Brisez les chaînes von kaloubet
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 85 BewertungenKapitel Rhedae
Und nun lag Amandine hier, auf den kalten Steinplatten der Klosterkirche, und fühlte, wie ihr Körper mehr und mehr zu Stein zu werden schien. Wenn sie sich nicht bald bewegte, würde sie sich nie mehr bewegen können. Aber sie wagte nicht, einen Muskel zu rühren, denn vielleicht wurde sie beobachtet, vielleicht wollten die Nonnen sie auf die Probe stellen und feststellen, ob die Geschichte, die sie und Manon ihnen aufgetischt hatten, tatsächlich der Wahrheit entsprach. Denn sie hatten sich als Mutter und Tochter ausgegeben, wobei die Tochter angeblich einen Fehltritt getan hatte und nun von Gewissenbissen zerrissen in ein Kloster gehen wollte, während die Mutter diesen Schritt guthieß und ihre Tochter auf ihrem Weg begleitete. Amandine war sich aber nicht sicher, ob die Nonnen ihnen ihre Geschichte wirklich abgekauft hatten, sie hatten jedenfalls erklärt, Amandine solle sich doch gleich in der ersten Nacht einer Demutsübung unterziehen, die ihr zeigen könne, ob sie für das Leben im Kloster wirklich geeignet sei. Die Äbtissin hatte sie hier in die Klosterkirche geführt und sie dann, als sie zu ihrer Zufriedenheit wie eine aufgespießte Kakerlake am Boden lag, allein gelassen. Allmählich wurde es dunkel und Amandine schauderte bei der Vorstellung, die ganze Nacht hier so liegen zu müssen. Wieder schweiften ihre Gedanken ab, ihr Vater hatte so verzweifelt gegen diese Expedition protestiert. Er war überstimmt worden, doch allmählich begann Amandine sich zu fragen, ob er nicht Recht gehabt hatte. Mit dieser Demutsübung hatten die Nonnen sie und Manon getrennt, Manon war eine Zelle zugewiesen worden und vielleicht hatten sie sie dort sogar eingeschlossen. Mon Dieu, vermutlich war sie hier ganz allein. Je dunkler es wurde, desto überzeugter wurde Amandine, dass diese ganze Inszenierung nichts war als eine Falle. Vorsichtig richtete sie sich auf bis sie kniete und versuchte, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Das Kirchenschiff, vorher noch durch Pfeiler und Mauern begrenzt, schien nun unendlich, die Schwärze in den Seitenschiffen undurchdringbar und das Mädchen merkte, wie Panik in ihr hochstieg. Sie sprach sich innerlich Mut zu, jetzt vor Angst verrückt zu werden, war das Letzte, was ihr dienen konnte, und stand langsam und mit schmerzenden Gliedern auf. Sie musste zu Manon, sie mussten hier weg, immer deutlicher wurde ihr klar, welch Verrücktheit das Unterfangen war. Langsam ging sie in die Richtung der Seitentür neben dem Altar, durch die sie vorher hereingekommen waren, als plötzlich eine Stimme flüsterte: „Amandine!“
Die so Angesprochene machte einen Satz und war drauf und dran, loszurennen, da fügte die Stimme hinzu: „Hab keine Angst, du kennst mich.“ Sie drehte sich um und sah im Dämmerdunkel eine Gestalt neben dem Altar stehen, die nun auf sie zukam. Je näher sie kam, desto deutlicher sah das Mädchen, dass es sich um eine Frau handelte, eine Nonne der Tracht nach. Sie kannte hier aber keine Nonnen und wollte sich gerade wieder zum Ausgang wenden, als die Frau leise, aber eindringlich fortfuhr: „Ich will dir helfen, Amandine. Ich bin Marguerite, erinnerst du dich?“
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