Die Schlangengrube von AlienorDartagnan
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 71 BewertungenKapitel Der Ball im Louvre - Teil 2
Der Hauptmann der königlichen Musketiere, Charles Batz Castelmore comte d´artagnan wurde ganz bleich im Gesicht, als er die junge Frau erblickte, die an diesem Tag von Madame d´argenson dem Königspaar vorgestellt wurde. Einen Moment lang fragte er sich, ob seine Fantasie ihm womöglich einen bösen Streich spielte, und rieb sich die Augen, um das vermeintliche Trugbild zu vertreiben. Doch als er die Augen öffnete, war die bildschöne blonde junge Frau mit den engelsgleichen ebenmäßigen Gesichtszügen immer noch da. Die junge Frau war das Ebenbild von Mylady de Winter, deren enthauptete Leiche vor über zehn Jahren vom Henker von Lille in der Lys versenkt worden war. Dem Hauptmann liefen eisig kalte Schauder über den Rücken, als er sich an jene Nacht erinnerte, in der er und seine Freunde gemeinsam mit Lord Winter das Todesurteil über die gerissene Mörderin gesprochen hatten. Sie hatte ihm damals zwar leidgetan, doch er hatte nicht lange gezögert, sich wie die anderen für das Todesurteil auszusprechen, nachdem sie seine große Liebe Constance vergiftet hatte. Bis heute war er über Constances Tod nicht hinweggekommen, hatte seitdem keine tiefe Bindung mit einer Frau mehr eingehen können, weil er sie immer noch liebte. Mit seiner Wirtin Madeleine, in deren Haus er eine Etage gemietet hatte, verband ihn keine Liebe, sondern eher Freundschaft. Seit fast neun Jahren ließ er sich von ihr den Haushalt machen, und schlief auch häufiger mit ihr, doch eine emotionale Nähe, wie sie für eine Beziehung notwendig gewesen wäre, ließ er nicht zu, weil er immer noch um Constance trauerte.
Jene Nacht in der Mylady hingerichtet worden war, stand ihm nun, beim Anblick der jungen Frau, wieder deutlich vor Augen. Er und seine Freunde hatten sie damals dem Henker übergeben, der mit ihr in einem kleinen Boot über die Lys gefahren war, und dann hatten sie vom anderen Ufer aus gesehen, wie er sie enthauptete und ihre Leiche in den Fluß warf. War es möglich, dass sie den Henker bestochen hatte, damit er ihnen ihre Hinrichtung vortäuschte? Er wusste, dass sie damals bereits ein kleines Vermögen besessen hatte, durchaus genug, um einem Henker ein neues Leben ohne gesellschaftliche Ächtung anzubieten. Oder war sie vielleicht eine Art Dämonin, die nicht sterben konnte? Vierunddreißig Jahre wäre sie jetzt alt, wenn sie noch am Leben wäre, und die junge Frau, die da vor dem Königspaar stand, konnte höchstens siebzehn oder achtzehn sein. Eine Dämonin, ein Geschöpf des Teufels, das niemals alterte und nicht sterben konnte, das würde auch erklären, warum sie damals überlebt hatte, als Athos sie erhängt hatte.
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