Brisez les chaînes von kaloubet
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 85 BewertungenKapitel Conseil de guerre
Er lag auf dem Rücken und starrte an die Decke. Weiß getünchtes Holz, recht roh behauene, aber solide Balken und in der Mitte die kleine Lampe, die hin und herschwang. Er spürte die Bewegungen des Schiffes, sanft nur, denn sie lagen vor Anker. Mühsam war es gewesen, unendlich mühsam, die Segel zu setzen, die Anker zu lichten, aber sie hatten es geschafft. Es war eine wunderschöne Nacht gewesen und ein leichter Wind hatte sie zügig Abstand zur afrikanischen Küste gewinnen lassen. Denn sie waren überein gekommen, dass es das Beste sei, so schnell als möglich und auf dem kürzesten Weg nach Spanien zu segeln, damit zumindest dieser afrikanische Stammesfürst, dem sie verkauft worden waren, es nicht zu leicht hätte, sie zu finden. Was Mendes anbelangte, so scherte er sich vielleicht gar nicht mehr um die Ware, für die er bezahlt worden war. Doch zwischen der kleinen Bucht, in der sie geankert hatten, und der spanischen Küste lagen gerade einmal fünfzehn Seemeilen. Sie hatten die spanische Küstenlinie schon nach fünf Stunden gesichtet, diese kleine, sandige Bucht gefunden und waren erst einmal vor Anker gegangen. Es war nicht der beste Ankerplatz, denn ihr Schiff war vom Wasser aus gut zu sehen und Proviant würden sie hier vermutlich auch nicht finden, aber sie brauchten Ruhe. Niemand, nicht einmal mehr Porthos, war noch in der Lage gewesen, weiter zu segeln.
Er streckte sich vorsichtig und drehte sich auf die Seite. Immerhin konnte er inzwischen für kurze Zeit wieder aufstehen, zwei Wochen lang hatten ihm die Beine fast nicht mehr gehorcht, was seine Tochter in helle Aufregung versetzt hatte. Doch dem Gascogner war es ähnlich gegangen, auch er hatte eine Woche lang das Lager nicht verlassen, was ihm, den man üblicherweise festbinden musste, wenn man wollte, dass er das Bett hütete, gar nicht ähnlich sah. Aber als sie sich nach der Flucht und dem gewaltsamen Segeltörn endlich einmal ausruhen konnten, mussten sie feststellen, dass die Wunden, die Mendes ihnen geschlagen hatte, doch gravierender waren, als sie zunächst angenommen hatten. Athos war sich sicher, dass er mindestens zwei gebrochene Rippen hatte, von den Blutergüssen und offenen Stellen auf seinem Rücken einmal abgesehen. Und auch in der Nierengegend musste einiges im Argen liegen, denn wenn er sich erleichterte, so pisste er Blut. Er hatte niemandem davon erzählt, aber Porthos hatte es gesehen, weil er ihm helfen musste die Latrinen aufzusuchen. Seitdem bestand er wie ein Zerberus darauf, dass er seine Schlafstatt nicht verließ. Und dabei müssten sie weitersegeln, nach Hause segeln, weg von hier … Er sah zu Aramis auf. Sie lagen in der Kajüte des Kapitäns, Aramis und er, Aramis in der Schwingkoje und er am Boden auf einem Deckenlager. Denn in eine Hängematte hätte er es nie geschafft. Der Abbé schlief, wie fast die ganzen beiden Wochen, aber es war kein Fieberschlaf mehr, zumindest das. Vorsichtig rollte Athos sich auf die Knie und richtete sich langsam auf. So musste sich ein Mann weit jenseits der achtzig fühlen, am liebsten hätte er nicht auf den Protest seines Körpers geachtet, aber die Erfahrung und vor allem die Demütigungen der letzten Zeit hatten ihn Geduld gelehrt. Als er endlich stand, hielt er sich an den Seilen fest, an denen die Schwingkoje aufgehangen war, und sah auf Aramis nieder. Das fein gezeichnete, jetzt sorgfältig rasierte Gesicht hatte endlich wieder eine normale Farbe, aber er war noch immer sehr schwach. Seine Genesung war vor allem Amandines Verdienst und er war stolz auf seine Tochter, die diese Aufgabe ohne zu murren zu der ihren gemacht hatte, als sie sah, dass Manon zu sehr mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hatte. Zärtlich fuhr er Aramis durch das kurze Haar, er sah so jung damit aus, so ungewohnt schutzbedürftig, und wieder machte er sich den bitteren Vorwurf, zu spät aufgebrochen zu sein. Verflucht, einen Tag später, und Aramis wäre auf Nimmerwiedersehen in den Fängen der Sklavenhändler verloren gegangen. Da schlug der Abbé die Augen auf und sah ihn an. Und da Athos´ Gedanken immer recht gut auf seinem Gesicht zu lesen waren, erriet er sofort, was den Freund bewegte. Ein Lächeln zog über sein Gesicht und leise flüsterte er: „Wie geht es Euch?“
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