Cimetière des Innocents von AlienorDartagnan
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 24 BewertungenKapitel Dunkle Geheimnisse
In der fensterlosen Kerkerzelle hatte Athos längst jedes Zeitgefühl verloren, wusste nicht ob gerade Tag oder Nacht war. In trübe Gedanken versunken hockte er auf dem kalten Steinboden. In der Zelle gab es keine Pritsche, nur einen Haufen mit faulig stinkendem Stroh, auf den er sich weder setzen noch legen wollte. Zu essen bekam er nur trockenes Brot und Brei, doch er hatte ohnehin keinen Appetit, so bedrückt wie er im Moment war. Er verstand einfach nicht, warum diese Claire behauptet hatte, er habe ihr Gewalt angetan. So sehr er sich auch den Kopf zerbrach, er kam nicht darauf, wo er sie schon einmal gesehen hatte. Sie kam ihm vage bekannt vor, wie eine ganz ferne Erinnerung. Aber obwohl er sich nicht an sie erinnern konnte, war er felsenfest davon überzeugt, dieser jungen Frau nie ein Leid getan zu haben. Wieso hasste sie ihn nur so sehr? Was, wenn es ihm nicht gelingen würde, seine Unschuld zu beweisen? Bei dem Gedanken womöglich auf dem Schafott zu enden, liefen ihm eisig kalte Schauder über den Rücken. Sein Leben war keinen Pfifferling mehr wert, wenn es seinen Freunden nicht gelang seine Unschuld zu beweisen. Und diese Claire hatte anscheinend alles so raffiniert eingefädelt, dass es nicht leicht sein würde, einen Beweis für ihre Intrige zu finden. Er fragte sich, wer diese anderen Frauen umgebracht hatte. Hatte Claire auch damit etwas zu tun? Hier unten wurden Sekunden zu Minuten, Minuten zu Stunden und Stunden erschienen ihm wie ganze Tage. Der Wärter hatte seine Bitte nach einer Kerze mit den Worten, dass er doch lieber in der Dunkelheit in sich gehen und über seine brutalen Taten nachdenken solle, abgewiesen. Wie lange war er schon hier unten? Einen Tag oder zwei oder drei? Ihm kam es vor, als ob es mindestens eine Woche wäre, obwohl er wusste, dass das nicht sein konnte, denn er hatte erst viermal eine Mahlzeit erhalten, seitdem er hier eingesperrt war.
Mittlerweile begann er sich zu fragen, ob er es nicht sogar verdient hatte hier im Kerker zu sitzen, denn immerhin hatte er vor sieben Jahren versucht seine Frau zu erhängen und dieselbe Frau vor zwei Monaten durch den Henker von Bethune hinrichten lassen. Sicher, Mylady de Winter war mit ihrer Mordlust und ihrer eiskalten, berechnenden Art wie ein Geschöpf aus der Hölle gewesen, doch gab ihre Bosheit und Hinterhältigkeit ihm wirklich das Recht, sie hinrichten zu lassen? Im Grunde war er nichts weiter als ein Mörder und schon seit jenem Tag an dem er die Lilie entdeckt und Anne erhängt hatte, quälten ihn schlimme Gewissensbisse.
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