Kapitel Kapitel 1
Dong … dong …dong - beim letzten Schlag der Glocken fuhr Gaspard aus dem Schlaf auf. Was war das? Was hatte ihn geweckt? Der letzte Schlag verklang, dumpf, metallisch. Die Glocke konnte es nicht gewesen sein, die hörte er nach fünf Jahren hier im Kloster von Noisy le Sec nicht mehr. Was war es dann? Mit klopfendem Herzen spähte er in die Dunkelheit, es musste Mitternacht sein, die Glocke hatte mehrmals geschlagen. Nichts. Da war nichts. Nur feuchtkalte, etwas nach Kalk und Mauerwerk riechende Dunkelheit. Auch vor dem Fenster war nur schwarze Nacht. Angespannt lauschte er, sollte er Licht schlagen? Aber dann würde man ihn von draußen nur umso besser sehen. Und wenn jemand hier drinnen wäre, hier in seinem Zimmer, dann würde Licht auch nicht helfen. Atmete da nicht jemand? Raschelte da nicht etwas?
Sei kein solcher Hasenfuß, schalt sich Gaspard und zwang sich, beherzt nach der Kerze und dem Feuerstein zu greifen, wenn dich jemand umbringen will, dann wird er das tun, ob du nun Licht schlägst oder nicht. Der Zunder entglitt ihm, und er bückte sich danach, tastete neben dem Bett bis er ihn fand und hatte dabei die Vorstellung, wie etwas ihn aus dem Dunkel beobachtete, höhnisch, abwartend. Beim dritten Schlag fing der Zunder an zu brennen, schnell hielt er ihn an die Kerze und leuchtete den kleinen Raum aus. Nichts. Gar nichts. Die Tür war zu, das Fenster auch, und das Zimmer war leer, bis auf den Nagel, an dem seine Kleidung hing, den kleinen Tisch und den Stuhl. Er schüttelte über sich selbst den Kopf, blies die Kerze wieder aus und ließ sich ins Bett zurücksinken. Was war er nur für ein Hasenfuß, das war ja schrecklich! Erst kürzlich war er seinem Mitbruder, dem Abbé d´Herblay, damit empfindlich auf die Nerven gegangen, er hatte ihm von all den seltsamen Vorfällen berichtet, die er bemerkt hatte. Türen, die plötzlich offen standen, obgleich sie vorher gut verschlossen gewesen waren, Fenster, die mitten in der Nacht im Wind schlugen, Bücher, die sich an anderen Stellen wiederfanden als da, wo er sie abgelegt hatte. Der Abbé hatte ihm höflich zugehört, aber er, Gaspard hatte trotzdem gemerkt, dass er ihm nicht recht glaubte. Was ein Wunder, er glaubte sich ja selber nicht, er fing regelrecht an, an seinem Verstand zu zweifeln!
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