Aprilherausforderung 2003 von Maike 

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Kapitel Aprilherausforderung 2003

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Kapitel Schulden von Anonymous

Aramis war unbefugt in das Haus seines besten Freundes Athos eingedrungen. Freiwillig hätte er das nie getan, doch höhere Gewalt schickte ihn hierher, die sanfte Gewalt einer Frau. Warum war er nur so dumm gewesen? Warum hatte er mit einem Degen geprotzt, den er nicht besaß, nur um die Geliebte beeindrucken zu können? Das sie ihn nicht mal sehen konnte, diesen wunderbaren Degen hatte sie sehr beleidigt. "Nun, mein lieber kleiner Möchtegern-Priester, wenn Ihr nun schon so einen wunderbaren Degen besitzt, warum seid Ihr dann so dumm und verleiht ihn an einen Freund? Glaubt Ihr denn tatsächlich, dass Ihr ihn wiederbekommt? Besorgt ihn nur rasch, Euer Freund wird an einem Sonntagnachmittag sicherlich daheim sein."
Diese Worte hallten noch immer in Aramis Ohren nach, als er jetzt durch die kleine Wohnung schlich, in der Athos lebte. Grimaud hatte er schon gesehen, er schlief auf einem Sofa. Aber wo war Athos? Auf leisen Sohlen ging Aramis den Flur entlang zu einer Tür, die nur einen spaltbreit offen stand. Vorsichtig schob Aramis sie auf. Nein, hier war Athos auch nicht. Aramis atmete erleichtert auf. Athos war wohl unterwegs, obwohl es ein Sonntagnachmittag war. In welchen Geschäften, nun, das ging Aramis nichts an. Er trat in das Zimmer und sah an der gegenüberliegenden Wand auch schon den wunderbaren Degen. Er wollte gerade auf denselben zugehen, als er hörte, wie die Wohnungstür aufgeschlossen wurde. Aramis hechtete hinter einen Vorhang, der bis auf den Boden reichte und fühlte sich so, wie sich ein Einbrecher fühlte, der während seiner Tat unterbrochen wird: sehr sehr schlecht. Schritte näherten sich, es waren anscheinend zwei Männer. Hinter dem Vorhang hörte Aramis deutlich Athos' Stimme. "Müsst Ihr wegen dieser lächerlichen Schulden unbedingt an einem Sonntag hier auftauchen?" Aha, Athos hatte wieder mal gespielt und nun wollte der Gläubiger bezahlt werden. Aber warum kam der selbst hierher? Sonst schickte Athos doch Grimaud los, der dann schon um sechs Uhr in der Früh bei den Spielpartnern seines Herrn auftauchte. Ob etwas Ungewöhnliches vorgefallen war? "Es sind dieses Mal keine lächerlichen Schulden, Monsieur Athos", antwortete eine Stimme und Aramis fuhr zusammen. Rochefort? Rochefort hatte mit Athos gespielt? Das waren ja interessante Neuigkeiten, immerhin war nur der junge d'Artagnan mit Rochefort befreundet, soviel Aramis wusste. Vermutlich lenkten seine theologischen Studien ihn zu sehr ab und er war nicht ganz auf dem Stand der Neuigkeiten. "Glaubt Ihr vielleicht", fuhr Rochefort fort, "Ich lasse mich von Euch um einhundert Pistolen prellen? Es ist nicht meine Schuld, wenn der Teufel von Euch Besitz ergreift und Ihr immer weiter spielt, obwohl es sowieso schon hoffnungslos war. Und ich möchte mein Geld jetzt, andererseits..." Es wurde plötzlich still, so still, dass man gehört hätte, wie eine Stecknadel zu Boden fiel. Aber es fiel keine. Stattdessen konnte Aramis, der natürlich immer noch angestrengt lauschte, hören, wie einer der Männer, vermutlich Rochefort, tiefer ins Zimmer hineinging. "Hier, Monsieur Athos", sagte Rochefort mit bewunderendem Unterton in der Stimme, "habt Ihr ja etwas, was alle Eure Schulden auf immer begleichen könnte." Es trat eine Pause ein. Dann erwiderte Athos ruhig: "Monsieur, dieser Degen ist ein altes Familienerbstück und auch ich bin mir sicher, dass es meine Schulden begleichen wird. Aber ich werde ihn nie hergeben, versteht Ihr das, Monsieur? Nie!" Das klang sehr entschieden und von einem anderen hätte sich Rochefort wahrscheinlich auch nicht so ohne Weiteres abspeisen lassen.
So aber sagte er nur entäuscht:"Nun gut, dann behaltet ihn meinetwegen... Obwohl... nun gut, ja, dann versucht, Eure Schulden auf andere Art zu begleichen. Ich... ich gebe Euch bis nächsten Dienstag Zeit." Sprach's und verließ die Wohnung. Aramis wartete mit angehaltenem Atem, was Athos nun machen würde und betete, dass der nicht ausgerechnet jetzt den Wunsch verspürte, das Zimmer zu lüften. Er hörte, wie Athos aus dem Zimmer ging und atmete auf. Aber wie sollte er aus der Wohnung kommen, ohne dass es jemand bemerkte? Aramis warf einen vorsichtigen Blick über die Schulter. Zweites Stockwerk, unten eine Straße, die nicht sehr belebt war. In Höhe des Fensters eine Stange, an der ein riesiger gußeiserner Schuh hing. Ein Schuhmacher hatte sein Geschäft im unteren Teil des Gebäudes. Ob die Stange ihn tragen würde? Aramis entriegelte das Fenster, kam aber nicht dazu, rauszuklettern, weil Athos anscheinend mit Grimaud zurückkehrte. Durch einen winzigen Spalt im Vorhang konnte Aramis sehen, wie Athos an der Tür stehenblieb, auf den Vorhang deutete und schweigend wieder ging. Also nur einer, mit dem werde ich schon fertig, dachte Aramis sachlich. Grimaud rieb sich die Augen, streckte sich, so dass man ein unangenehmes Knacken hörte und schlurfte auf das Fenster zu. Kurz bevor er heran war, riss Aramis die Vorhänge auseinander, trat Grimaud in die Magengegend, dass der arme Diener zu Boden stürzte und sprang aus dem Fenster. Er überlebte den Sturz unbeschadet, es ging ihm blendend und er hatte glücklicherweise einen Moment abgepasst, in dem kein Mensch auf der Straße war. Aramis bedauerte zwei Minuten, dass er nun den Degen nicht hatte, aber freiwillig würde er nicht noch mal bei Athos einbrechen. Er ging dahin, woher er gekommen war.
Anders sah es unterdessen oben bei Athos in der Wohnung aus. Grimaud hatte sich aufgerappelt, er hatte sich nicht verletzt, aber er hatte sich so erschrocken, dass er ganz blass aussah. Zitternd lehnte er sich aus dem Fenster. Als er niemanden auf der Straße sah, war er überzeugt, dass er ein Gespenst gesehen hatte. Ungücklich sank er am Fenster zusammen. Warum nur tat man ihm so etwas an? Er tat doch nie einer Fliege etwas zuleide. Lag es daran, dass er viel schwieg? Aber dafür konnte er doch nichts, sein Herr hatte ihm dieses auferlegt und er kam damit recht gut zurecht. Warum also musste man ihn für so etwas bestrafen? Ob es sein Schicksal war? Nun, wenn es sein Schicksal war, konnte Grimaud aber auch nichts dagegen tun, Grimaud war ein schicksalsergebener Mensch und dachte nicht gern über Dinge nach, die sowieso nie passieren würden. Er raffte sich auf, dachte, dass man sich mit seinem Schicksal abfinden müsste und beschloss, nicht weiter über diesen Vorfall nachzudenken. Sein Herr musste es auch nicht erfahren, der hatte genug andere Sorgen. Spielschulden und solche Dinge, von denen sein Diener nicht viel verstand, weil es ihn nichts anging. Wenn Gespenster hier in der Wohnung lebten, dann wegen seinem Herrn, nicht wegen ihm. Pflichtbewusst wie er war, zog Grimaud also die Vorhänge richtig beiseite, warf noch einmal einen Blick auf die Straße (niemand zu sehen), öffnete auch das Fenster weit und holte tief Luft. Er bereute es jedoch im nächsten Moment, im Sommer entwickelten sich Gerüche stärker als im Winter. "Ach, wär' es doch immer Winter", seufzte Grimaud leise.
"Grimaud, was redest du da?", fragte Athos, der just in diesem Moment ins Zimmer trat, "Ich glaube, ich habe dir nicht erlaubt zu sprechen." Schuldbewusst schlich Grimaud aus dem Zimmer. Sein Weg führte ihn in die Küche, wo er ein Tuch in kaltes Wasser tauchte. Hoffentlich würden seine Gespensterkopfschmerzen dann verschwinden. Natürlich musste er auf dem Flur seinen Herrn treffen. Rasch versteckte er das Tuch hinter seinem Rücken und hoffte, dass sein Herr es nicht bemerkte. Athos blieb bei ihm stehen und sah ihm durchdringend in die Augen. "Grimaud, irgendetwas scheint heute bei dir nicht in Ordnung zu sein. Ich erlaube dir zu sprechen. Was hast du da hinter deinem Rücken?"
Ängstlich zeigte Grimaud Athos das Tuch. "Und wozu das?", fragte Athos verdutzt.
"Ich... ich..." Grimaud glaubte, dass mit den Kopfschmerzen klang unglaubwürdig und versuchte es mit einer noch unglaubwürdigeren Ausrede. "Monseigneur, ich... ich habe ein Gespenst gesehen."
"Und dazu brauchst du ein kaltes Tuch?" Zweifelnd sah Athos ihn an. Grimaud war den Tränen nahe. "Aber es ist doch wegen der Kopfschmerzen...", flüsterte er mit erstickter Stimme. Nun besorgt, fühlte Athos Grimaud die Stirn. "Leg dich hin, Grimaud, für heute bist du von deinen Pflichten entbunden."
"Danke", hauchte Grimaud und dankte dem Herrn dafür, dass er seinen Herrn so gnädig gestimmt hatte und ihm sein Wörterwirrwarr verzieh. Der treue Diener legte sich auf das Sofa, auf welchem er heute schon einmal gelegen hatte und entschlummerte sanft.
Wiederum anders sah es bei Aramis aus. Der junge Priester war zurückgekehrt zu seiner angebeteten Marie. Die wartete mit halb erwartungsvoller, halb wütender Miene auf ihn. "Wo wart Ihr so lange?", flötete sie nichtsdestotrotz recht liebenswürdig, noch ehe Aramis richtig im Zimmer war. Als sie sah, dass er keinen Degen bei sich hatte, verschlechterte sich ihre Laune zusehends. "Meine liebe Marie, mein Freund, dem ich den Degen lieh, war nicht da." Aramis brachte es nicht übers Herz, ihr die Wahrheit zu sagen. Wahrscheinlich wäre es aber besser für ihn gewesen, hätte er es getan. Seine liebe Marie warf einen riesigen Folianten nach ihm, mit einer Kraft, die man ihr gar nicht zugetraut hätte. "Ach ja, nicht da? Und warum, Ihr am Hungertuch nagender Priester, Ihr unfähiger Degenfechter, hat es dann solange gedauert? Musstet Ihr vielleicht noch-" sie zerrte ein Spitzentaschentuch unter einem Kissen hervor, "-jemanden besuchen?" Aramis Augen weiteten sich vor Schreck, während Marie aufstand und sich vor ihm aufbaute. "Wisst Ihr war? ich habe Eure ständige Untreue, Eure Affären und Euch insgesamt satt! Und ich möchte nie wieder was mit Euch zu tun haben. Und Ihr-" Ihre Lautstärke steigerte sich um ein Beträchtliches, "Ihr schämt Euch anscheinend nicht mal dafür? Selbst der Kardinal-"Sie wedelte heftig mit dem Spitzentaschentuch vor seiner Nase herum, "Selbst Richelieu würde in solch einer Situation erröten, nur Euch kratzt sowas nicht mal andeutungsweise! Ich bereue, dass ich jemals etwas mit Euch zu tun hatte!" Sie warf ihm mit aller Kraft das Spitzentaschentuch vor die Füße und rauschte mit der Grazie eines englischen Schlachtschiffes hinaus.
Aramis sah ihr traurig hinterher, hob das Taschentuch auf und fragte sich, ob sie eigentlich nicht bemerkt hatte, dass es ihr eigenes Spitzentschentuch war, ein altes, welches er jahrelang aufgehoben hatte. Und nun bekam er nicht einmal eine Belohnung für seine Mühen.
Hoffentlich würden sie sich noch versöhnen, Aramis liebte Marie sehr und er hoffte, dass sie seine Liebe erwiderte. Völlig erschlagen ging Aramis zu Bett. Dieser Tag hatte so schön begonnen, warum musste er so gräßlich enden?

Kapitel Von Italienern und schlaflosen Nächten von sarah 

Hallo!

Tja, also wenn ich etwas witziges zu schreiben versuche, dann endet das meistens im totalen Desaster - also bewertet das Ding, das ich da verbrochen habe, nicht allzu kritisch... Es hat jedenfalls Spaß gemacht diesen Quatsch "inspired by BK-Kursarbeit" zu schreiben! :D

Sarah

Von Italienern und schlaflosen Nächten

Mit einem müden Seufzer ließ d’Artagnan sich auf sein Bett fallen. Die Beule auf seiner Stirn brannte noch immer wie Feuer, obgleich er sie von Planchet bereits mit der Wundersalbe seiner Mutter hatte behandeln lassen. Um es gelinde auszudrücken: Dieser Tag war eine einzige Katastrophe gewesen!
Angefangen hatte es alles mit einem Duell, das sich zwei seiner Untergebenen geleistet hatten. Eine Familienangelegenheit. Des einen Großvetter zweiten Grades hatte des anderen Cousine einen „tratschenden Hinkefuß“ geschimpft (oder eine hinkende Tratsche?). Wie dem auch sei, jene Äußerung war für die beiden Musketiere jedenfalls Grund genug gewesen, während ihres Dienstes die Degen gegeneinander zu ziehen. Nachdem es d’Artagnan immerhin gelungen war die beiden Hitzköpfe daran zu hindern einander umzubringen, was bereits einige seiner Kraftressourcen aufgebraucht hatte, begab er sich zum Arbeitszimmer seines Vorgesetzten, um den unerhörten Vorfall dem Hauptmann de Tréville zu melden. Nun ja, d’Artagnan hasste es im Grunde sich als Moralprediger aufzuspielen und überlegte bei sich gerade, wie er die ganze Geschichte wohl ein bisschen verdrehen ...
„Mon Dieu! Pass doch auf!“
Trévilles Kammerdiener rempelte ihn an, als er aus dem Arbeitszimmer seines Herrn gerannt kam, murmelte irgendeine halbherzige Entschuldigung und drängte sich bereits an ihm vorbei. Und dann sah der Musketier den Briefbeschwerer auf sich zufliegen. Er vernahm noch den erschrockenen Ausruf des Musketierhauptmanns, „D’Artagnan, gebt Acht, sangdieu, der war doch nicht für Euch bestimmt, sondern für diesen Nichtsnutz von einem Die...“, dann ein dumpfer Schlag und d‘Artagnan verlor das Bewusstsein.

Soviel also zu diesem Tag. Nun wollte der lädierte Musketierleutnant nur noch eines: Ruhe. Endlich einmal... Er hatte den Gedanken noch nicht zu Ende geführt, da war er bereits eingeschlafen.
„Herr D’Artagnan?“
Die Tür knarrte und sein Diener Planchet trat vorsichtig ein. D’Artagnan fuhr auf.
„WAS?!?“ brüllte er den armen Diener an, „Kann ich nicht mal in Ruhe SCHLAFEN?“
„Ich, ich....da ...da“
Bevor er sich noch mehr verhaspelte, schwieg Planchet lieber und für einen Augenblick war es so ruhig, dass man eine Stecknadel zu Boden hätte fallen hören können. Doch nur für einen Augenblick! Dann nämlich pochte ... nein, hämmerte jemand gegen die Wohnungstür, als hänge sein Leben davon ab hineinzugelangen. Erneut fuhr d’Artagnan zusammen.
„Was soll denn das nun wieder?“
„Das wollte ich Euch ja gerade erklären.“ sagte Planchet und ruderte hilflos mit den Armen, „Ich habe Geräusche gehört und dachte es wären vielleicht Einbrecher...“
„Grrr, du siehst überall Einbrecher!“
Mit einem Satz war d’Artagnan aus dem Bett und stampfte auf seine Wohnungstür zu , entschlossen, demjenigen, der es wagte, ihn mitten in der Nacht aus seinem wohlverdienten Schlaf zu reißen, gehörig die Leviten zu lesen. Er öffnete die Tür... und die Kinnlade fiel ihm herunter, während seine Augen aus den Höhlen traten.

Das ist nicht wahr! Ich muss mir eine Gehirnerschütterung zugezogen haben! Oder ist das vielleicht einer dieser Alpträume, wenn man glaubt die Augen zu öffnen und es in Wahrheit nur geträumt hat!

Erst auf den zweiten Blick identifizierte der Musketier das, was sich da durch seine Tür quetschte, als ein schwer bepacktes menschliches Wesen. Schnaufend wälzte es sich bis ins Esszimmer hinein, wo es dann seine Ladung zu Boden fallen ließ. Als Planchet eine Kerze anzündete, erkannte D’Artagnan eine Anzahl recht merkwürdiger Dinge, ein großer viereckiger flacher Gegenstand, der in mehrere Laken Papier eingewickelt war, eine Malpalette, verschiedene Pinsel und noch einige Objekte, die der junge Gascogner nicht so recht zu identifizieren wusste. Und inmitten dieses Gerümpels saß ein kleines Männchen in viel zu eleganter und eindeutig zu bunter venezianischer Kleidung, einem undefinierbaren Wirrwarr schwarzer Locken, einer Nase, die viel zu lang, und munteren braunen Augen, die viel zu klein wirkten.
„Ah! Alberto! Mi amico! Schön Euch zu sehen!“ Mit diesem Ausruf, einem übertriebenem Lächeln und einem noch übertriebenerem italienischen Akzent warf sich diese schlechte Karikatur eines venezianischen Straßenkünstlers dem völlig überrumpelten d’Artagnan an den Hals.
Es WAR ein Alptraum!
„Wollt Ihr nicht sehen meine Kunstwerk?“ Mit einer schwungvollen Bewegung riss er das Papier von dem viereckigen Gegenstand, der sich als ein Porträt Seiner Eminenz des Kardinals Richelieu entpuppte: ein nicht einmal schlecht gelungenes Werk, wie d’Artagnan sicher zugegeben hätte, wenn er überhaupt irgendeinen klaren Gedanken hätte fassen können, „Die Cardinale! Ein Meisterwerk, no? Morgen schon, ich werde es abliefern in die Palais Cardinale!“
Er lehnte das Kunstwerk an den Tisch.
„Äh...“
„Äh? Ich verstehe nicht.“
„Wer, zum Teufel, seid Ihr, Monsieur! Pardon, aber wir kennen uns nicht!“
„Aber Alberto! Ich bin es, Vergigio, erinnerst du dich nicht? Damals in Florenz auf die Universität!“
„Mein Name ist d’Artagnan. nicht Alberto. Jean-Claude d’Artagnan und weder kenne ich einen Vergidingsda noch war ich jemals in Florenz.“
„Come dice? Nicht Alberto? Albert de Roussel? Aber er hat doch geschrieben, ich kann kommen zu ihm, wenn ich bin in Paris. Zu ihm in die Rue des Foux.“
„Férou!“
„Was?“
„Rue Férou!“
„No, no, no! Rue des Foux! Ich irre nie!
„Nun, Monsieur, dann hat Euch Euer Freund Albert zum Narren gehalten! Es gibt keine Rue des Foux!“ ...auch wenn Ihr da besser aufgehoben wäret, fügte d‘Artagnan in Gedanken hinzu.
„Oh, diese Bastardo!“ Vergigio stampfte vor Wut in den Boden. „Diese, diese...!“ Doch so schnell, wie er gekommen war, verflog sein Zorn auch schon wieder und er strahlte d’Artagnan an. Ein Strahlen, das nichts Gutes verheißen konnte! „Warum rege ich mir auf? So, ich habe die Ehre kennenzulernen Euch Signore...“
„D’Artagnan.“
„Sehr erfreut! Ich werde schlafen bei Euch, Dada-yo! Ah, dort ist die Schlafzimmer! Messieures, entschuldigt. Ein Künstler braucht sein Schlaf. Buona Notte oder Bonne nuit, wie man hier sagt!“
Und mit diesen Worten verbeugte sich der Italiener erst in d’Artagnans und dann in Planchets Richtung und stolzierte in das Schlafzimmer des Musketiers. Jeden anderen hätte d’Artagnan wohl mit einem Fußtritt quer durch den Raum und am besten gleich durchs Fenster befördert, hinter diesem Wahnsinnigen jedoch schloss er sogar eigenhändig die Tür, als wolle er sicher gehen, dass er nicht wieder aus dem Zimmer hervorkam.
Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn. Planchet und er starrten sich an.

Ruhig, Jean-Claude! Es gibt für alles eine Lösung! Schlaf erst einmal darüber! Morgen früh wird dir schon etwas einfallen!

Wenn nur nicht sein Kopf so dröhnen würde.
„Planchet, ich schlafe diese Nacht auf... auf dem Küchentisch.“
„Und ich, Herr?“
„Du schläfst vor der Tür.“
„Aber, Herr d’Artagnan!“
„Du schläfst vor der Tür! Du schnarchst wie ein Tier! Soll ich mir das vielleicht die ganze Nacht – oder was noch von ihr übrig ist – anhören?
Ergeben senkte Planchet den Kopf und trollte sich.

D’Artagnans Rücken schmerzte. Sein Kopf dröhnte. Unruhig wälzte er sich hin und her – und stieß dabei ein halbvolles Weinglas um, das er versehentlich auf dem Tisch hatte stehen lassen. Stöhnend richtete er sich auf.
Mon Dieu!
Nur mit Mühe gelang es ihm einen Schrei zu unterdrücken, als er sah, wie der dunkelrote Inhalt des Glases sich vom Tisch auf das Porträt des Kardinals – genauer gesagt, auf seine blassen Wangen – ergoss. Es war das erste Mal, dass d’Aragnan den Kardinal erröten sah! Was für ein Gedanke, was für ein Blödsinn!
Er durfte garnicht an den Wutausbruch des Italieners denken, wenn er am Morgen aufwachen würde und....Mit einem gascognischen Fluch schwang sich d’Artagnan vom Tisch, entzündete hastig eine Kerze und durchwühlte die Habseligkeiten des Italieners nach etwas, das er gebrauchen konnte, um das Malheur zu beseitigen. Sein Blick fiel auf ein Spitzentaschentuch. Nun ja, es sollte eine Menge Frauen geben, die unkonventionelle Männer liebten. Der Charme der Künstler...
Wie dem auch sei, schnell griff d’Artagnan nach dem italienischen Spitzentaschentuch und begann damit die Wangen Seiner Eminenz zu polieren, um ihnen ihre ungesunde Röte zu nehmen. Doch ehe er das Unglück auch nur halbwegs beseitigt hatte, hörte er plötzlich seine Schlafzimmertür knarren. Hastig blies d’Artagnan die Kerze aus und hatte gerade noch Zeit, sich hinter den Vorhängen der Vorratskammer zu verbergen, bevor er vernahm, wie die Tür geöffnet wurde. Vergigio murmelte auf italienisch irgendetewas unverständliches, und schlich durch den Speiseraum.
„Ein Geräusch! Ganz deutlich habe ich gehört! Da war ein Geräusch!“
Plötzlich hörte das Gemurmel auf und d’Artagnan hielt den Atem an. Schritte näherten sich der Vorratskammer. Er presste sich gegen seinen Weinschrank.

Es gab einfach Tage, an denen lief alles schief. Und heute war unbestreitbar ein solcher Tag. Unglücklicherweise reichte der Vorhang, der die Vorratskammer vom Speiseraum trennte, nicht bis zum Boden...

Der Vorhang wurde aufgerissen und D’Artagnan versteckte hastig das Spitzentaschentuch hinter seinem Rücken.
„Ha! Mamamia! Signore Dada-yo! Ich habe eine Verbrecher ge... Signore Dada-yo? Ihr seid es selbst!“
„Oh ich...äh...“ Gehetzt blickte d’Artagnan sich um und griff in seiner Verzweiflung nach einer der Weinflaschen, „Um Mitternacht ein Schlückchen Wein, da kann ich einfach nicht... hicks... widerstehen.“ Er brach in prustendes Gelächter aus, obwohl er lieber losgeheult hätte.
Mit einem Stirnrunzeln musterte der Italiener den betrunkenen jungen Mann von oben bis unten, dann wandte er sich mit einem Kopfschütteln ab.
„Die spinnen, die Franzosen!“