Le pénitent importun von duchesse und Aramis
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 9 BewertungenKapitel Confrontation
Richelieu trat einen Schritt zur Seite und machte eine einladende Handbewegung. Das Zelt hatte schon von außen groß ausgesehen; von innen wirkte es fast so geräumig wie ein großzügig bemessenes Kabinett, mit einem Schreibtisch, gepolsterten Stühlen und einem dunklen Holzschrank, der auch in eine Sakristei gepasst hätte, hätte er nicht an den Seiten große Speichenräder gehabt. Auf der linken Seite war mit einem schweren Samtvorhang ein Alkoven abgeteilt. Im Halbdunkel verschwammen die Farben und Konturen, nur eine Öllampe auf dem Schreibtisch verbreitete einen warmen Lichtkreis. „Meine bescheidene Unterkunft hier verfügt leider nicht über einen separaten Beichtstuhl“, sagte der Kardinal. „Aber Ihr seid ohnehin nicht des Sakramentes wegen hier.“ Es war keine Frage, kein Vorwurf, sondern eine Feststellung.
Im Gegenteil! dachte ich, in unwillkürlichem Sarkasmus, während ich Richelieus Aufforderung Folge leistete und einige Schritte nähertrat, Monseigneur irrte sich! Ich würde wahrhaftig den Beistand aller Heroen des Olymps vonnöten haben, um aus dieser Höhle des Nemeischen Löwen heil wieder herauszukommen! Und dies umso mehr, da naturgemäß nicht der geringste Funke herkulischer Kraft und Energie in meiner Seele glomm! Der Kardinal wies, im Schein der sachte flackernden Öllampe, auf zwei gepolsterte, ein wenig separat postierte Stühle und nahm auf einem von ihnen Platz. Ich ließ mich auf seinen Wink ihm vis-à-vis nieder, in heftiger Gemütsaufwallung - wie in aller Welt sollte ich nun beginnen? O Götter, lasst mich die richtigen Worte finden! „Monseigneur“, stieß ich endlich hervor, gepresst und in mühsamer Überwindung, Richelieus dunklen, durchdringenden Blick auf mich geheftet fühlend, „ich muss gestehen, Furcht hat mich hierher getrieben - die Angst und Sorge um einen jungen Mann, dem ich in geschworener, ewiger Freundschaft verbunden bin und mich daher ihm gegenüber zu strikter Loyalität und Treue verpflichtet sehe. Doch eben jener Freund hat es leider zuwege gebracht, sich den erklärten Unwillen Eurer Eminenz zuzuziehen, und dies umso mehr, indem er es wagte, Eure gnädige Offerte abzulehnen und Euer wahrhaft großzügiges Angebot, in Eure Dienste treten zu dürfen, auszuschlagen. Nun, es ist wohl vollkommen klar, von wem ich spreche.“ Ich hielt nervös inne, eine diesbezügliche Bemerkung aus dem Munde des Herrn Kardinals erwartend, doch er schwieg, reglos und mit unbewegter Miene. Was mochte wohl in ihm vorgehen? „Monsieur le cardinal, mir ist bewusst, dass solch unglückliche Handlungsweise, wie sie mein junger Freund Euch gegenüber an den Tag gelegt hat, Eure Eminenz zutiefst beleidigen muss“, fuhr ich fort, all meine contenance zusammennehmend, „und die abenteuerlichen Eskapaden, die er, unterstützt von seinen Gefährten (und davon spare ich mich selbst in keinster Weise aus!), in jugendlichem Übermut und Leichtsinn unternahm, waren wohl ebenfalls nicht dazu angetan, ihm und seinen treuen Kameraden Euer Wohlwollen zu sichern! Néanmoins - trotz aller Fehler, trotz aller fauxpas, die wir - und im Besonderen mein allzu stürmischer, hochgemuter Freund - begangen haben, wage ich dennoch, Eurer Eminenz bei meiner Ehre zu versichern: Nicht Verrat, nicht Rebellion gegen Staatsgewalt und Krone waren Grund und Triebfeder solchen Handelns, auch wenn Ihr, Monseigneur, dies nun wohl unweigerlich glauben müsst! Doch ich schwöre bei meinem Leben, bei allem, was mir heilig ist: D’Artagnan ist kein Rebell und kein Verräter! Ebensowenig wie seine Freunde! Sein Plan, die ferrets de la Reine zurückzuholen, entsprang unserem Wunsch, die Königin zu retten, sie vor Schimpf und Schande zu bewahren! Die Königsmacht ist ja das oberste Prinzip, das Königspaar der höchste Souverän und Repräsentant des Staates! Wird sein Glanz getrübt, sein Ansehen verdunkelt, seine Souveränität bedroht, so ist auch der Staat unweigerlich in Gefahr und in seinen Grundfesten erschüttert! Eure Eminenz, Ihr habt Euch ohne Vorbehalt entschlossen, all Eure Kraft, Eure unerschöpfliche Energie und Euer wahrhaft überragendes Genie in den Dienst der königlichen Gewalt zu stellen, Frankreich soll unter Euren Händen groß und mächtig, ja der ranghöchste Staat Europas werden! Dies ist Eure hehre Vision, Euer erklärtes politisches Ziel, und mir bleibt nur, Monseigneur, Euch zutiefst dafür zu bewundern! Doch die Wege, die Ihr hierbei beschreitet, die Pfade, die Euer fulminanter Geist betritt, scheinen dunkel und gefahrvoll - “ Ich brach ab, unter tiefem Atemholen, unweigerlich stieg das beklemmende Gefühl in mir hoch, mich zu weit vorgewagt und unverhofft den Rand eines gähnenden Abgrunds erreicht zu haben. Unter meinen Füßen rieselte Sand, bröckelte Gestein, drohend und unbarmherzig - ich wagte nicht, meinen Blick zu heben, diesen scharfen, alles durchdringenden Augen zu begegnen -
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