Kapitel Tunnel
„Was bin ich?“, knurrte de Chavigny zwischen den Zähnen, „ein Regenwurm? Verflucht, es steht einem Musketier nicht an, hier unten in der Erde herumzukriechen wie eine Kakerlake.“
„Psst, Kamerad“, wies ihn Athos zurecht, der direkt hinter ihm und damit als Letzter der kleinen Truppe ging, „Erde trägt auch kleine Geräusche meilenweit.“
Der so Zurechtgewiesene grummelte noch ein ´Grmpf´, dann war nichts mehr zu hören, nur noch ihre vorsichtigen Schritte auf dem Boden und ihr leises Atmen. Es war finster hier unten, nur d´Artagnan, der als Erster ging, trug eine kleine Laterne, die aber abgedunkelt war, damit sie sie nicht verraten konnte. Nur im Notfall durften sie auf das Licht zurückgreifen und mussten hoffen, dass die kleine Kerze bis dahin nicht von selbst ausgegangen war. Es roch nach feuchter Erde, und sie mussten gebückt gehen, denn der Gang war nicht ganz mannshoch und wurde in regelmäßigen Abständen von Holzbalken gestützt. Inzwischen hatten sie die Höhe raus, zu Beginn hatte sich aber jeder der Soldaten mindestens einmal den Kopf gestoßen. Der erste hatte noch geflucht, war jedoch von dem Gascogner zurechtgewiesen worden, so dass danach nur noch dumpfe Schläge zu hören gewesen waren. Aber der letzte war nun auch wieder eine ganze Weile her, sie spürten nun die Höhe und Breite, fast wie wenn sich die Sinne hier in dieser Dunkelheit schärften. Er durfte nicht daran denken, wie schwer die Erde über ihnen lastete, wenn die Stützen brachen oder das Geröll ins Rutschen käme, wären sie hier unten verloren. Schon jetzt wurde es stickig, schon jetzt hatte er das Gefühl, nicht genügend Luft zu bekommen, enge Räume hatten ihm schon immer Unbehagen bereitet, und hier konnte er noch nicht einmal die Arme zu beiden Seiten anwinkeln, ohne die Wand des Tunnels zu berühren. Aber diese Mission abzulehnen wäre ihm nicht eingefallen, erstens hatte er sich noch nie vor einem Auftrag gedrückt, und zweitens wollte er d´Artagnan auf keinen Fall alleine lassen. So hatte er nur genickt, als der Leutnant ihn gefragt hatte. Sie hatten sich die Gesichter mit Kohle geschwärzt und dunkle Tücher um die Köpfe gebunden, Dorain hatte sich die Kohle sogar in seinen blonden Bart gerieben. Nun leuchteten seine Zähne hell, wenn er grinste, was man hier unten allerdings auch nicht sah. De Chavigny, de Tremblay und de Brissart waren nicht so schnell bereit gewesen mitzukommen, und es hatte eine erhobene Augenbraue Trévilles gebraucht, um sie einlenken zu lassen. „Das hat uns doch garantiert dieser Grünschnabel eingebrockt“, hatte de Tremblay gewispert, und Athos war sich nicht sicher, ob sie diszipliniert genug wären, um d´Artagnan in allen Situationen zu gehorchen. Was ein übles Gefühl war, denn wenn es hier unten hart auf hart ging, mussten sie sich aufeinander verlassen können. Le Goff, der Bretone, hatte nur mit den Schultern gezuckt. Er war ein gutmütiger und schweigsamer Mann, der machte, was man von ihm verlangte. Wenn der Leutnant ihn unter die Erde schicken wollte, nun gut, dann machte er eben das auch.
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