Dezemberherausforderung 2003 von Anonymous

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Kapitel Viribus unitis von Anonymous

Wer sich mit einem Musketier anlegt, legt sich mit jedem Musketier an. Nicht umsonst ist die Phrase „Einer für alle, alle für einen!“ zu einem Lebenszweck geworden.
D´Artagnan wusste, was er an seinen Freunden hatte. Und jeden einzelnen Tag bedankte er sich aufs Neue dafür. Wenn er einen Sekundanten brauchte, hatte er gleich drei zur Stelle; denn wenn jemand ihn schmähte - dann sollte der Arme sich besser gleich darauf gefasst machen, das Musketiercorps Seiner Majestät geschmäht zu haben ...
D´Artagnan fühlte sich versucht zu lächeln als er daran dachte, aber in Anbetracht der Situation - ein Mann stürmte gerade mit erhobenem Degen auf ihn zu - beschloß er, sich die Nostalgie für später aufzuheben.
Mit einer Ruhe, die er selbst früher für unmöglich gehalten hätte, streckte der Musketier seinem Gegner die Waffe entgegen und erwartete den Angriff.
Dass ihm gleich darauf der Degen aus der Hand geschleudert wurde, ließ ihn wissen, dass dies die falsche Taktik gewesen war. Von der Seite war ein anderer Angreifer gekommen und hatte dem Nichtsahnenden den Degen aus der Hand geschlagen.
So ehrlos diese Aktion auch war und so wenig sie d´Artagnan jemals in den Sinn gekommen wäre - sein Gegner hatte sie angewendet und der junge Mann sah sich nun zwei bewaffneten Männern gegenüber, während er selbst waffenlos war.
D´Artagnan hielt den Blick auf die Degen gerichtet und überlegte fieberhaft, ob er nun ausweichen oder einfach, ganz ruhig stehenbleiben sollte.
Natürlich wusste er, dass er nun dem Tod geweiht war, aber irgendwie konnte er sich nicht damit abfinden.
Ein Schrei riss d´Artagnan aus seinen Gedanken; die beiden Angreifer rissen die Augen auf und wichen jeder einen Schritt zurück.
Etwas - oder jemand - stürmte an dem verblüfften Musketier vorbei und stürzte sich auf die Feinde. Ein Degen flog durch die Luft und wurde geschickt von d´Artagnan aufgefangen, der sich sogleich den Bewaffneten zuwandte.
Bei näherem Hinsehen stellte sich das „Etwas“ als Porthos heraus, der einer Lawine gleich die Angreifer zurückdrängte und sie anschließend zusammen mit d´Artagnan niederstreckte.
„Seid Ihr verletzt?“, erklang eine besorgte Stimme hinter dem jungen Gascogner. Dieser drehte sich um - nachdem er sichergestellt hatte, dass sein Gegner keine Gefahr mehr darstellte - und winkte ab.
Einige Meter entfernt standen Aramis und Athos; vor ihnen lagen drei Männer, von denen einer tot wirkte, während die übrigen sich durchaus noch bewegten.
D´Artagnan trat auf seine beiden Freunde zu und fragte:“Was geschieht jetzt mit ihnen?“
Athos ließ einen Blick über die Männer schweifen und zuckte andeutungsweise mit den Schultern.
„Was meinst du?“, wandte er sich an Aramis, der dem Toten eben den letzten Segen gespendet hatte und sich nun demjenigen zuwandte, den d´Artagnan getötet hatte.
Er hielt in seinen Schritten inne, als er die Frage hörte, und meinte nachdenklich:
„Dort drüben“, er streckte den Arm aus um nach Süden zu zeigen, „steht ein Kloster.“
Athos und d´Artagnan wechselten einen kurzen Blick, als Aramis seinen Weg fortsetzte und sich zu dem Getöteten auf den Erdboden kniete.
Ohne ein weiteres Wort, ergriff d´Artagnan einen der Verwundeten unter den Armen und hob ihn hoch, während Athos den Mann an den Beinen nahm.
Gemeinsam, schweigend, trugen die beiden den Mann in Richtung des Klosters. Vor dem Tor ließen sie ihn nieder und lehnten den Bewußtlosen gegen den steinernen Torrahmen, an Steinblöcke, die größer waren als sein Kopf!
Rechts vom Tor, konnte d´Artagnan eine kleine Glocke ausmachen, die ihn aber vorerst herzlich wenig beschäftigte, da er nun mit der Beförderung der Verwundeten und Toten beschäftigt war.
Als er zusammen mit Porthos den letzten Verwundeten zum Tor trug, zog Athos schon an der Glockenschnur.
Aber schließlich musste er es doch aufgeben, da sich kein Mönch blicken lassen wollte und noch nicht ein Mal andeutungsweise Schritte zu hören waren. So wandte sich Athos zusammen mit Aramis vom Tor ab und begab sich auf die Suche nach einem anderen Eingang oder einer Möglichkeit auf sich aufmerksam zu machen.
D´Artagnan stand mit Porthos vor dem Tor und während sie sich daran machten, ihre Bürde abzuladen, überlegten sie wie man denn noch in dieses Kloster kommen konnte. So schwer hatten es sich die jungen Herren beileibe nicht vorgestellt!
„Vielleicht sollten wir den Monsieur hier um Hilfe bemühen.“, bemerkte Porthos mürrisch und begutachtete das Eisentor.
D´Artagnan, der mit den Augen nach einem einigermaßen geschützen Platz für den Verletzten gesucht hatte, hielt in seiner Suche inne und maß seinen Freund mit einem verwunderten Blick.
„Wie stellt Ihr Euch das vor, Porthos?“, fragte er und entschloß sich, den Mann an Ort und Stelle niederzulegen. Es würde schon niemand über dessen Füße stolpern.
„Nun .. wir könnten den Monsieur benutzen um die Türe ... einzuschlagen.“, erwiderte Porthos mit einem fast vergnünglich anmutenden Lächeln, während er sich mit einer Hand den Schnurrbart zwirbelte und mit der anderen über den Degengriff strich.
D´Artagnan, der eine gute Vorstellung hatte in Bezug auf das, was sein Freund damit meinen konnte, ließ ein empörtes „Porthos!“ hören und schüttelte zur Bekräftigung den Kopf.
Während er den Verwundeten ablud, warf er einen Blick zum Tor. Nichts rührte sich, das Eisentor bewegte sich nicht, alles blieb still.
In einiger Entfernung ertönte plötzlich ein Klirren, gefolgt von einem ... nun, einem Fluch eben und dann kamen Athos und Aramis um die Ecke spaziert. Sie sahen beide recht zufrieden aus, wenngleich Aramis seinen Kameraden dann und wann mit einem leicht missmutigen Blick bedachte. Athos ignorierte das und verkündete nur „Es kommt gleich jemand.“
Wie um seine Worte zu bestätigen, erklangen bereits eilige Schritte.
D´Artagnan beobachtete seine Freunde, die es offenbar nicht erwarten konnten diesen Ort zu verlassen, mit wachsendem Misstrauen.
„Sollten wir uns beeilen?“, fragte er den unschuldig dreinblickenden Aramis. Dieser wechselte einen kurzen Blick mit Athos, der d´Artagnan freundlich eine Hand auf die Schulter legte und leichthin meinte: „Nun ... wenn wir noch ein gutes Glas Wein trinken wollen, dann sollten wir langsam gehen. Ihr wisst ja, dass die besten Wirte die wenigsten Plätze frei haben.“
Immernoch misstrauisch ließ sich der Gascogner wegführen. Er hatte nichts dagegen, diesen Ort zu verlassen. Und wenn sie nun ein Glas Wein trinken wollten, dann konnte das dem jungen Mann nur recht sein. Wein würde die Zungen seiner Freunde schon lockern und ihm Gelegenheit geben zu erfahren, was genau geschehen war.
Wenig später, saßen die vier schon zusammen bei einer Flasche Wein und unterhielten sich angeregt über dieses und jenes.
D´Artagnan glaubte sich nun ein leichtes Lächeln erlauben zu können und registrierte erfreut, dass keinem seiner Freunde bei ihrem kleinen Abenteuer etwas geschehen war. Einmal mehr erkannte er wie froh er sein konnte, sie zu haben. Alleine hätte er diese Angelegenheit nicht überlebt und wenn doch, kaum wäre er im Stande gewesen die Verwundeten zum Kloster zu tragen. Aber mit vereinten Kräften war es den Freunden gelungen ...