Kapitel Picking up the pieces
Am Morgen nach der ersten Wirtshausschlägerei seines Lebens war der Comte de Wardes nicht gerade in Hochstimmung. Er saß in seinem Schlafzimmer auf einem Stuhl, und sein Diener Lubin machte sich gerade daran, ihn zu rasieren.
„Gütiger Himmel, Monsieur le comte, was habt Ihr eigentlich gemacht?“
„Mich geprügelt.“ De Wardes hielt den Atem an, als Lubin mit dem Rasiermesser über einen Bluterguss an seinem Unterkiefer fuhr. Der Diener hielt erschrocken inne.
„Pardonnez-moi, Monsieur le comte…“
„Schon gut.“ De Wardes betastete die schmerzende Stelle vorsichtig mit den Fingerspitzen. „Lass es gut sein, Lubin, du brauchst mich heute nicht zu rasieren.“
„Aber, Monsieur le comte…“
„Ich habe nicht vor, mich heute irgendwo blicken zu lassen!“, beruhigte ihn sein maître.
Lubin räumte die Gerätschaften weg und brachte ein mit kaltem Wasser getränktes Handtuch, das de Wardes vorsichtig auf die blauviolette Schwellung unter seinem linken Auge drückte. Er wagte einen Blick in den Spiegel und widerstand dem Impuls, sich sogleich wieder abzuwenden. Nein, er sah nicht wie ein Sieger aus, und sah man einmal davon ab, dass er es schon als Triumph betrachten konnte, noch alle Zähne im Mund zu haben, hatte er auch keinen Grund, sich wie einer zu fühlen, auch wenn Charlotte ihm nach ihrer geglückten Flucht aus dem Jolly Roger innig gedankt hatte, dass er sie gegen den betrunkenen Seemann verteidigt hatte. Es war ihm regelrecht peinlich gewesen, dass sie ihn in den höchsten Tönen gelobt hatte, als hätte er Hektor von Troja bezwungen, dabei hatte er ja schlichtweg keine andere Wahl gehabt und musste überdies noch dem Wirt und den beiden Kurtisanen für ihr Eingreifen dankbar sein, anderenfalls wäre er wohl kaum mit ein paar blauen Flecken davongekommen. Doch Charlotte hatte ihn unbeirrt einen Helden genannt, sich besorgt nach seinem Zustand erkundigt und darauf bestanden, ihn mit ihrer Kutsche nach Hause zu bringen, als hätte sie ihre üble Auseinandersetzung im Jolly Roger völlig vergessen – was er nicht von sich behaupten konnte.
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