Kapitel Intrigen
Er saß in einer dunklen Ecke des Pomme de Pin, trank langsam eine Flasche seines bevorzugten Vin d´Anjou und betrachtete gedankenverloren die Betriebsamkeit in der Auberge: Bedienungen liefen hin und her, brachten saftigen Schinken, Kraut, Brot und Wein, Kameraden kamen und gingen, grüßten, hielten da und dort ein Schwätzchen, kleine Gruppen spielten Karten, würfelten, einige sangen, recht leise, der Abend war noch jung, andere waren ins Gespräch vertieft, ein normaler Abend und doch wieder nicht, über allem lag eine gewisse Nervosität, eine Aufbruchsstimmung, denn morgen würden sie mit der maison du Roi nach Nantes reiten, zu der Ständeversammlung der Bretagne. Nichts Ungewöhnliches, doch waren in der letzten Zeit Gerüchte aufgekommen, man munkelte von einem Komplott, das Richelieu, gar den König zum Ziele hätte, und eine solche Reise bot Verschwörern viele Möglichkeiten - was bedeutete, dass die königliche Eskorte, das hieß, die Musketiere, ganz besonders wachsam sein mussten. Nun, ihm sollte es recht sein, es war ihre Aufgabe, und er war froh, wieder einmal aus Paris heraus zu kommen. Er sah zur Tür, die erneut aufschwang: Er hatte sich mit Aramis hier verabredet, und auch d´Artagnan und Porthos wollten nach ihrer Wache vorbeikommen, wo blieben sie bloß?
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Kapitel Aufbruch
Früh am nächsten Morgen sammelten sie sich im Hof des Louvre, zwanzig Musketiere zu Pferd, die Eskorte für den König für die Reise nach Nantes, wo der Gouverneursposten vakant war und neu besetzt werden musste. Da der König angeordnet hatte, dass Gaston, die Königin, Richelieu, andere Berater und Höflinge mit auf die Reise gehen sollten, waren die Musketiere nicht die einzigen Soldaten, die die Gesellschaft begleiteten, und der Innenhof des Louvre bot kaum genügend Platz für all die Kutschen, Planwagen, Waffen, Körbe und Kisten. Hunde bellten, Federvieh gackerte, Pferde wieherten und laute Rufe nach Menschen, Tieren oder verloren gegangenen Gegenständen erfüllten die noch morgendlich frische Luft. Athos strich seinem unruhigen Pferd über den Hals und betrachtete gedankenverloren die Szenerie, ohne sie jedoch wirklich wahrzunehmen, zu sehr verharrten seine Gedanken in der vergangenen Nacht. Sie waren in das Pomme de Pin zurückgekehrt und hatten ihr Abendessen fortgesetzt, hatten dabei kein Wort mehr über die Intrige verloren, und auch d´Artagnan und Porthos hatten geschwiegen - doch war ihr Schweigen ahnungsvoll gewesen, und nachdem sie das Lokal verlassen hatten, hatte Athos ihnen in groben Zügen ihre Ängste geschildert, hatte dabei aber nur die Geschichte mit den Ferrets erwähnt, die alleine schon ausreichte, um sie verdächtig erscheinen zu lassen. Danach hatten sie sich von ihren Freunden verabschiedet, und er war nach Hause gegangen, alleine und mit dem Bewusstsein, in dieser Nacht ganz bestimmt keinen Schlaf mehr finden zu können. Aramis hatte an seiner Tür geklopft, wenig später, und wirklich, er hatte kein Auge mehr zugetan - doch war selten eine Nacht so wunderbar gewesen. Noch jetzt durchrieselten ihn leise Schauer, hatte er das Gefühl, nie einen schöneren Morgen gesehen zu haben und spürte er die samtweichen Berührungen und Küsse seines Freundes auf seiner Haut. Ein seltsam entrücktes Glücksgefühl durchströmte ihn, entriss ihn der Wirklichkeit, und er musste sich zusammenreißen, um nicht grundlos zu lächeln. Er sah zur Seite, dort war er, Aramis, sein Pferd tänzelte, und er sah großartig aus in seiner Paradeuniform - Athos ritt zu ihm, noch brachen sie nicht auf, noch war die Marschordnung nicht festgelegt und noch konnten sie über diese wenigen Momente vor dem Aufbruch verfügen.
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Kapitel Weiterreise
Am nächsten Tag schlug das Wetter um: hatten vorher Sonnenschein und blauer Himmel dafür gesorgt, dass die Reisenden übermütig und gutgelaunt die Rasten genossen und sie kaum vorankamen, fing es nun an zu regnen, und ein schneidender, für Juni viel zu kalter Wind kam auf, so dass alle den Halt in der Etappe ersehnten. Sie ritten fast ohne Pause, Regen peitschte ihnen ins Gesicht, und bald waren Mäntel, Hüte, Stiefel, Schabracken und Zaumzeug nass, als habe man sie gerade aus dem Wasser gezogen. Tiefe Schlammrinnen durchzogen die Wege, an Traben oder Galoppieren war nicht zu denken, und mehr als einmal mussten sie steckengebliebene Kutschen aus dem Matsch schieben, was ihre Reisegeschwindigkeit drastisch senkte. Als am Abend endlich das Dorf in Sicht kam, in dem Ihre Majestäten die Nacht zu verbringen gedachten, atmeten alle erleichtert auf, nur um kurz darauf beim Anblick des herrschaftlichen Gutes kollektiv aufzuseufzen: Ein einfaches, langgezogenes, aber keineswegs großes Steinhaus erwartete sie, samt einer offenen Scheune, in die gerade die Pferde passten, die Soldaten aber nicht. Das Dorf selbst bot auch keine Möglichkeiten der Einquartierung, es bestand aus einer Ansammlung ärmlicher Hütten, in denen die Bauern zusammengepfercht wohnten - keiner der Soldaten hatte Lust, ihr Lager zu teilen.
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Kapitel Rast
Der darauf folgende Morgen präsentierte sich, Dieu merci, ein wenig freundlicher als der gestrige graue, nasskalte Tag, der rieselnde Regen hatte glücklich aufgehört, und es ließ sich zwischen den schweren Wolken bereits hie und da ein Stückchen blauen Himmels erahnen -
Die königliche Hofgesellschaft brach deutlich früher auf als gewöhnlich, offenbar schien das ärmliche Gutshaus mit seinem wohl nicht gerade üppigen Frühstück nun endgültig am Ende seiner Kapazitäten angelangt zu sein, alles Essbare war bis zum letzten Krümel vertilgt, und so bestiegen die Majestäten, gefolgt von Monsieur Gaston und Kardinal Richelieu, samt Gefolge wieder ihre Karossen, um möglichst schon zur Nachmittagszeit, so hoffte man, in einem weit exquisiteren Quartier anzulangen. Das prächtige Schloss eines feisten Provinzpotentaten, für seine prunkvollen Jagden und ebensolchen Bankette weithin berühmt, sollte die illustre Reisegesellschaft mit seiner opulenten Tafel für die eben erlittene frugale Dürftigkeit haushoch entschädigen.
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Kapitel Begegnung
Die sanften Stimmen des Waldes ringsum murmelten und raunten sacht, Zweige knackten leise, zarte Blätter flüsterten im Sommerwind - Sonnenstrahlen flimmerten durchs dichte Geäst, und wie von ferne klangen Vogelrufe, sehnsüchtig und lockend, aus schattig grünem Dickicht -
Aramis sah hinauf in die wogenden Wipfel der Bäume, immer noch trunken und wohlig erschöpft von den heißen Flammen der Liebe, die seine Seele, seinen Körper, sein ganzes Sein ergriffen hatten wie wilder, sprühender Feuersturm. Ihm war, als wäre er hoch auf dem leuchtenden Sonnenwagen durch himmlisch strahlende Lüfte geflogen, wie Helios selbst, mit leichter, sicherer Hand seine feurigen Rosse lenkend - auf bloßen Gedanken, aufs leiseste Gefühl hin gehorchten sie ihm, trotz ihrer unbezähmbaren, unbändigen Wildheit, flogen ihm voran, in mächtig ausholenden Sprüngen, und ließen ihn nicht stürzen, wie jenen unglücklichen Phaeton -
Er wandte den Kopf und sah zu seinem Liebsten, der nun, ihm zugewandt, mit geschlossen Augen neben ihm ruhte. Forschend blickte Aramis dem Geliebten ins Gesicht, betrachtete sein männlich schönes, edles Antlitz. Ein bedrängender Gedanke stieg plötzlich in ihm hoch, eine dunkle Erinnerung an erst vor kurzem vergangene, schreckliche Tage - und doch lagen sie nun so fern. „Mein Freund,“ fragte er leise und strich Athos sachte über die feuchten Locken, „habt Ihr denn immer schon Männer geliebt?“
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Kapitel Nachtquartier
Der Liedtext, den Athos singt, ist bei Versengold entliehen ... die kurze Zeile, die er bei der Abreise sang, stammt ursprünglich von ASP.
Die Etappe war kurz, nur zwei Stunden trennten sie von dem Schloss des Herzogs von Montmireil, einem entfernten Verwandten des Königs, dessen Verwalter sie bereitwillig und mit vielen Verneigungen empfing. Zu seinen beiden Seiten standen die Bediensteten aufgereiht, das Schloss selbst war geputzt und geschmückt, und schon im Ehrenhof waren Tische voller köstlicher Speisen und Karaffen für einen ersten Willkommenstrunk aufgebaut. Kaum waren die ersten Kutschen in den Hof eingefahren, strömten die Reisenden auch schon dankbar zu dem Büffet, während ein Diener den Soldaten Zeichen machte, ihm hinterherzureiten. Er führte sie um das Schloss herum zu einer weitläufigen Stallanlage, feinstes Heu und prächtige Einstreu erwartete ihre Pferde, während für sie selbst eine Scheune leergeräumt worden war. In der Mitte der Scheune stand eine lange Tafel, ähnlich den Tischen im Schlosshof, weniger herausgeputzt, aber mit Braten, Fisch, Brot und Weinflaschen derart bedeckt, dass das Holz des Tisches nur an wenigen Stellen noch zu erkennen war.
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Kapitel Wache
Sie waren mit zwei anderen Kameraden an den vier Himmelsrichtungen des Château eingeteilt, so weit voneinander entfernt, dass sie sich zwar nicht mehr sahen, aber im Bedarfsfall rufen konnten, und ihre Aufgabe war einfach: Verdächtige Bewegungen, verdächtige Schatten ausspähen. Die eigentliche Wache befand sich im Untergeschoss des Schlosses und bestand aus zehn Männern, unter Waffen und nüchtern. Athos´ und Aramis´ Plätze befanden sich an den Nord- und Ostseite, der Musketier, der auf sie hatte warten müssen und schließlich seinen Kompagnon geschickt hatte, um sie zu holen, tippte mit einer Grimasse an seinen Hut: „War ´ne lustige Nacht, was?“
„Aye“, entgegnete Athos und stellte seine Muskete ab. „Aber der Rest wird weniger lustig.“
„Nee, bin froh, dass ich gehen kann, es zieht lausig hier.“ Damit trollte er sich, während Athos ihm hinterhersah und sich dann enger in seinen Mantel wickelte. In der Tat war der Wind, obgleich es Juni war, eiskalt, die Nacht war sternenklar, eine schöne Nacht, aber nicht, um sie im Freien zu verbringen. Nun denn, er war Soldat und hatte schon schlimmere Nächte durchwacht. Er prüfte, ob die Lunte seiner Muskete noch glomm, dann stützte er sich auf die Musketengabel - Aramis war nicht mehr zu sehen, hätte er nicht das Schloss und seine Kameraden hinter sich gewusst, er hätte sich einbilden können, allein auf der Welt zu sein.
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Kapitel Verwicklungen
Immer noch innerlich taumelnd vor Entsetzen und Zorn zog Athos seine Taschenuhr hervor, er hatte Mühe, die Ziffern abzulesen, so sehr zitterten seine Finger: Es war acht Uhr vorbei, ihre Wachzeit damit zu Ende, also packte er seine Muskete und umrundete das Gebäude. Aramis blickte ihm entgegen, er kam ihm seltsam bleich vor, und ein grauenvoller Gedanke stieg in ihm auf: Und wenn Chalais auch bei ihm gewesen war? Bitte nicht, verschone ihn, den Geliebten, er darf nichts wissen, darf es nicht erfahren - er nickte ihm verhalten zu, unsicher, ob er ihn fragen sollte. Doch zu fragen bedeutete, es zu gestehen, und das wollte er nicht, wollte ihn nicht damit beschmutzen, wollte ihm seine schönen Erinnerungen lassen, das war das Mindeste, was er ihm schuldete. So schwieg er, und beide brachen auf, gingen in Gedanken versunken Seite an Seite in Richtung der Scheune, da überkam es Athos: Er packte Aramis an beiden Schultern und drückte ihn gegen die Hauswand, hier an dieser uneinsehbaren Stelle, küsste ihn, wild und leidenschaftlich, und sah ihm dann in die Augen: „Freund, was auch passiert: Ich liebe dich!“ Und damit ließ er ihn los und lief mit langen Schritten davon, zur Scheune hin, wo die Kameraden schon warteten.
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Kapitel Vergeltung
Aramis ritt in den Reihen der königlichen Musketiere, alle Muskeln gespannt und die Augen starr voraus auf die sandige Landstraße gerichtet. De Barray hatte sich, sei`s zufällig oder gewollt, an seiner Seite in die Abteilung eingeordnet, ließ hin und wieder eine oberflächliche Bemerkung fallen, und er antwortete kühl und einsilbig, ohne den Blick nach seinem Kameraden zu wenden. Nein, de Barray, dieser üble Halunke, sollte weder Aramis` mörderischen Hass in seinen Augen brennen sehen noch seinen abgrundtiefen Zorn in seiner Stimme hören! Nichts sollte ihn warnen, vor der blutigen Vergeltung! Sein infames Gerede, mit welchem er Aramis` Liebe zerstörte, schien ihm augenscheinlich gar nicht mehr in Erinnerung zu sein, er hatte jene vernichtenden Worte, die seines Kameraden Untergang besiegelten, offenbar schon längst vergessen, in seiner unbedarften Gleichgültigkeit. Doch dieser elende Schuft sollte Aramis` Rache kennenlernen! Noch ehe dieser Tag zu Ende ging und ein neuer Morgen heraufdämmerte, sollte sein Entschluss sich erbarmungslos erfüllen, sollten drei Tote in ihrem Blute liegen, drei kalte Leichname in schwärzeste Grabesnacht sinken, dies hatte er sich bei allen Geistern der Hölle geschworen! Und sobald der königliche Konvoi sein Quartier erreicht hatte, wollte er unverzüglich daran gehen, sein Vorhaben in Tat umzusetzen. Zuerst de Barray! Oh, mit welchem Genuss wollte er dieser Kanaille sein Rapier in den Leib rennen, mitten durchs Herz, in blitzschneller Attacke! In sein Blut wollte er sie tauchen, die stählerne Klinge seines Degens, und ihn hinab zu allen Teufeln der Hölle schicken! Und hinterher Marie - sie wartete sicher schon gespannt auf sein Zeichen, auf sein Versprechen, ihr in ihrem verschwörerischen Komplott zu Diensten zu sein! Dies würde sie nichtsahnend in seine Fänge locken, draußen im nächtlichen Schlosspark, und dann, hinter einer dichten Hecke - ! Er lächelte sardonisch, während seine Fäuste sich um die Zügel ballten, ja, sterben sollte sie, Marie, seine Feindin! Bleich entseelt auf den mondbeschienen Rasen sinken, abgeschieden von den Lebenden und hinabgestiegen in die Hölle! Und ihm, ihrem Mörder, blieb nur noch eins zu tun. Sein Blick fiel auf die Pistole im Sattelhalfter. Ja, nun würde er endlich vollbringen, was er schon damals in jener furchtbaren Nacht tun wollte, aber nicht zustande brachte! Und hinter ihm nur mehr die Sintflut - sollte sie doch von neuem über diese Welt kommen und alles in ihr ertränken!
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Kapitel Aussprache
Aramis betrat die Scheune, eilte sofort auf die Pferdesättel zu, welche in einer Ecke des Raumes, hochkant aufgestellt, nebeneinander lagen, und begann, seine und Porthos` Satteltaschen zu durchwühlen. Er selbst hatte zwar das Nötigste an Verbandszeug dabei, aber ob das wohl ausreichte? Athos` Schnittwunde blutete heftig, durchtränkte damit womöglich sogleich eine einfache Verbandsschicht, und so nahm er auch Porthos` Wundbinden und Nähzeug mit und sah sich in den Weinkörben wie beiläufig nach einer Branntweinflasche um.
Seine Kameraden tranken, lachten und sangen hochgemut, den langen Tisch, auf dem sich mittlerweile dutzende leere Flaschen und Essensreste drängten, gemeinschaftlich umlagernd, und scherten sich, Dieu merci, keinen Deut um Aramis` heimliche Geschäftigkeit. Bloß beim Hinausgehen, als er den Raum eben wieder verlassen wollte, rief Chavigny, schon bedenklich angeheitert und entsprechend rotgesichtig, ihm lachend zu: „He, Monsieur Aramis! Wohin des Weges? Braucht Ihr etwa wieder Holzkohle?“
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Kapitel Fluchtplan
Aramis wandte sich um, schlug blinzelnd die Augen auf und holte tief Atem - bei Gott, war draußen etwa schon heller Tag? Flimmerndes Sonnenlicht drang durch die Ritzen der Scheunenwand, und ihm war, als hörte er bereits leises Vogelgezwitscher durchs offene Fenster schallen. Doch es musste erst früh am Morgen sein, denn seine Kameraden lagen allesamt noch in tiefem Schlummer, und ihre ruhigen Atemzüge als auch ihr leises, sonores Schnarchen erfüllten stetig die geräumige Kammer.
Aramis richtete sich auf, noch leicht benommen, und ließ den Blick über seine schlafenden Gefährten schweifen. Auch Athos und Porthos waren noch nicht erwacht, sie schliefen offensichtlich den Schlaf der Gerechten, und so beschloss er insgeheim, aufzustehen und draußen im Schlosspark ein wenig frische Luft zu schnappen, ehe seine Kameraden mit ihrem lärmenden Gelächter den Zauber der morgendlichen Stille brachen.
Sachte schlug er die Decke zurück und erhob sich von seinem Lager, mit behutsamen Bewegungen, um das aufgeschüttete Stroh nicht allzu sehr zu verräterischem Knistern zu animieren, langte nach seinem Wams und fuhr in seine Stiefel. Auf Zehenspitzen schlich er durch die Reihen der Schlafenden, Porthos brummte etwas Unverständliches im Schlaf und wandte sich auf seinem Lager um, unter tiefem Aufseufzen - Aramis drückte sich lautlos an ihm vorbei und erreichte endlich die Türe zum großen Vorraum, in dem die Musketiere Ausrüstung und Waffen untergebracht hatten. Er steckte den Dolch in den Gürtel und trat hinaus ins Freie, ins herrliche Morgenlicht, das nun über den grünen Baumwipfeln des Schlossparks erstrahlte. Zügig schritt er voran, dem dichten Wäldchen zu, in welchem er am Vorabend seine verzweifelte, blutige Tat hatte vollbringen wollen, und die wunderbare Natur ringsum lag nun so still und friedlich vor seinen Augen, als wäre der gestrige schreckliche Tag nur ein böser Traum gewesen.
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Kapitel Einsicht
Kardinal Jean Armand Duplessis de Richelieu stand vor einer schwierigen Wahl: Auf dem Tisch in dem Zimmer, das er als Arbeitskabinett beschlagnahmt hatte, hatten die Diener des Hauses ein reichhaltiges Frühstück aufgefahren, und obwohl er normalerweise nur sehr leicht frühstückte, fing sein Magen angesichts der reichhaltigen Auswahl vernehmlich zu knurren an. Sollte er nun seine spartanische Gewohnheit über Bord werfen oder sich mit einer Tasse heißer Milch und einem Brötchen begnügen? Letzteres wäre fast eine Beleidigung des Hausherrn, der nicht an Wurst, Fleisch, Eiern und Käse gespart hatte, wie die Berge auf dem kleinen Tisch bewiesen. So ließ sich Richelieu schließlich seufzend nieder und zuckte mit den Schultern: „Bleiben wir diplomatisch, zumal wir heute nicht mehr weiterreisen werden“, er reichte seinen Teller Rochefort, der neben dem Tisch stand, „legt mir Schinken und Ei darauf, ich bitte Euch.“
Der Graf runzelte prompt die scharfgezeichneten Brauen und verzog seine schmalen Lippen zu einem sarkastischen Lächeln. Diese subtile Zumutung sah Richelieu wieder einmal ähnlich! Parbleu, seit jenem versuchten Attentat auf den Herrn Kardinal zu Fleury versah er, Rochefort, nicht nur seine üblichen Pflichten als herzoglicher Stallmeister und Geheimdienstchef Seiner Eminenz, sondern verrichtete nun aus Sicherheitsgründen permanent auch die Dienste eines selbsternannten Leibwächters, ebenso wie diejenigen eines persönlichen Kammerdieners und Mundschenks! Teufel noch eins! „Monseigneur,“ erwiderte er anzüglich, während er an den Tisch trat und demonstrativ das Silberbesteck ergriff, „bitte verzeiht, wenn ich mir folgende Bemerkung erlaube: Schinken und Ei erweisen sich, besonders in Kombination mit Käse und sonstigen Fleischwaren, erfahrungsgemäß als äußerst sättigend bis höchst schwer verdaulich. Ein Magen, welcher jedoch seit langem gewohnt ist, morgens nur ein ganz leichtes Frühstück aufzunehmen, könnte sich durch das unvermutete Brechen dieser gesunden Regel nur zu rasch in seiner Kapazität empfindlich überfordert fühlen! Doch Natron soll bei Sodbrennen helfen, habe ich gehört.“
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Kapitel Nachtwache
Der Comte de Rochefort stieg leisen Schrittes die Treppe hinauf und bog in den langgestreckten getäfelten Flur ein, der zu den hochherrschaftlichen Gemächern führte. Ja, er hatte gute Arbeit geleistet, die Wachen der Garde du Cardinal befanden sich allesamt auf ihren Posten, strategisch positioniert, ohne jedoch in ihrer verstärkten Anwesenheit offen ins Auge zu springen, und somit durfte nicht einmal eine Maus damit rechnen, unbemerkt aus dem Hauptgebäude des Schlosses zu entwischen. Der Graf hatte strikten Befehl gegeben, ihm unverzüglich und ausnahmslos Meldung zu erstatten, wenn Monsieur Gaston oder ein Mitglied des Hofstaates Anstalten treffen sollte, diesen für die Angehörigen der königlichen Familie und ihr Gefolge reservierten Gebäudetrakt zu verlassen, und nun blieb nur noch, abzuwarten, ob jenes heimliche Ereignis, welches an diesem Abend stattfinden sollte, auch tatsächlich wie geplant eintrat.
Der Comte hielt inne, trat an eins der zahlreichen Fenster und blickte hinab ins große Geviert des Schlosshofs. Ja, die Soldaten der Garde Monsieur d`Essarts befanden sich, wie befohlen, auf ihren Posten, er sah sie im Licht der Fackeln auf und ab patrouillieren, und auch die umliegenden Wirtschaftsgebäude und Stallungen wurden von ihnen strengstens überwacht. Die Schlosstore selbst jedoch sicherten die königlichen Musketiere, in doppelt verstärkter Zahl, jede Mauerpforte, jede Fensterluke lag in ihrem Blickfeld, und es war somit schlichtweg unmöglich, angesichts solch immens verschärfter Wache, die Mauern dieses Schlosses unbemerkt zu passieren.
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Kapitel Nantes
„Verflucht!“, zischend sog Athos die Luft ein, nun hatte er sich schon zum zweiten Mal geschnitten. Aber sich mit einer Hand und noch dazu mit links zu rasieren, war verflixt schwer, auch wenn er den Degen mit links bravourös führte, dieses kleine Rasiermesser widersetzte sich ihm. Doch d´Oucques hatte den Befehl ausgegeben, Ordnung zu machen, die Stiefel auf Hochglanz zu bringen, die Uniformen zu bürsten, das Leder zu fetten und … nicht zuletzt … die Bärte zu beseitigen, die nun schon seit mehr als einer Woche das Antlitz der meisten seiner Männer zierten. Denn heute Nachmittag würden sie in Nantes eintreffen, die Bürger der Stadt würden Spalier stehen, um ihren König zu sehen, hohe Würdenträger würden sie im Stadtpalais erwarten, und das Eliteregiment der Musketiere, das den Zug anführte, durfte nicht durch ungepflegtes Aussehen auffallen.
Nach dem Versuch Gastons, einen ´Spaziergang´ zu unternehmen, wie er bis heute behauptete, hatte der König Befehl gegeben, zügiger zu reisen, die nachmittäglichen Halte waren verkürzt worden, und jeden Morgen waren sie zeitig aufgebrochen. Die Mienen des Kardinals, des Königs und all jener kleinen und größeren Satelliten, die um sie kreisten, waren ernst, die fröhliche und unbeschwerte Stimmung, die diese Reise zu Beginn einem Ausflug hatte gleichen lassen, war verschwunden und hatte einer gedrückten Atmosphäre Platz gemacht, als ob alle auf eine Katastrophe warteten, von der keiner aber genau sagen konnte, wie sie aussähe und wann sie über sie hereinbräche.
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Kapitel Dienst
Vor der Tür traf Athos mit d´Oucques zusammen, der, einen Dienstplan in der Hand, gerade zu seinen Musketieren eilte. Er stoppte kurz, wies Athos an, die erste Wache an einer der Dienstbotentüren zu übernehmen, jetzt sofort, in Uniform und voller Bewaffnung, der König sei müde und begebe sich zur Ruhe. Athos salutierte und tat wie ihm befohlen, er fühlte sich zwar selbst wie gerädert nach dem langen Ritt, aber Dienst war Dienst. So holte er seine Waffen, zog die Kasacke über und postierte sich an der kleinen Tür, die auf einen langen, dunklen Saal führte, dessen Verwendung nicht eindeutig zu bestimmen war, da er keinerlei Mobiliar enthielt. Eines war sicher: Es würde eine lange und vermutlich langweilige Nacht werden, die ihm genug Muße lassen würde, über all die Dinge nachzudenken, die geschehen waren und noch geschehen würden, und er merkte, wie seine Gedanken, kaum dass er sich mehr oder weniger auf seinem Posten eingerichtet hatte, zu kreisen begannen, sie drehten sich, wie ein Strudel, immer wieder um die eine Frage: War es nicht möglich, Chalais zu Hilfe zu kommen? Herrgott, er war einer der ihren, ein Adliger, ein Graf, nicht ganz unschuldig, aber sicher nicht dessen schuldig, dessen man ihn anklagte. Er war nichts anderes, als ein Bauernopfer, einer, der nicht genügend Unterstützung hatte, der nicht hochgeboren genug war. Und dennoch: Wenn Richelieu ein Exempel mit ihm statuieren konnte wie mit einem einfachen Bauern, wie weit war es dann noch mit Frankreichs Adel?
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Kapitel Prozess
Im Quartier der königlichen Musketiere im Schloss zu Nantes herrschte gedrückte Stimmung, trotz des durchaus reichhaltigen und wohlschmeckenden Frühstücks. Der Morgen war kühl und regnerisch nach den vergangenen sonnigen Tagen, und die ansonsten so lebhafte Unbekümmertheit, wenn nicht gar übermütige Ausgelassenheit der Soldaten hatte einer spürbar gedämpften und resignativen Atmosphäre Platz gemacht. Etwas lag in der Luft, dies war unverkennbar - doch niemand wagte es, das drohende Verhängnis beim Namen zu nennen, das sich nun über ihren Köpfen zusammenbraute. Erst, als sich Leutnant d`Oucques in ihre Mitte begab, um den Befehl des heutigen Tages zu verkünden, trat der Grund für ihre düstere Ahnung klar zutage.
„Messieurs,“ sprach der Leutnant, und seine Stimme klang ungewöhnlich rau, „mit dem heutigen Tage beginnt der Prozess gegen den Comte de Chalais. Wir haben Befehl von Seiner Majestät dem König, jenen Herrn mit militärischer Bedeckung von zwölf Mann in den benachbarten Couvent des Cordeliers zu eskortieren, wo die gerichtliche Verhandlung stattfinden soll!“
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Kapitel Urteil
Der bang erwartete zweite Tag des Prozesses gegen den Comte de Chalais war zu Ende gegangen, das gerichtliche Urteil nunmehr gefällt - die Richter hatten den Grafen des Hochverrats und versuchten Königsmords, also somit der lèse-majesté für schuldig befunden und angesichts jenes unerhörten Verbrechens ihr gesamtes Kontingent an juristischen Sanktionen erbarmungslos ausgeschöpft. Enthauptung, Vierteilung, Konfiskation aller Güter, Abholzung der herrschaftlichen Wälder und Aberkennung des Adelstitels sowohl für den Verurteilten wie für seine Nachkommen - so lautete das furchtbare Verdikt, das nun wie ein alles verheerender, vernichtender Sturm über den verzweifelten Angeklagten hereinbrach. Er hatte in seinem Prozess darum gerungen, sich von und aller Schuld reinzuwaschen, sah sich beim Verhör jedoch unverhofft in heillose Widersprüche verstrickt, und seine Aussagen erschienen seinen Richtern somit höchst dubios und keines Vertrauens würdig. Der Sturz des Grafen war damit vorgezeichnet, sein Untergang lag klar und zwingend auf der Hand, und dennoch fuhr die Bekanntgabe des Urteils hernieder wie gewaltiger Donnerschlag, der alles Leben unter sich zermalmte -
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Kapitel Vollstreckung
Die Suche nach dem Henker blieb wie erwartet aussichtslos, doch die Mühlen der Justiz ließen sich trotz seiner so verwegen unternommenen Entführung nicht mehr zum Stillstand bringen. Ein ebenso zum Tode verurteilter Schustergeselle erbot sich, das Amt des Scharfrichters aushilfsweise zu übernehmen, in Hoffnung auf seine eigene Begnadigung, und damit nahm das Schicksal des Comte de Chalais unbarmherzig seinen Lauf.
Der Gefangene war am späten Morgen in das Gefängnis des Maison des échevins, das direkt an die Place du Bouffay grenzte, überstellt worden, und eine Abordnung Musketiere hatte ihn dorthin eskortiert, nachdem die fieberhafte Jagd nach dem Henker schlussendlich erfolglos abgebrochen worden war.
Der König hatte sich mitsamt seiner Gemahlin, dem Hofstaat und Monsieur Gaston in Klausur zurückgezogen, aus Gründen der Pietät und wohl auch, um jeden verzweifelten Gnadenappell an Seine Majestät von vornherein zu unterbinden. Das Schafott war nun errichtet und wartete, von den Soldaten der Garde Monsieur d`Essarts bewacht, auf die Stunde der Vollstreckung, und Père Minime des Rosiers hatte sich pflichtgetreu zu dem Verurteilten begeben, um ihn auf den Tod vorzubereiten und ihm in seiner letzten Stunde mit geistlicher Hilfe und Trost beizustehen.
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Kapitel Rentrée
Die Rückkehr nach Paris verlief unspektakulär und rasch, die Reise hatte den Charakter eines Ausflugs gänzlich verloren, und der König hatte nur ein Begehren: Schnellstens nach Hause zu kommen, was die Etappen lang und anstrengend werden ließ. Er hatte sein Ziel erreicht, sein Bruder hatte in die Heirat eingewilligt, den Verschwörern waren die Zähne gezogen worden, und das unglückliche Ende Chalais´ mochte als Warnung dienen. Niemand sprach während der Reise über das, was hinter ihnen lag, sie ritten die meiste Zeit schweigend, was auch an der allgemeinen Erschöpfung liegen mochte, und als endlich die Doppeltürme von Notre Dame am Horizont erschienen, atmeten alle erleichtert auf. Die Musketiere begleiteten die königlichen Karossen noch in den Louvre, warteten, bis Ihre Majestäten glücklich ausgestiegen waren, dann nickte d´Oucques und gab ihnen verdientermaßen für den Rest des Abends frei.
„Parbleu!“, knurrte de Chavigny, „war das eine Reise! Ich hasse Eilmärsche! Davon holt man sich bloß schmerzende Knochen! Messieurs, ich ziehe mich zurück, wer mich zu sprechen wünscht, findet mich im Pomme de Pin!“ Und damit tippte er an seinen Hut, machte auf dem Absatz kehrt und stapfte, etwas knieweich, dem wohlbekannten Stammlokal der Musketiere zu.
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