Brisez les chaînes von kaloubet
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 85 BewertungenKapitel Histoires d´esprit et de coeur
Am Abend desselben Tages saßen die Reisenden in der kleinen Küche, bis auf Porthos, der die erste Nachtwache hatte. Selbst Manon war aufgestanden und hatte sich zu ihnen gesellt, auch wenn sie sichtlich noch ein wenig wackelig auf den Beinen und recht blass war. Amandine hatte sich um das Essen gekümmert, assistiert von Chiffon, die nun unter dem Tisch lag und darauf hoffte, dass Reste oder Krümel den Weg nach unten finden mochten. Doch nicht nur der Hund war ausgehungert, auch die Freunde freuten sich auf etwas Warmes zu essen, denn das Wetter war umgeschlagen und der Tag, der so sonnig begonnen hatte, endete mit Wind und Kälte. Was bewies, dass sie in nördlichere Gefilde vordrangen, eine Tatsache, die Athos durchaus begrüßte, auch wenn das Klima sich verschlechterte. Er hatte den Nachmittag damit verbracht, den Kurs neu zu berechnen, und die Karten sagten, dass sie nur noch wenige Tage von Nantes entfernt waren, eine Woche höchstens. Bald wäre die erzwungene Enge, aber auch die Gemeinsamkeit zu Ende.
Amandine teilte tiefe Schüsseln aus und stellte den Topf mit der Suppe auf den kleinen Tisch. Dann schnitt sie das Brot in Stücke, verteilte sie und setzte sich neben d´Artagnan auf die schmale Holzbank. Es war eng in der Küche, normalerweise nahmen sie ihre Mahlzeiten durch die Wachen zeitlich versetzt ein, aber heute waren alle auf den Beinen gewesen, um das Schiff nach dem langen Dümpeln wieder flott zu machen. Athos war sich der Nähe Manons bewusst, die direkt neben ihm saß. Er wusste nicht, ob sie sich absichtlich neben ihn gesetzt hatte, oder ob das Zufall gewesen war, aber er konnte ihre Körperwärme spüren und hätte sie gerne berührt, wagte es aber nicht. Sie war nach ihrem vorsichtigen Kuss aufgestanden, noch bevor er ihn hätte erwidern können, und hatte ihn gebeten, sie zu ihrer Hängematte zu geleiten. Er hatte ihrem Wunsch gehorcht, verwirrt und bezaubert zugleich, hätte sie gerne länger in den Armen gehalten, ihren Kuss erwidert, doch ihre Diskretion gebot ihm Anstand. Zumal er sich ihrer nicht sicher war, immer noch nicht. Ihre letzten Worte, ihr Kuss hatten Hoffnung in ihm geweckt, Hoffnung und ein Gefühl, das er Mühe hatte, zu beschreiben, ein Gefühl, das Erinnerungen weckte und doch völlig anders war. Erinnerungen an Glück, aber sanfter, besänftigter, nicht mehr gleißende Sonnenhitze, sondern herbstliches Feuer. Wunderschön und unerreichbar. Oder? Er beobachtete Manon diskret, sie aß mit langsamen Bewegungen, nahm nicht an dem Gespräch teil, sondern rührte in ihrer Suppe, als müsse sie herausfinden, was Amandine hineingetan hatte. Plötzlich sah sie zur Seite und ihre Blicke trafen sich. Ein leises Lächeln huschte über ihr Gesicht, wie ein Sonnenstrahl, dann blickte sie wieder in ihre Schüssel. Er lächelte zurück.
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