Kapitel Anliegen
Der Hof des Palais lag im gleißenden Sonnenlicht, nur wenige Menschen hielten sich nun, zur Mittagszeit, dort unten in der prallen Sonne auf. Die Hitze strahlte von den Steinen des Palais ab und reichte dennoch kaum bis in sein Zimmer, das die Kühle bewahrte, obgleich er alle Fenster geöffnet hatte. Er mochte die Wärme, manch einer hatte schon in seinem Rücken gemunkelt, seine Vorfahren müssten Katzen gewesen sein, er wusste es, allein, es störte ihn nicht. Es waren intelligente Wesen, die Katzen, und auch jetzt saßen zwei auf dem Boden seines Arbeitszimmers und putzten sich unbefangen. Diese Nacht hatten sie geknurrt, waren vor dem geschlossenen Fenster auf- und abgeschlichen und hatten mit gesträubtem Fell hinausgespäht – er hatte sie, noch an seinem Schreibtisch sitzend, beobachtet, hatte unwillkürlich zum Dolch gegriffen, obwohl die wahren Bedrohungen normalerweise nicht aus den Lüften kamen, sondern hinter Türen und in Korridoren warteten.
Ob diese Wesen auch vor ihm nicht Halt machten? Er war Priester, er war geweiht und in seinem Zimmer befanden sich mehrere Kreuze, reichte das? Er hatte immer noch keine Zeit gefunden, sich in die Materie einzulesen, hatte es einem seiner Gehilfen übertragen, doch der war ihm bis jetzt die Antwort schuldig geblieben. Er schüttelte den Kopf, Jussac hatte ihm vorher Bericht erstattet und etwas von einem Jungen gefaselt, der plötzlich verschwunden war, doch als er ihn eingehender befragt hatte, hatte er ein Duell mit den Musketieren gestanden. Er hätte ihn am liebsten in den Karzer geschickt, war er denn von Dummköpfen umgeben? Anstatt gemeinsam nach diesen Vampiren zu suchen, lieferten sich seine Garden Raufereien mit den Musketieren, so würden sie nichts und niemand finden. Er hatte Jussac gehörig zusammengestaucht und ihm eingeschärft, nächste Nacht besser aufzupassen, aber er war sich nicht sicher, ob das fruchten würde. Er musste sich wohl doch persönlich darum kümmern … aber da war das Gesuch des Gesandten von Spanien, das beantwortet werden musste, der Bericht aus England, die Audienz des Bischofs von Speyer … pah! Auch heute würde er die Zeit nicht finden! Aufseufzend griff er nach dem zuoberst liegenden Schreiben, da klopfte es an die Tür. Verärgert sah er auf, bereit, alle zum Teufel zu schicken, die ihn heute stören wollten. Aber als seine Ordonnanz ihm den Musketier Aramis meldete, siegte die Neugier, mit einem Nicken bedeutete er, ihn einzulassen –
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!