Das Duell von Louise
Durchschnittliche Wertung: 4.5, basierend auf 5 BewertungenKapitel Das Duell
- Das beste ist, Ihr lest alle noch einmal das Kapitel "Die Musketiere des Königs und die Leibgarde des Kardinals".... -
"Wir können beginnen, wenn Sie bereit sind, Monsieur", sagte Athos und ging in Position.
"Ich erwarte Ihr Anweisungen", erwiderte d'Artagnan und kreuzte die Klinge.
Die beiden Rapiere berührten sich und brachten sich gegenseitig zum klingen. Beide Kämpfer waren aufs Äußerste konzentriert. Athos, der angenommen hatte, d'Artagnan wäre ein Provinzler ohne Manieren und ohne Können, war vor wenigen Augenblicken von d'Artagnan eines Besseren belehrt worden, denn es hatte sich gezeigt, daß der Gascogner sowohl Mut als auch Ehrbarkeit in sich trug.
Vorsichtig umkreisten sie einander, und ihre Degen berührten sich nur ganz leicht. Die Mittagssonne spiegelte sich in den blanken Klingen wieder. Plötzlich trat Athos einen Schritt zurück und führte einen direkten Hieb auf d'Artagnan aus. Er hatte gehofft, sein Gegenüber zu überraschen, doch dies war ihm aufgrund dessen Wachsamkeit nicht gelungen. Bei der ersten schnellen Bewegung des Musketiers hatte der junge Mann seinen Degen gehoben und parierte gekonnt diesen ersten Angriff. Doch dabei blieb es nicht. Er wollt eine weitere Ruhephase verhindern und so ging er sofort zum Gegenstoß über. Athos parierte und wagte seinerseits wieder einen Ausfall. In wenigen Sekunden hatte sich ein Fechtkampf erster Klasse entwickelt. Nicht nur Aramis und Porthos, die etwas abseits Aufstellung genommen hatten, erkannten, daß sich dort zwei fast ebenbürtige Fechter gegenüber standen, sondern auch Athos bemerkte, wie sehr er den jungen Mann unterschätzt hatte. Was d'Artagnan betraf, so war dieser noch jung genug, um von sich selbst völlig überzeugt zu sein. Er wußte, daß er gut fechten konnte und hoffte nun, daß Athos' Gebrauch seiner linken Hand und seine Erfahrung ihn nicht letztendlich doch besiegen würden.
Doch zunächst sah es nicht so aus, als ob einer der Kämpfer jemals die Oberhand gewinnen würde. Während Angriff auf Angriff folgte, begann Athos in Gedanken einen Beschluß zu fassen. Dieser junge Mann mußte Musketier werden. Sein Können durfte nicht einfach verschwendet werden. Außerdem mußte man verhindern, daß der Kardinal auf ihn aufmerksam wurde. Einen solchen Mann wollte Athos lieber auf seiner Seite wissen. Und es war ja gut möglich, daß allein die Tatsache, daß d'Artagnan gegen ihn und seine Freunde gekämpft hatte, den Kardinal schon überzeugte, den jungen Gascogner bei seiner Leibgarde einzustellen.
Er war so sehr in diesen Gedanken versunken, daß er für einen Augenblick unachtsam wurde. Dies entging d'Artagnan natürlich nicht, und er wußte diesen Vorteil auszunutzen. Zuerst setzte er eine Finte ein, auf die Athos in seiner Unachtsamkeit einging und holte dann zu einem direkten Angriff auf Athos' Brust aus. Dieser war durch die Finte dazu verleitet worden, nach links zu parieren, während d'Artagnan geradewegs in die Mitte zielte.
Athos erkannte seinen Fehler, als er d'Artagnans Degen nach vorne schnellen sah. Er erwartete gefaßt den Stoß, der unmittelbar sein Herz durchbohren würde, als ihm gewahr wurde, daß die Degenspitze kaum zwei Zentimeter vor seiner Brust verharrte. Überrascht blickte er in das Gesicht seines Gegners. Der Ausdruck hatte sich kaum verändert. Es zeigte sich keine Überheblichkeit, kein Stolz, sondern die gleiche Konzentration wie seit Anfang des Duells. Mit einem Blick zur Seite vergewisserte sich Athos, daß Aramis und Porthos gerade in diesem Augenblick in ein Gespräch vertieft waren und Porthos, der näher bei ihnen stand, sich Aramis zugewandt hatte und durch seine große Statur dessen Blickfeld einschränkte. Er sah, daß d'Artagnan ihn weder töten noch von ihm das Bekenntnis einer Niederlage wollte. Fast sah es so aus, als wolle der Gascogner nur um des Kampfes willen weiter machen. Und dies mußte der Musketier zugeben: Es war eine reine Freude, mit ihm zu fechten. In diesem Moment stieg Athos' Hochachtung für den Gascogner. Mit einem kurzen Nicken bedankte er sich und unternahm dann eine verspätete Parade, um den Degen, der auf seine Brust zeigte, abzuwehren.
Der Kampf wurde weitergeführt, als ob nichts gewesen wäre. Die beiden unachtsamen Sekundanten wandten sich wieder dem Duell zu. Sie hatten nichts bemerkt. Doch für die beiden Beteiligten war beschlossen worden, daß heute kein Blut fließen würde. Wieder folgte Angriff auf Angriff und diesmal wußte Athos es zu verhindern, sich in eine solch tödliche Lage zu bringen.
Als d'Artagnan schließlich entwaffnet wurde, war fast eine Stunde vergangen. Athos wußte, daß der Kampf hätte ewig weitergehen können, doch er hatte ja beschlossen, daß dieser junge Gascogner sein Freund werden sollte, und so meinte er, könne man seine Zeit auch nützlicher verbringen. So hatte er dann einen Angriff ausgeführt, der ihm und seinen Freunden vor kurzem von Monsieur de Tréville gezeigt worden war und den sie eigentlich nur einsetzen sollten, wenn sie sicher waren, ihren Gegner zu töten. So würde der Angriff ja auch geheim bleiben. Er traf d'Artagnan unverhofft und beförderte dessen Degen in Athos' Hand. Als Aramis und Porthos sahen, daß Athos diesen Angriff zur Entwaffnung einsetzte, waren sie sehr überrascht. Doch auch sie hatten während des Duells verstanden, daß dieser junge Edelmann kein Feind war. Er focht vollkommen fair, ohne Tücken, hielt sich an die Gesetze und setze eine unglaubliche Gewandtheit und Schnelligkeit ein. Kurz und gut, die beiden waren begeistert.
D'Artagnan indes stand schwer atmend vor Athos und blickte ihn unsicher an. Er wußte nicht, was passierte, wenn bei einem Duell weder jemand getötet noch verletzt wurde. Eine bloße Entwaffnung war sicherlich nicht das Ziel eines Kampfes, wo in dem es um die Ehre ging.
Doch Athos gab ihm lächelnd mit der linken Hand den Degen zurück und streckte ihm die rechte entgegen. "D'Artagnan, es wäre mir eine Ehre mit Euch Freundschaft zu halten!" Von diesen Worten war der junge Mann ehrlich verblüfft. Als Porthos und Aramis dazu traten und sich Athos anschlossen, glaubte sich d'Artagnan am Ziel seiner Träume. Dankend nahm er die ihm gereichten Hände und erwiderte: "Messieurs, die Ehre ist ganz meinerseits!"
"Auf diese Freundschaft müssen wir anstoßen!" sagte Athos und legte d'Artagnan seine linke Hand auf die Schulter. "Meine Hochachtung, Gascogner! Selten sah ich einen so gewandten und ehrbaren Fechter!" Über dieses Lob errötete d'Artagnan und warf sich Athos in die Arme. Er konnte sein Glück kaum fassen, nun drei der besten Musketiere als Freunde zu haben.
... Arm in Arm nebeneinander herlaufend ....
18.04.2001
23.55 Uhr