l'amour perdu von kaloubet
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 90 BewertungenKapitel Paris, ma belle ville
Mit einem riesengroßen Danke an Silvia, für ihr geduldiges Korrekturlesen, ihre lieben und hilfreichen Kommentare *knuddel*! Danke auch an alle Leser! Die Geschichte hat Spaß gemacht, und nun ist sie zu Ende – sie ist viel länger geworden, als ich sie geplant hatte.
Amandine, die während des ganzen Tages schweigsam gewesen war, was so gar nicht zu ihrer fröhlichen Art passen wollte, hatte auch am Abend kaum einmal den Mund aufgemacht. Als nun die Freunde friedlich vor dem Feuer zusammen saßen, stand sie auf, legte Holz nach, setzte sich wieder, stand wieder auf, es hielt sie nicht auf ihrem Platz zwischen Porthos und ihrem Vater, so bequem das breite Kanapee auch war, das sich, oh Luxus, in dieser einfachen Herberge in ihrem Zimmer befunden hatte. Athos sah ihrem unruhigen Treiben eine Weile zu, seufzte dann und zog sie liebevoll an sich. „Ma fille, etwas beschäftigt dich, und erlaube mir, zu vermuten, was es ist. Der Soldat sagte viele Dinge über deine Mutter, nicht wahr?“ Sie stand zwischen seinen Knien, sah ihn ernst an und nickte dann, erleichtert, dass ihr Vater als erster das heikle Thema angesprochen hatte. „Er hat von ihr gesagt …“ begann sie, unterbrach sich wieder, fing von neuem an, „er hat gesagt, sie wäre eine … eine ….“ – „Nenn´ das Wort ruhig, er sagte, sie sei eine Hure.“ vollendete Athos ihren Satz. „Du weißt, was das bedeutet?“ Sie nickte wieder, eifrig jetzt. „Das sind Frauen, die sich verkaufen. Die Schwestern haben es auch oft von ihr gesagt. Und sie sagten, ich sei wie sie und käme in die Hölle deswegen. Stimmt das?“ Ihr Vater schüttelte den Kopf, traurig, dass ein Kind von acht Jahren schon wusste, was dergleichen Dinge bedeuteten, auch wenn es sicher nur vage Vorstellungen hatte. „Nein. Nicht alles, was Schwestern oder Mönche sagen, stimmt. Und deine Mutter … nun, sie war ganz bestimmt keine Heilige, aber eine Hure war sie nicht.“ Das Mädchen überlegte eine Weile, blickte dann wieder ihren Vater an und sagte, mehr zu sich selbst: „Ich habe sie schon so lange nicht mehr gesehen. Ich weiß gar nicht mehr, wie sie aussieht. Das letzte Mal … ich erinnere mich nur, dass sie lange blonde Haare hatte … und sich über mich beugte. Sie roch so gut. Aber dann …“ Wortlos strich Athos ihr über die Haare, wissend, dass sie diese Frage nun stellen musste und doch hoffend, dass sie es unterließe. „Vater, lebt maman noch? Sie ist so lange nicht mehr gekommen.“ Was sollte er ihr darauf antworten? Die Wahrheit? Unmöglich, sie war zu jung, um zu verstehen. Einfach nur zu sagen, sie sei gestorben, würde aber sicher weitere Fragen nach dem wann und wie nach sich ziehen … er würde lügen müssen … er wollte nicht lügen, er hatte Lügen nie gemocht. Und seine Tochter zu belügen käme ihm vor, als weise er sie von sich, als verleugne er sie. Eines Tages würde sie es sowieso erfahren müssen. Eines Tages, aber nicht jetzt … sie war zu jung, ihre Beziehung noch zu frisch. Aber wann wäre der richtige Zeitpunkt? Gab es für solche Dinge einen richtigen Zeitpunkt? Er sah sie an, ihr junges, feines Gesicht, ihr Ernst, ihre fragende Hoffnung in ihren dunklen Augen, die voll Vertrauen auf seinem Gesicht ruhten. Schmerzlich wurde ihm bewusst, wie sehr er dieses Kind in der kurzen Zeit schon liebgewonnen hatte, wie sehr sich sein Leben durch sie verändert, einen Sinn bekommen hatte. Allein der Gedanke, sie zu verlieren, jagte ihm einen Fieberschauer über den Rücken, es war, als öffne sich eine Tür zu einer steilen, dunklen Treppe, die ins Nichts, in einen tiefen, feuchten und finsteren Abgrund führte. Wie die Woche damals in diesem Keller, allein in der Finsternis mit der nagenden, zermürbenden Verzweiflung.
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