Kapitel Kapitel 1
Dong … dong …dong - beim letzten Schlag der Glocken fuhr Gaspard aus dem Schlaf auf. Was war das? Was hatte ihn geweckt? Der letzte Schlag verklang, dumpf, metallisch. Die Glocke konnte es nicht gewesen sein, die hörte er nach fünf Jahren hier im Kloster von Noisy le Sec nicht mehr. Was war es dann? Mit klopfendem Herzen spähte er in die Dunkelheit, es musste Mitternacht sein, die Glocke hatte mehrmals geschlagen. Nichts. Da war nichts. Nur feuchtkalte, etwas nach Kalk und Mauerwerk riechende Dunkelheit. Auch vor dem Fenster war nur schwarze Nacht. Angespannt lauschte er, sollte er Licht schlagen? Aber dann würde man ihn von draußen nur umso besser sehen. Und wenn jemand hier drinnen wäre, hier in seinem Zimmer, dann würde Licht auch nicht helfen. Atmete da nicht jemand? Raschelte da nicht etwas?
Sei kein solcher Hasenfuß, schalt sich Gaspard und zwang sich, beherzt nach der Kerze und dem Feuerstein zu greifen, wenn dich jemand umbringen will, dann wird er das tun, ob du nun Licht schlägst oder nicht. Der Zunder entglitt ihm, und er bückte sich danach, tastete neben dem Bett bis er ihn fand und hatte dabei die Vorstellung, wie etwas ihn aus dem Dunkel beobachtete, höhnisch, abwartend. Beim dritten Schlag fing der Zunder an zu brennen, schnell hielt er ihn an die Kerze und leuchtete den kleinen Raum aus. Nichts. Gar nichts. Die Tür war zu, das Fenster auch, und das Zimmer war leer, bis auf den Nagel, an dem seine Kleidung hing, den kleinen Tisch und den Stuhl. Er schüttelte über sich selbst den Kopf, blies die Kerze wieder aus und ließ sich ins Bett zurücksinken. Was war er nur für ein Hasenfuß, das war ja schrecklich! Erst kürzlich war er seinem Mitbruder, dem Abbé d´Herblay, damit empfindlich auf die Nerven gegangen, er hatte ihm von all den seltsamen Vorfällen berichtet, die er bemerkt hatte. Türen, die plötzlich offen standen, obgleich sie vorher gut verschlossen gewesen waren, Fenster, die mitten in der Nacht im Wind schlugen, Bücher, die sich an anderen Stellen wiederfanden als da, wo er sie abgelegt hatte. Der Abbé hatte ihm höflich zugehört, aber er, Gaspard hatte trotzdem gemerkt, dass er ihm nicht recht glaubte. Was ein Wunder, er glaubte sich ja selber nicht, er fing regelrecht an, an seinem Verstand zu zweifeln!
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Kapitel Kapitel 2
Sie hatten die Champagnerflaschen bis zur Neige geleert, auch das reichhaltige Frühstück war restlos verzehrt, denn Athos langte herzhaft zu, nach seinem langen Ritt, und Gaspards Bericht, so verrückt er sich anhören mochte, stimulierte auch Aramis´ Appetit gehörig. Parbleu, was sein junger Mitbruder da sagte hörte sich ganz wie eine jener gruseligen Gespenstergeschichten an, die man sich abends am Kaminfeuer bei einem guten Glas Wein erzählte! Bestimmt hatte er bloß lebhaft geträumt, wie es Phantasiebegabten oft erging, vor allem, wenn sie dem Fasten oblagen, und dieser Brief war sicher nur ein harmloses Schreiben, das Gaspard, als er gestern Abend zu Bett ging, schlicht übersehen hatte. Hm, vielleicht war mit der Sehkraft seiner Augen etwas nicht Ordnung? Vermutlich brauchte der junge Mann bloß eine passende Brille, um die Dinge um sich herum angemessen wahrzunehmen!
Unter diesen heimlichen Gedanken erhob sich Aramis vom Stuhl und folgte seinen beiden Tischgenossen hinaus auf den Gang, der zu dieser Stunde, Dieu merci, still und verlassen dalag, denn Pater de Montfaucon hatte nun offenbar anderes zu tun. Und der alte Pater d`Oreillard, ein Greis von über achtzig Jahren, hielt wohl sein Morgenschläfchen.
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Kapitel Kapitel 3
Athos blieb drei Tage lang. Er hatte in einem nahe gelegenen Gasthof ein Zimmer genommen; dort, im Stall des Gasthofes, verblieb jedoch nur sein Pferd, er selbst verbrachte fast die gesamte Zeit im Konvent, genauer gesagt, in den Zimmern des Abbé d´Herblay, und noch genauer, in dessen Bett. Sie ließen sich die besten Speisen kommen, zogen sich, wenn die Diener des Kollegs das Bestellte brachten, hastig an und setzten sich sittsam in die Sessel, scheinbar in ein ernsthaftes Gespräch vertieft, nur um gleich darauf in Gelächter auszubrechen und sich die kaum zugenestelten Kleider wieder vom Leib zu reißen. Abends verließ Athos mit großem Tamtam und laut gerufenen Abschiedsworten den Konvent durch die Vordertür und kehrte kurze Zeit später im Schutz der Dunkelheit mithilfe einer Leiter durch das Fenster zurück. Beide wussten jedoch, dass sie dieses Possenspiel nicht länger als wenige Tage würden spielen können, ohne dass ihnen ein misstrauischer Jesuitenkollege draufkam - schon bald warf ihnen Pater de Montfaucon schiefe Blicke zu - und so verabschiedete sich der Graf am Abend des dritten Tages ohne Tamtam, aber mit Trauer im Herzen, um nach Bragelonne zurückzukehren. Dort erwarteten ihn nur leere Zimmer und kalter Stein, aber immerhin würde die Erinnerung an die gemeinsam verbrachten Tage die Geister ein wenig in Zaum halten. Zumindest eine kurze Zeit. Denn sie ließen ihn nicht in Frieden, die Verschwundenen und Getöteten, sie eröffnete den Reigen, doch ihr folgten viele andere. Gesichter des Todes, Gesichter des Krieges, die um sein Bett tanzten und die er selbst eingeladen hatte. Er hätte gedacht, dass sie in der neuen Umgebung, in dem unschuldigen, kleinen Schloss, das keine Erinnerungen barg, verschwinden oder zumindest verblassen würden, aber das Gegenteil war der Fall. In den langen, dunklen Abendstunden, in denen er allein am Feuer saß, luden sie sich ein, setzten sich neben ihn in die Sessel und hielten ihm die Hände hin, um ihn mit sich zu ziehen ins Nichts. Sie hatten Recht, die Geister, was hielt ihn denn noch in diesem Leben, was erwartete ihn? Er hatte getötet, er hatte gemordet, und auch wenn er das Meiste im Dienst und auf Befehl des Königs getan hatte, so war es doch Unrecht gewesen. Jeder gewaltsame Tod war Unrecht und verlangte Sühne, das wusste er, hatte es schon immer gewusst, und doch gehörten die Gewalt und der Tod seit jeher zu seinem Leben, seit damals, als er als Junge auf einem Kriegsschiff angeheuert hatte. Schon seit jenem Tag, an dem er dem ersten feindlichen Matrosen die Kehle durchgeschnitten und ihm in die brechenden Augen geblickt hatte, lebte er mit dem Bewusstsein, dass er einmal den Preis würde zahlen müssen. So wie es schien, war der Tag der Abrechnung nicht mehr fern, denn die kleinen Besuche bei seinem Freund waren nur kurze Lichtblicke in einer immer tieferen Dunkelheit, so wie der Ertrinkende ab und an es noch einmal schafft, die Wasseroberfläche zu durchbrechen und Luft zu holen, bevor es ihn unabwendbar in die Tiefe zieht. Er wehrte sich nicht gegen diese Erkenntnis, es war nur gerecht, und abends, wenn er allein vor seinem Feuer saß und Flasche um Flasche leerte, blieb ihm ob seiner Trunksucht noch nicht einmal mehr ein schlechtes Gewissen. Ganz im Gegenteil.
Auch jetzt, bevor er sein Pferd bestieg, zog er eine kleine Flasche Cognac aus der Manteltasche und trank sie auf einen Zug. Der Weinbrand betäubte ein klein wenig den Abschiedsschmerz, und als er das Bein über den Sattel schwang, schalt er sich einen Feigling. Sein Weg führte ihn noch einmal in die Nähe des Klosters, er wandte sich um und betrachtete die hohen Mauern, die das Beste verschlossen, was ihm im Leben je zugestoßen war. Das Einzige, das ihn davon abhielt, sich gründlich in den Tod zu saufen. Der letzte Schein der Abendsonne färbte den Stein rötlich, schon verschwammen die Konturen, und er trieb sein Pferd zu einem leichten Trab an, da gewahrte er eine seltsame Gestalt an der Klostermauer. Sie stand neben der Eingangspforte, als warte sie auf etwas oder jemanden. Athos parierte sein Pferd durch und versuchte im Dämmerlicht Einzelheiten zu erkennen - die Person war recht groß und schien hager, doch ein langer Umhang ließ keine Vermutungen bezüglich Alter oder Geschlecht zu, außerdem trug sie einen breitkrempigen Hut mit einer Feder. Unter dem Habit konnte sich ein Mann oder eine Frau verbergen, obwohl die Größe für eine Frau ungewöhnlich gewesen wäre - ungewöhnlich, doch nicht unmöglich. Der Graf wusste nicht recht, warum er hier verharrte und diesen abendlichen Besucher beobachtete, waren Besucher in dem Konvent doch nichts Seltenes, aber irgendetwas hatte diese Gestalt an sich, das ihn nachdenklich machte. Er hätte es nicht benennen können, vielleicht war es diese völlige Reglosigkeit, gepaart mit dem Fund des Briefes? Sein Pferd strauchelte über einen Stein, er nahm die Zügel fester auf, wollte schon wenden und zur Klosterpforte reiten, da sah er wieder hin - die Person war fort.
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Kapitel Kapitel 4
Der Superior des Jesuitenkollegs von Noisy le Sec, Pater Denis Pétard, war kein adliger Mann. Er war auch nicht groß und nicht besonders gutaussehend. Seine Haare, die er entgegen jeder Mode kurz rasiert trug, hatten sich fast bis auf den Hinterkopf zurückgezogen, so dass seine Stirn breit hervortrat, seine Nase, lang, schmal und gekrümmt, erinnerte an einen Adlerschnabel, und seine Haltung war immer ein wenig gebückt, als suche er etwas oder blicke von einem Buche auf. Doch all diese Kleinigkeiten fielen nicht mehr auf, sobald man ihm in die Augen sah, denn diese funkelten vor Wissbegierde und Intelligenz und schienen durch die Menschen hindurch auf ihren innersten Kern zu blicken. Er war in den Fünfzigern, hatte die Universität mit Auszeichnungen abgeschlossen, mehrere geschichtliche und theologische Werke verfasst und schon an einigen Kollegien gelehrt, bis man ihn als Superior hierher nach Noisy berufen hatte. Mit viel Schwung war er daran gegangen, das gemütliche, ein wenig verstaubte Kolleg auf Vordermann zu bringen: Er hatte die Bibliothek erweitert und Gumppenberg eingestellt, hatte Fortbildungen organisiert und Dozenten verschiedenster Wissenschaften eingeladen, auf dass sie die Jesuiten des Konvents zu neuem Denken anregten, was vor allem jenen schwer aufgestoßen war, die sich im behäbigen Alltagstrott gemütlich eingerichtet hatten.
Er galt als unkonventionell, und manch einer hatte ihm schon Ketzerei vorgeworfen, denn es war bekannt, dass er auch alte, umstrittene oder gar verbotene Schriften las und deren Ansichten nicht von vorneherein verwarf, sondern durchdachte und aufgrund neuester Erkenntnisse zu widerlegen oder bestätigen suchte. Auch die Menschen damals seien Kinder Gottes gewesen, pflegte er zu sagen, sie hätten es nur noch nicht gewusst.
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Kapitel Kapitel 5
Das Collège de Clermont zu Paris, vormals Residenz der Bischöfe von Langres, zählte zu den ehrwürdigsten und berühmtesten Bildungseinrichtungen Frankreichs. Benannt nach seinem Stifter, Guillaume Duprat, Bischof von Clermont, der das bereits seit dem vorigen Jahrhundert bestehende Pariser Jesuitenkolleg großzügig in seinem Testament bedachte, entwickelte sich dieses zu einer der führenden wissenschaftlichen Ausbildungsstätten des Landes, zu deren Kapelle König Heinrich III. in eigener Person den Grundstein gelegt hatte. Zwar traf das Collège dazumal ein heftiger Schicksalsschlag, als einer seiner ehemaligen Schüler, Jean Châtel, auf König Heinrich IV. ein Attentat verübte, was zur Schließung des Kollegs und zur kurzzeitigen Verbannung der Jesuiten aus Frankreich führte. Doch im Jahre 1618 öffnete das Collège de Clermont, dank der Erlaubnis des jungen Königs Louis XIII, wieder seine Pforten, und der neuerliche Zustrom seiner Schüler wuchs beständig, sehr zum Ärger der Professoren der Pariser Sorbonne, die sich durch solch überragende Konkurrenz massiv bedrängt sahen. Auch seitens der Jansenisten gab es beständig Anfeindungen, doch all diese Querelen konnten dem Collège und seinem hervorragenden Ruf nichts anhaben. Ja, es schien wahrhaftig, als hielte der Allmächtige Seine schützende Hand über die Patres! Oder waren sie schlicht mit dem Teufel im Bunde?
Den Abbé d`Herblay wandelte prompt ein seltsames Gefühl an, beim Anblick dieses imposanten Gebäudes, und die Erinnerung an jene Jahre, die er seit der Wiedereröffnung des Collèges bis zu seinem unglücklichen Hinauswurf hier verbrachte, stieg im Angesicht der hohen, respektgebietenden Mauern so klar und deutlich in ihm hoch als hätte alles damals Vorgefallene erst gestern stattgefunden.
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Kapitel Kapitel 6
Das Äußere des Pomme de Pin, des erklärten Stammlokals der Musketiere, hatte sich mittlerweile sichtlich verändert - seine Fassade war frisch geweißt, und ein neues, in leuchtenden Farben gemaltes Wirtshausschild prangte überm Eingang. Doch in der Gaststube selbst standen wie damals die vertrauten Tische und Bänke, auch der eichene Tresen hatte seine klobige Gestalt nicht verändert, Weingeruch, Bierdunst und Tabaksqualm hingen wie gewohnt im Raum, und die Schar der mit Degen und Pistolen bewaffneten Gäste, zum weitaus größten Teil in blaue casaquen gewandet, lachte und schwadronierte lauthals wie vordem. Der Abend war hereingebrochen, die Stube demgemäß dicht besetzt, und Athos` und Aramis` Eintritt erregte bei all dem Lärm kein Aufsehen. Doch als die beiden Freunde, auf der Suche nach einem freien Sitzplatz, durch die Reihen der Bänke schritten, sahen die Männer unwillkürlich auf, und ein Ausdruck grenzenloser Überraschung erhellte ihre bereits empfindlich geröteten Gesichter. „Parbleu!“, rief de Buchy und riss seine schon etwas glasig blickenden Augen auf, „he, Tremblay, kneift mich! Sind das nicht unsere alten Kameraden?“
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Kapitel Kapitel 7
„Nichts“, murmelte Gaspard vor sich hin, als sie das Hôtel Royaumont verließen, „gar nichts. Kein einziger Hinweis auf einen unnatürlichen Tod. Und laut monseigneur de Condren haben sie wirklich alles untersucht, selbst sein Nachtkästchen und die Reste seines Frühstücks.“
„So wird monseigneur de Bérulle eines natürlichen Todes gestorben sein“, gab Pater Schott gelassen zurück, „das finde ich beruhigend. Wir scheinen es mit Verleumdern, aber nicht mit Mördern zu tun haben.“ Die beiden waren früh aufgebrochen, um Charles de Condren, den Nachfolger Kardinal Bérulles, aufzusuchen und zu dessen Tod zu befragen. De Condren hatte sie wohlwollend empfangen und ob ihrer Nachfrage verständnisvoll genickt, auch ihm sei der Tod seines Confraters seltsam erschienen. Doch man habe wirklich alles untersucht, und der Medicus des Verstorbenen habe nachvollziehbar erklärt, dass der Kardinal unter einem schwachen Herz gelitten habe. Was könne es im Übrigen Erhabeneres geben, als bei einer Messe heimberufen zu werden, da könne man doch davon ausgehen, dass der Verstorbene direkt ins Paradies eingezogen sei!
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Kapitel Kapitel 8
Der Abbé d`Herblay trat durchs Tor des Palais du cardinal auf die Rue Saint Honoré hinaus und holte tief Atem. Dieu merci, sein Gespräch mit Richelieu war weit besser verlaufen als er befürchtet hatte! Seiner verfluchten Rolle als Bittsteller gemäß hatte er sich wohlweislich gescheut, im Kavaliershabit vorm Herrn Kardinal zu erscheinen, und daher, ganz gegen seine sonstige Gewohnheit, seine priesterliche Soutane angelegt, obwohl er dabei innerlich mit den Zähnen knirschte. An allen Mauern klebten diese verdammten Flugblätter, Leute drängten sich zuhauf davor, schüttelten entsetzt die Köpfe, flüsterten ängstlich miteinander, schimpften lauthals oder befleißigten sich bissiger Kommentare, die Aramis inständig wünschen ließen, seinen scharfen Degen zur Hand zu haben. Bei allen Teufeln, er kam sich vor wie bei einem Spießrutenlauf! Wenigstens war der Empfang im Palais du cardinal erträglich. De Bernajoux und de Caderousse, die beiden wachhabenden Gardisten am Eingangstor, hatten zwar den ehemaligen Musketier trotz seiner geistlichen Montur sofort wiedererkannt, doch ihre süffisanten Worte hielten sich, Gott sei`s gedankt, in Grenzen! Und Richelieu war ein Mann von Wort. Er scheute sich nicht, Aramis` Verdienste zu würdigen, und auch der Comte de Rochefort versicherte, er fühle sich dem Abbé dafür zutiefst verbunden. Aber dennoch, es war nicht zu verkennen!, herrschte in Richelieu`s Kabinett eine gespannte Atmosphäre, und diese galt keineswegs Aramis` Person sondern vielmehr seinem Orden. Schon öfters hatten die Jesuiten infolge ihrer überragenden Effizienz und ihres politischen Engagements zu Spekulationen und Gerüchten Anlass gegeben, und an gegnerischen Schriften über sie herrschte wahrlich kein Mangel. Immer wieder wurden sie das Ziel öffentlicher Angriffe, sei`s von calvinistischer, jansenistischer oder libertinistischer Seite, und insbesondere ihr Erfolg auf dem Bildungssektor, der eine Vielzahl bedeutender Gelehrter hervorbrachte, zog den Neid und die Missgunst ihrer Konkurrenten auf sich. Auch Richelieu begegnete ihnen mit Argwohn, denn er betrachtete die Societas Jesu, ebenso wie die Hugenotten, als einen politischen Fremdkörper, als einen Staat im Staate, der gegenüber der französischen Krone auf größtmögliche Selbständigkeit und Unabhängigkeit pochte. Kein Wunder also, dass er seinem latenten Misstrauen mit Worten Ausdruck verlieh, als der Abbé, um den Grund seines Besuches gefragt, die infame Schmähschrift aufs Tapet brachte, deren Exemplar vor seinen Augen auf Richelieu`s Schreibtisch lag. Diable, nun folgte eine hitzige Diskussion, Rochefort übernahm die Rolle des Staatsanwalts, er, Aramis, den Part des Verteidigers, und sie lieferten einander vor Richelieu`s Richterstuhl ein Duell, bewaffnet mit den schärfsten Argumenten, über dessen Ausgang der Kardinal entschied. Halleluja, dem Allmächtigen sei`s gedankt, dieser ließ sich zu einem Vergleich bewegen, nämlich, von staatlicher Seite her nichts gegen den schwer inkriminierten Orden zu unternehmen, bis seine infamen Verleumder in Person gefunden waren.
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Kapitel Kapitel 9
Der Küster von Notre Dame hielt stirnrunzelnd inne, den Staubwedel in der Hand - beim Allmächtigen, welcher Wüstling war denn da an der Türe?! Jemand schlug unentwegt mit der Faust dagegen, ja, es schien ihm gar, man trat mit den Füßen gegen sie! Mon Dieu, war das etwa eine städtische Räuberbande, die wehrlose Bürger in ihren Wohnungen überfiel?!
„Aufmachen! Hola, Bazin! Öffne die Tür!“
Bei allen Heiligen, was für eine Stimme! Der Küster glaubte sich plötzlich in jene schreckliche Zeit zurückversetzt, als er noch Diener bei Monsieur Aramis war, und dieser den königlichen Musketieren angehörte! Herr im Himmel, war das etwa gar - ? „Wer ist da?“, rief er bang und fühlte, wie ihm kalter Schweiß auf die Stirne trat, nein, das konnte nicht sein, er musste träumen!
„Ich bin es! Athos!“, schrie da die Stimme wieder, drängend vor Ungeduld, „mach endlich auf!“ Und eine Faust hämmerte abermals gegen die Türe.
„Oh, bitte habt Geduld, ich komm ja schon!“, krächzte Bazin zurück und knüpfte mit fahrigen Händen seine Schürze auf – Herrgott, damit konnte er sich doch vor dem Grafen nicht blicken lassen! Er schleuderte sie beiseite und lief zur Türe, mit bebender Hand drehte er den Schlüssel im Schloss und öffnete sie. Doch was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren: Der Comte de la Fère stand auf der Schwelle, von Kopf bis Fuß nass und völlig derangiert, an seiner Seite ein großer, muskulöser Mann in rußbeschmiertem Lederschurz, und beide stanken dermaßen nach Rauch und Qualm, dass es schier unbeschreiblich war. Aber als er den leichenblassen Mann erkannte, den sie mit vereinten Kräften trugen, wollte ihm beinah das Herz stillstehen. „M…Monsieur l`abbé!“, keuchte er erstickt und starrte entsetzt auf den Verletzten, „um Himmels willen, Messieurs, was ist geschehen?!“
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Kapitel Kapitel 10
„Gott zum Gruß, hochwürdiger Herr Pater!“ Das alte Mütterchen bekreuzigte sich ehrfürchtig, und die junge Dienstmagd, die mit ihrem Wäschekorb die Gasse entlang eilte, senkte züchtig den Blick und wich mit tiefem Knicks aus. Einige Passanten, vornehme wie biedere, grüßten ehrerbietig bei Athos` Anblick, doch je länger er an Rocheforts Seite durch die Straßen von Paris ging, desto öfter trafen ihn scheele Blicke, und man tuschelte hinter vorgehaltener Hand.
„Seht, dort! Das muss ein Jesuit sein! Und damit wohl auch einer dieser verdammten Rosenkreuzer! Womöglich gehört der gar zu den Unbekannten Oberen!“
„Monsieur, Ihr glaubt, dieser Pater wäre einer der invisibles? Pah, da müsste er doch unsichtbar sein!“
„Und wenn schon! Vermutlich verstellt er sich bloß!“
„Ich hab`s immer gesagt, mit diesen Jesuiten ist was faul! Haben sie nicht unsren guten König Heinrich umgebracht?!“
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Kapitel Kapitel 11
Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne erhellten bereits die Dächer von Paris, doch die Stadt schlief noch, und auch das Palais du cardinal lag in friedlichem Morgenschlummer. Bloß ein schwarzgekleideter, schwer bewaffneter Edelmann stand vorm Tor, in Stiefeln und Sporen, sein Pferd an der Hand, und spähte scharf aus.
„Hm,“ murmelte der Comte de Rochefort, „es ist bereits sechs Uhr, und als ehemaliger Musketier müsste der Herr Graf doch an Pünktlichkeit gewöhnt sein!“ Aber da wurde der Stallmeister seiner Sorge schon enthoben, denn im selben Augenblick erscholl heller Hufschlag, vier Reiter bogen um die Straßenecke und näherten sich in flottem Trab. Schon hielten die Männer grüßend vor ihm an, Rochefort riss die Augen auf und blickte verdutzt von einem zum anderen. „Bonjour, meine Herren! Pardon, Ihr seht mich überrascht! Solltet, Ihr, Monsieur l`abbé, denn nicht das Bett hüten?“
„Oh, mein hochwürdiger Herr Mitbruder besteht darauf, Euch und den Herrn Grafen nach Chartres zu begleiten!“, erklärte Pater Schott mit grimmigem Lächeln. „Und da er durch seine Wunde ein wenig beeinträchtigt ist, haben wir, Pater d`Aubry und ich, uns selbstverständlich bereit erklärt, ihn als Leibwache und Sanitäter zu unterstützen!“
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Kapitel Kapitel 12
So brachen schlussendlich Athos, Aramis und Rochefort zum Landhaus des Duc auf, derweil Schott und d´Aubry den Bischof aufsuchen wollten. Man war übereingekommen, sich danach wieder in der Herberge zu treffen, um die jeweiligen Erkenntnisse auszutauschen, in der Annahme, dass jede Mission, vor allem der Besuch beim Duc, mindestens bis zum Abend dauern würde. Doch es war der Stallmeister, der schon gegen vier Uhr nachmittags die Tür des Wirtshauses voller Wut aufstieß, so dass diese schwungvoll gegen die Wand krachte. „Wein“, rief er mit ärgerlich vibrierender Stimme in Richtung des Tresens, was den Gastwirt zu einem tiefen Bückling, gefolgt von hektischer Aktivität, animierte. Der Graf zog sich einen Stuhl herbei und ließ sich darauf fallen, seine beiden Reisegefährten setzten sich, etwas gemäßigter, zu ihm. „Bei Gott, was für eine elende Kanaille!“, schäumte Rochefort, dessen Zorn zeigte, welch Temperament in dem sonst so gelassenen und beherrschten Diener Seiner Eminenz steckte. „Er spielt Katz und Maus mit uns, so steht es, meine Herren. Was will er? Dass wir ihn durch ganz Frankreich verfolgen? Wo, verflucht, versteckt sich dieser Feigling nun?“
„Er weiß, dass wir ihm auf den Fersen sind, er weiß, dass sein Plan nicht aufgegangen ist“, sagte Athos nachdenklich, „er weiß, dass er verspielt hat. Wären nur wir, Aramis und ich, hinter ihm her, könnte er noch hoffen, aber dass Ihr ihn im Namen Seiner Eminenz verfolgt, zeigt, dass die Verleumdungen als solche erkannt wurden. So bleibt ihm nur die Flucht, denn würde er sich stellen, würde er alles verlieren. Gegen die Staatsmacht kommt er nicht an.“
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Kapitel Kapitel 13
Sachten Schrittes tasteten sich die beiden Männer vorwärts, und die Dunkelheit umhüllte sie wie ein schwarzes Tuch. Hinabgestiegen zu den Toten - jawohl, sie hatten die Gefilde der Lebenden verlassen, unter der Erde lag das Totenreich! Und dennoch, trotz aller Grabesnacht, war diese Krypta auch das Ziel frommer Gläubiger, die hierher kamen, um die Heilige Jungfrau Maria zu verehren, Notre Dame Sous Terre, deren schlichte hölzerne Statue den Altar der gleichnamigen Kapelle zierte. Schon die gallischen Druiden im Lande der Carnuten verehrten hier in einer Grotte eine geheimnisvolle Frauengestalt, virgo paritura genannt - eine Jungfrau, die niederkommen sollte. Wie wundersam verknüpften sich heidnische und christliche Glaubensvorstellungen! Und tatsächlich, wie von ferne schimmerte plötzlich schwacher Lichtschein! Wies ihnen die Himmelskönigin auf ihrem holzgeschnitzten Thron, das Jesuskind auf dem Schoß, etwa den Weg? In der Tat, in unmittelbarer Nähe ihrer Kapelle musste auch dieser seltsame, von frommen Legenden umwobene Brunnen liegen, dessen Wasser man seit alters her wunderbare Kräfte zuschrieb!
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Kapitel Kapitel 14
„Also, Kerl! Rede!“ Rochefort sah dem Hageren scharf ins Gesicht. Dieser lag mit geschlossenen Augen auf einem der schmalen Herbergsbetten, nachdem seine Wunden verarztet worden waren, und stöhnte leise vor sich hin. „Wer bist du, und was hat dich bewogen, uns in diesen heimtückischen Hinterhalt zu locken?!“
Doch der Verletzte zeigte mit keiner Regung, dass er den Stallmeister verstanden hatte, er lag einfach nur da als warte er auf Gevatter Tod. „Wer er ist, ist doch klar, oder?“, fragte Athos und musterte verächtlich den Liegenden, „ein abtrünniger Jesuit, der seinen Rausschmiss aus dem Konvent auf feige und niederträchtige Art und Weise rächen wollte. Ich glaube, wir sollten uns mit dem Kerl nicht zu lange aufhalten, das Einzige, was er uns sagen kann, ist, wohin der Duc geflohen ist. Und wenn er das nicht kann oder will, nun ja“, er zuckte die Achseln, „seine Wunden könnten tödlich sein.“
„Was wollt Ihr damit andeuten?“, mischte sich Pater Schott in vorwurfsvollem Ton ins Gespräch, „wollt Ihr ihn etwa foltern?“
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Kapitel Kapitel 15
Kardinal Richelieu erhob sich von seinem Schreibtisch, trat ans Fenster und spähte gespannt in den Hof hinunter - ja, er hatte sich nicht getäuscht, ein Wagen war soeben vorgefahren, und er sah zwei seiner Gardisten mit respektvollem Salut an den Kutschenschlag treten, der soeben von einem Lakaien geöffnet wurde. Parbleu, das musste er sein! Pater Denis Pétard, allseits bekannter Superior des Jesuitenkonvents zu Noisy und einer der gelehrtesten Männer Frankreichs. Hatte er doch seinerzeit hier zu Paris Theologie unterrichtet und die akademische Welt ob seines messerscharfen Geists und seines umfassenden Wissen in höchstes Erstaunen gesetzt! Der Kardinal holte tief Luft, diable, gegen diesen Herrn musste er sich wappnen! Pater Pétard war entschieden kein simpler Gegner wie andere hier, nein, er war eine Persönlichkeit! Und dass er so dermaßen rasch hier im Palais du cardinal erschien, bewies nur zu deutlich, dass Richelieus Botschaft ihn in Rage versetzt haben musste! Nun ja, zugegeben, es schien tatsächlich politisch höchst bedenklich, einen Angehörigen der Societas Jesu unter Arrest zu stellen, aber was hätte er, Richelieu, denn tun sollen?! Dem Wort des jungen Mannes etwa unbesehen glauben? Nein, diese Angelegenheit hatte streng geprüft zu werden, ehe man daran denken konnte, ihn wieder auf freien Fuß zu setzen! Denn wenn Pater Schott tatsächlich ein doppeltes Spiel trieb, dann musste sich dies nun klar erweisen! Allerdings machte der junge Mann beileibe nicht den Eindruck, als hätte er etwas auf dem Kerbholz, und er, Richelieu, war ein guter Menschenkenner. Aber die Anschuldigungen dieses Schurken de Macaire, den er umgehend in die Bastille befördern hatte lassen, wogen schwer, und daher schien es ihm nicht opportun, einfach darüber hinwegzusehen. Pater Schotts Vorgesetzten über die stattgehabten Geschehnisse sofort zu informieren war jedoch seine unbestrittene Pflicht, und dass dieser prompt erschien, um seinen jungen Mitbruder herauszuhauen, ließ sich in der Tat vorhersehen. Nun denn, mochte der Herr nur kommen! Der Kardinal wandte sich um und lauschte gespannt. Richtig, da erklangen auch schon rasche, forsche Schritte, diese hielten vor der Türe zu seinem Büro, und man klopfte vernehmlich. Auf Richelieus Aufforderung hin öffnete sich die Türe, und der Comte de Rochefort erschien auf der Schwelle. „Eure Eminenz, der hochwürdige Herr Superior der Jesuiten zu Noisy, Monseigneur Pétard, wünscht Euch dringend zu sprechen!“
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Kapitel Kapitel 16
„Wo wart Ihr?!“ Madame du Vallon, ehemals Coquenard, stand in der Diele ihres ehemaligen Wohnsitzes in der Rue aux Ours und funkelte ihren Ehemann wütend an. Ihre Hände hatte sie auf ihre Hüften gestemmt und den Oberkörper leicht vorgebeugt. Mit ihrer schrillen Stimme und ihrem Geschick für Zahlen hätte sie eine gute Fischverkäuferin abgegeben, fuhr es Porthos durch den Kopf, da hätten wir Fortune machen können, wenn wir´s nötig gehabt hätten. „Ich steh da wie bezahlt und nicht abgeholt, was denkt Ihr Euch eigentlich dabei?! So geht man doch nicht mit seiner Frau um! Und dabei wollte ich Euch noch den schönen Rock zeigen, den Maître Eguille mir geschneidert hat!“ Nun wurde ihr Ton weinerlich, was Porthos gar nicht leiden konnte. „Ihr sagtet, Ihr wartet!“
„Parbleu, das wollte ich ja auch tun, meine Liebe! Aber der Durst begann mich zu plagen, und so suchte ich die nächstgelegene Gaststätte auf, um mir ein Glas Wein zu gönnen! Das wird doch noch erlaubt sein?“, verteidigte sich der Hüne. „Außerdem hatte ich Euch ja meinen treuen Mouston als Schildwache vor der Schneiderwerkstatt zurückgelassen, um mich zu verständigen, wenn Ihr Eure Anprobe beendet habt!“
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Kapitel Kapitel 17
„Monsieur Porthos! - Oh, bitte verzeiht, ich meinte natürlich: Monsieur du Vallon!“ Rochefort lächelte entschuldigend und zog vor Athos` und Aramis` hünenhaftem Gefährten höflich seinen Hut, „habt meinen tiefsten Dank, dass Ihr so spontan bereit wart, uns auf unserer heiklen Mission zu begleiten! Einen solch starken Arm wie den Euren können wir gut gebrauchen! Ich nehme an, Eure beiden Freunde haben Euch bereits ins Bild gesetzt?“
„Jawohl, Monsieur le comte!“, erklärte Porthos lautstark und vollführte vor dem Grafen eine ungeschlachte Reverenz. „Und ich versichere Euch bei meiner Ehre, dieser verdammte Kerl wird uns nicht - !“
„Psst, Monsieur, bloß nicht so laut!“, zischte Rochefort, „unser Auftrag ist streng geheim, kein Gerücht darf uns vorauseilen! Sonst könnte dies ungeahnte - !“
„Oh, ich weiß, ich weiß!“, wehrte Porthos jovial ab, „Monsieur, Ihr könnt Euch ganz auf mich verlassen!“ Und er senkte prompt seine Stimme zu Flüsterlautstärke und raunte dem Stallmeister vertraulich ins Ohr: „Unliebsame politische Verwicklungen, ist mir schon klar!“
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Kapitel Kapitel 18
„Halt!“ Das harsche Kommando, auf Französisch gebrüllt, ließ die Reisenden, die eben aus dem Hof der so angenehmen Herberge ritten, brüsk ihre Pferde zügeln. „Verflucht, Theophile, lernst du es nie? Du sollst Schritt halten, nicht zehn Fuß hinter den anderen hertrödeln. Was glaubst du, wofür du hier bist?“ Der Leutnant, der als einziger die Uniform eines Dragoners trug, warf den Reitern, in denen er wohl Offiziere vermutete, einen gequälten Blick zu. Vor ihm verhielten zehn Söldner, zerlumpt, aber bis an die Zähne bewaffnet, vermutlich neue Rekruten der in Metz einquartierten französischen Armee. „Die Hälfte versteht mich nicht, die andere stellt sich taub!“, schimpfte der Mann an Rochefort gewandt, „wie soll man da einen Krieg gewinnen, sagt mir das! Das einzige, was die interessiert, ist das Plündern! So“, schrie er seinen Männern zu, „wenn´s heißt Halt, dann ist das Halt! Kapiert? Marsch, und dass mir keiner mehr sonstwohin abdriftet. Ihr steht im Sold von Frankreich!“
Die kleine Truppe setzte sich in Bewegung, und kurz darauf lag die Straße wieder friedlich da. Ein Huhn gackerte und rannte über das Kopfsteinpflaster, hinter einer Mauer grunzten Schweine, und ein Bauer, der wohl abgewartet hatte, bis die Soldaten verschwunden waren, trieb einen Eselskarren aus seinem Hof.
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Kapitel Kapitel 19
Je näher sie dem Kirchturm und damit dem Dorf kamen, umso deutlicher wurden die Zeichen der Verwahrlosung und des Elends. Die Äcker um das Dorf herum waren nicht bestellt, und als sie endlich die ersten Häuser erreichten, blaffte sie ein magerer Hund an. Zwei Katzen saßen auf dem Zaun, der das Dorf vor den Wölfen schützen sollte, und musterten sie aus ihren schräg gestellten Augen, Federvieh rannte gackernd davon, aber keine Kuh muhte und kein Mensch war zu sehen. Unkraut wucherte in den Gärten, ein Fensterladen hing schräg in den Angeln und schlug leise im Wind, eine Tür stand weit auf, und niemand schien sich daran zu stören. Doch das Schlimmste war der Gestank. Ein Gestank, den Athos das letzte Mal auf dem Schlachtfeld gerochen hatte. Der Gestank nach Tod und Verwesung.
Da brauchte es die weißen Kreuze auf den Türen nicht mehr, um zu verstehen, was mit den Bewohnern des Dorfes geschehen war: Die Pest hatte sie geholt, und so wie es aussah, war ihr niemand ausgekommen.
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Kapitel Kapitel 20
„So wohnt ihr in den Wäldern?“, nahm Rochefort die Unterhaltung wieder auf, nachdem alle einigermaßen satt geworden waren. „Ja“, antwortete der Mann mit den Stiefeln und nagte hingebungsvoll an einem Knochen, „ja, seit sechs Monaten. Jean dort unten ist schon länger dabei, und Yves auch. Mit Verlaub“, er setzte sich ein wenig auf und drehte den blanken Knochen in den Fingern umher, „wo wollt Ihr denn hin?“
Die Freunde warfen einander einen unschlüssigen Blick zu - hm, war es klug, diese Frage zu beantworten? Sie blickten zu Rochefort, und dieser ergriff nach kurzem Zögern das Wort. „Nach Deutschland“, erklärte er vage.
„Nach Deutschland?!“, entfuhr es dem Bärtigen, und er und seine Kameraden starrten die Freunde an als hätte der Stallmeister soeben gesagt, sie wollten hinüber nach Amerika zu den Wilden. „Mon Dieu! Zu den Deutschen und den Schweden! Himmel, man weiß doch, die Deutschen hassen die Franzosen, die werden Euch massakrieren!“
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Kapitel Kapitel 21
Der Adler war ein solides Gasthaus, das in Friedenszeiten wohl einer gutbetuchten Klientel vorbehalten war, das sich jetzt jedoch ausnahm wie die Taverne eines Feldlagers. Als sie am gestrigen Abend in die Gaststube getreten waren, waren alle Tische voll besetzt gewesen, von einer grölenden und saufenden Soldateska, die nur widerwillig dem Hauptmann und seinen Gästen einen Tisch freigeräumt hatte. Die Baronin hatte sich vor der Tür des Gasthauses verabschiedet und auf Porthos´ Nachfrage, ob er sie nach Hause begleiten solle - so allein konnte doch keine Dame zu dieser Zeit durch Saarbrücken wandern! - hatte sie lächelnd nach hinten zu einem kleinen, schwarzen Einspänner gewiesen. Ob dieser hier gewartet oder sie schon die ganze Strecke begleitet hatte, hätte Porthos nicht sagen können.
Nun, am nächsten Morgen, saßen nur vereinzelte Gestalten an den langen Tischen, zumeist bärtige, zerlumpte Männer, die müde in ihre Schüsseln guckten und Brotkanten zerfledderten. Der eine oder andere hatte trotz der frühen Stunde schon eine Flasche Wein vor sich stehen, aber dennoch wäre es ein Fehler gewesen, die Soldaten zu unterschätzen. Als sie die Stube betraten, war sich Athos nur zu wohl bewusst, dass sie aus mindestens zehn Augenpaaren genauestens beobachtet wurden - und dass sich Hände unauffällig Messern und Pistolen näherten. Denn die Männer waren bis an die Zähne bewaffnet und hatten in den Jahren des Krieges den Instinkt von Raubtieren ausgebildet: Gehe immer davon aus, dass der, den du nicht kennst, ein Feind ist!
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Kapitel Kapitel 22
In der Tat saß Porthos, als sie den Adler betraten, ganz alleine an einem der langen Tische und sah aus wie ein Kater, der eben eine fette Maus verputzt hat. Nur dass vor ihm keine Milch, sondern eine Flasche Pfälzer Wein stand, den er mit kleinen Schlucken trank.
„Setzt Euch her, setzt Euch her“, rief er erfreut, als er seine Freunde gewahrte, und klopfte auf die Bank, worauf Rocheforts Hund prompt herbeilief und Porthos prüfend in den Riecher nahm, „Wirt, drei Gläser und zwei Flaschen vom selben!“
Doch Athos schüttelte den Kopf und machte dem Hotelier, der schon eifrig herbeiwieselte, ein Zeichen: „Branntwein. Den stärksten, den du hast.“
Der Wirt runzelte nur die Stirn, machte kehrt und kam kurz darauf mit einer Flasche aus Ton und vier kleinen Bechern zurück. „Selbstgebrannter, monseignör“, erklärte er, während er den Tisch mit einem Tuch abwischte, „aus Trester.“
„Trester? Hast du nichts Besseres?“
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Kapitel Kapitel 23
Zwei Türme ragten weithin sichtbar in den Himmel, und Frau von Kiesel atmete auf. Endlich hatte das Geholpere ein Ende. Der Weg von Saarbrücken nach Kirkel war zwar nicht allzu weit, gerade einmal drei Stunden Kutschfahrt, aber er führte durch ein riesiges Waldgebiet, dessen Straßen nun, aufgrund des Krieges, nicht mehr unterhalten wurden. Entsprechend tief waren die Fuhrrinnen und Löcher, ein Wunder, dass keine Achse gebrochen war. Das nächste Mal würde sie reiten, schwor sie sich im Stillen, als sie im Innenhof der Burg aus dem Wagen stieg. „Danke, Leutnant“, sagte sie zu dem jungen Mann, der ihr die Hand geboten hatte, „ist Hauptmann von Bernstein da?“
„Er erwartet Euch“, entgegnete der Offizier. Bettina von Kiesel nickte, gewiss hatte der Hauptmann seine Späher, denn sie hatte ihren Besuch nicht angekündigt. Aber von einer ordentlichen Burgbesatzung konnte man wohl erwarten, dass sie sich absicherte und Posten aufstellte. Sie ließ ihren Blick durch den Burghof schweifen, es waren eindeutig mehr Männer als das letzte Mal hier, Schweden, wenn sie sich nicht täuschte. Umso besser, je näher der Feind war, desto mehr Informationen konnte man weitergeben.
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Kapitel Kapitel 24
„Nun denn, meine Herren, dann lasst uns also den zweiten Teil unserer Mission erfüllen!“, erklärte Rochefort mit gesenkter Stimme, rief seinen treuen Vierbeiner und schwang sich in den Sattel, während Athos, Porthos und Aramis ebenfalls aufsaßen und Porthos dem jungen Stallburschen, der ihm den Steigbügel hielt, noch ein üppiges Trinkgeld in die magere Hand drückte. „Hier, mein Junge, kauf dir was Ordentliches zu essen, damit du ein wenig Speck auf die Rippen kriegst! Der Herr Wirt füttert dich wohl nicht ordentlich?“
Der Junge starrte zuerst den Hünen an, ohne eins der fremdklingenden Worte zu begreifen, dann sah er überrascht auf die blinkenden Münzen in seiner Hand nieder und brach prompt in einen jauchzenden Dankesruf aus, den sogar Porthos auf Anhieb verstand. Er zwinkerte dem Jungen zu, dieser schwenkte zum Abschied lachend seine Mütze, und so zog der kleine Trupp von dannen und passierte ohne Schwierigkeiten das Stadttor. Hauptmann von Scharffeneck hatte seinen Männern offenbar Weisung gegeben.
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Kapitel Kapitel 25
„Wie?“ Frau von Kiesel meinte, nicht recht gehört zu haben.„Abgereist, sagt Ihr?! Beim Allmächtigen, das darf doch nicht wahr sein!“ Sie stampfte mit dem Fuß auf, und ihre eben noch bleichen Wangen röteten sich zornig. „Verdammt nochmal, Rudolf! Warum habt Ihr sie nicht aufgehalten?!“
„Zum Teufel, wie denn?!“, zischte Eisenberg enerviert zurück. „Hätte ich sie etwa verhaften sollen?! Diese vier Männer sind immerhin französische Verbündete! Von Kardinal Richelieu höchstpersönlich gesandt! Und unser Stadtkommandant hat einen Narren an ihnen gefressen! Wie sollte ich also unter diesen Umständen - ?!“
„Ha, wenn Ihr wüsstet!“ Die Baronin lachte grimmig, „hört, was ich von Hauptmann Von Bernstein über diese Franzosen erfahren habe! Ihr Anführer, dieser sogenannte Graf d`Olinville ist nämlich, haltet Euch fest, Rudolf!, kein anderer als der Comte de Rochefort, Richelieus Geheimdienstchef und engster Vertrauter!“ Sie schnaubte wütend und ballte die Faust, „ah, wenn ich denke, welch hervorragendes Druckmittel wir zugunsten des Kaisers gegenüber der protestantischen Union in Händen hielten, wenn es uns gelänge, diesen großen Fisch für Habsburg zu fangen!“
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Kapitel Kapitel 26
„Seht, dort liegt Forbach!“ Oberstleutnant Eisenberg wandte sich zu seinen Begleitern um und wies auf die nahe Ortschaft, „wir sind todsicher auf dem richtigen Weg, denn die Franzosen müssen auf ihrer Heimreise hier durchgekommen sein! Die hiesige Grenzpatrouille wird uns das bestätigen!“
„Ich werde, wie besprochen, meinen Wagen hier in Forbach zurücklassen und Euch zu Pferde folgen!“, rief Frau von Kiesel ihren Komplizen vom offenen Kutschenfenster aus zu. „Wir holen sie auf dem schnellsten Wege ein, ich simuliere einen Reitunfall und zwinge die Franzosen damit, sich um mich zu kümmern und mich in die nächste Herberge zu bringen. Ich bin sicher, Monsiör Porthos wird darob zutiefst entzückt sein!“ Sie lächelte füchsisch. „Doch leider muss ich ihn enttäuschen, denn er und seine Gefährten werden auf mein Verlangen schleunigst versuchen, einen Arzt aufzutreiben, und derweil bleibe ich mit dem Comte allein. Sobald sich seine Begleiter außer Haus befinden, schlagen wir zu!“
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Kapitel Kapitel 27
„Seht nur! Da liegt schon Zweibrücken!“ Doktor Mylius streckte den Arm aus und wies nach vorn, wo in der Ebene die Umrisse einer Stadt zu erkennen waren.
„Schon ist gut“, murmelte Athos, dessen Bein trotz des Laudanums brannte wie Feuer. Sie waren den letzten Tag durchgeritten und auch heute bereits vor der Morgendämmerung - nach einer Nacht unter freiem Himmel - aufgebrochen. Alle waren sich einig gewesen, dass Eile geboten sei, denn hier, zwischen Rheinland-Pfalz und dem Saarland, mochte sich noch mehr unlauteres Gesindel umhertreiben, das von der Grenzsituation und den Streitigkeiten der Fürsten profitierte.
„Ihr werdet sehen, wir werden fürsorglich empfangen werden“, fuhr Mylius fort, und auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln voller Vorfreude aus, „mein Herzog wird zutiefst dankbar sein, dass Ihr uns aus den Klauen dieser Schufte gerettet habt!“
***
„Ihr seid am Zug, mon scher ami!“ Herzog Johann lehnte sich genüsslich in seinen Stuhl zurück, strich sich mit seiner breiten, ringgeschmückten Rechten über den dunklen Kinnbart und zwinkerte seinem Gegenüber aufmunternd zu. „Schach dem König! Ihr solltet ihn schleunigst in Sicherheit bringen, mein Lieber!“
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Kapitel Kapitel 28
„Nein, Faustus! Hierher! Komm, bei Fuß!“
Der Hund hielt inne und wandte sich schuldbewusst nach seinem neuen Herrn um. Oh, es war doch so herrlich, zur Abendstunde all diesen verlockenden Spuren nachzujagen! Menschen hatten sie hinterlassen, aber auch Katzen, Mäuse, Marder und anderes Getier, das sich in die Nähe menschlicher Behausungen wagte, und ihr vielfältiger Geruch zog ihn geradezu magisch an. Schon setzte er sich wieder in Trab, zielstrebig und gespannt, die Nase schnüffelnd auf den Boden geheftet, und Rochefort seufzte, denn der neugierige Faustus fiel hier wohl sofort auf wie der sprichwörtliche bunte Hund! Und in der Tat, da tauchte auch schon ein Bediensteter samt Laterne auf und machte ein grämliches Gesicht.
„Wenn ich den gnädigen Herrn untertänigst darum bitten dürfte, die Gartenwege und Rabatten von Hundekot freizuhalten!“, maulte er mit steifem Bückling und bedachte Rocheforts vierbeinigen Gefährten mit einem strengen Blick.
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Kapitel Kapitel 29
Als sie den Gang vor Athos´ Zimmer betraten, kam ihnen schon Porthos entgegen, der große Zeichen machte und sichtlich ungehalten war. „Wo bleibt Ihr denn? Wisst Ihr, Eure Schäferstündchen ...“
„Still, Porthos!“, herrschte ihn Athos an, „die Wände haben Ohren.“ War da nicht ein schwarzer Rock hinter der Ecke verschwunden oder litt er unter Wahnvorstellungen? In diesem Haus wimmelte es jedenfalls von Dienerschaft, und das Letzte, was sie gebrauchen konnten, waren Gerüchte um die wahre Natur ihrer Freundschaft. Der Hüne widersprach nicht, sondern grummelte nur und führte sie in die Gemächer Rocheforts, dem der Herzog gleich zwei Zimmer zur Verfügung gestellt hatte. In einem davon war ein Tisch zum Frühstück gedeckt, und der Stallmeister erhob sich, als die drei Freunde den Raum betraten. In seiner rechten Hand hielt er einen irdenen Becher, aus dem es dampfte, während er mit der linken auf die freien Stühle wies.
„Einen guten Morgen“, grüßte er höflich, „setzt Euch und teilt mein Frühstück. Es ist genug für eine Kompanie, der Herzog lässt sich wahrlich nicht lumpen.“
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Kapitel Kapitel 30
„Was sagst du da?!“ Der Duc de la Feuillade erhob sich vom Stuhl und starrte dem Lakaien alarmiert ins Gesicht. „Dieser Comte d`Olinville hat im Auftrag Kardinal Richelieus meine Auslieferung gefordert?! Verdammt, bist du sicher?“
„Absolut sicher, Monseignör!“, erklärte der Diener atemlos, „ich hab es mit eigenen Ohren gehört!“
„Und Herzog Johann? Was hat er darauf - ?“
„Er war zutiefst verzweifelt, jammerte und schrie, lief ruhelos hin und her und raufte sich die Haare! Doch dann blieb er plötzlich stehen und sagte leise etwas zu dem Grafen, das ich leider nicht verstand - und dieser erwiderte darauf, das gehe schon in Ordnung und sollte kein Problem sein.“
„Und nun bist du sofort zu mir gekommen, um mich zu warnen!“
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Kapitel Kapitel 31
„Natürlich machen wir uns sofort auf die Suche!“, erklärte Porthos resolut. „Sonst wird die Spur unseres Herrn Stallmeisters kalt! Faustus` Spürnase hat uns zielsicher zum Duc de la Feuillade geführt, also wird er sie auch erfolgreich auf Rocheforts Fährte heften! Kommt, Aramis!“
„Cher Porthos, habt bitte noch einen Moment Geduld!“ Aramis warf dem Hünen einen entschuldigenden Blick zu und trat raschen Schrittes an Athos heran. „Mein Freund, ich bitte Euch dringend um ein Wort unter vier Augen!“
Athos blickte seinen Freund erstaunt an, führte diesen aber dann in das Rosenrondell, während Porthos sich zu den Ställen begab. „Hier sollten wir ungestört sein“, erklärte er, neugierig, was so dringend war, dass es Aramis davon abhielt, die Suche nach Rochefort sofort aufzunehmen.
„Mon cher Athos,“ begann Aramis zögernd und wand sich dabei innerlich vor Scham, „ ich weiß es nur zu gut! Die Frage, die ich Euch stellen will, ist in höchstem Maße indiskret! Aber ich bitte Euch, würdet Ihr mir, Eurem treuen Freund, dennoch verraten, was Ihr da in Eurer Hosentasche habt?“
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Kapitel Kapitel 32
Kurze Zeit später beugten sich alle über ein Pergament, das der Soldat gebracht hatte. Es ließ sich sauber ausrollen, und die Linien, die darauf gezeichnet waren, waren deutlich erkennbar und nicht verblichen.
„Wie alt ist die Burg, monseigneur?“, fragte Athos überrascht.
„Mehr als fünfhundert Jahre“, erwiderte Johann, „aber mein Vater ließ sie umbauen und hat deswegen neue Pläne in Auftrag gegeben. Man hat damals die Burg aufs Genaueste vermessen, seht, sogar der geheime Gang wurde eingezeichnet.“ Der Herzog fuhr mit dem Zeigefinger zwischen zwei Linien entlang, die inmitten des Burghofes endeten. „Der Eingang befindet sich im Brunnenschacht, glaube ich.“
„Hm, das hört sich etwas feucht an.“, murmelte Porthos und zog eine Grimasse. Laut fragte er: „Und dieser Gang mündet laut Eurer Karte im Wald an der Flanke jenes Berges, der die Burg überragt. Doch wie hat man seinen Ausgang getarnt? Gibt es dort Gruben, verfallene alte Bergwerkstollen oder dergleichen?“
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Kapitel Kapitel 33
Der Chevalier d`Herblay zügelte sein Pferd und spähte scharf aus. Nein, niemand war ihm gefolgt, und auf dem Wegstück, das noch vor ihm lag, wollte sich ebenso kein lebendes Wesen zeigen. Majestätisch thronte Burg Kirkel auf dem nahen Hügel, hoch ragte ihr mächtiger Bergfried über ihren Mauern empor, das Banner der Herzöge von Pfalz-Zweibrücken wehte über ihren Dächern, und oben auf ihren Zinnen blitzte und funkelte es wie von blankem Stahl.
Der Anblick der Feste ließ den Abbé erbeben, und ein leises Prickeln rann durch seine Adern. Doch nicht bange Furcht war es, die er angesichts seines waghalsigen Planes verspürte, sondern eine seltsame Lust, wie er sich gestand. Ja, er liebte die Herausforderung, die Gefahr, wie ein Raubtier, das sich lautlos an seinen Feind heranschleicht – Tarnen und Täuschen, es lag ihm im Blut, eine Lüge kam ihm, wenn es die Situation erforderte, ebenso leicht über die Lippen wie die Wahrheit, er war seit langem daran gewöhnt, sein Innerstes vor den Augen der Welt zu verschließen, und sein wahres Ich bekam niemand zu sehen – bis auf einen, den einzigen, den er liebte.
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Kapitel Kapitel 34
„Oh!“ Aramis sah überrascht auf, dem Hauptmann ins Gesicht, „Monsieur le capitaine, wollt Ihr etwa damit sagen…habt Ihr tatsächlich etwas über den Comte de Rochefort gehört?“
„So könnte man das sagen.“ Von Bernstein wand sich ein wenig, denn er war sich immer noch nicht sicher, ob er diesem seltsamen Geistlichen trauen konnte. Andererseits hatte er schon genügend Andeutungen gemacht, aus denen der Mann sich zusammenreimen konnte, dass er zumindest etwas über den Verbleib Rocheforts wusste. „Er ist hier“, fiel ihm da, während er noch überlegte, wie viel er dem Kerl sagen sollte, Bettina in die Parade.
„W...wie?“, stammelte der Abbé als traue er seinen Ohren nicht. Doch schon fing er sich wieder und schüttelte unter halbherzigem Lächeln den Kopf: „Madame, ich verstehe. Ein kleiner Scherz in allen Ehren! Doch mir ist in dieser verdammten Sache beileibe nicht nach Scherzen zumute!“
„Oh nein!“, setzte Bettina zum Protest an, aber da klopfte es vehement, und sogleich, ohne auf Bernsteins Erlaubnis zu warten, schwang die Tür des Kabinetts auf. Eine völlig derangierte Ordonnanz erschien auf der Schwelle. „Herr Hauptmann, hier ist ...“, doch schon wurde sie mit fester Hand beiseite geschoben, und Johann von Zweibrücken betrat entschlossenen Schritts das Zimmer.
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Kapitel Kapitel 35
Athos erstarrte und machte Porthos ein Zeichen. Beide verharrten regungslos und lauschten in die Dunkelheit. Da waren Stimmen, ein Kratzen und Schaben. „Da ist jemand im Brunnen!“, flüsterte Athos seinem Freund zu, „leise jetzt!“ Der Hüne nickte und zog seinen Dolch. Sie befanden sich an einer etwas breiteren Stelle des Ganges, der von dem Brunnenschacht zu der ehemaligen Mine führte, und ihr Plan war einfach. Versuche, in die Burg zu gelangen, und wenn sich dir jemand entgegenstellt, so schneide ihm lautlos die Kehle durch. In dieser Finsternis, in der man nichts sah, nicht einmal die sprichwörtliche Hand vor den Augen, war es einfach, einen Feind zu überraschen, der nicht darauf gefasst war, dass sich noch jemand in dem engen Tunnel befand. Die einzige Schwierigkeit war, Freund und Feind auseinanderzuhalten, falls die Burgbesatzung ihren Gefangenen durch den Gang verschwinden lassen wollte. Sie hatten ihr Vorgehen mit den Männern des Herzogs besprochen, die ihnen zu Hilfe gekommen waren, als die Fahne eingeholt worden war, und sie waren übereingekommen, dass sie das Risiko eingehen mussten. Dieser Fluchtweg musste blockiert werden, und daher bewachten Johanns Scharfschützen den Eingang und Feuillade.
Athos drang vorwärts, nur von Porthos begleitet, denn in dem engen Gang konnten viele Männer nicht mehr ausrichten als zwei. Und nun kamen ihnen da vorne Soldaten entgegen, und sie wussten nicht, ob ihre Freunde dabei waren. Dreimal verflucht, in dieser tintenschwarzen Finsternis zwischen Freund und Feind zu unterscheiden war ein Ding der Unmöglichkeit! Was, wenn einer der Bewacher des Stallmeisters diesem beim kleinsten Geräusch einen Dolch in die Rippen stieß? Was, wenn einer dasselbe bei Aramis tat? Athos unterdrückte einen lästerlichen Fluch und schmiegte sich noch enger an die kalte, feuchte Wand. Es half nichts, sie mussten leise sein, leise wie der Tod in der Nacht, und schnell wie der Gedanke. Denn Johanns Soldaten kannten weder Rochefort noch Aramis, bevor die Flüchtenden sie erreichten, mussten sie, Athos und Porthos, unter ihnen aufgeräumt haben. Sorgfältig, lautlos und tödlich.
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Kapitel Kapitel 36
„Bernstein?“
Der Herzog höchstselbst beugte sich über den Brunnenrand und rief nach unten. Er hatte dabei das äußerst seltsame Gefühl, in ein Märchen geraten zu sein - ein Prinz, ein Brunnen, aber wo bitte blieb die Prinzessin? Oder die Kröte? Die saß im Tunnel, gab er sich in Gedanken die Antwort und schüttelte entnervt den Kopf. Was dachte er da? „Bernstein?“, wiederholte er, lauter jetzt und ärgerlicher. Himmel, es war die Schuld dieses Verräters dort unten, dass er in dieser unwürdigen Position über der Brunnenmauer hing.
Vielleicht sollte er einfach Soldaten mit Granaten dort hinabschicken, aber die Tatsache, dass dieser Kerl eine Frau bei sich hatte, hielt ihn davon ab. Außerdem hätte er die beiden gern lebend festgenommen, um mehr über ihre Verbindungen zu erfahren. Es war etwas faul im Staat, dachte er bitter, und er musste wissen, wie groß die verfaulte Stelle war.
„Was?“, kam von unten dumpf und düster eine Antwort. Johann schauderte, es klang, als spreche er mit einem Wassergeist.
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Kapitel Kapitel 37
Unruhig wanderte Herzog Johann, die Hände auf dem Rücken verschränkt, im Prunksaal der Burg auf und ab. Von Zeit zu Zeit hielt er an, um aus einem der Fenster angestrengt in die dunkle Nacht hinauszuspähen. Verdammt, warum erhielt er immer noch keine Nachricht? War Bernstein etwa entkommen, zusammen mit seiner Komplizin? Mussten die Franzosen und seine Männer ihre mühsame nächtliche Verfolgung aufnehmen? Oder harrten die beiden Verräter immer noch in dem geheimen Gang aus, um erst vorm Morgengrauen die Flucht zu versuchen? Durch die Burg zu entweichen war schlicht unmöglich, denn der Brunnen im Hof wurde nach wie vor scharf bewacht! Herrgott, wenn er doch nur Gewissheit hätte! Schon wollte er seine ruhelose Wanderung wieder aufnehmen, da klopfte es plötzlich an der Türe, und Johanns Adjutant erschien. „Mit Verlaub, Eure Durchlaucht, die Franzosen sind soeben zusammen mit unserer Verstärkung aus dem Wald zurückgekehrt und haben die Ehre, Euch die Gefangennahme der beiden Flüchtigen zu melden!“
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Kapitel Kapitel 38
Aramis atmete tief auf und ließ sich an Athos` Seite zurück in das schmale, doch himmlisch weiche Herbergsbett sinken. Sie hatten in eiligem Ritt die französische Grenze passiert, die Nacht war hereingebrochen, und so kamen die Reisegefährten überein, in jenem behäbigen Gasthof am Wegesrand zu übernachten, dessen farbenprächtiges Wirtshausschild und hell erleuchtete Fenster die müden Reisenden zum Verweilen einluden. Und Porthos` Wahl war in der Tat die richtige gewesen, denn das hier in der hauseigenen Brauerei gebraute Bier schmeckte wahrhaftig süffig, und auch die Qualität des hiesigen Schankweines ließ nichts zu wünschen übrig. Dazu knuspriges, frisch gebackenes Brot und saftiger Schmorbraten, ah, was begehrte der hungrige Wandersmann noch mehr!
Das Abendessen der vier Gefährten verlief dementsprechend mit gutem Appetit, ihr gemeinschaftliches Gespräch erwies sich als höchst angeregt, und Faustus, der sich vor Freude kaum zu halten wusste, als Rochefort ihn tatsächlich mit auf die Rückreise nach Paris nahm, zerknackte zufrieden saftige Rindsknochen unterm Tisch.
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Kapitel Kapitel 39
Kardinal Richelieu runzelte die Stirn und nahm sachte den Brief zur Hand, der soeben durch einen berittenen Eilboten gebracht worden war. Jawohl, es bestand kein Zweifel, das Siegel auf dem Umschlag zeigte das Wappen der Herzöge von Pfalz-Zweibrücken! Jenes deutschen Fürstentums, aus dem der Comte de Rochefort und seine drei Begleiter erst vor kurzem zurückgekehrt waren. Und wahrhaftig, was der Herr Stallmeister über diese Reise zu berichten wusste, war keine Kleinigkeit! Wären die Herren Athos, Porthos und Aramis nicht gewesen, schmachtete er wohl immer noch im Kerker dieses verkappten kaiserlichen Agenten und seiner heimlichen Helfershelfer! Oder noch schlimmer, man schleppte den Grafen bereits hinüber ins Habsburgerreich, um ihn in sicherer Entfernung zu internieren! Nicht auszudenken, welche desaströsen Folgen dies wohl hätte! Richelieu dachte und handelte als Politiker zwar streng pragmatisch und strikt nach den Regeln der Vernunft, doch den Mann, der als einziger sein uneingeschränktes Vertrauen besaß, wollte er um keinen Preis verlieren! Parbleu, es war ärgerlich genug, dass der Duc de la Feuillade vor Burg Kirkel überraschend das Zeitliche segnete und somit vor ihm, Richelieu, über seine dunklen Machenschaften kein persönliches Geständnis mehr ablegen konnte! Aber immerhin hatte Feuillade jenen jungen Gelehrten vom Orden der Societas Jesu vor seinem Hinscheiden noch klar und eindeutig entlastet und dessen unbescholtenen Ruf vor versammelter Zeugenschar zweifelsfrei wiederhergestellt!
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