Louise von AlienorDartagnan

In der Nähe von Orléans, Juli 1679

Marie Anne besuchte ihre Mutter nur selten, denn sie fühlte sich in Gegenwart der verhärmten, bleichen Frau mit den stets traurigen Augen immer sehr unwohl. Die Mutter zählte erst fünfunddreißig Jahre, und doch sah sie wie eine uralte Frau aus, mager und bleich, mit Schatten unter den Augen. Seit fünf Jahren lebte sie jetzt schon in einem Karmeliterinnenkloster in der Rue d Énfer in Orléans. Nur selten besuchte Marie Anne sie dort, denn für sie war die Mutter eine Fremde. Die Dreizehnjährige fragte sich, was ihre Mutter wohl zu der verhärmten, alten Frau gemacht hatte, die sie heute war. Es konnte nicht daran liegen, dass ihr Vater, der König, sie damals gegen seine neue Favoritin Athenais de Montespan ausgetauscht hatte, denn ihre Mutter war schon vorher so gewesen.
Solange Marie Anne zurückdenken konnte, hatte sie ihre Mutter noch nie lächeln oder lachen gesehen, so liebevoll sie auch immer mit ihr und ihrem kleinen Bruder Louis umgegangen war, so hatte sie doch nie mit ihnen lachen oder unbeschwert herumtollen können. Da musste es irgendetwas im Leben ihrer Mutter geben, das sie zu der Frau, die sie heute war, gemacht hatte.