Kapitel Kapitel 7
Es roch komisch. Irgendwie weiblich. Vage Erinnerungen stiegen auf, vermischten sich mit Träumen, eine Frau, lasziv hingestreckt auf einem Bett, nur mit einem Hemd bekleidet, lange blonde Haare, die sich wie ein Fächer ausbreiteten, sie wogten, ein Weizenfeld im Frühling, es wechselte zu Violett, die Luft war sanft wie ein Kuss, Lavendelfelder, Lavendel…es roch nach Lavendel! Eindeutig! Er war jetzt wach, aber der Duft wollte nicht weichen, er reizte die Nase, durchwaberte das Zimmer, das nun, im hellen Morgenlicht, sogar passenderweise mauvefarbene Tapisserien aufwies. Bevor er sich die Frage stellen konnte, wo er war, kam die Erinnerung zurück. Madame de Chanlecy, die Gästezimmer, seines am Ende des Flurs, nur, dass er den aufdringlichen, aber nicht unangenehmen Geruch gestern Abend (oder besser heute früh?) nicht mehr bemerkt hatte. Er richtete sich auf, ja, an den Bettpfosten waren Lavendelsäckchen befestigt, und auch auf dem Nachttischchen stand eine kleine Schale mit getrockneten Blüten. Hm, hatte das etwas zu bedeuten, oder war das einfach eine Marotte der Hausherrin? Benutzte sie Lavendel so, wie andere Knoblauch benutzten, um unangenehme Gäste zu vertreiben? Er hob die Bettdecke und schwang die Beine aus dem Bett, dabei schnupperte er an seinem Nachthemd. Nein, er roch nichts, kein übermäßiger Schweißgestank, aber vielleicht sollte er Aramis diskret darauf ansprechen. Man roch sich ja selbst nur mäßig, doch frönte er regelmäßig der Dekadenz des Badens, also sollte damit alles in Ordnung sein. Auch Alkoholausdünstung war nicht zu bemerken, sie hatten zwar die Cognacflaschen geleert, aber er war fast nüchtern zu Bett gegangen. Pah! `Ernüchtert` traf es vielleicht besser! Er griff nach seinen Hosen und zog sie an, gefolgt von Hemd und Wams. Noch gestern Abend hatte er sich zum wiederholten Mal gefragt, ob er dieser Farce wirklich bis ans Ende beiwohnen wollte, doch immerhin war d´Artagnan sein Freund, und es ging um dessen Zukunft! Wenn er ehrlich war, traute er der Hausherrin auch nicht über den Weg, irgendetwas war seltsam an dieser Frau. Andererseits schien sie den Gascogner wirklich anzuhimmeln, aber das konnte täuschen. Parbleu, er war durch genug Höllen gegangen, um von der Falschheit der Frauen ein Lied singen zu können, aber auf der anderen Seite wiederum verdankte er ihnen den Himmel auf Erden! Nein, er wusste nicht, wie er zu dieser Anne Charlotte (welch bezeichnende Vornamen!) stehen sollte, wahrlich nicht! In einer Ecke seines Zimmers stand ein äußerst weiblich anmutender Schminktisch mit einem Spiegel und einer Wasserkanne, er tauchte die Hände ins Nass und wusch sich das Gesicht. Sein Antlitz sah ihm aus dem Spiegel entgegen, ja, er müsste sich rasieren, aber da war keine Seife. Lavendel, aber keine Seife. Es blieb ihm anderes nichts übrig, als das Zimmermädchen darauf anzusprechen, doch für heute musste es so gehen. Hm, oder Aramis? Der hatte immer so herrlich duftende Rasierseifen… parbleu! Woran dachte er da?! Das musste die Wirkung des Lavendels sein, der verweiblichte sogar die Gedanken! Mit beiden Händen fuhr er sich durch die Haare und ging zur Tür. Auf dem Flur hörte er leise Stimmen, er war anscheinend spät erwacht, unten frühstückten sie schon! Und in der Tat saßen alle, bis auf Porthos, um den ovalen Tisch und sahen auf, als Athos den Raum betrat.
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