Aprilherausforderung 2002 von Maike
Kapitel Aprilherausforderung 2002
Hallo fleißige Autoren!
Es ist soweit, die erste Herausforderung für den Monat April ist festgelegt. An dieser Stelle mal schnell meinen Dank an Maike, dass sie so schnell zu begeistern war und mir sofort geholfen hat. *knuddel*
Die Regeln sind hoffentlich klar: Weiter unten ist die Herausforderung, ein Dialog zwischen zwei Personen, von denen wir nicht wissen wer sie sind, worum es geht und was das alles zu bedeuten hat. Jetzt seid IHR gefragt. Erfindet eine schöne oder spannende, traurige oder lustige oder wie ihr wollt Geschichte (sie muss nicht lang sein) um diesen Dialog herum.
Viel Spaß beim Schreiben und viel Erfolg!
Maren
---Herausforderung April
"Ach, mein lieber Freund, so ernst habe ich das nicht genommen... Ihr habt nun einmal - gebt es nur zu! - eine Neigung, Euch selbst in Schwierigkeiten zu bringen."
"Ihr mögt recht haben! Doch das alles wäre nicht passiert, wenn Ihr nur früher etwas gesagt hättet. Jammern nützt jetzt allerdings nichts. Was schlagt Ihr vor?"
"Das ist eine gute Frage... Ich kenne nur einen Menschen, der uns aus dieser Lage noch heraushelfen könnte, Ihr wißt, von wem ich spreche."
"Ihr meint...? Seid Ihr sicher? Ihr wisst, was beim letzten Mal passiert ist, als *dieser Mensch* uns helfen wollte!"
Herausforderung April
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Kapitel Das Parfüm von
Das Parfüm
22. April
Es war einer dieser heiter-schönen Frühlingstage. Die Sonne strahlte vom Himmel, die Vögel zwitscherten, die Blumen in den zahlreichen Gärten konkurrierten mit den schönsten Farben um die Wette und jeder Bürger von Paris hatte ein Lächeln im Gesicht.
In einer kleinen, unscheinbaren und versteckten Wohnung bequemte sich Madame de Chevreuse gerade dazu, sich in ihrem Bett aufzusetzen und den Schlaf aus den Augen zu reiben. Sie war erst letzte Nacht nach einer langen Reise in der Hauptstadt angekommen und ihr Aufenthalt hier würde nicht solange dauern, wie sie es vielleicht gewünscht hätte. Immerhin drohte ihr, der Geächteten und Verbannten, hier von allen Seiten Gefahr!
Sie würde höchstens zwei oder drei Tage bleiben, der Königin ein kleines Geschenk vom neuen Duke of Buckingham (Wir erinnern uns, der Alte wurde ermordet) übergeben und dann wieder abreisen. Aber innerhalb dieser kurzen Zeit würde es sicher auch einen Augenblick für ihre eigenen amourösen Abenteuer geben. Ihre Augen leuchteten bei dem Gedanken daran und ihr Lächeln wuchs noch etwas in die Breite, dann aber stand sie endgültig auf und machte sich an ihre Morgentoilette. Während sie vor dem Spiegel saß und ihre Haare kämmte, legte sie in Gedanken bereits einen kleinen Brief zurecht, den ein gewisser Musketier heute Abend bei sich zu Hause finden würde...
23.April
Es war einer dieser nass-kalten Frühlingstage. Die Sonne versteckte sich hinter schweren Wolken, jedes Tier war in seinen Unterschlupf gekrochen, die Blumen in den zahlreichen Gärten ließen die Blätter um die Wette hängen und jeder Bürger von Paris hatte den Hut oder das Kopftuch tief ins Gesicht gezogen.
In einer kleinen, unscheinbaren und versteckten Wohnung machte sich Madame de Chevreuse gerade ausgehfertig. Zwar war es am helllichten Tage recht gefährlich für sie, sich in aller Öffentlichkeit zum Louvre zu stehlen, um dort das Geschenk zu überreichen, aber das düstere Wetter kam ihr recht gelegen, so war es nicht sonderlich auffällig, wenn sie sich bis über das Gesicht vermummte. Eigentlich hatte sie die Übergabe ja noch gestern Nacht erledigen wollen, aber sie war, nunja - sagen wir *abgelenkt* gewesen. Ein leiser Seufzer entschlüpfte ihr, als sich ihre Gedanken in diese Richtung bewegten, doch sie konnte ihnen nicht lange nachhängen, denn es gab jetzt Wichtigeres zu erledigen.
Um ihre bisherige Verkleidung noch zu perfektionieren wickelte sie sich ein weites Tuch um den Kopf und die Schultern. Als das geschehen war, wollte sie das Geschenk holen, aber als sie vor ihre Kommode trat, war das kleine Fläschchen Parfüm verschwunden!
Zunächst ließ sich Madame de Chevreuse von dieser Tatsache nicht weiter beunruhigen. Mit großer Geduld suchte sie das ganze Zimmer ab und öffnete Schubladen und Schränke. Doch als diese Suche fruchtlos blieb, wich alle Farbe aus ihrem Gesicht und sie war einer Ohnmacht nahe! Das Phiolchen mit dem teuren Parfüm, das Buckingham allein für die Königin hatte kreieren lassen und das absolut einzigartig war - es war weg! Verschwunden!!
Die Chevreuse geriet nun doch in Panik. Wer konnte das Parfüm nur genommen haben? Darauf fand sie so schnell keine Antwort, gestern waren so viele Leute bei ihr gewesen, mit denen sie so viel zu besprechen gehabt hatte. Jeder konnte es gewesen sein. Zu ihrer eigenen Schande musste sich die Herzogin eingestehen, dass sie auch gestern nicht besonders darauf geachtet hatte, wie es der Phiole ging, so konnte sie also auch nicht sagen, wann sie verschwunden war.
Auf alle Fälle musste sie wieder her! Da sich das Parfüm nicht mehr im Haus befand, musste es irgendwer mitgenommen haben und da ihre Chance alleine gleich Null standen, um es wiederzufinden, brauchte Madame de Chevreuse Hilfe. Und wer war dafür wohl besser geeignet als Aramis?!
Aufgeregt stürmte die Herzogin aus der Wohnung und schlug den Weg zum Haus des Musketiers ein. Als sie es schließlich erreichte, war ihre Enttäuschung groß, denn auf ihr Klopfen hin regte sich nichts. Verzweifelt warf sie Blicke um sich, die schließlich an einem Mann in Uniform hängen blieben, der in ihre Richtung kam. Ein anderer Musketier - Moment, kannte sie den nicht irgendwo her...? Madame de Chevreuse kramte in ihrem Gedächtnis und schließlich fiel ihr der Name ein und der Zusammenhang, in dem sie in schon einmal gehört hatte: Das war Athos und ein guter Freund von Aramis!
Schnell war ihr Entschluss gefasst. Sie ging mit schnellen Schritten dem Musketier entgegen, der überrascht zu ihr sah und noch überraschter ihre Worte aufnahm. "Monsieur, gut, dass ich Euch treffe! Verzeiht mir, wenn ich Euch so überfalle, aber ich brauche dringend Eure Hilfe." - "Sprecht, Madame!" erwiderte Athos noch immer etwas überrumpelt. Eigentlich hatte er ja nur Aramis einen Besuch abstatten wollen und jetzt traf er hier auf die vollkommen aufgelöste Herzogin von Chevreuse. Wenn da nicht irgendwas im Busch war...
Madame de Chevreuse zögerte auch nicht, dem Musketier von ihren Nöten zu erzählen: Das Parfüm müsse in aller Eile wieder beschafft werden und am Besten auch gleich noch sein Dieb! Es war nur noch Zeit bis heute Abend, 22.00 Uhr, danach würde es für die Herzogin nicht mehr möglich sein, Kontakt mit dem Louvre aufzunehmen, ohne die Sicherheit der Königin oder ihre eigene zu gefährden.
Athos versprach, ganz Edelmann, der Herzogin zu helfen, allerdings wusste er noch nicht so recht, wie er das anstellen sollte... Aramis kannte sich besser mit den Menschen aus, mit denen Madame de Chevreuse bei ihren Besuchen in Paris verkehrte. Also war es wohl besser, zunächst einmal ihn zu finden. Die Herzogin ihrerseits sollte wieder zurück in ihre Wohnung gehen, damit sie nicht doch noch von irgendeinem Spion des Kardinals erkannt wurde.
Nachdem dies beschlossen war, machte sich Athos auf, seinen Freund zu finden. Gar nicht so leicht, in einer Stadt wie Paris. Auf gut Glück marschierte er los. Sein erster Weg führte ihn am Hauptquartier der Musketiere vorbei, doch dort konnte ihm niemand Auskunft erteilen.
Als nächstes klapperte er die umliegenden Straßen ab, doch da war auch keine Spur von Aramis. Allmählich verließ Athos die Zuversicht, seinen Freund rasch zu finden. Er schloß mit sich selbst einen Kompromiss: Er würde noch diese letzte Querstraße absuchen, dann würde er zur Wohnung seines Freundes zurückkehren und dort auf ihn warten, wenn dieser nicht schon längst daheim war.
Wie der Zufall nunmal so will (und die Autorin auch, sonst würde sich das hier ja ewig hinziehen), war in dieser Querstraße eine Parfümerie und aus einem unbewussten Gedanken heraus - schließlich lag der Grund für diese ganze Aufregung bei dem Verschwinden eines Duftwässerchens - warf Athos einen Blick durch das Schaufenster hinein. Und wer stand da? Natürlich Aramis, der sich gerade, nach einigen freundlich Grußworten an den Ladenbesitzer, dazu anschickte, zu gehen.
Athos erwartete seinen Freund vor der Tür und als Aramis nun heraustrat und den Wartenden erkannte, grüßte er Athos freundlich und leicht errötend bei dem Gedanken daran, dass er gerade dabei erwischt worden war, in einer Parfümerie gewesen zu sein. Athos achtete nicht weiter auf die diskreten Spiele seines Freundes, er hatte schließlich nicht die Zeit dazu, sondern kam gleich zur Sache.
"Aramis, gut, dass ich Euch hier finde! Es scheint, als würde Eure Hilfe benötigt." Überrascht sah der Angesprochene seinen Freund an.
"Meine Hilfe? Worum handelt es sich und vor allem, wer braucht meine Hilfe?"
"Ich glaube nicht, dass wir das auf offener Straße besprechen sollten."
"Gut, gehen wir in meine Wohnung, sie ist gleich um die nächste Ecke. Solange werde ich mich noch in Geduld üben können, auch wenn ich sagen muss, Eure Worte machen mich mehr als neugierig."
In der Wohnung angekommen, konnte Aramis seine Neugierde und auch Besorgnis nicht länger verbergen.
"Also mein Freund, was ist passiert?"
Athos erzählte, wie er unterwegs zu seinem Freund gewesen und vor dessen Haustüre Madame de Chevreuse begegnet war. "Die Herzogin bat mich, ihr bei der Suche nach einem verschwundenen Geschenk behilflich zu sein, dass ihr Gestern gestohlen zu worden sein scheint. Wie gesagt, war sie eigentlich auf dem Weg zu Euch, als sie mich traf. Und ich bin nun bei Euch, weil ohne Eure Hilfe kaum Chancen auf Erfolg bestehen, den Dieb und das Geschenk zu finden."
Sichtlich geschmeichelt über das große Vertrauen, dass seine Geliebte und sein Freund in ihn setzten, errötete Aramis leicht und erwiderte: "Selbstverständlich bin ich gerne bereit zu helfen, wo ich nur kann. Ich nehme an, der Dieb ist einer der vielen Kontaktmänner der Herzogin? Ja, wenn auch nur ein Spion unter ihnen war... Wir werde sie wohl alle aufsuchen müssen. Wir finden schon das Geschenk!"
Voller Eifer und Zuversicht zählte Aramis alle Männer und Frauen auf, die verdächtig waren und Athos nickte sichtlich zufrieden darüber, dass es in dieser Sache endlich vorwärts ging.
Im Verlaufe des restlichen Tages gingen die Freunde also eine Adresse nach der anderen ab, doch jedes Mal mit einem enttäuschenden Ergebnis. Nirgendwo war das Diebesgut aufzutreiben, ja, alle beteuerten ihre Unschuld und behaupteten, nicht einmal etwas von einem Geschenk gewusst zu haben.
Vom vielen Laufen kreuz und quer durch Paris müde geworden, ließen sich die beiden Musketiere schließlich erschöpft auf die Stühle in einer Wirtschaft sinken. Ihnen blieb noch knapp eine Stunde, um rechtzeitig Madame de Chevreuse das Geschenk zu bringen und mittlerweile war es stockduster draußen. Sie waren kaum mehr fähig aufzustehen, wie sollten sie dann weiterhin einen Dieb verfolgen, der vielleicht längst über alle Berge war oder bereits sein Diebesgut dem Kardinal übergeben hatte.
Aramis seufzte laut auf. "Schande über uns. Wir können unser Versprechen nicht halten. Was wird die Herzogin nur denken, was wird sie nur tun?"
"Das Einzige, was uns zu tun übrigbliebe, wäre ein Ersatzgeschenk zu beschaffen. Ihr kennt doch diese Parfümerie..."
"Parfümerie? Wieso Parfümerie?"
"Ja sicher, dort könnten wir uns einen ähnlichen Duft kreieren lassen, wie er Madame de Chevreuse abhanden gekommen ist. Ich weiß, kein sehr schöner Gedanke, aber..."
Kerzengerade saß Aramis plötzlich da und seine Stimme bebte leicht, als er nun nachfragte: "Das Geschenk... war ein Parfüm...? In einer kleinen Phiole... mit einem lieblichen Duft... dem Lieblichsten gar, der je gemischt wurde...?"
Athos ahnte bereits Böses, als er nun meinte: "Genau das. Die Herzogin erzählte, als sie heute Morgen zum Louvre aufbrechen wollte, war das Phiolchen verschwunden. Woher wisst Ihr davon?" Bleich und etwas kleinlaut antwortete Aramis. "Ich habe die Phiole entfernt..." Athos sagte erstmal gar nichts und so sah sich sein Freund dazu gezwungen, sich zu rechtfertigen.
"Nunja, ich dachte, es wäre ein ganz alltägliches Parfüm und es würde der Herzogin gehören. Ich nahm es mit, um bei dem Parfümeur einen ähnlichen Duft herstellen zu lassen, einen, der noch besser riechen sollte. Ich habe ihm die Phiole als Beispiel dagelassen und- Oh nein, es ist alles meine Schuld! Wir hätte gar nicht durch ganz Paris laufen müssen, die Lösung lag doch so nahe..."
"Ja, jetzt haben wir ein großes Problem vor uns, das zu lösen uns sicher nicht ganz einfach fallen wird, schließlich hat die Parfümerie bereits geschloßen. Es ist in der Tat Eurem unüberlegten Handeln zu verdanken, wenn die Herzogin das Parfüm vermisst. "
Etwas schockiert sah Aramis zu seinem Gegenüber und wollte schon zu einer Erwiderung ansetzen, als Athos beschwichtigend die Hände hob.
"Ach, mein lieber Freund, so ernst habe ich das nicht genommen... Ihr habt nun einmal - gebt es nur zu! - eine Neigung, Euch selbst in Schwierigkeiten zu bringen."
"Ihr mögt recht haben! Doch das alles wäre nicht passiert, wenn Ihr nur früher etwas gesagt hättet. Jammern nützt jetzt allerdings nichts. Was schlagt Ihr vor?"
"Das ist eine gute Frage... Ich kenne nur einen Menschen, der uns aus dieser Lage noch heraushelfen könnte, Ihr wißt, von wem ich spreche."
"Ihr meint...? Seid Ihr sicher? Ihr wisst, was beim letzten Mal passiert ist, als *dieser Mensch* uns helfen wollte!"
Athos nickte nachdenklich mit dem Kopf, dann jedoch meinte er: "Es geht nicht anders, wir brauchen hier auf der Stelle Rochefort! Er ist der Einzige der weiß, wie man ungesehen in eine Parfümerie einbrechen kann und der ebenso ein Anhänger des Kardinals ist."
"Was hat das damit zu tun, ob er zum Kardinal gehört."
"Naja, er wird sich wohl nicht selbst anklagen, nicht wahr? Außerdem schuldet er uns noch einen Gefallen dafür, dass er uns im letzten Jahr das Leben so schwer gemacht hat, obwohl er uns ja nur "helfen" wollte..."
"Ohja, diese Hilfe war wirklich einmalig. Sie hat dazu geführt, dass wir einen Monat lang nach dem Dienst Strafexerzieren mussten." ,meinte Aramis finster.
"Immerhin sind wir nicht im Gefängnis gelandet, oder? Es war zwar nur eine Lappalie, aber wenn der König schlechte Laune hat..."
"Ja, erinnert mich das nächste Mal daran, den Pferden keinen Hafer zu füttern, wenn es auf einen *geruhsamen* Jagdausflug gehen soll..."
"Dabei ist es ganz alleine Rocheforts Idee gewesen, den Pferden so ein wenig Feuer zu verpassen, um die Jagd mit guten und schnellen Reittieren zu beginnen... Wer hätte ahnen können, dass der König nur langsam reiten wollte, weil ihn seine Hämorriden wieder einmal plagten."
"Genau, seine Idee. Ich frage mich, ob der Kerl uns damit eins auswischen wollte, dafür, dass er vor dem Kardinal eingestehen musste, uns nicht gewachsen gewesen zu sein."
Athos schüttelte den Kopf, um diese leidige Thema endlich zu beenden. "Wie auch immer. Jetzt können wir seine Hilfe gut gebrauchen und wenn er seine Sache gut macht, söhnt uns dass hoffentlich ein für allemal aus."
So kam es, dass die Freunde in aller Eile zu Rochefort aufbrachen, der sich plötzlich völlig überrumpelt vor einer geschlossenen Parfümerie wiederfand und einige Sekunden später an deren Rückseite, damit beschäftigt, das Schloß des Hintereingangs zu knacken. Vorne warteten die beiden Freunde darauf, dass ihr Helfershelfer ihnen die Phiole brachte, es waren nur noch eine knappe Viertelstunde Zeit. Nervös trat Aramis von einem Bein auf das Andere, während sich Athos nicht weiter anmerken ließ, wie unwohl er sich fühlte. Als sie beide schon dachten, Rochefort hätte sich aus dem Staub gemacht, tauchte dieser unvermittelt neben ihnen auf und reichte ihnen eine kleine Phiole. "Ist sie das?"
Aramis nahm sie entgegen und roch an dem Parfüm. Zufrieden und erleichtert nickte er. "Ja, das ist sie. Danke für Eure spontane Hilfe." Rochefort lächelte etwas säuerlich und machte sich dann Grußlos davon.
Athos und Aramis jedoch hatten keine Zeit sich über diese Unverschämtheit auch noch aufzuregen, sondern machten sich gleich auf den Weg zu Madame de Chevreuse. Die Herzogin nahm ihre beiden Retter mit kaum verhohlener Freude in Empfang, entschuldigte sich gleich darauf allerdings wieder, denn sie musste nun endlich zum Louvre. Aramis ließ es sich nicht nehmen, sie zu begleiten. Athos nickte seinem Freund kurz zu und machte sich auf den Weg in seine eigene Wohnung. Nach all der Aufregung hatte er sich eine Pause gründlich verdient.
24. April
Es war einer dieser mild-duftenden Frühlingstage. Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten, die Pflanzen standen in voller Blüte und jeder Bürger von Paris genoss die ruhige Stimmung der Natur, die ihn umgab...
Kapitel Die Prophezeiung von staccato83
Anmerkung des Autors: Dies ist meine erste Geschichte über die und mit den Musketiere, seit ich sieben Jahre alt war und das Buch "Die drei Musketiere" das erste Mal gelesen habe, also - habt Erbarmen! Ich hoffe, sie gefällt euch allen trotzdem ein bisschen...
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Es war ein warmer, sonniger Apriltag in Paris. D'Artagnan lächelte leicht, als er die Anzeichen eines guten Jahres in der Luft sah, auch wenn die Bevölkerung von Paris so streitsüchtig, liebenswert und -nun ja, einfach die Bevölkerung von Paris war wie auch die Wochen, Monate, Jahre und Jahrzehnte davor bereits.
Er hatte keinen Dienst an diesem Tag, und er genoss es, durch die engen Gassen und Viertel zu schlendern, ohne irgend etwas fürchten zu müssen, außer vielleicht, dass er sich eine Erkältung zuzog. Die Intrigen bei Hofe, das Ränkespiel und die Heuchelei, von denen er als königlicher Musketier tagtäglich umgeben war, waren an diesem wunderschönen Tag in den hintersten Winkel seines Geistes verbannt worden.
D'Artagnan hatte die feste Absicht, sich an diesem Tag einfach nur zu amüsieren.
In dieser Absicht bemerkte er auch nicht den jungen Mann mit dem gepflegten Schnurrbart, der ihn schon seit einiger Zeit unauffällig folgte.
Dieser Mann war als Kavalier gekleidet und stammte offensichtlich aus gutem Hause, zumindest ließen seine Manieren und sein Verhalten darauf schließen.
D'Artagnan jedoch ignorierte diesen Mann, sofern er ihn überhaupt bemerkte, vollkommen.
Der Mann verfolgte D'Artagnan einige Meilen und kehrte dann um, ohne etwas zu dem Musketier gesagt zu haben.
Eine weitere Gestalt löste sich aus den Schatten und folgte dem Edelmann, der sich mit schnellen Schritten entfernte.
D'Artagnan bekam jedoch von alle dem nichts mit. Er ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen und genoss seinen freien Tag. Später würde er noch bei Athos vorbeischauen, oder bei Porthos, je nachdem, wie seine Stimmung war. Aramis hatte wieder eine seiner religiösen Anwandlungen, und d'Artagnan zog es vor, seinem Freund aus dem Weg zu gehen, solange Aramis dieser Neigung nachging. Das letzte Mal, als Aramis wieder seine geistliche Laufbahn verfolgt hatte, hatte er mit allen Mitteln versucht, seine Freunde zu einem ebensolchen religiösen Eifer zu bekehren, eine Erfahrung, die d'Artagnan nicht gerne wiederholen wollte.
Am Abend, als der Musketier gerade in seine Herberge zurückkehrte, fand er einen Brief seines Freundes Athos vor, der ihn einlud, mit ihm und einigen befreundeten Musketieren um acht Uhr in dem Gasthof "Zur grünen Eiche", der ihm gut bekannt war, zu Abend zu essen. Freudig nahm d'Artagnan das Angebot an, er hatte ohnehin die Absicht verfolgt, seinem Freund einen Besuch abzustatten.
Als er den Gasthof betrat, saßen Athos, Porthos und zwei weitere Musketiere bereits an einem Tisch und speisten. D'Artagnan bemerkte mit Bedauern die Abwesenheit Aramis', er hatte gehofft, dass sein Freund sich wieder weltlicheren Dingen zugewandt hätte. Aber offensichtlich war er etwas vorschnell gewesen.
"D'Artagnan! Kommt her!", Porthos winkte seinen jungen Freund mit der Hammelkeule, die er in der Hand hielt, zu. Lächelnd folgte d'Artagnan dieser Geste, ließ sich neben Athos nieder, der gerade trübsinnig in sein Glas Wein starrte, und begrüßte die beiden anderen Kameraden, Jamin und Remville.
Kaum dass er saß beugte sich Jamin zu ihm hinüber und fragte mit leiser Stimme: "Habt Ihr schon von den neuesten Gerüchten gehört, d'Artagnan? Es heißt, die Wahrsagerin sei bei Hofe gewesen und habe Ihrer Majestät der Königin aus der Hand gelesen!" Athos beugte sich spöttisch lächelnd vor. "Und? Was sagte diese Zigeunerin Ihrer Majestät voraus?" Auch Remville und Porthos neigten ihre Köpfe zusammen, um die Unterhaltung verfolgen zu können.
Keiner von ihnen kannte die Wahrsagerin, die zur Zeit alle Gesellschaftsschichten von Paris verzückte, aber es gab genug Gerüchte über sie. "Nun, Madame Clairée, die Wahrsagerin, die übrigens ein vorbildliches christliches Verhalten an den Tag legen soll, habe zu Ihrer Majestät gesagt, dass sie sowohl ihren Gatten, Seine Majestät den König, als auch Seine Eminenz den Kardinal Richelieu überleben und Frankreich einen gesunden Erben schenken werde." Jamin lehnte sich triumphierend zurück, als habe er damit seinen Freunden ein wichtiges Staatsgeheimnis verraten.
Athos lachte verächtlich. "Nun, messieurs, wer kann diese Behauptung nachprüfen? Ich zweifle nicht daran, dass Ihre Majestät die Königin eines Tages einen gesunden Erben zur Welt bringen wird, aber dass sie sowohl den König als auch Richelieu überleben wird?" Er schüttelte zweifelnd den Kopf. "Nun, Fakt ist jedoch, mein lieber Athos, dass die Prophezeiungen dieser Wahrsagerin bislang noch immer eintrafen, ganz gleich, ob sie nun den Tod des Chevaliers d'Harvron oder die Verwundung des armen Gramont vorhersah. Sie genießt ein steigendes Ansehen bei Hofe. Neider sagen, sie sei mit dem Teufel im Bunde, dennoch genießt sie das Vertrauen Seiner Eminenz." Jamin sprach mit einer Ehrfurcht, die Athos nur belustigen schien. "Ich glaube nicht an Prophezeiungen, mein guter Jamin.", erklärte Athos entschieden, und nach dieser Aussage wechselten die fünf Kameraden das Thema und sprachen über erfreulichere Dinge.
Gerade, als d'Artagnan sich zum gehen anschickte, erhob sich Remville und folgte seinem Kameraden. "Auf ein Wort, d'Artagnan!" D'Artagnan nickte bereitwillig und bedeutete dem Mann, fortzufahren. "Was gibt es denn, Remville?", fragte er.
Der Musketier wirkte ungewöhnlich nervös und fahrig. "Es handelt sich um das Folgende: Während Eures Spaziergangs heute Nachmittag wurdet Ihr beschattet. Ich kenne nicht die Identität Eures Verfolgers, er war jedoch gekleidet wie ein Edelmann und ließ Euch für über zwei Stunden nicht aus den Augen. Mein Bruder, der zufällig Zeuge dieses Verhaltens war, informierte mich darüber." D'Artagnan zwirbelte nachdenklich seinen Schnurrbart. "Die Identität dieses Mannes kennt Ihr nicht zufällig?", fragte er dann, und Remville musste verneinen. "Nein, aber ich muss gestehen, dass ich heute nicht sehr lange mit meinem Bruder gesprochen habe, da uns wichtige Aufgaben schnell trennten. Wenn Ihr es wünscht, kann ich ihn gerne noch einmal befragen."
D'Artagnan nickte geistesabwesend. Man konnte nie sicher genug sein, wenn es um das eigene Leben ging, und an seinem Leben hing der Gascogner doch sehr.
Am nächsten Morgen, als d'Artagnan sich im königlichen Palast zum Dienst meldete, erschien ihm Herr Treville etwas mürrischer als sonst. Höflich erkundigte sich d'Artagnan nach den Gründen der schlechten Laune seines Hauptmanns, worauf dieser ihm abwinkte und ihn aufforderte, ihn zu begleiten.
Ohne zu Zögern folgte der Musketier ihm, wobei er sich selbst jedoch im Geheimen fragte, was ihn wohl erwarten würde.
Die beiden Gascogner betraten ein abgelegenes Zimmer und warteten dort eine Zeit lang, wobei d'Artagnan jedoch ein wenig nervös war. Er verstand es jedoch meisterhaft, diese Unruhe zu verbergen.
Nach einer halben Stunde betrat eine Dame den Raum. Sie war umgeben von Dienern, Hofdamen und einem Jesuitenpriester. Sie hatte helle Haut, lange, schwarze Locken und ausdruckstarke, große, rehbraune Augen. Gekleidet war sie in ein Gewand nach neuester Mode in einer leuchtenden gelben Farbe mit einer blauen Schärpe.
Die beiden Musketiere verneigten sich ehrerbietig vor dieser Dame. Ohne dass sie ihm vorgestellt worden war, wusste d'Artagnan, dass dies Madame Clairée war, die Wahrsagerin, von der ganz Paris sprach.
"Nun, Herr Treville, würdet Ihr bitte die Ehre übernehmen und uns diesen jungen Mann, der Euch begleitet hat, vorstellen?" Madame Clairée hatte eine angenehm klingende, leicht rauchige Stimme, die nach Meinung d'Artagnans gut zu ihrer äußeren Erscheinung passte. Herr Treville verneigte sich ehrerbietig. "Madame, dies ist d'Artagnan, einer meiner besten Männer."
D'Artagnan verneigte sich brav, und Madame Clairée musterte ihn mit einem wohlwollenden Blick. "Ich sah Euch bereits in einer Vision, Ihr seid mir nicht unbekannt, d'Artagnan.", sagte sie ernsthaft. "In einer Vision?" Der Musketier bemühte sich nicht, seine Skepsis angesichts ihrer Worte zu verbergen. "Ja. Ich sah auch Eure Zweifel angesichts meiner Gabe. Erlaubt mir bitte, und gebt mir Eure Hand."
Verwirrt ob der Bitte zögerte d'Artagnan einen Moment und trat dann vor, um der Wahrsagerin ihren außergewöhnlichen Wunsch zu erfüllen.
Sie betrachtete sich seine Handfläche eine Weile und lächelte dann. "Ihr habt nichts zu befürchten, mein lieber Herr d'Artagnan. Ihr werdet einen Tod auf dem Schlachtfeld finden, nach einem langen Leben im Dienste der Krone Frankreichs."
Angesichts dieser Aussage verzog sich d'Artagnans Gesicht unwillig, er erinnerte sich an die Aussage seines Freundes Athos zu diesem Thema vom vorhergehenden Abend.
Madame Clairée hatte seine Reaktion mit einem geheimnisvollen Lächeln zur Kenntnis genommen. "Nun, es ist Eure Angelegenheit, ob Ihr meiner Aussage Glauben schenkt oder nicht. Ich ließ Euch wegen einer anderen Angelegenheit rufen."
D'Artagnans Brauen schossen in die Höhe und er fragte sich im Stillen, wer oder was dieser Frau das Recht gegeben hatte, über seine Anwesenheit oder Abwesenheit zu bestimmen.
Wieder lächelte sie ihr enigmatisches Lächeln. "Es geht um einen Freund von Euch, der sich in größter Gefahr befindet. Ich kenne ihn nicht, ich kenne nicht einmal seinen Namen, aber er dient ebenfalls bei den Musketieren und ist ein enger Freund von Euch. Obgleich, ich befürchte, Ihr geht ihm im Moment aus dem Weg?"
Bei diesen Worten wurde d'Artagnan erst feuerrot und dann leichenblass. Es gab nur einen Musketier, der ein sehr enger Freund von ihm war und dem er in den vorangegangenen Tagen aus dem Weg gegangen war: Aramis.
Er beendete die Unterredung so schnell es ihm möglich war, ohne übermäßig unhöflich zu wirken, und eilte mit langen Schritten aus dem Palast.
Obgleich er sich einredete, dass er den Worten der Wahrsagerin keinen Glauben schenkte, fand d'Artagnan sich doch bald auf dem Weg zur Wohnung seines Freundes Aramis. Er versuchte sich einzureden, dass er nur überprüfen wolle, ob sein Freund noch immer seinen theologischen Plänen nachging, aber er beschleunigte seine Schritte trotzdem ein wenig, als er endlich in die Straße einbog, in der sein treuer Freund seine Wohnung hatte.
Nachdem er geklopft und sich von Bazin, Aramis' treuem Diener, hatte ankündigen lassen, betrat er, ohne das geringste Zögern den Raum.
Aramis saß an einem Tisch, der mit Büchern überladen war, und schrieb eifrig etwas nieder. Als er d'Artagnans gewahr wurde, ließ er jedoch die Feder fallen und begrüßte seinen Freund lebhaft. "Mein lieber d'Artagnan! Welche Freude, Euch wiederzusehen! Zu meinem tiefsten Bedauern hatte ich in den letzten Tagen wenig Zeit, ich war mit einer Arbeit für einen guten Freund von mir sehr beschäftigt. Aber was gibt es? Ihr seid so ungestüm hereingekommen, man könnte fast meinen, Richelieu höchstpersönlich würde Euch jagen!"
D'Artagnan seufzte tief, ließ sich auf einen Stuhl sinken und begann, seinem Freund von den Prophezeiungen der Madame Clairée zu erzählen, und ließ keine noch so unwichtige Kleinigkeit aus. Noch während des Redens sprang er auf und lief aufgeregt im Raum auf und ab, gleich so als hätten ihm die Aussagen der Wahrsagerin seinen Seelenfrieden geraubt.
Mit ruhiger Miene hörte Aramis ihm zu, ohne ihn zu unterbrechen. Schließlich, als d'Artagnan geendet hatte, lächelte er leicht. "Ihr glaubt also den Worten einer, wie Ihr selbst sagt, Wahrsagerin? Mein Freund, Euch fehlt der rechte Glauben. Wenn es der Wunsch des Herrn ist, meine Wenigkeit zu sich zu rufen, so soll es sein; ich werde nichts dagegen unternehmen können!" Dieser Aussage folgte ein Sturm der Entrüstung seitens d'Artagnans, der die fatalistische Einstellung seines Freundes nicht verstehen konnte oder wollte, und in seiner Aufregung mehrere der wertvollen Bücher sowie das Tintenfass vom Tisch stieß. Er gab seiner Überzeugung, bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen, bevor er sterben würde, wortreich Ausdruck, ohne sich um die ausgelaufene Tinte zu kümmern, bis ihn Aramis mit erhobener Hand unterbrach und sagte: "Mein lieber Freund, erregt Euch nicht länger! Von dieser Sache abgesehen, habe ich bereits meine eigenen Nachforschungen angestellt und einiges herausgefunden. Aber ich kann Euch zu diesem Zeitpunkt nur wenig über den Fall sagen."
Dieser Satz brachte das Blut des jungen Gascogners wieder zum Aufwallen, doch bevor er zu einem neuen Satz ansetzen oder noch weiteren Schaden in der Wohnung seines Freundes anrichten konnte, hob Aramis wieder eine Hand und deutete vorwurfsvoll auf die Bücher. "Nehmt Euch in Acht, sonst werdet Ihr weiteren Schaden anrichten! Dies sind wertvolle Werke! Und keine Sorge, ich werde Euch in meine Pläne einweihen, sehr bald sogar."
Mit dieser Aussage musste d'Artagnan sich begnügen, und so schlich er nach einer Weile nach Hause, jedoch nicht überzeugt, dass er sich um das Leben seines Freundes keine Sorgen mehr zu machen brauche.
Einige Tage später bekam d'Artagnan eine Botschaft von Aramis, in der er ihn bat, so schnell wie es ihm möglich war die Wohnung seines Freundes aufzusuchen. Natürlich tat d'Artagnan dies unverzüglich.
Der Anblick, den Aramis bot, überraschte ihn ungemein, so dass er kein Wort über ihre frühere Diskussion verlor. "Kreuzdonnerwetter! Aramis, was ist geschehen?"
Der Kopf seines Freundes war mit einem fleckigen Verband umwickelt, und auch seine linke Hand war bandagiert. D'Artagnan schüttelte den Kopf. "Habt Ihr doch einen schnelleren Weg gefunden, zu Gott zu kommen...ich hätte es wissen müssen! Die übrigen Prophezeiungen der Madame Clairée sind auch eingetroffen, und ich hätte ein Auge auf Euch haben sollen, Aramis." Aramis lächelte leicht. "Nein, d'Artagnan. Ihr habt ganz richtig gehandelt, denn nun habe ich den endgültigen Beweis, nach dem ich schon seit längerem gesucht habe, dass diese sogenannte Wahrsagerin eine Betrügerin ist, und das habe ich Euch und, verzeiht, Eurer Leichtgläubigkeit zu verdanken. Den Preis für diese kleine Scharade zahle ich gerne mit meinem eigenen Blut."
D'Artagnan fuhr wieder auf, aber Aramis lachte.
"Ach, mein lieber Freund, so ernst habe ich das nicht genommen... Ihr habt nun einmal - gebt es nur zu! - eine Neigung, Euch selbst in Schwierigkeiten zu bringen."
"Ihr mögt recht haben! Doch das alles wäre nicht passiert, wenn Ihr nur früher etwas gesagt hättet. Jammern nützt jetzt allerdings nichts. Was schlagt Ihr vor?"
"Das ist eine gute Frage... Ich kenne nur einen Menschen, der uns aus dieser Lage noch heraushelfen könnte, Ihr wisst, von wem ich spreche."
"Ihr meint...? Seid Ihr sicher? Ihr wisst, was beim letzten Mal passiert ist, als *dieser Mensch* uns helfen wollte!"
D'Artagnan schüttelte ablehnend den Kopf, doch Aramis beschwichtigte ihn. "Wir benötigen Jamin in diesem Fall." "Weshalb? Mein lieber Aramis, ich befürchte, Ihr habe einen ernstlichen Schaden davongetragen, als man Euch am Kopf verletzte! Jamin ist bekannt für sein Mundwerk, welches er nicht halten kann! Vertraut ihm etwas an, und in wenigen Stunden pfeifen es die Spatzen von den Dächern! Ihr erinnert Euch an das letzte Mal, als wir ein Duell gegen die Gardisten des Kardinals bestreiten wollten und Jamin nicht den Mund halten konnte, so dass wir es mit der dreifachen Anzahl an Gardisten und jeder Menge Schaulustigen zu tun bekamen?"
Aramis nickte lebhaft. "Genau das ist es, was wir benötigen. Jamin wird innerhalb kürzester Zeit die ganze Geschichte herausfinden können und sie weitererzählen. So überlegt doch, d'Artagnan! Athos und Porthos sind zu verschwiegen. Von mir, einem Jesuiten, erwartet man eine ablehnende Haltung dieser Frau gegenüber, und Ihr habt Eure Ablehnung auch bereits in deutliche Worte gekleidet! Jamin ist die perfekte Wahl für diesen Plan! Ihm wird man glauben, uns wird man vorwerfen, voreingenommen zu sein!"
Zähneknirschend beugte sich d'Artagnan dieser Logik, und nur kurze Zeit später stand der Musketier Jamin im Raum und zwirbelte überlegen seinen struppigen Schnurrbart. D'Artagnan hielt sich im Hintergrund, und so war es Aramis überlassen, Jamin von der Geschichte zu erzählen und ihn möglichst geschickt auf ihre Seite zu ziehen.
Es kostete ihn kein großes rhetorisches Geschick, diese Aufgabe zu bewältigen, und wie er es vorausgesagt hatte, fand Jamin in überraschend kurzer Zeit überraschend viel heraus und streute genügend Gerüchte aus, um die Gegenpartei nervös werden zu lassen.
Eines Tages betrat Jamin wieder einmal mit überlegener Miene den Raum, in dem sich Aramis und d'Artagnan aufhielten. "Nun, die Herren, besteht hier Interesse an der ganzen Geschichte?", fragte er selbstgefällig. Aramis nickte und bedeutete dem anderen, Platz zu nehmen. "Berichtet, Jamin, was Ihr herausgefunden habt!"
Jamin räusperte sich und begann dann zu erzählen.
"Madame Sybille de Clairée ist Mutter eines Sohnes, Armand. Armand ist jener junge Edelmann, der Euch, d'Artagnan, vor einigen Tagen so unauffällig beschattet hat, dass Ihr es nicht mitbekommen habt. Ihr erinnert Euch vielleicht, Remville berichtete davon." D'Artagnan nickte. "Nun, Madame Clairée sagt also die Zukunft voraus, berichtet von Duellen, Verletzungen und Todesfällen, während Armand diese Prophezeiungen in die Tat umsetzt. Erinnert Euch, d'Artagnan: Sie sagte Euch, dass ein guter Freund von Euch in Gefahr schwebe. Nun kam es jedoch zu unvorhergesehenen Komplikationen, da Aramis ein guter Fechter ist und der junge Armand es nicht mit ihm aufnehmen konnte." Jamin zuckte wie beiläufig mit den Schultern. "Weiter gibt es nicht viel zu erzählen. Madame Clairée erfuhr heute morgen von der Verletzung ihres Sohnes und reiste daraufhin überstürzt ab. Seitdem wurde sie nicht mehr gesehen. Es ist auch nicht in Erfahrung zu bringen, welchen Weg sie genommen hat oder wie ihr Ziel heißt." Er erhob sich wieder, verneigte sich ehrerbietig und verließ die beiden Freunde.
D'Artagnan und Aramis saßen sich eine Weile schweigend gegenüber. "Das bedeutet nun also, dass der Fall zu den Akten gelegt wird? Die Prophezeiungen waren alle erfunden?", fragte d'Artagnan schließlich. Aramis seufzte. "Es hat ganz diesen Anschein, mein Freund. Aber seid gewiss, ich weiß Eure Sorge um mein Wohlergehen zu schätzen, obwohl ich von den Aktivitäten der Madame Clairée bereits vorher etwas geahnt hatte."
D'Artagnan seufzte. "Was meint Ihr, Aramis, wird sie zurück nach Paris kommen?" Aramis lächelte enigmatisch.
"Sollte sie es wagen, werden wir bereitstehen, um sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen, mein Freund. Schließlich ist sie verantwortlich für den Tod manchen Edelmanns. Und Ihr wisst ja: Einer für alle..."
Mit einem Lächeln beendete d'Artagnan den Satz:
"...und alle für einen."
fin