Brisez les chaînes von kaloubet
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 85 BewertungenKapitel Bragelonne
Das ist jetzt die Fortsetzung von ´l´amour perdu´. Allerdings ein etwas anderes Genre, vor allem am Anfang - und sicher wieder eine recht lange Geschichte ... VIELEN DANK an Silvia, die sich auch hier bereit erklärt hat, meine Geschichte beta zu lesen.
Bragelonne
Kalt. Es war kalt. Die Kälte drang durch die Teile ihre Körpers in sie ein, die am dichtesten an den Steinplatten lagen und die schon begannen, schmerzhaft gegen die starre, liegende Haltung zu protestieren. Dabei lag sie hier erst seit wenigen Stunden, es würde noch lange dauern, bis die Äbtissin sie aus dieser Position erlösen würde. ´Reiß dich zusammen,´ermahnte sie sich selbst. ´Wie würdest du das Klosterleben, die Askese, die Entsagung ertragen, wenn du nicht einmal fähig bist, einige Stunden auf diesen Steinplatten liegend zu verbringen? Ihr Blick ging nicht weit, ihr Kopf lag seitlich auf den Platten, sie sah deutlich die Rillen in den Steinen, den Staub, aber alles, was etwas weiter hinten lag, verlor sich im verschwommenen Dunkel. Auch ihre Arme schmerzten, im rechten Winkel vom Körper weg ausgestreckt. `Geheiligt seist du …´, mühsam versuchte sie zu beten, ihre Gedanken zu Gott zu schicken, aber kaum ließ ihre Konzentration auch nur ein bisschen nach, begannen sie nach Hause zu schweifen. Nach Hause, wo ihr Vater wartete. Auf was hatte sie sich nur eingelassen? Wie hatte sie auf diese Idee mit dem Kloster kommen können, ausgerechnet sie, die geschworen hatte nie, nie wieder, auch nur einen Fuß in ein Kloster zu setzen?
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Une soirée
Ein großes Danke an Silvia, ohne die hier viel mehr Fehler zu lesen wären ...
Zunächst ließ sich der Abend durchaus konventionell an und versprach sogar in den Augen eines ehemaligen Musketiers, der nie sehr viel von dem mondänen Zeitvertreib seiner Standesgenossen gehalten hatte, langweilig zu werden. Nach den üblichen Vorstellungen fanden sich Vater und Tochter eingereiht in einen Kreis von Grundbesitzern des Loiretals, die so spannende Themen erörterten wie Raupenplage, Aussaat oder Heuernte. Der Rahmen, in dem diese Gespräche stattfanden, war elegant, ein schöner, vielleicht ein wenig zu pompös dekorierter Ballsaal, an dessen Längsseite ein Orchester Platz genommen hatte, das aber zu dieser frühen Stunde nur dezente Weisen, die niemanden zum Tanzen animierten, spielte. Athos ertappte Amandine mehr als einmal dabei, wie sie ein Gähnen unterdrückte und immer wieder ihre Augen durch den Saal schweifen ließ, in dem sich mehrere Grüppchen ähnlich dem ihren gebildet hatten. Er legte ihr leicht die Hand auf die Schulter, was heißen sollte, sie müsse sich in Geduld fassen, als eine Frauenstimme das monotone Gespräch unterbrach: „Pauvre petite, du scheinst dich genauso zu langweilen wie ich. Unsere Gastgeberin liebt Vorstellungen und endlose Gespräche, der Tanz wird nicht vor elf Uhr beginnen. Aber dafür lange dauern, die Abende hier sind dafür berühmt, dass sie nie vor dem Morgengrauen enden.“ Amandine lächelte den neuen Gast erfreut an und versank in eine kleine Reverenz, um sich zumindest von ihrer Seite einigermaßen höflich vorzustellen. Ihr Vater trat einen Schritt beiseite und wandte sich seinerseits der kecken Dame zu, indem er den verbalen Teil der Vorstellungen übernahm, was bei seiner Gesprächspartnerin einen kleinen Ausruf des Erstaunens hervorrief: „Ihr seid also der neue Grundherr auf Bragelonne? Über den so viele Gerüchte umgehen? Aber ich habe mich nicht vorgestellt. Comtesse de la Farge, wir sind Nachbarn.“ Ein Räuspern in ihrem Rücken unterbrach die Vorstellungen, es kam von einem Greis im Rollstuhl, der der Comtesse vertraut eine Hand auf den Arm legte. „Verzeiht meiner Frau, mein Herr, sie ist sehr impulsiv.“ Der Neuankömmling mochte gut und gern achtzig Jahre zählen, nur die blitzenden Augen wirkten in dem verwitterten Gesicht jünger, als er nun seine Frau liebevoll ansah. Athos blickte von der noch jungen Comtesse, die er auf höchstens 37 schätzte, zu dem Alten, und schüttelte dann den Kopf: „Monsieur, ich habe ob einer so charmanten Unterbrechung nichts zu verzeihen. Vielleicht kann ich aber die Gerüchte, von denen Eure Frau sprach, bestätigen oder dementieren?“
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Une visite inattendu
Ein großes Dankeschön an Silvia!! Bei den geschichtlichen Hintergründen habe ich mir einige Freiheiten erlaubt, ich weiß nämlich nicht, ob Frankreich tatsächlich eine Jesuitenmission in Afrika unterhielt. Die dortige Mission, zu der tatsächlich ein Mendes gehörte, war spanisch.
Durch die Einladung der Baronin Saint-Merans war zwar nicht gerade eine Lawine, aber immerhin ein Lawinchen, ein kleiner Erdrutsch an gesellschaftlichen Verpflichtungen über sie hereingebrochen, kaum ein Monat verging ohne eine oder mehrere Einladungen, sei es zu Jagden, Bällen oder nur einfachen Essen. Athos versuchte zuerst, sich dem zu entziehen, merkte aber dann, dass Amandine diese Unterbrechungen ihres doch recht eintönigen Lebens sehr schätzte und schickte sich darein. Er gab sich zurückhaltend, aber höflich und sprach dem Alkohol zur großen Erleichterung seiner Tochter kaum zu, ja schien sogar eine gewisse Abscheu ihm gegenüber zu empfinden. Amandine und Mme de la Farge freundeten sich trotz des Altersunterschieds schnell an und verbrachten viele Stunden in lebhaften Gesprächen, die Athos ausschlossen und ihn dem Rest der Gesellschaft auslieferten, was er aber durchaus gutgelaunt hinnahm, da seine Tochter sich so gut amüsierte. Ihm war außerdem die Tatsache bewusst, dass Amandine zu einer jungen Frau heranwuchs, die Fragen und Interessen hatte, die er nicht beantworten konnte, so sehr er sich auch bemühen mochte.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Une demande
Aramis lächelte gequält. Dann sah er seinen Freund an, abschätzend, wie jemand, der eine Frage zu stellen gedenkt, sich der Antwort aber nicht sicher ist. Sein Blick wanderte zu Amandine, die gleich verstand und sich mit den Worten: „Ich muss in der Küche nach dem Rechten sehen,“ entfernte, während ihr Vater seinen Gast wartend und geduldig betrachtete. Eine derartige Verlegenheit sah Aramis nicht ähnlich, doch Athos tat nichts, um ihm seine Entscheidung zu erleichtern, denn mit seinem gewohnten Takt wollte er ihn auch nicht drängen.
Nachdem er einen großen Schluck Wein genommen hatte, betrachtete der Abbé lange die Tür, durch die das Mädchen verschwunden war und ließ dann seinen Blick durch das Zimmer schweifen. Athos beobachtete, wie seine Augen auf den kleinen Zeichen der Intimität ruhten, die da und dort von einem traulichen Familienleben berichteten, einem aufgeschlagenen Buch, einer vergessenen Haarspange, einer Puppe, einem Kissen, das eindeutig nicht auf die Unterlage gehörte, auf der es zu liegen gekommen war, einer Tasse nebst einigen Krümeln, all den kleinen Dingen, die sich selbst in einem gut geführten Haushalt im Laufe eines Tages an den verschiedensten Stellen ansammeln. Schließlich kehrten Aramis´ Augen zu seinem Gastgeber zurück, der ihn immer noch wartend und leise lächelnd ansah. „Ich darf nicht … ich darf nicht, es wäre zu gefährlich …“ Der Graf blickte ihn an, lange, abschätzend, neigte dann leicht den Kopf und sagte: „Freund, mir scheint, wir haben uns etwas geschworen, vor langer Zeit. Gilt das nicht mehr?“ Aramis sah ihn traurig an. „Wir haben uns Freundschaft geschworen, mon dieu, ist das lange her. Was waren wir jung!“ – „Glaubt Ihr nicht mehr daran?“ – Der Abbé wiegte den Kopf hin und her. „Ihr wisst wie das ist. Idealismus weicht Realismus, bedingungslose Freundschaft Geneigtheit. Man merkt mehr und mehr, dass die Welt ein einsamer Ort ist.“
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Une nuit de passion
Silvia, VIELEN DANK für deine Kommentare und Verbesserungen!!!
Athos hatte die Warnungen seines Freundes noch im Kopf, als er einige Tage später mit Grimaud in Richtung Tours ritt. Sie waren vormittags ohne allzu große Eile aufgebrochen, denn die Strecke war sowieso zu weit, um sie in einem Tag zurückzulegen, ohne den Pferden zu schaden. Und da die Dämmerung zu dieser Jahreszeit früh hereinbrach, wollten sie in einem der zahllosen kleinen Dörfer zwischen Blois und Tours übernachten und den Bibliothekar am anderen Vormittag aufsuchen.
Leichter Schneefall und dadurch verursachter Matsch zwangen sie immer wieder in den Schritt, ein unangenehm kalter Wind blies von Norden, tief über die Pferdehälse gebeugt ritten sie vorwärts, als plötzlich das Pferd des Grafen abrupt stehenblieb. Athos stieß einen Fluch aus, stieg ab und besah sich den vorderen Pferdehuf.
„Morbleu, das musste ja passieren. Er hat bei dem Matsch ein Eisen verloren.“ Er richtete sich auf, ließ den Blick schweifen. „Siehst du Häuser, Grimaud? Sind wir in der Nähe eines Dorfes?“ Der Diener nickte, wies nach vorne, zeigte dann seinem Herrn zwei Finger.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Dieu donne ...
Das Leben ging wieder seinen gewohnten Gang, die Winterszeit kam mit Frost und Schnee, der hartnäckig liegen blieb und bis in den März hinein nicht weichen wollte. Langsam nur kam der langersehnte Frühling, brachte seinen Teil an Aussaat, Feldbestellung mit, ging schließlich in einen heißen Sommer über, das Getreide, Gemüse, Obst reifte und wurde eingebracht, neue Felder mussten abgemessen, neue Straßen angelegt, Gebäude renoviert werden. Nur selten blieb Zeit, um in der Loire zu schwimmen, nur selten dachte Athos an seinen Freund weit im Süden. Er hatte ihm geschrieben, sobald er wieder gesund genug gewesen war, aber bisher keine Antwort erhalten.
Erst als fast wieder ein neues Jahr eingeläutet wurde, erst Anfang November, zwei Jahre nach der Abreise Aramis´ erreichte sie ein Brief von ihm. Er war kurz gehalten, enthielt nur allgemeine Neuigkeiten über das Leben auf der Mission, aber so kurz er war, so seltsam mutete er Athos und Amandine an, diese Neuigkeiten aus einem Land, das so unendlich fern war und in dem es derart heiß war, dass die Kerzen schmolzen, während sie hier fröstelnd am Feuer saßen.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Ceuta
hmja, doch, ich schreibe weiter ;-)
Ein Mann saß an einem einfachen Tisch aus Holz, in einem kleinen Zimmer, dessen Wände ebenfalls aus fast unbehauenen Stämmen gebaut waren. Papiere lagen auf dem Tisch, mehrere Stapel und lose Blätter, die der Mann gerade gelesen hatte. Sein Blick war an die Wand gerichtet, an der ein schwarzes Insekt langsam hochkroch. Die Augen des Mannes folgten dem Insekt, schienen es aber nicht bewusst wahrzunehmen. Er war in die Tracht eines Geistlichen gekleidet, dunkle Kleidung, die viel zu warm war, denn in dem Zimmer war es heiß. Seine Haare waren feucht von Schweiß, lange Haare, denen man noch ansah, dass sie einstmals gepflegt worden waren. Jetzt aber waren sie strähnig und zu lang. Das feingeschnittene Gesicht des Mannes war ausgezehrt, tiefe Schatten lagen unter seinen Augen, und seine Wangen waren eingefallen. Seine ganze Gestalt schien wie ein ausgebleichtes Gemälde, wie Stoff, der zu lange in der Sonne gelegen hat, bleich, staubig und müde.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Départ
Doch, ich schreibe immer noch weiter ;-). Vorsicht, das Kapitel 7 ist eigentlich das Kapitel 3, das ist beim Verbessern an die falsche Stelle gerutscht ... wenn jemand nachlesen will, bitte beachten.
Que des questions
Athos stand am Fenster und sah hinaus, draußen dämmerte schon der Morgen. Er war müde, so verdammt müde. Die ganze Nacht hatten sie gesucht, er und der Vogt des Dorfes mit einige Bauern. Hatten Zuschauer ausgefragt und auch andere Dorfbewohner, die nicht am Johannifest teilgenommen hatten, aber niemand hatte etwas gesehen. Zumindest nichts Brauchbares. Einen Schatten, einen Bärtigen, ach ja, und der alte Arsène, der war ja schon immer so wunderlich gewesen … einige hatten gar auf Hexerei verwiesen, aber das hatte er ganz schnell unterbunden. Eine Hexe braucht nicht zum Dolch zu greifen, das war gewiss ein sehr irdisches Verbrechen. Doch jetzt hätte er gerne eine Hexe zur Hand gehabt, eine, die in Kristallkugeln zu lesen verstand und ihm sagen könnte, wer den Mönch ermordet hatte.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Bragelonne I
Bragelonne
„Parbleu, Athos, wo seid Ihr?“ Der gewaltige Bass klang durch das Foyer des kleinen Schlosses, in dessen Mitte ein prächtig gekleideter Hüne stand. Der Mann neben ihm, ein kleiner, drahtiger Mensch mit schwarzen Haaren, legte ihm die Hand auf den Arm. „Seid nicht so ungeduldig, mein Freund, wir sind eben erst angekommen. Vielleicht ist er auf der Jagd.“
Da erklang ein Schrei aus den oberen Zimmern, der die beiden Freunde zusammenfahren ließ. „Porthos! d´Artagnan!“ Und wenige Sekunden darauf fiel ihnen Amandine freudestrahlend um den Hals. „Welch schöne Überraschung. Was macht Ihr hier?“
„Euer Vater hat uns geschrieben und uns gebeten zu kommen, es sei eilig. Wisst Ihr, wo er ist?“ fragte d´Artagnan, während Porthos kopfschüttelnd das Mädchen betrachtete.
„Nein.“ erklärte Amandine zu d´Artagnan gewandt. Dann sah sie Porthos lächelnd an. „Was ist mein Freund. Warum schüttelt Ihr fortwährend den Kopf?“
„He, als ich Paris verließ, wart Ihr ein Kind. Und nun … mon dieu, aus Euch ist ja eine wahrhafte Dame geworden. Unglaublich. Ich wusste nicht, dass Kinder so schnell wachsen können.“
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Bragelonne II et des idées noires
Sie waren von dem großen Esstisch zu den bequemeren Sesseln gewechselt und hatten eine neue Flasche Wein entkorkt – die wievielte an diesem Abend? Athos hatte weder die Flaschen noch die Gläser, die er selbst getrunken hatte, gezählt, merkte aber, dass er den Wein nicht mehr so gut vertrug wie vor Jahren. Seinen Freunden jedoch war nichts anzumerken, gerade schenkte sich Porthos wieder großzügig ein, während d´Artagnan ihn ansah und bemerkte: „Nun, mein Freund, ich nahm an, Ihr wolltet den Brief, den Ihr uns schriebt, vor den Kindern nicht erwähnen. Aber jetzt bin ich neugierig, was denn so dringlich ist.“
„Aramis.“
„Was?“
„Es geht um Aramis. Er ist in Afrika.“
„In Afrika?“ riefen beide Freunde aufs Höchste erstaunt. „Was erzählt Ihr uns da, Athos?“ fragte dann d´Artagnan.
„Die Wahrheit. Und ich glaube, er ist in Gefahr.“ Athos fasste die Ereignisse der letzten beiden Jahre für seine Freunde zusammen, dabei merkte er selber, auf welch tönernen Füßen seine Überzeugung stand. Was hatte er in der Hand? Einen toten Mönch und die gehetzte Art Aramis´ als er das letzte Mal bei ihm gewesen war. Und diesen Brief. Er stand auf und holte ihn, gab ihn Porthos und d´Artagnan zu lesen.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Préparatifs de départ
Als d´Artagnan am nächsten Morgen die Augen öffnete, stellte er erstaunt fest, dass er länger geschlafen haben musste als es seine Gewohnheit war, denn die Sonne strahlte hell durch die Fenster, deren Vorhänge er am vorigen Abend zuzuziehen vergessen hatte. Oder besser am frühen Morgen, denn es war schon weit nach Mitternacht gewesen, als sie schließlich ins Bett gefunden hatten. Und anstatt gleich aus dem Bett zu springen, wie er es gewöhnlich tat, blieb er noch liegen und bewegte langsam seine Zehen unter der Decke. Es war warm, weich und roch gut, lud geradezu zum Verweilen ein. Ein Luxus, den er sich in den letzten Jahren nie gegönnt hatte, waren doch seine Stube und sein Bett im Wirtshaus La Chevrette nicht gerade ärmlich, aber auch nicht sehr komfortabel. Es war praktisch dort und damit war schon alles gesagt. Als sein Blick über den hübschen Raum schweifte, in dem er sich befand, die hellen Tapeten, die mit Sorgfalt dazu ausgewählten Möbel, das weiche Bett und die frischen Blumen auf seinem Nachttisch, an die Amandine gedacht haben mochte, befiel ihn eine seltsame Melancholie. Was hatte Athos gestern gesagt? Ein Arrangement zu beider Nutzen. Genau das beschrieb recht genau sein Verhältnis zu Madeleine und bisher hatte er sich nie daran gestört. Warum also nagte diese Erkenntnis plötzlich an ihm? Warum erschien ihm sein Leben in den letzten sechs Jahren schal? Was wollte er denn mehr? Er hatte einen Rang, ein warmes Haus und eine Frau, die bereitwillig seine Launen ertrug und – soweit er das einschätzen konnte – gerne mit ihm schlief. Was war es nur, was ihn zwickte wie ein Gedanke, den man nicht zu fassen bekam, seit er Athos´ Haus betreten hatte, seit er seinen Freund in seinem neuen Leben gesehen hatte?
Er war sich bewusst, dass er Madeleine nicht liebte, aber das hatte er schon vorher gewusst. Und es immer praktisch gefunden, denn so konnte ihm nichts passieren. Sollte sie eines Tages von ihm genug haben, nun denn, es würden sich andere Frauen finden lassen. Und er würde zumindest nicht mehr das durchmachen, was er beim Tod Constances durchgemacht hatte. Auch jetzt noch gab es ihm einen Stich, wenn er an sie dachte. Sechs Jahre, und er hatte nichts vergessen. In manchen Nächten meinte er, sie neben sich spüren zu können und oft träumte er von ihr. Wenn er aus solchen Träumen erwachte, versuchte er immer, sich so lange als möglich zu erinnern, aber die Träume zerflossen und übrig blieb nur das Gefühl einer unendlichen Leere. Dann flüchtete er sich in die Routine, in die Disziplin, bis das tägliche Einerlei wieder Besitz von ihm ergriffen hatte und er sich im Bett neben Madeleine wiederholen konnte, dass es ihm eigentlich ziemlich gut ging.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel La ville portière
Er erwachte davon, dass ihm die Sonne ins Gesicht schien. Es musste noch früh am Morgen sein, in der Luft lag noch die Kühle der Nacht, aber die ersten Sonnenstrahlen wärmten schon seine Haut. Bald, wenn sie im Zenit über ihm stünde, wäre die Hitze unerträglich, aber im Augenblick war ihre Wärme noch angenehm und willkommen. Er streckte sich, alle Glieder taten ihm weh, denn er hatte in einer Nische aus blankem Fels geschlafen. Doch hier gab es nicht viel mehr als Felsen. Noch in der Nacht hatte er den Wald hinter sich gelassen, war so weit gegangen wie er konnte, bis er schließlich diese Nische gefunden hatte. Denn die Mission von Ceuta lag wohl im Wald, im Landesinnern, die Hafenstadt Ceuta aber nicht. Sie war in den Händen der Spanier, die von hier Waren in alle Welt verschifften.
Das hatte er erst später herausgefunden, er hatte nichts von der Existenz dieser Stadt gewusst, denn das Schiff, mit dem er gekommen war, hatte an einer anderen Stelle angelegt. Auch dort gab es eine Ansammlung von Hütten, aber keine Stadt, keinen Hafen. Und es gab mehrere Wege, die von der Mission in den Wald führten, doch er hatte nur einen gekannt, nämlich den zu diesen Hütten. Es waren die Rechnungen gewesen, die ihn auf diesen neuen Weg geführt hatten, denn auf den Rechnungen standen die Namen der Schiffe, die die Waren transportiert hatten, und der Hafen, in dem sie gelöscht worden waren. Ceuta, Hafenstadt der spanischen Krone. Dann hatte er beobachtet, welchen Weg die Träger nahmen, die die Waren in die Mission brachten und gestern war er diesem Weg gefolgt. Ohne zu wissen, was ihn hier erwartete, ob die Stadt groß war, befestigt oder einfach auch nur eine Ansammlung von Hütten.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Un bref retour à la vie
Die Sonne brannte auf seinen bloßen Kopf und obwohl es noch früh am Tag war, wurde es schon recht heiß. Fliegen begannen ihn zu umschwirren und er entschloss sich, den Eintritt in die Stadt zu wagen. Nicht viele Menschen waren in die Stadt gegangen, seit er sich hier hinter den Büschen versteckt hatte, einige Bauern mit großen Körben und ein paar mageren Tieren, ein paar Wanderer in weiten Gewändern und mit Turbanen, die er nicht näher identifizieren konnte, auch ein oder zwei Familien, aber kein Angehöriger des Klosters. Die Wächter hatten sie alle eingelassen und die Kontrolle bestand nur aus einem gelangweilten Blick in die Richtung dessen, der da Einlass begehrte. Als sich wieder eine etwas größere Gruppe von Bauern der Stadt näherte, schloss er sich ihnen an, nicht zu nah, um nicht Fragen zu provozieren, nicht zu weit entfernt, um noch als Angehöriger der Gruppe gelten zu können. Und tatsächlich ließen die Wachen ihn und die ganze Gruppe anstandslos passieren. Fast verfluchte er sein Zögern, das ihn Zeit gekostet hatte. Zwischen den Häusern von Ceuta war es noch angenehm kühl, die eng beieinander stehenden Häuser und die engen Gassen speicherten die Kälte der Nacht. Es roch nach Meer und nach Gewürzen und ein klein wenig nach Unrat und Staub. Er merkte, wie sein Magen knurrend protestierte, denn er hatte seit dem frühen Morgen nichts mehr gegessen und der Geruch des Meeres weckte Assoziationen nach frischem Fisch, nach Krabben, nach Freiheit.
Die kleine Gruppe, der er sich mehr oder weniger angeschlossen hatte und der er weiterhin folgte, weil er nicht wusste, wo der Hafen lag, bewegte sich recht zielstrebig in eine Richtung, in die es noch andere Menschen zog, Bewohner von Ceuta, und allmählich wurden die engen Gassen immer voller, bis er sich schließlich in einem Viertel wiederfand, in dem gerade ein Markt stattzufinden schien. Längs jeder Hauswand saßen oder standen Händler und Händlerinnen, die einen saßen einfach am Boden, hatten einige Tücher vor sich ausgebreitet und dort ihre Früchte, Gemüse oder was auch immer sie verkauften, ausgelegt, andere standen hinter schmalen Tischen, so dass die schon so recht enge Gasse noch schmaler wurde und die Menschenmenge, die sich hier versammelt hatte, kaum noch vorwärts kam. Das störte jedoch niemanden, denn alle waren anscheinend hierher gekommen, um zu kaufen oder zu verkaufen, alle sprachen durcheinander, Wortfetzen in verschiedenen Sprachen umschwirrten Aramis, dessen Magen angesichts der vor ihm ausgebreiteten Delikatessen nur noch lauter knurrte. Doch er, der sonst Menschenansammlungen aller Art gemieden hatte, der es nicht hatte leiden können, wenn ihm ein fremder Mensch zu nahe kam, er bemerkte mit Erstaunen, dass er den recht engen und unausweichlichen Kontakt mit all den Menschen in diesen engen Gassen genoss. Dass er es genoss, endlich wieder Menschen miteinander sprechen zu hören, dass er selbst die weiche Wärme und den Geruch, den sie ausströmten, nicht unangenehm fand. Seine Augen schweiften über die Menge, hielten Bilder fest, er berauschte sich regelrecht an dem, was er sah. Fast drei Jahre war er eingesperrt gewesen, fast drei Jahre hatte er mit fast niemandem gesprochen, hatte keinen anderen Menschen berührt – er hätte ewig in dieser Gasse bleiben können. Eine junge Frau streifte ihn am Arm, dunkle Haut, klirrende Armreifen, sie ging weiter ohne sich umzusehen, aber er strich sanft über die Stelle, wo sie ihn berührt hatte. Er hatte mehr als drei Jahre lang keine Frau mehr angerührt. Langsam ließ er sich weiter treiben, betrachtete die Bewohner dieser Stadt, dieses Landes, die meisten waren dunkelhäutig und sprachen eine Sprache, die er nicht verstand, aber auch einige spanische Ausdrücke erreichten sein Ohr. Er besah sich die Waren, Tuche in allen Farben, Haushaltsgefäße, betörend riechende Gewürze, Früchte, von denen er die meisten nicht erkannte, aber auch Brot, Fleisch, Käse, bei deren Anblick ihm fast schwarz vor Augen wurde vor Hunger, die er aber nicht kaufen konnte, weil er kein Geld hatte. Er zog im Gehen den Rest seines Trockenfleisches aus seinem Sack, fast wurde ihm schlecht, als ihm der Geruch in die Nase stieg, ein Geruch, der mit all den Wohlgerüchen um ihn herum nur zu stark kontrastierte. Doch es half nichts, sein Magen forderte sein Recht und er biss beherzt ein Stückchen ab, als sich neben ihm eine Frau erhob und ihn ansprach. Er sah sie an, sie war stattlich und dunkelhäutig, in bunte Gewänder gekleidet, ihre Haare unter einem Tuch versteckt mochte sie wohl an die dreißig Jahre zählen. Sie sagte wieder etwas, doch er schüttelte nur den Kopf, er verstand sie nicht. „Du mochte essen?“, wiederholte sie, diesmal auf Spanisch, und deutete auf ihre Ware: Brot, kleine Kuchen und Früchte, bei deren Anblick Aramis das Wasser im Mund zusammenlief. „Es tut mir leid, ich habe kein Geld.“, beschied er der Frau, ebenfalls auf Spanisch. Sie lächelte, bückte sich und hob zwei kleine Kuchen auf. „Du bätte für mich.“, bat sie, als sie ihm die Kuchen zusteckte.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Pris
Er stand an die Mauer des Hauses gelehnt, beobachtete das Treiben, die Hand auf dem Messer, das er in seiner Soutane verborgen hatte. Da zog ihn jemand sachte am Ärmel, der Junge war es, der mit seinem Großvater den Stand betrieb. Er sah ihn von unten herauf an, mit großen braunen Augen. Er mochte etwa sieben Jahre alt sein, hatte kurzes braunes Haar und trug ein einfaches, mehrmals geflicktes Gewand. „Du suchen Herberge?“ fragte er schüchtern.
Aramis wollte zuerst den Kopf schütteln, überlegte aber dann. Warum nicht? Er war hier am Hafen nur allzu gut zu sehen. Und er hatte in der Stadt keine Verstecke gesehen, die ihm erlaubt hätten, den Tag vor den Augen seiner eventuellen Verfolger geschützt zu verbringen. Die Häuser waren alle von einer Mauer umgeben, es gab keine Gärten, Nischen oder gar Parkanlagen, es gab nur die Gassen und die Mauern. Gut, er hätte weiter gehen können, weiter suchen sollen, es war unvorsichtig, hier stehen zu bleiben, so wie er es tat. Aber wenn er durch die Stadt ginge, würde er auch auffallen. Warum also nicht die Einladung annehmen? Ganz einfach, schoss es ihm durch den Kopf, ich habe kein Geld. So hob er schließlich doch abwehrend die Hand. „Danke.“, erklärte er. „Aber ich könnte euch nicht bezahlen. Ich bin nur ein armer Geistlicher.“ Bettelmönch träfe es besser, fügte er in Gedanken grimmig hinzu.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Nantes
Als Athos und Amandine am nächsten Morgen in die Gaststube kamen, fanden sie dort nur Porthos vor, der vor einem reichhaltigen Frühstück saß. Er machte ihnen Zeichen, sich zu ihm zu setzen und sich zu bedienen, was sie gerne annahmen, zumal es selbst in dieser Herberge schon einen ganz passablen Kaffee gab, ein Getränk, das Athos nach eigenem Bekunden nicht mehr missen mochte, vor allem nicht am Morgen.
Der Wirt hatte daran gedacht, ihnen einen Tonkrug davon auf den Tisch zu stellen und der Graf bediente sich großzügig, worauf Porthos mit skeptischer Mine bemerkte: „Ich verstehe nicht, wie Ihr dieses bittere Gesöff so früh am Morgen trinken könnt. Nach einem guten Essen mag das ja angehen, aber auf nüchternen Magen …“
„Oh, Ihr müsstet es versuchen, es ist äußerst belebend, gerade am Morgen.“, entgegnete Athos lächelnd. Dann reichte er den Krug an seine Tochter weiter, die jedoch nur den Kopf schüttelte und schweigend ein Stück Brot mit Butter bestrich. Sie trug, wie seit Beginn der Reise, Jungenkleider, die ihr ausgezeichnet standen, und von denen sie selbst behauptete, sie seien viel bequemer als die Kleider, die sie normalerweise zu tragen habe. Da sie sich auch die Haare kürzer geschnitten hatte, sah man ihr ihr wahres Geschlecht nur dann an, wenn sie vergaß, wie ein Junge zu gehen, zu reden oder zu gestikulieren, was immer seltener vorkam. Ihre Begleiter hatten etwas mehr Mühe, sich an ihre Verkleidung zu gewöhnen, mehr als einmal hatte Porthos ´Amandine´ anstelle von ´Armand´, wie sie sich selbst genannt hatte, zu ihr gesagt und ihr Vater musste sich ständig davon abhalten, sie zu ermahnen sie solle nicht so breitbeinig dastehen oder nicht so laut daherreden. Sie bemerkte meistens seine Blicke und lächelte ihn dann so unschuldig und maliziös an, dass er nicht umhin konnte, ein wenig über sich selbst den Kopf zu schütteln. Doch heute Morgen war von jungenhaftem Gebaren nichts zu spüren, sie aß schweigend ihr Brot und wer sie hätte kauen sehen, hätte geschworen, dass das Brot mindestens fünf Tage alt sein musste. Was es nicht war. Porthos musterte sie nachdenklich. „Was ist mit dir? Hast du keinen Hunger?“ Sie schüttelte nur stumm den Kopf und Porthos wollte schon zu einer weiteren Frage ansetzen, als Athos ihm lächelnd die Hand auf den Arm legte. „Lasst ihr … entschuldigt, lasst ihm eine halbe Stunde Zeit, bevor Ihr Fragen stellt. Es ist noch früh am Morgen.“
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel En mer I
Porthos wachte davon auf, dass sein Magen knurrte. Er knurrte eigentlich beständig, seit sie auf See waren, obwohl sie die Nahrungsmittel nicht wirklich rationierten, noch nicht. Er dachte mit Grauen an das Pökelfleisch, das in den Fässern lagerte und jetzt schon schrecklich roch. Im Augenblick hatten sie noch frisches Fleisch und Gemüse, aber das würde nicht von Dauer sein, denn auch wenn sie an der Küste entlang segelten, so hatte der Kapitän anscheinend nicht vor, in der nächsten Zeit an Land zu gehen, sonst hätte er nicht darauf hingewiesen, dass sie mit den Vorräten haushalten mussten und der Koch hätte nicht die Portionen derart klein bemessen, dass ein anständiger Mensch kaum davon satt werden konnte. Aber das fiel natürlich nur ihm auf, denn d´Artagnan war von Natur aus klein und zäh und brauchte wenig, die beiden Frauen zählten nicht, da Frauen sowieso nie richtig aßen und Athos hatte noch nie darauf geachtet, was sich in seinem Teller befand. Hätte er, Porthos, nicht ein Auge auf das Wohlergehen seiner Freunde gehabt, sie wären mehr als einmal in die Gefahr gekommen Hungers zu sterben. Vor Porthos´ innerem Auge erschien ein gestopfter Kapaun in feiner Soße bis er sich Einhalt gebot. Das führte zu nichts. Nur dazu, dass sein Magen noch mehr rebellierte. Er spielte mit dem Gedanken aufzustehen und in der kleinen Kombüse nach etwas Essbarem zu suchen, aber es war mitten in der Nacht, er würde die anderen wecken.
Seine Hängematte schwang mit einem leisen knarrenden Geräusch hin und her, sie roch nach Staub und Salzwasser, aber es war nicht unangenehm, in ihr zu schlafen. Zuerst hatte er gedacht, das könne nicht wahr sein, als d´Artagnan ihnen ihre Kajüte gezeigt hatte, die nicht mehr als ein Verschlag unter Deck war, ein mit Bretterwänden abgetrennter Raum, in dem fünf Hängematten schaukelten. Der Raum war zu klein, zu eng für Betten, das hatte er eingesehen, aber eine Hängematte? Er hatte noch nie in so einem Ding geschlafen und das Einsteigen erwies sich zuerst als äußerst tückisch, doch die Konstruktion hielt und stellte sich als recht bequem heraus, zumal die Schiffsbewegungen durch das Schwingen ausgeglichen wurden. Und durch die hochgezogenen Seiten ergab sich doch tatsächlich so etwas wie ein eigener Raum, niemand konnte dem anderen beim Schlafen zusehen. Zumindest das. Sonst war es wie auf allen ihren Reisen, man hatte kein Fleckchen Haut mehr, das seinen Freunden unbekannt wäre. Ihn selbst störte ja dergleichen nicht, und sie hatten versucht, den Frauen ein wenig Intimsphäre zuzugestehen, indem sie sie am Morgen ein Weilchen allein in dem Verschlag ließen, so dass sie sich zumindest unbeobachtet waschen konnten. Die beiden hielten sich, das musste Porthos ihnen zugestehen. Nach sieben Tagen auf See hatte noch keine geklagt, nein, Mme de la Farge oder Manon, wie sie von ihnen genannt werden wollte, gab sich sogar alle Mühe, so wenig als möglich auf- oder zur Last zu fallen. Sie hielt sich im Hintergrund, sprach wenig und wenn, dann mit Amandine oder d´Artagnan, der ihr recht zugeneigt schien. Ihm selbst war diese Person zwar sympathisch, sie war sehr nett anzusehen, auch sehr höflich und zuvorkommend, aber ein wenig zu … fein? Zu kompliziert? Er wusste nicht, wie er es nennen sollte, aber er bevorzugte eindeutig handfestere Frauen. Die nicht lange um den heißen Brei rumredeten, die man nicht erst umständlich erobern musste, sondern die gerne Spaß mit Männern hatten. Einfach so. Leider war das ja bei seiner Gattin so gar nicht der Fall. Er hatte einmal von Odalisken gehört, in der Levante sei das ein Brauch, Frauen, die sich einfach mehr oder weniger tot stellten und alles mit sich machen ließen. Seine Frau hielt es auch so. Als wäre es ein Übel, das sie über sich ergehen lassen müsste. Das hatte ihm den Spaß vergällt und er war mehr und mehr dazu übergegangen, seine Freuden bei den Bediensteten zu suchen, aber das war auch nicht das Wahre. Er wollte seine Frau nicht unter ihrem Dach hintergehen, deswegen war er schließlich auf die Idee mit den Etablissements in Paris gekommen. Aber auch das befriedigte ihn nur kurz, nur körperlich. Gott, manchmal dachte er an Marguerite, an ihren warmen, weichen Körper, an ihr Lachen. Wo sie wohl war? Ob sie auch ab und an noch an ihn dachte? Wohl kaum. Er verbot sich auch diesen Gedanken, bevor die Sehnsucht zu sehr zerrte, es brachte ja doch nichts. Man musste sein Leben leben, wie es kam, alles andere war sinnlos.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel En mer II
„Aufwachen“, laut gellte sein Ruf und in Sekundenschnelle waren Athos und d´Artagnan, deren Überleben in Kriegszeiten mehr als einmal von ihren schnellen Reflexen abgehangen hatte, auf den Beinen. Sie sahen ihn an und er deutet nur nach oben: „Niemand mehr da!“
Athos stürzte an ihm vorbei zum Niedergang, noch barfuß und im Hemd, und rief im Laufen: „Porthos, mit mir, d´Artagnan, kümmert Euch um die Frauen.“ Oben warf er nur einen Blick auf das Schiff, die See und den Himmel, dann griff er nach dem Steuerrad, das sich bei den immer heftigeren Bewegungen des Schiffes hin und her drehte, und ließ das Schiff abfallen. Die Segel blähten sich, die Ketsch nahm Fahrt auf, schlingerte nicht mehr wie ein Betrunkener, sondern stellte sich den Wellen, die schon anfingen, über das Schiff hereinzubrechen. Porthos stellte sich neben seinen Freund, legte eine Hand auf das Steuerrad, spürte wie es vibrierte. Athos sah ihn an. „Ich werde es nicht mehr lange so halten können, der Wind wird stärker.“, erklärte er, fast musste er schreien, um das Sirren des Sturms im Rigg zu übertönen. „Wir müssen reffen.“
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Réveil
Er öffnete die Augen, aber um ihn herum war nur Dunkelheit. Er blinzelte, öffnete sie wieder, die Dunkelheit blieb. Wo war er? Was war das hier? Vorsichtig bewegte er seine Hand, da hörte er ein Klirren, fühlte ein Gewicht an seinem Handgelenk. Eine Kette? Langsam tastete er mit der anderen Hand, führte sie über seinen Körper und erstarrte. Eine Eisenkette hing an ihr, er fühlte die Kälte, die Schwere des Metalls, hörte das Klirren und fühlte nun auch den eisernen Ring um sein Handgelenk. Und fühlte noch mehr, was plötzlich als eisige Erkenntnis in ihm aufstieg: Er spürte die Kette an seinen nackten Beinen, er spürte kalten Stein unter seinen nackten Schenkeln, spürte einen kalten Ring um seine Fußgelenke. Sein Rücken lehnte an einer Steinwand, er richtete sich auf, tastete entsetzt seinen Körper ab: Sie hatten ihm nichts gelassen als eine Art Lendenschurz, er war fast völlig nackt, angekettet auf einer Bank aus Stein.
Es klirrte, als er sich schweißgebadet an die Wand sinken ließ, sein Kopf schmerzte und er hatte Mühe zu glauben, was er da ertastete. Was hatten sie nur mit ihm vor? Er erinnerte sich an Mendes, er erinnerte sich an die ´Befragung´, aber er wollte verflucht sein, wenn er wusste, was er ihnen gesagt hatte. Hatte er ihnen verraten, was in dem Brief beschrieben wurde? Er wusste es nicht. Er erinnerte sich nur, dass er ihnen gesagt hatte, er habe ihn vernichtet, diesen Brief. Den Brief ja, aber der war nicht die Hauptsache. Er hatte behauptet, den Inhalt des Briefes auswendig zu wissen. Keine Lüge, nur ein Mittel, dass sie ihn nicht töteten. Aber was hatte er getan? Hatte er ihnen alles erzählt? Was in dem Brief stand? Warum saß er dann noch hier? Warum hatten sie ihn nicht gleich getötet, welchen Wert hatte er denn dann noch für sie? Er erinnerte sich an jene Nacht im Louvre, als dieser alte Mann auf ihn zugewankt war, am Rande des Todes, und ihm den Brief gegeben hatte. Warum nur hatte er ihn gelesen? Warum nur hatte er das Wissen bewahrt? Es wäre nicht an ihm gewesen, Schicksal zu spielen, er sah sich als unrechtmäßiger Behüter eines Schatzes, von dem er nicht sicher war, dass es überhaupt einer war und keine tödliche Fälschung. Hatte er ihnen alles gesagt? Oder war er hier, weil er nicht genug gesagt hatte und sie sich mehr erhofften? Weil sie ihn mürbe machen wollten? Er stöhnte auf und legte seinen schmerzenden Kopf an die Wand. Ihm war schlecht, so verdammt schlecht. Das lag sicher an den Drogen, die sie ihm gegeben hatten, aber auch an der Luft hier drin. Es stank erbärmlich in diesem Loch, nach Schweiß, Erbrochenem, Kot und Urin. Was darauf hinwies, dass dieses Loch als Kerker diente, nicht nur für ihn. Vielleicht war er ja nicht alleine? Er hielt die Luft an, horchte in die Dunkelheit. Meinte ein leises Klirren zu hören, oder war er das selbst? „Hallo?“
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Voyage
Die nächsten beiden Wochen verliefen ruhig. Sie segelten entlang der Küste, aber immer so, dass auflandige Winde sie nicht zu dicht an die Felsen bringen und sie vom Land aus nicht gesehen werden konnten. D´Artagnan, Porthos und auch Amandine lernten die Grundkenntnisse des Segelns recht schnell, während Manon sich mehr für die Küche zuständig fühlte. Athos versuchte den Kurs zu bestimmen und auf die Seekarten einzutragen, was aber nicht einfach war, da er keinen Jakobsstab hatte und so die Breite, auf der sie sich befanden, nicht berechnen konnte. So konnte er nur mithilfe des Kompasses die Richtung schätzen und immer wieder ihre Geschwindigkeit durch ein Relingslog prüfen. Als er das erste Mal eine Schnur um ein Stück Holz band und es auf der Leeseite des Buges ins Wasser warf, hatte ihm Porthos abschätzend über die Schulter geblickt und nur trocken bemerkt, dass er so kaum auf einen guten Fang hoffen könne. Athos hatte nichts erwidert und nur Amandine angewiesen das Logglas umzudrehen. Erst als er das Holzstück am Heck wieder aufgefischt hatte, hatte er Porthos erklärt, dass das Stück Holz ihm erlaube die Geschwindigkeit zu berechnen. Als er dann allerdings in die Details gegangen war und versuchte, seinem Freund zu erklären wie man die Meridiantertien durch die Zeit teilte, die das Stück Holz brauchte um sie zu durchlaufen, und so die Anzahl der Knoten herausfand, die das Schiff machte, hatte Porthos abgewinkt. „Ich vertraue Euch voll und ganz.“, hatte er erklärt. „Aber lasst mir meine einfachen Schnüre um die Fische zu angeln, sie müssen nur durch uns fünf geteilt werden und das ist mir Mathematik genug.“ Es war vor allem Amandine, die sich dafür interessierte, und so nahm er sich die Zeit, sie in die Geheimnisse der Navigation einzuführen, allerdings immer mit der Frage im Hinterkopf, ob er ihr damit wirklich etwas Gutes tat. Denn wozu sollte ihr all dieses Wissen später einmal dienen? Doch sah er ein, dass es nun ein wenig müßig war, darüber nachzudenken, denn wenn er diesen Gedanken zu Ende dachte, dann hätte er sie gar nicht mit auf die Reise nehmen dürfen. Aber er musste sich eingestehen, dass er froh war, sie hier zu haben, denn die Entdeckung wie nah ihnen ihre Feine gekommen waren, hatte ihn zutiefst beunruhigt. Und das nicht so sehr in Bezug auf sie selbst, sie waren gewarnt und bewaffnet, nein, vor allem in Bezug auf Raoul. Denn ohne Zweifel wusste der Orden von seinem Schloss und seinem Sohn und wenn sie keinen anderen Weg sahen, so mochten sie wohl auf dieses letzte Druckmittel zurückgreifen. Er hatte seinen Freunden nichts von seiner Befürchtung gesagt als Manon ihnen das mit diesem Brief erzählt hatte, erstens, weil sie eh nichts daran ändern konnten und zweitens, weil es ihm ein wenig unangenehm war, vor d´Artagnan und Porthos seine väterlichen Sorgen zu zeigen, aber der Gedanke nagte an ihm und so sehr er versuchte ihn zu verscheuchen, so sehr kam er wieder gleich einer hartnäckigen Fliege.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Maladie et un plan
Sein Kopf schmerzte unerträglich und ihm war heiß, so heiß. Er hatte sich schon mehrmals übergeben müssen, aber da sein Magen leer war, kam nichts mehr außer Galle. Er kannte dieses Fieber schon, es kam regelmäßig wieder, ein ungebetener Gast, und er wusste, es würde noch schlimmer werden, bis seine Haut regelrecht glühte und er das Gefühl hatte in Kohlen zu stecken. Nichts half dagegen, die Kräuter, die ihm der Arzt der Mission gegeben hatte, hatten allenfalls seinen Durst bekämpft. Doch hier, in diesem Loch, gab es keinen Arzt und keine Kräuter, hier gab es nur das Leiden und Gott allein wusste wie sehr er litt. Sie bekamen kaum etwas zu essen, einen Schlag Brei in die hohlen Hände, auch das Wasser wurde so ausgeteilt und wer nicht schnell genug schlürfte, hatte Pech gehabt. Einmal am Tag wurden sie losgemacht und mussten sich in einem kleinen Innenhof aufstellen, dann schütteten ihre Gefängniswärter eimerweise Salzwasser über sie, um sie zu waschen. Auch die Steinbänke, auf denen sie angekettet waren, wurden so gesäubert und wenn sie dann wieder darauf festgemacht wurden, war alles nass, aber bei weitem nicht sauber. Doch er roch den Gestank kaum noch und auch die Tatsache, dass sie für alle körperlichen Verrichtungen an diese Bänke gefesselt waren, ließ ihn inzwischen kalt. Scham war hier fehl am Platz, sie waren keine Menschen mehr, sie waren Waren, bestenfalls Tiere, aber Tiere wären bei diesen Bedingungen wohl elendiglich krepiert. Mit das Schlimmste war für ihn gewesen, dass sie ihm die Haare geschoren hatten. Wie ein Schaf hatten sie ihn festgehalten, während einer der Gefängniswärter seine langen Haare mit einem Rasiermesser bis auf die Haut abrasierte. Er war den Tränen nahe gewesen, wollte ihnen aber nicht die Freude machen ihn weinen zu sehen. Doch diese Rasur demütigte ihn bis ins Mark, weit mehr noch als die Tatsache angekettet zu sein, es war, als hätten sie ihm mit den Haaren das letzte Zeichen seines Menschseins genommen. Und in der Nacht darauf hatte ihn das Fieber gepackt und seither nicht mehr losgelassen. Wie viel hielt ein Mensch nur aus? Aber nun war er wohl an den Rand dessen gelangt, was er ertragen konnte.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Investigations
Als Athos schließlich gewaschen, aber unrasiert an Deck kam, hatte Porthos schon alle Reisenden in der Nähe des Steuerrades versammelt, an dem d´Artagnan stand. Dieser wies nach vorne und zeigte auf eine dunkle Masse am Horizont: „Das muss Afrika sein. Wir haben heute Morgen gegen Sonnenaufgang Cadiz passiert, kurz nachdem Ihr nach unten gegangen seid. Ich bin dicht genug an das Ufer gegangen, wie Ihr es mir sagtet, um nach der Stadt Ausschau zu halten. Und nun liegt dieses Land vor uns.“
Athos nickte: „Das ist Afrika. Morgen sind wir in Ceuta, wenn uns die Winde weiterhin so gnädig sind.“
„Aber wir werden nicht einfach so in den Hafen hineinsegeln können“, schaltete sich Porthos ein und erläuterte, was er kurz vorher schon Athos erklärt hatte.
„Wie stellt Ihr Euch das vor?“, brach d´Artagnan das nachdenkliche Schweigen, das auf seine Worte gefolgt war. „Wo sollen wir das Schiff verstecken? Denn wir werden es nicht einfach aufgeben, nehme ich an. Es kann uns schließlich auch wieder nach Hause bringen.“
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Recherches
Er wachte auf, weil er etwas Warmes auf seinem Gesicht spürte. Als er die Augen aufschlug, verflüchtigte sich die Vision eines brennenden Feuers, das Gefühl zu Hause am Kamin eingeschlafen zu sein machte Platz für die Realität, das immer noch hell gleißende Sonnenlicht, den Staub, die Stadt. Er sah hoch und zog dabei eine Grimasse, denn sein schmerzendes Genick erinnerte ihn daran, dass eine Mauer nicht gerade der bequemste Platz zum Schlafen war. Athos, der auf der Mauer saß und mit dem Hund spielte, blickte ihn an. „Seid Ihr wach?“
Auf diese etwas sinnlose, wenn auch sicher gut gemeinte Frage antwortete der Gascogner nur mit einem Grunzen. „Ihr hättet mich wecken können. Wie lange habe ich geschlafen?“
„Zwei Stunden? Ich weiß es nicht genau, aber die Stadt belebt sich wieder. Wir sollten aufbrechen.“
D´Artagnan nickte und stand auf, wobei er seinen Rücken durchdrückte. Wie viele Rückenwirbel hatte ein Mensch? Er spürte jeden einzelnen. Dann sah er sich irritiert den Hund genauer an, der jetzt eine Art Halsband aus blaugrünem Stoff trug. Demselben Stoff, aus dem auch Athos´ Hemd bestand. Er schüttelte den Kopf: „Kindskopf. Was soll das denn? Wollt Ihr ihn adoptieren?“
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Retrouvailles
„Langsam!“ Das Mädchen drehte sich zu seinem großen Freund um, der es an der Schulter festhielt. „Ihr gewinnt nichts, wenn Ihr rennt. Dann fallen wir nur auf.“
Amandine seufzte, zügelte aber ihren Schritt und ließ sich wieder auf dieselbe Höhe wie Porthos zurückfallen. Doch es dauerte kaum drei Schritte, da war sie wieder voraus und zeigte auf die Stadt, die vor ihnen lag. „Kommt schon. Da ist Ceuta.“
„Das liegt auch morgen noch da.“
„Aber morgen kann es zu spät sein. Was meint Ihr, wo sie ist?“
„Keine Ahnung. Aber allein der Gedanke, dass wir jetzt hier unterwegs sind, dass unser Schiff unbewacht dort liegt und dass sie es nicht einmal für nötig erachtet hat, uns zu sagen, was sie vorhat, macht mich wütend. Also redet nicht von ihr, ich bitte Euch.“ In seiner Stimme lag so viel Ärger, dass Amandine erst einmal nichts mehr sagte und sie schweigend ihren Weg fortsetzten. Sie hatten kurz vor dem Mittagessen bemerkt, dass Manon nicht mehr an Bord war, was einfach festzustellen gewesen war, weil das kleine Beiboot am Ufer und nicht an Bord gelegen hatte. Dass sie selbst dadurch zum Ufer hatten schwimmen müssen, hatte Porthos´ Laune nicht gerade gehoben, auch wenn ihre Kleider in der Hitze schnell wieder getrocknet waren. Dann hatten sie die ganze Bucht nach ihr abgesucht, aber niemanden gefunden. Sie hatten beratschlagt und waren überein gekommen, dass sie nach Ceuta aufbrechen mussten, zum einen, um Athos und d´Artagnan zu warnen, falls Manon etwas Hinterhältiges plante, zum anderen, weil sie nicht sicher waren, ob sie ihnen nicht Häscher zum Schiff schicken würde. Eine dritte Möglichkeit war die, Manon zu finden, was für die Dame ganz bestimmt üble Folgen haben würde, zumindest hatte Porthos ihr das geschworen. Gleichzeitig hatte er den Schwur abgelegt, nie wieder einer Frau zu trauen, Amandine einmal ausgenommen, und seinem Freund Abbitte geleistet, dessen Vorbehalte gegenüber dem weiblichen Geschlecht er immer mit Spott betrachtet hatte.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Fuite
Sie hatten noch eine Weile gewispert, er hatte sich mit der Frau unterhalten – wenn man diese Art der Kommunikation denn eine Unterhaltung nennen wollte – die neben Aramis angekettet war. Sie sei aus Ceuta, hatte sie ihm verraten, aber seit ihrer Kindheit eine Sklavin. Nun habe ihr Herr sie an die Bruderschaft verkauft und die wolle sie wohl mit den anderen Schwarzen nach Amerika auf die Plantagen verschiffen. Als Athos wissen wollte, ob ihnen dasselbe Schicksal drohe, hatte sie verneint. „Ihr seid weiß“, hatte sie erklärt, „ihr werdet in Afrika bleiben. Die Fürsten der hiesigen Reiche brauchen europäisches Wissen und wenn Ihr damit nicht dienen könnt, dann weiße Körperkraft. Es zeugt von Prestige, weiße Sklaven zu haben, aber leider ist die Nachfrage ziemlich groß, weil so viele an der Arbeit … zugrunde gehen. Deswegen ist das auch ein einträgliches Geschäft. Und die Frau … nun, das brauche ich Euch sicher nicht zu erklären.“
Das hatte ihn daran erinnert, was Manon wohl durchgemacht hatte, und er spürte Hass in sich aufsteigen. Hass und Verzweiflung darüber, hier in Ketten zu liegen und diesem Jesuitenobersten ausgeliefert zu sein. War die Drohung mit Raoul ernst gemeint gewesen? Er zwang sich, nicht daran zu denken. „Was wisst Ihr eigentlich über Mendes?“, fragte er, in der vagen Hoffnung, ein wenig mehr über ihren Peiniger zu erfahren.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Conseil de guerre
Er lag auf dem Rücken und starrte an die Decke. Weiß getünchtes Holz, recht roh behauene, aber solide Balken und in der Mitte die kleine Lampe, die hin und herschwang. Er spürte die Bewegungen des Schiffes, sanft nur, denn sie lagen vor Anker. Mühsam war es gewesen, unendlich mühsam, die Segel zu setzen, die Anker zu lichten, aber sie hatten es geschafft. Es war eine wunderschöne Nacht gewesen und ein leichter Wind hatte sie zügig Abstand zur afrikanischen Küste gewinnen lassen. Denn sie waren überein gekommen, dass es das Beste sei, so schnell als möglich und auf dem kürzesten Weg nach Spanien zu segeln, damit zumindest dieser afrikanische Stammesfürst, dem sie verkauft worden waren, es nicht zu leicht hätte, sie zu finden. Was Mendes anbelangte, so scherte er sich vielleicht gar nicht mehr um die Ware, für die er bezahlt worden war. Doch zwischen der kleinen Bucht, in der sie geankert hatten, und der spanischen Küste lagen gerade einmal fünfzehn Seemeilen. Sie hatten die spanische Küstenlinie schon nach fünf Stunden gesichtet, diese kleine, sandige Bucht gefunden und waren erst einmal vor Anker gegangen. Es war nicht der beste Ankerplatz, denn ihr Schiff war vom Wasser aus gut zu sehen und Proviant würden sie hier vermutlich auch nicht finden, aber sie brauchten Ruhe. Niemand, nicht einmal mehr Porthos, war noch in der Lage gewesen, weiter zu segeln.
Er streckte sich vorsichtig und drehte sich auf die Seite. Immerhin konnte er inzwischen für kurze Zeit wieder aufstehen, zwei Wochen lang hatten ihm die Beine fast nicht mehr gehorcht, was seine Tochter in helle Aufregung versetzt hatte. Doch dem Gascogner war es ähnlich gegangen, auch er hatte eine Woche lang das Lager nicht verlassen, was ihm, den man üblicherweise festbinden musste, wenn man wollte, dass er das Bett hütete, gar nicht ähnlich sah. Aber als sie sich nach der Flucht und dem gewaltsamen Segeltörn endlich einmal ausruhen konnten, mussten sie feststellen, dass die Wunden, die Mendes ihnen geschlagen hatte, doch gravierender waren, als sie zunächst angenommen hatten. Athos war sich sicher, dass er mindestens zwei gebrochene Rippen hatte, von den Blutergüssen und offenen Stellen auf seinem Rücken einmal abgesehen. Und auch in der Nierengegend musste einiges im Argen liegen, denn wenn er sich erleichterte, so pisste er Blut. Er hatte niemandem davon erzählt, aber Porthos hatte es gesehen, weil er ihm helfen musste die Latrinen aufzusuchen. Seitdem bestand er wie ein Zerberus darauf, dass er seine Schlafstatt nicht verließ. Und dabei müssten sie weitersegeln, nach Hause segeln, weg von hier … Er sah zu Aramis auf. Sie lagen in der Kajüte des Kapitäns, Aramis und er, Aramis in der Schwingkoje und er am Boden auf einem Deckenlager. Denn in eine Hängematte hätte er es nie geschafft. Der Abbé schlief, wie fast die ganzen beiden Wochen, aber es war kein Fieberschlaf mehr, zumindest das. Vorsichtig rollte Athos sich auf die Knie und richtete sich langsam auf. So musste sich ein Mann weit jenseits der achtzig fühlen, am liebsten hätte er nicht auf den Protest seines Körpers geachtet, aber die Erfahrung und vor allem die Demütigungen der letzten Zeit hatten ihn Geduld gelehrt. Als er endlich stand, hielt er sich an den Seilen fest, an denen die Schwingkoje aufgehangen war, und sah auf Aramis nieder. Das fein gezeichnete, jetzt sorgfältig rasierte Gesicht hatte endlich wieder eine normale Farbe, aber er war noch immer sehr schwach. Seine Genesung war vor allem Amandines Verdienst und er war stolz auf seine Tochter, die diese Aufgabe ohne zu murren zu der ihren gemacht hatte, als sie sah, dass Manon zu sehr mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hatte. Zärtlich fuhr er Aramis durch das kurze Haar, er sah so jung damit aus, so ungewohnt schutzbedürftig, und wieder machte er sich den bitteren Vorwurf, zu spät aufgebrochen zu sein. Verflucht, einen Tag später, und Aramis wäre auf Nimmerwiedersehen in den Fängen der Sklavenhändler verloren gegangen. Da schlug der Abbé die Augen auf und sah ihn an. Und da Athos´ Gedanken immer recht gut auf seinem Gesicht zu lesen waren, erriet er sofort, was den Freund bewegte. Ein Lächeln zog über sein Gesicht und leise flüsterte er: „Wie geht es Euch?“
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Souffrance de femme
Die Fahrt an der spanischen Küste entlang gestaltete sich nicht so stürmisch wie vor einigen Wochen, ja, sie gestaltete sich sogar überhaupt nicht stürmisch, im Gegenteil, man konnte eher von einer ausgedehnten Flaute reden. Und das war den Reisenden natürlich überhaupt nicht Recht, Porthos ging sogar so weit, dass er behauptete, selbst ein Sturm sei ihm lieber, als dieses öde Gedümpel. Sie hatten zwar nur eine Woche gebraucht, um auf die Höhe von Vigo zu gelangen, aber nun lagen sie fest, wenn dieses Wort in Zusammenhang mit einem Segelschiff auf dem Wasser überhaupt gebraucht werden kann. Sie hielten sich weitab vom Land um nicht von auflandigen Winden an die Küste getrieben zu werden, doch jetzt trieben sie mit den Strömungen weiß Gott wohin und es war kein Wind da, der ihnen erlaubt hätte, den Kurs zu halten. Die Luft war tagsüber dunstig und warm und die Tage vergingen einer wie der andere, denn sie hatten nichts zu tun, als auf Wind zu warten. Zumindest hatten sie noch genügend Frischwasser und Proviant an Bord, bis jetzt wenigstens, denn wer konnte sagen, wie lange diese Windstille noch anhielt und wo sie sich an ihrem Ende schließlich befänden.
Sie behielten die Wachen bei, auch wenn nichts zu tun war, als auf den Wind zu warten und eine Angel ins Wasser zu hängen. Besonders nachts zogen sich so die Stunden, zäh wie der Nebel, der dann das Schiff einhüllte und alle Geräusche dumpf klingen ließ. Immerhin kühlte es nachts nun wieder ab, so dass zumindest der Schlaf nicht schwerfiel, ja, die Reisenden ertappten sich dabei, mehr als sonst zu schlafen, als lulle der Nebel und das ruhige, ja apathische Wetter auch ihre Seele ein. Es war in einer dieser Nächte, in der alle schliefen, bis auf Porthos, der die Mitternachtswache hatte, in der Athos erwachte. Er wusste nicht, was ihn geweckt hatte, ein Geräusch? Endlich Wind? Er horchte, aber alles war still, nur das leise Schwappen des Wassers in der Bilge war zu hören. Und selbst das klang leise, weil sich das Schiff kaum bewegte. Er sah zu Aramis, doch sein Freund schlief. Und er hatte einen leichten Schlaf, wenn ihn ein Geräusch geweckt hatte, dann hätte auch Aramis es hören müssen. D´Artagnan schlief wieder in der Hängematte, so dass Athos und Aramis sich die Kapitänskajüte teilten. Mit einem leisen Seufzer richtete er sich auf, wenn er nun schon wach war, dann konnte er ebenso gut die Latrinen aufsuchen. Seit Mendes´ ´Behandlung´ musste er diesen Weg zwei bis dreimal die Nacht antreten und immer noch biss er beim Pissen vor Schmerzen die Zähne zusammen. Leise öffnete er die Kajütentür und ging zuerst in die kleine Kombüse um eine Laterne mitzunehmen, denn durch den Nebel waren die Nächte dunkel, so dass man im Schiff kaum die Hand vor Augen sah. Im Unterdeck schien alles ruhig, er hörte die leisen Atemzüge der Schlafenden, und auch der Gang zum Vorschiff lag verlassen da. Vermutlich war es ein Tier gewesen, das er gehört hatte, eine Ratte vermutlich.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Une discussion immorale
Aramis, recht unsanft aus dem Schlaf gerissen, glaubte erst an eine Erscheinung, als er seinen Freund zwar in Leinenhosen, aber mit nacktem Oberkörper, barfuß und mit völlig wirren Haaren an seiner Koje stehen sah, begriff dann aber schnell den Ernst der Situation und folgte Athos in die kleine Küche, deren Tür sie wieder verriegelten. Er kniete sich neben Manon und hob die Decke hoch, und hätte Athos ihn nicht so gut gekannt, hätte er das Entsetzen in seinem Blick nicht bemerkt, als er die Blutlache sah. Ihr Körper wurde immer noch von Krämpfen geschüttelt, aber sie war bei Bewusstsein und Athos kniete hinter sie, nahm ihren Kopf in seinen Schoß in dem Bemühen ein wenig Trost und Wärme zu spenden. Ihre Hand suchte die seine, hielt sie fest, als sich Aramis über sie beugte und vorsichtig begann, ihren Körper zu untersuchen. „Madame“, fragte er sie dann und sie blickte zu ihm, „was habt Ihr genommen?“
Sie antwortete etwas, aber vermochte nur zu wispern, er musste sein Ohr an ihren Mund legen, um sie zu verstehen: „Sadebaum“.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Vérité
Später, sehr viel später, denn die Beseitigung der Spuren ihrer nächtlichen Aktivitäten stellte sich doch als langwieriger heraus, als er zuerst vermutet hatte, saß Athos in der kleinen Küche und starrte gedankenverloren in eine kleine Schüssel mit einem Kaffee, dessen Duft allein genügte um Tote aufzuwecken. Er hatte schon die Hälfte getrunken und begann langsam, sich wieder als Mensch zu fühlen. Nur sein Rücken protestierte immer noch gegen die ungewohnte Arbeit, die er ihm diese Nacht zugemutet hatte. Vorsichtig lehnte er sich gegen die hölzerne Wand und schloss kurz die Augen. So lange, bis jemand: „hey!“, sagte, direkt vor ihm. Er fuhr hoch und sah dem Gascogner in die Augen.
„Was macht Ihr hier?“, fragte d´Artagnan. „Das ist nicht unbedingt der bequemste Platz zum Schlafen.“
Athos griff nach seinem Kaffee, der inzwischen kalt geworden war, und trank ihn aus. Dann schnitt er eine Grimasse, das Zeug war derart bitter, aber wenigstens machte es wach. „Ich werd´ es Euch erzählen. Aber nicht jetzt.“, erklärte er, stand auf und dehnte seinen Rücken, der ihm die seltsame Schlafposition eindeutig übelnahm. „Hat es Wind?“
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Histoires d´esprit et de coeur
Am Abend desselben Tages saßen die Reisenden in der kleinen Küche, bis auf Porthos, der die erste Nachtwache hatte. Selbst Manon war aufgestanden und hatte sich zu ihnen gesellt, auch wenn sie sichtlich noch ein wenig wackelig auf den Beinen und recht blass war. Amandine hatte sich um das Essen gekümmert, assistiert von Chiffon, die nun unter dem Tisch lag und darauf hoffte, dass Reste oder Krümel den Weg nach unten finden mochten. Doch nicht nur der Hund war ausgehungert, auch die Freunde freuten sich auf etwas Warmes zu essen, denn das Wetter war umgeschlagen und der Tag, der so sonnig begonnen hatte, endete mit Wind und Kälte. Was bewies, dass sie in nördlichere Gefilde vordrangen, eine Tatsache, die Athos durchaus begrüßte, auch wenn das Klima sich verschlechterte. Er hatte den Nachmittag damit verbracht, den Kurs neu zu berechnen, und die Karten sagten, dass sie nur noch wenige Tage von Nantes entfernt waren, eine Woche höchstens. Bald wäre die erzwungene Enge, aber auch die Gemeinsamkeit zu Ende.
Amandine teilte tiefe Schüsseln aus und stellte den Topf mit der Suppe auf den kleinen Tisch. Dann schnitt sie das Brot in Stücke, verteilte sie und setzte sich neben d´Artagnan auf die schmale Holzbank. Es war eng in der Küche, normalerweise nahmen sie ihre Mahlzeiten durch die Wachen zeitlich versetzt ein, aber heute waren alle auf den Beinen gewesen, um das Schiff nach dem langen Dümpeln wieder flott zu machen. Athos war sich der Nähe Manons bewusst, die direkt neben ihm saß. Er wusste nicht, ob sie sich absichtlich neben ihn gesetzt hatte, oder ob das Zufall gewesen war, aber er konnte ihre Körperwärme spüren und hätte sie gerne berührt, wagte es aber nicht. Sie war nach ihrem vorsichtigen Kuss aufgestanden, noch bevor er ihn hätte erwidern können, und hatte ihn gebeten, sie zu ihrer Hängematte zu geleiten. Er hatte ihrem Wunsch gehorcht, verwirrt und bezaubert zugleich, hätte sie gerne länger in den Armen gehalten, ihren Kuss erwidert, doch ihre Diskretion gebot ihm Anstand. Zumal er sich ihrer nicht sicher war, immer noch nicht. Ihre letzten Worte, ihr Kuss hatten Hoffnung in ihm geweckt, Hoffnung und ein Gefühl, das er Mühe hatte, zu beschreiben, ein Gefühl, das Erinnerungen weckte und doch völlig anders war. Erinnerungen an Glück, aber sanfter, besänftigter, nicht mehr gleißende Sonnenhitze, sondern herbstliches Feuer. Wunderschön und unerreichbar. Oder? Er beobachtete Manon diskret, sie aß mit langsamen Bewegungen, nahm nicht an dem Gespräch teil, sondern rührte in ihrer Suppe, als müsse sie herausfinden, was Amandine hineingetan hatte. Plötzlich sah sie zur Seite und ihre Blicke trafen sich. Ein leises Lächeln huschte über ihr Gesicht, wie ein Sonnenstrahl, dann blickte sie wieder in ihre Schüssel. Er lächelte zurück.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Terre
„Land in Sicht“, der Ruf, ausgestoßen von Porthos´ kräftigen Lungen, hallte durch das kleine Schiff und rief alle Reisenden an Deck. Es war später Nachmittag und tatsächlich breitete sich am Horizont eine dunkle Masse verheißend aus. Sie hatten damit gerechnet, im Laufe des Tages Land zu sichten, und als es nun vor ihnen lag, fühlten wohl alle dasselbe: Erleichterung, gemischt mit ein wenig Trauer, denn auf eine gewisse Art und Weise war diese Heimreise eine Reise außerhalb der Zeit gewesen, sie hatte ihnen Muße und Erholung geschenkt, zwei Annehmlichkeiten, auf die sie in der nächsten Zeit sicher würden verzichten müssen. Denn allen war bewusst, dass Mendes auf sie wartete, Mendes und wer weiß wie viele Verschwörer. Waren sie auf See in relativer Sicherheit gewesen, so mussten sie ab jetzt wieder um ihr Leben fürchten. Deswegen hatten sie auch beschlossen, nicht in Nantes an Land zu gehen, sondern etwas unterhalb, an einem kleinen Küstenort namens Pornic. Dieser Schachzug bot zwar keinerlei Gewähr, dass ein Späher des schlauen Mönches sie nicht ausfindig machte, aber es war doch sicherer als der Hafen von Nantes selbst.
Pornic stellte sich, als sie an dem kleinen Kai anlegten, als Fischerdorf heraus, dessen männliche Bewohner interessiert einen Kreis um das kleine Schiffchen bildeten. Fremde Schiffe waren hier selten anzutreffen und so glich ihre Ankunft einer kleinen Sensation. Wortkarg nach Art der Fischer beobachteten die Männer, wie die seltsame Besatzung ihre wenigen Habseligkeiten auslud. Nachdem die Reisenden vollständig an Land versammelt waren, sah sich Athos, der als letzter an Land gegangen war, die interessierten Zuschauer genauer an und ging dann auf einen stämmigen Seemann zu, dessen Kleider ein wenig robuster schienen, als die der anderen, und der innerhalb der kleinen Gemeinschaft eine Art Anführer zu sein schien.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel L´attaque
Er konnte gerade noch ein Warnpfeifen ausstoßen, da wurde er von hinten gepackt und vom Kutschbock gerissen. Er prallte auf den harten Boden, eine Faust landete in seinem Gesicht, Schmerz durchfuhr ihn und schon merkte er, wie sein Auge zuzuschwellen begann. Verdammte Hurensöhne! Verzweifelt versuchte er in der Dunkelheit etwas zu erkennen, aber hier, dicht am Boden, war es noch schwärzer als auf dem Wagen. Er spürte eine Bewegung, ahnte den Schlag mehr, als dass er ihn ausmachen konnte, und warf sich zur Seite, tastete dabei nach seinem Messer, denn die Pistolen hatte er bei seinem Sturz verloren. Der Angreifer über ihm knurrte, wohl verärgert über den Schlag ins Leere, und Aramis hörte ein Klicken. Der Kerl war bewaffnet. Wieder warf sich der Abbé zur Seite, versuchte unter dem Gewicht hervorzukommen, das ihn zu Boden drückte und ihm die Luft abschnürte. Der Mann saß mehr oder weniger auf ihm, seine Beine umklammerten seinen Oberkörper, verhinderten, dass er mit seinen Händen an seinen Gürtel kam. Er griff nach dem Oberschenkel des Mannes, krallte hinein, mit aller Kraft, da spürte er kaltes Eisen an seiner Schläfe. In einer instinktiven Reaktion rollte er sich blitzschnell zusammen, der Schuss ging los, heiß und brennend spürte er die Kugel an seiner Schläfe vorbeizischen. Nur vorbei, und er benutzte den Moment der Unachtsamkeit des Mannes, der verärgert oder verdutzt darüber war, dass er ihn aus solcher Nähe verfehlt hatte, um sich mit aller Kraft aufzubäumen und ihn abzuschütteln. Noch in der Bewegung zog er sein Messer und warf sich auf seinen Angreifer, stach zu, ohne darauf zu achten, was er traf, stach einfach immer wieder zu, bis seine Hand und das Messer vor Blut trieften und sein Gegner sich nicht mehr rührte.
Dann drehte er sich um, dunkle Gestalten kämpften auf und neben dem Wagen, in der Dunkelheit war es schwierig, Freund und Feind zu unterscheiden. Neben ihm erklang auf einmal Porthos´ höhnische Stimme: „Fahrt zur Hölle“, dann ein Blitz, ein Knall und ein weiterer Angreifer sank zu Boden. In dem kurzen Lichtblitz hatte Aramis erkannt, dass Athos noch auf dem Karren war und sich gegen drei Angreifer zur Wehr setzte, während d´Artagnan auf der anderen Seite gegen zwei Gestalten focht. Aramis wollte gerade Athos zu Hilfe eilen, da zog ihn Porthos am Ärmel. „Sie haben die Frauen, kommt mit!“
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel L´enlèvement
Er hatte es gewusst. Nach dem Überfall war es keine Ahnung mehr gewesen, es hatte sich zur Gewissheit verdichtet, bohrend, nagend, grausam und unausweichlich. Auch wenn ein kleiner Teil in ihm noch immer hoffte, so hatte er doch mit dem weit größeren Teil seines Verstandes gewusst, dass sie zu spät kamen. Dass Mendes genau das getan hatte, was er in Ceuta angekündigt hatte. Er hatte sich seinen Sohn geholt.
Als sie am späten Abend durch das große, schmiedeeiserne Tor gefahren waren und Charlot ihnen mit verzweifeltem Gesichtsausdruck geöffnet hatte, da hatte er nicht fragen müssen, was passiert war. Und nun, in der Halle des Schlosses, während Grimaud mit Kopfverband vor ihm kniete, brauchte er keine Erklärungen, um zu verstehen, wie sie vorgegangen waren. Die zerbrochene Fensterscheibe der Tür zum Wintergarten sprach Bände.
„Wie viele?“, fragte er, und wunderte sich, dass seine Stimme so seltsam ruhig klang.
„Zehn“, antwortete sein Diener und wollte weiterreden, Panik im Blick, doch er zog ihn hoch und legte ihm die Hand auf den Arm. „Scht. Ihr könnt nichts dafür. Gar nichts. Ich hätte Vorkehrungen treffen müssen, ihr wart zu wenige. Euch trifft keine Schuld.“
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!
Kapitel Rhedae
Und nun lag Amandine hier, auf den kalten Steinplatten der Klosterkirche, und fühlte, wie ihr Körper mehr und mehr zu Stein zu werden schien. Wenn sie sich nicht bald bewegte, würde sie sich nie mehr bewegen können. Aber sie wagte nicht, einen Muskel zu rühren, denn vielleicht wurde sie beobachtet, vielleicht wollten die Nonnen sie auf die Probe stellen und feststellen, ob die Geschichte, die sie und Manon ihnen aufgetischt hatten, tatsächlich der Wahrheit entsprach. Denn sie hatten sich als Mutter und Tochter ausgegeben, wobei die Tochter angeblich einen Fehltritt getan hatte und nun von Gewissenbissen zerrissen in ein Kloster gehen wollte, während die Mutter diesen Schritt guthieß und ihre Tochter auf ihrem Weg begleitete. Amandine war sich aber nicht sicher, ob die Nonnen ihnen ihre Geschichte wirklich abgekauft hatten, sie hatten jedenfalls erklärt, Amandine solle sich doch gleich in der ersten Nacht einer Demutsübung unterziehen, die ihr zeigen könne, ob sie für das Leben im Kloster wirklich geeignet sei. Die Äbtissin hatte sie hier in die Klosterkirche geführt und sie dann, als sie zu ihrer Zufriedenheit wie eine aufgespießte Kakerlake am Boden lag, allein gelassen. Allmählich wurde es dunkel und Amandine schauderte bei der Vorstellung, die ganze Nacht hier so liegen zu müssen. Wieder schweiften ihre Gedanken ab, ihr Vater hatte so verzweifelt gegen diese Expedition protestiert. Er war überstimmt worden, doch allmählich begann Amandine sich zu fragen, ob er nicht Recht gehabt hatte. Mit dieser Demutsübung hatten die Nonnen sie und Manon getrennt, Manon war eine Zelle zugewiesen worden und vielleicht hatten sie sie dort sogar eingeschlossen. Mon Dieu, vermutlich war sie hier ganz allein. Je dunkler es wurde, desto überzeugter wurde Amandine, dass diese ganze Inszenierung nichts war als eine Falle. Vorsichtig richtete sie sich auf bis sie kniete und versuchte, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Das Kirchenschiff, vorher noch durch Pfeiler und Mauern begrenzt, schien nun unendlich, die Schwärze in den Seitenschiffen undurchdringbar und das Mädchen merkte, wie Panik in ihr hochstieg. Sie sprach sich innerlich Mut zu, jetzt vor Angst verrückt zu werden, war das Letzte, was ihr dienen konnte, und stand langsam und mit schmerzenden Gliedern auf. Sie musste zu Manon, sie mussten hier weg, immer deutlicher wurde ihr klar, welch Verrücktheit das Unterfangen war. Langsam ging sie in die Richtung der Seitentür neben dem Altar, durch die sie vorher hereingekommen waren, als plötzlich eine Stimme flüsterte: „Amandine!“
Die so Angesprochene machte einen Satz und war drauf und dran, loszurennen, da fügte die Stimme hinzu: „Hab keine Angst, du kennst mich.“ Sie drehte sich um und sah im Dämmerdunkel eine Gestalt neben dem Altar stehen, die nun auf sie zukam. Je näher sie kam, desto deutlicher sah das Mädchen, dass es sich um eine Frau handelte, eine Nonne der Tracht nach. Sie kannte hier aber keine Nonnen und wollte sich gerade wieder zum Ausgang wenden, als die Frau leise, aber eindringlich fortfuhr: „Ich will dir helfen, Amandine. Ich bin Marguerite, erinnerst du dich?“
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!