Histoires de lettres von kaloubet und Aramis
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 11 BewertungenKapitel Soupçons
Mon cher Athos -
Aramis hielt inne und schloss die Augen, während die Feder in seiner Rechten reglos überm Blatt Papier verharrte. Wie seltsam! Er konnte sich wahrhaftig nicht erinnern, beim Schreiben jemals um Worte verlegen gewesen zu sein. Doch der Brief seines Freundes, so sehnlichst erwartet und dennoch so beklommen geöffnet, hatte ein Gefühl in ihm geweckt, das er längst überwunden und begraben geglaubt hatte. Mit einem Mal standen sie wieder vor seinem inneren Auge, die blühenden Wiesen und Wälder seiner Kindheit, drangen die altvertrauten, lang vergessenen Klänge an sein Ohr - das Rauschen der Waldbäume, das Plätschern des Baches, das Zirpen der Grillen im wogenden, duftenden Sommergras - und er, René, lag unterm strahlend blauen Himmel, ans weiche, warme Fell des einzigen Freundes seiner Kindheit, des Hofhundes Ponto geschmiegt, und sah die weißen Wolkenschiffe hoch über sich hinwegziehen, in weite, goldene Fernen -
Aramis holte tief Atem, fuhr sich mit der linken Hand enerviert über Stirn und Augen und senkte die Feder erneut ins Tintenfass. Nein, er wollte nicht mehr daran denken, das war endgültig vorbei. Solche Träume führten zu nichts, das Paradies war verloren, für immer verschlossen, man hatte ihn daraus vertrieben, damals als Kind, und ihn erbarmungslos unter die Menschen geworfen, wie einen abgeschiedenen Geist, verwunschen und fern von seinesgleichen. Es blieb ihm nur eins, nämlich, sich zu ermannen, nach vorne zu blicken und in die Welt zu ziehen, gegen Wind und Wetter, und kein Weg würde ihn zurückführen, ins wundersame, traumverlorene Reich seiner Kindheit -
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