augenblick sah sie zu ihm her. Als sich ihre Blicke trafen, wandte sie sich ab und verschwand im Menschengewühl. Athos sah ihr nach und für einen Moment war er überzeugt, die Frau aus seiner Erscheinung wiedererkannt zu haben. Aber dann rief er sich zur Ordnung. Seine Phantasie spielte ihm einen Streich. Das war nicht die Art Frau, denen man nachts auf den Straßen und in den Schenken begegnete und die sich eines betrunkenen Musketiers annehmen mochten.

Auch anderen schien dieser Tag einige Unbillen zu bereiten. d'Artagnan wirkte ebenfalls ein wenig verwirrt, als ihn Athos kurz in der Wachstube traf. Die Laune des Leutnants besserte sich jedoch schlagartig, als er ihn kurz beiseite nahm und ihm seinen Weinvorrat anbot. "Euren guten Anjou-Wein? Aber, mein Freund, das kann ich nicht annehmen!" d'Artagnans Gesicht strafte seine Worte Lügen, und Athos hatte seinen Spaß an der Begeisterung des Freundes. "Und wie Ihr könnt. Ich darf ihn im Augenblick nicht trinken." d'Artagnans Züge nahmen einen besorgten Ausdruck an. Mit einem Mal fiel ihm auf, wie bleich und müde der Freund heute wirkte. "Ihr seid aber doch nicht krank?" "Nein, mein Lieber!" Athos lachte leise. "Ich bin nur heute morgen bei der Beichte an einen Priester geraten, der es noch nicht aufgegeben hat, mir meine Charakterfehler austreiben zu wollen. Er hat mir als Buße auferlegt, dem Wein zu entsagen." "Wie lange?" "Bis Lichtmess." "Mordieu!" d'Artagnans war ehrlich bestürzt. Er schüttelte den Kopf, murmelte etwas über hugenottische Ketzer im Talar und Unmenschlichkeit und klopfte Athos mitfühlend auf die Schulter, als er sich wieder zum Hotel de Treville aufmachte.

Als es zu dämmern begann, erschien ein Kamerad bei Athos, um ihn vorzeitig abzulösen. d'Artagnan hatte kurzerhand den Dienstplan geändert, um den Freund ein wenig für die Grausamkeit des Lebens zu entschädigen. Wie er es sich vorgenommen hatte, machte Athos sich auf die Suche nach der verlorenen Nacht, aber seine Nachforschungen waren wenig erfolgreich. Sie hatten am Abend zuvor die Aufnahme eines neuen Musketiers gefeiert, der sie in seine bevorzugte Schenke eingeladen hatte. Dort erinnerte sich der Wirt zwar an ihn, wußte aber nur, daß er aufgebrochen war, als seine Kameraden zum Dienst mußten, also schon recht zeitig - und nicht allzu betrunken. Danach verlor sich die Spur. In den Schenken, die er sonst aufzusuchen pflegte, war er gestern nicht gewesen. Er fragte auch nach der Frau und er ertappte sich dabei, daß er sie so beschrieb wie die Frau vor dem Louvre. Auch auf diese Frage bekam er nur Kopfschütteln zur Antwort. Ein paar Stunden der letzten Nacht waren und blieben verloren.

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Verdammt. Erste Regel fürs Leute beobachten: Falls sich das Objekt des Interesses beobachtet fühlt und sich Eure Blicke treffen, locker bleiben, einfach den Blick unbeteiligt weiterwandern lassen und ihm das Gefühl geben, daß Du etwas anderes beobachtest. Auf gar keinen Fall rot werden und den Blick niederschlagen, als wärst Du mit den Fingern in der Keksdose ertappt worden und niemals einfach davonrennen! Ich weiß das! Leute beobachten ist ein Zeitvertreib, dem ich gerne mal nachgehe und ich beherrsche das sehr gut! Eigentlich.

Mit klopfendem Herzen lehnte ich mich an eine Hauswand in der kleinen Gasse unweit des Louvre und ärgerte mich über meine glühenden Wangen und das Zittern meiner Hände. Ich hatte es vermaselt! Langsam ging ich zurück zu der Schenke, wo ich auf Francois warten sollte, verkroch mich an einen Tisch in der Ecke und hing meinen Gedanken nach. Nein, Francois Theorie hatte sich nicht bestätigt, der Blick bei Tageslicht hatte mich mitnichten geheilt. Diese Uniformröcke machen einen verflucht vorteilhaften Eindruck - wo blau doch meine Lieblingsfarbe ist. "Ma petite, Du solltest öfter solche Kleider tragen!" Francois zog sich einen Hocker heran und nahm mit einem Lächeln mir gegenüber Platz. Ich lachte. Zuerst hatte ich mich schon sehr seltsam gefühlt in einem Kleid, das ich Mühe hätte, ohne Hilfe anzuziehen, aber seltsamerweise hatte ich es inzwischen vollständig vergessen. Es hatte mir schon immer Spaß gemacht, mich zu verkleiden und in der Rolle aufzugehen, die ich gerade spiele. Heute war ich eben eine vornehme Dame im 17. Jahrhundert.

"Deine Freundin hat es gar nicht so schlecht getroffen. Sie wird wie eine bevorzugte Gefangene behandelt." Was immer das heißen mochte, dachte ich skeptisch, aber ich war froh, daß Doro wenigstens nicht in so einem Rattenloch gelandet war, wie sie es für den armen Biscarrat erfunden hatte. Francois mußte meinen Gesichtsausdruck richtig gedeutet haben, denn er versuchte mich zu beruhigen. "Sie ist in einer oberirdischen Zelle untergebracht, und die Verpflegung, die ihr zusteht, ist besser als das, was die Wachen bekommen. de Cavoyes hat keine besonderen Anordnungen für ihre Person getroffen. Das bedeutet, daß sie als vornehme Gefangene sich alle erdenklichen Annehmlichkeiten verschaffen darf, die ihre Geldbörse ihr erlaubt. Sie dürfte sogar einen Diener halten." Solche Freiheiten regten natürlich meine Phantasie an. Francois grinste, sicher war er mit seinen Plänen schon viel weiter als ich. "Du solltest Deiner lieben Cousine Dorothea erstmal einen Brief schreiben, Jeanne, ein paar mitleidige Zeilen. Sie wird bestimmt erleichtert sein zu hören, daß sie nicht ganz verlassen ist." Und damit nahm er Feder, Tinte und Pergament aus seiner Tasche.

Ich dachte kurz nach und begann zu schreiben.

"Liebste Cousine,

bestürzt habe ich von Eurem unglücklichen Schicksal erfahren. Fasset Mut, es gibt gewiss einen Weg, Euch Recht zu verschaffen. Ich bin zuversichtlich, Euch bald wieder in meine Arme schließen zu dürfen. Einstweilen teilt meinem Diener mit, woran Ihr Mangel leidet, damit ich solchem abhelfen kann und nehmt meine bescheidene Hilfe an.

Eure Euch liebende Cousine Marie"

"Marie? Liebes, Du hast ja fast soviele Namen wie ich!" lachte Francois. "Nein, mein Name ist das nicht. Linda kann ich nicht schreiben, falls jemand anderes die Zeilen liest, und den Namen Claude kennt Doro nicht, aber Marie wird sie schon verstehen." Und die echte Marie hätte ihren Spaß daran.