Mylady und Aramis II von Aramis
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 45 BewertungenKapitel Kapitel 1
Der Comte de Rochefort saß an seinem Schreibtisch und sondierte mit scharfem Blick die umfangreichen, nach akribischem Protokoll verfassten Berichte seiner zahlreichen Agenten. Das klandestine Netzwerk des Geheimdienstes Seiner Eminenz befand sich unbestritten auf der Höhe seiner Effizienz, seine Kommunikationsschnelligkeit war bemerkenswert, die rapidesse der geheimen Nachrichtenübermittlung schlichtweg admirabel, und in ganz Frankreich durfte somit nicht einmal eine Maus darauf hoffen, beim Käsediebstahl von Seiner Eminenz, Kardinal Richelieu, unbemerkt zu bleiben.
Monsieur de Rochefort tunkte eben die Feder ins Tintenfass, um in Zusammenhang mit solch genauer Überprüfung einige großzügig bemessene Honorarnoten zu unterzeichnen, als es vernehmlich an der Türe pochte und ein Lakai mit unterwürfigem Bückling sein Schreibzimmer betrat. „Monsieur le comte, Lady de Winter wünscht Euch zu sprechen!“
Der Graf hob überrascht den Blick von seinen Effekten - doch ehe er auch nur eine Silbe erwidern konnte, ertönte das rasche, nervöse Klackern hochhackiger Schuhe, ein Seidenkleid raschelte in ungestümer Bewegung, und eine elegante blonde Dame drang resoluten Schrittes ins Büro, den verblüfften Diener an der Türe mit brüskem Ellbogenstoß aus dem Weg befördernd.
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Kapitel Kapitel 2
„Monsieur l`abbé!“
Ich blickte von meinem Schreibtisch auf, überrascht und ungehalten - verdammt, wie oft wollte man mich denn noch bei der Arbeit stören?! Etwa schon wieder ein Auftrag von Monseigneur le supérieur?! Oder ein Sporenhieb von diesem gewissen Herrn confrater, dem ich eine superbe Predigt zum Thema Sünde der Begierde für gestern versprochen hatte? „Sagt Pater Antoine, ich arbeite gerade daran!“, knurrte ich enerviert, während ich meine Feder von neuem übers Papier jagte, „wenn er dauernd fragen lässt, wie weit ich bin, werde ich niemals bis zum Abend fertig!“
Doch Jacques, der Hausdiener, schüttelte vehement den Kopf. „Monsieur l`abbé, eine geistliche Schwester wünscht Euch zu sprechen! Sie hegt die Absicht, zu beichten und erwartet Euch in der Kirche - sie sagte, es sei höchst dringend!“
Ich verdrehte prompt die Augen. Sicher wieder eine dieser gewissen Damen von der benachbarten Schwesternschaft zur Heiligen Kümmernis! Allesamt exaltierte, verrückte Schwärmerinnen, eine wie die andere! Wütend warf ich die Feder aufs Papier und erhob mich brüsk, in übelster Laune.
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Kapitel Kapitel 3
So standen also die Dinge, als ich anderntags, mit meiner geistlichen Montur bekleidet, meine heimlichen Nachforschungen in Sachen Mylady aufnahm.
Die Rue de la Couleuvre erwies sich als enges, verwinkeltes Seitengässchen, in einem ruhigen Viertel abseits des pulsierenden Zentrums der Stadt gelegen, und Madame Prunelles logis entpuppte sich als kleines, gedrungenes Häuschen, das gut zur bewussten Hexe im Märchen gepasst hätte - es fehlten nur die Lebkuchen.
Ich klopfte leise an der geschlossenen Ladentür, diese öffnete sich einen Spalt breit, in ängstlichem Zögern, und mein Blick fiel auf eine schmale Gestalt in weißem Häubchen und Schürze, wie sie die Dienstmägde trugen - die Kleine, ein blasses, mageres Ding, starrte mich aus weit aufgerissenen wasserblauen Augen an. „Monsieur!“, stammelte sie erschrocken, „w-wer seid Ihr?!“
„Mein Fräulein,“ gurrte ich zurück, mit zwei Fingern wie beiläufig das Kreuzzeichen in die Luft malend, „wie Ihr seht, bin ich Priester und zu Euch geschickt, um Euch in Eurem schweren Leid Hilfe und Beistand zu leisten! Ihr habt Fürchterliches durchgemacht, wie ich hörte, und es ist meine geistliche Pflicht, eine leidende Seele in Gott zu trösten!“
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Kapitel Kapitel 4
Glücklich in mein geheimes Refugium in Bazins Wohnung in der Rue du Purgatoire zurückgekehrt, entledigte ich mich brüsk meiner priesterlichen Soutane, warf diese über eine Stuhllehne, schenkte mir ein Glas Wein ein und ließ mich unter leisem Stöhnen in meinen Lehnstuhl sinken - verdammt, diese Herumschnüffelei in anderer Leute Häuser erwies sich als weit ermüdender als ich dachte! Und was hatte ich bisher in Erfahrung gebracht?! So gut wie nichts, was mir effektiv weiterhelfen konnte! Ich nahm einen tiefen Schluck aus meinem Weinglas und runzelte ratlos die Stirne. Wohin sollte ich mich nun wenden? Wo meine Suche fortsetzen, nach dieser wahrhaften Stecknadel im Heuhaufen? Bis ich jenem mörderischen Unbekannten endlich auf die Schliche kam, boten sich ihm wohl inzwischen hundert Gelegenheiten, Mylady aus dem Weg zu räumen!
Da klopfte es plötzlich vernehmlich an der Türe -
„Entrez!“, rief ich scharf, ärgerlich ob der Störung, und kippte den verbliebenen Wein in meinem Glas gegen alle Gewohnheit auf einen Zug hinunter. Bazin trat ein, ein Billett in der Hand. „Monsieur l`abbé!“, erklärte er salbungsvoll und beflissen, „ein Brief für Euch!“
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Kapitel Kapitel 5
Mylady verzog prompt ihre kirschroten Lippen, mit tadelnder Miene und in sichtlichem dégoût. „Monsieur Aramis,“ knurrte sie ungehalten, „Ihr solltet dem üblen Gerede keinen Glauben schenken, das ausschließlich uns Frauen den feigen Hang zu heimlichem und arglistigem Morden unterstellt! Auch Männer sind sehr wohl zu berechnender Heimtücke fähig, wenn es darum geht, ihre Gegner für immer kalt zu machen! Dass sie dabei allerdings sehr oft nur zu klar ersichtlich und mit schlecht gewählten Waffen vorgehen, liegt an ihrer notorischen Dummheit, die wohl unterm maskulinen Geschlecht weiter verbreitet ist als unter den Frauen. Die weibliche Physis ist ja von Natur aus mit weit weniger körperlicher Kraft ausgestattet als diejenige ihres männlichen Pendants, daher müssen Mörderinnen in erster Linie ihre Intelligenz benützen, wenn sie ihr Ziel erreichen wollen, und mitnichten bloß den Bizeps. Doch dies heißt beileibe nicht, dass Euer Geschlecht, Monsieur, zu einem wohlüberlegten Giftmord unfähig wäre! Nicht jedes Mannsbild auf dieser Erde ist zwangsläufig ein hirnloser Hohlkopf, wie mir scheint!“ Sie lächelte mir zu, maliziös und mit bedeutungsvollem Augenzwinkern.
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Kapitel Kapitel 6
Am folgenden Tag, zur festgesetzten Stunde, begab ich mich also, meinem Unmut zum Trotz, gewissenhaft ins Palais des Comte de la Falaise in der Rue du Cotillon, um den versprochenen Empfehlungsbrief an seinen verehrten Herrn Bruder, den Vicomte de la Falaise-Rossarde, submissest in Empfang zu nehmen.
„Bitte tretet ein, Monsieur le chevalier, Ihr werdet erwartet!“, bat der Diener des Hauses mich beflissen in die imposante, marmorgeflieste Halle, er schien hinsichtlich meines Erscheinens wohlinstruiert, und führte mich die breite Holztreppe mit den kunstvoll gedrechselten Balustraden hinauf in den ersten Stock, zum Schreibzimmer des Herrn Grafen, an dessen Türe er leise und diskret klopfte. Von drinnen erklang ein lautes „Entrez!“, der Diener drückte die Klinke, hielt mir höflich die Türe auf, und ich betrat das geräumige und in beeindruckender Eleganz eingerichtete Schreibgemach des Comte de la Falaise, der sich sofort aus seinem hochlehnigen Armstuhl hinterm bureau erhob.
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Kapitel Kapitel 7
Am Morgen des nächsten Tages flatterte abermals ein wohlparfümiertes Billett auf meinen gut bestückten Schreibtisch, und so lenkte ich leise murrend, doch schicksalshaft ergeben, meine Schritte gehorsam in Richtung Place Royale, um Mylady, auf ihren dringenden Wunsch hin, beim Frühstück submissest Gesellschaft zu leisten. Sie brannte darauf, alles Nähere über meinen gestrigen Besuch beim Comte de la Falaise zu erfahren, und einem vormittäglichen tête-à-tête stand weiter nichts im Wege. Ich hatte mich entschlossen, erst um die Mittagszeit nach Château Rossarde aufzubrechen, um zu strategisch günstiger Stunde, also am späten Nachmittag, dortselbst einzutreffen - den Hausherrn womöglich beim Mittagsschläfchen zu stören schien mir äußerst unklug, angesichts seines so oft erwähnten bedenklichen Gemütszustands, und ich wollte keinesfalls zur mittäglichen oder abendlichen Essenszeit dort auftauchen und damit, infolge meines ungebetenen Besuchs, bei Monsieur le vicomte eine prompte Magenverstimmung provozieren!
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Kapitel Kapitel 8
Für dich, liebe Alienor, damit du nicht wieder so lang auf die Fortsetzung warten musst *hüstel*
Myladys wahrlich opulentes englisches breakfast bot mir nicht nur ein äußerst nahrhaftes Frühstück, sondern war durchaus imstande, zugleich auch das Mittagessen zu ersetzen, und so stieg ich denn schlussendlich zu Pferd, zutiefst gesättigt und mit wohlgefülltem Magen, und verließ Paris in südöstlicher Richtung. Ich kam rasch voran, dank der Schnelligkeit meines fuchsroten Vollblüters, die Wegstrecke erwies sich allerdings doch ein wenig länger als erwartet, und so erreichte ich Schloss Rossarde erst, als sich die Sonne schon tief im Westen neigte.
Ich bog, von der Landstraße kommend, in eine dichtbelaubte Allee ein und gelangte schließlich an ein schmiedeeisernes Tor, welches, schon sichtlich verrostet und verbogen, zwischen zwei hohen verwitterten Pfeilern hing und die Einfahrt verschloss.
Ich schwang mich resolut aus dem Sattel, trat ans Gitter heran und drückte prüfend die rostige Klinke - das Tor war unversperrt, der eiserne Flügel öffnete sich, wenn auch mit spürbarem Widerstand und unwillig quietschenden Angeln, und ich betrat, mein Pferd am Zügel führend, einen breiten, von Grasbüscheln und Unkraut durchwachsenen Fahrweg, der in gerader Richtung durch einen weitläufigen, jedoch sichtlich ungepflegten und verwahrlosten Garten auf das dahinter gelegene herrschaftliche Landhaus und seine Wirtschaftsgebäude zu verlief.
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Kapitel Kapitel 9
Für dich, liebe kaloubet, in bescheidener Reminiszenz an deine großartigen, actiongeladenen Geschichten -
Der Vicomte de la Falaise-Rossarde sah mir ins Gesicht, zutiefst entsetzt, die hageren Wangen bleich wie ein Toter. „Monsieur l`abbé, soll das etwa heißen, jener schreckliche Unglücksfall, der meiner Schwägerin das Leben kostete, war - Mord?!“
„Allerdings, Monsieur.“, bestätigte ich kalt. „Sollte Euch denn jener Gedanke wahrhaftig noch nicht gekommen sein?“
„Mon Dieu!“, flüsterte der Vicomte mechanisch und mit einem solch entsetzten Ausdruck auf dem fahlen Antlitz, als hätte soeben ein vernichtender, todbringender Fluch sich an ihm erfüllt - im nächsten Augenblick jedoch fuhr er auf, leichenblass und in heftigster Abwehr: „Oh, ich weiß, was Ihr nun denkt, Monsieur l`abbè!", schrie er zurück, "aber ich war es nicht, hört Ihr?! Ich habe nichts zu tun mit all diesem - Irrsinn!“
Ich hielt seinem wilden Blick stand, all meine contenance zusammennehmend: „Nun, es scheint, als stecke keineswegs ein seiner Sinne und Gedanken nicht mehr mächtiger Wahnsinniger hinter jenem mörderischen Anschlag, sondern im Gegenteil ein teuflisch schlaues Gehirn!“, versetzte ich scharf. „Doch jeder Mensch macht wohl oder übel Fehler, nicht wahr, Monsieur? So auch der unbekannte Täter, dessen tödliches Gift auf jener Soirée im Hause der Duchesse da la Broche-Botillon unglücklicherweise das falsche Opfer traf!“
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Kapitel Kapitel 10
Für dich, liebe Cornelia, und dein brillantes Alter Ego Monsieur de Rochefort! *zwinker* Er zieht nun die erste Bilanz, in dieser kriminellen Causa -
Bei allen Geistern der Hölle! Ich traute meinen Augen nicht. Im Innersten schockiert und mit steifen Gliedern ließ ich mich auf der Bettkante nieder, meine Augen starr auf das leere Giftfläschchen in meiner Hand gerichtet. Wie kam dieses teuflische Ding in meine Tasche?! Ich blickte hoch und zog scharf die Luft ein - ja, es gab nur einen einzigen Weg, wie es dorthin gelangt sein konnte! Durch Mistress Felton-Grey, als sie in der herrschaftlichen Küche meinen Mantel reinigte!
Ich sprang auf, schritt resolut zum Fenster und von dort wieder zum Bett zurück, in höchster Erregung, während eine Flut rasender Gedanken über mich hereinbrach. War die junge Engländerin tatsächlich jene verschleierte Dame, welche das Gift der Tollkirsche bei Madame Prunelle erwarb? Madame Vinaigre, nunmehr in Madame de la Bavardes Diensten, hatte Mistress Felton in Paris gesehen - war diese etwa, unterm Vorwand irgendwelcher Einkäufe für den Haushalt des Herrn Vicomte, mit dem heimlichen Vorhaben in die Stadt gekommen, sich ungesehen in die Rue de la Couleuvre zu begeben, um jene gewisse Kräuterhändlerin aufzusuchen? Doch bei Gott, wenn sie tatsächlich das tödliche Gift besorgt hatte, mit welchem der Mordanschlag im Hause der Duchesse de la Broche-Botillon ausgeführt worden war, warum sollte sie hinterher die himmelschreiende Torheit begehen, ausgerechnet mir, der ich doch auf Schloss Rossarde erschienen war, um Licht in diese dunkle Angelegenheit zu bringen, das verräterische leere Giftfläschchen heimlich in die Tasche zu schmuggeln?!
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Kapitel Kapitel 11
Kaum hatte ich Monsieur de Rocheforts Büro im Palais du Cardinal verlassen, suchte ich stehenden Fußes mein geheimes städtisches Quartier in Bazins Wohnung auf. Ich verspürte das dringende Bedürfnis nach einem heißen Bad - nicht nur, um mich, nach glücklich vollbrachter Rückkehr vom Lande, vom Straßenstaub zu säubern, sondern auch, um meine infolge des eben hinter mich gebrachten langen Rittes noch spürbar verkrampften Glieder zu entspannen und zugleich Monsieur de Rocheforts scharfsinnige Ausführungen samt ihrem schockierenden Ergebnis nochmals in aller Ruhe zu überdenken.
Bei Gott!, dachte ich, ins angenehm warme, mit duftenden Orangenblüten parfümierte Wasser meiner Badewanne zurückgelehnt, was, wenn der Graf recht hatte? Ja, in der Tat, buchstäblich alles sprach gegen den Vicomte de la Falaise-Rossarde! Und dazu die bange Nervosität dieses Herrn, sein unverkennbares Entsetzen, angesichts meiner unverhofften Fragen! Ich erinnerte mich seines Blickes, seines unwillkürlichen Errötens, als Mistress Felton die Bibliothek betrat. Er war zutiefst in die junge Frau verliebt, daran bestand kein Zweifel! Und ein schmachtender Liebhaber, das wusste ich nur zu gut aus eigener böser Erfahrung, war wahrhaftig zu einigem fähig! Warum also nicht auch zu heimtückischem Mord, um das Herz seiner Angebeteten zu gewinnen!
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Kapitel Kapitel 12
„Monsieur le chevalier, ich hatte Euch gewarnt!“, zischte Monsieur de Rochefort enerviert, in Myladys exquisitem Salon mit nervösen Schritten auf und ab marschierend, nachdem ich mich anderntags, sichtlich angeschlagen, abermals in ihrem luxuriösen Domizil an der Place Royale eingefunden hatte. „Mit unserem Gegner ist nicht zu spaßen! Zum Teufel, diese verdammten Kanaillen hätten Euch gestern Abend beinah umgebracht! Wäre Master Tyson nicht gewesen, könntet Ihr nun glücklich die Radieschen von unten betrachten! Eure Zeit als Musketier des Königs ist ja wohl noch nicht so dermaßen lange vorüber, dass Ihr dieses tödliche Risiko nicht klar hättet erkennen können! Als Einzelner alleine im Kampf gegen eine solch mörderische Übermacht hattet Ihr doch keine Chance!“
„Ich weiß!“, knurrte ich zerknirscht, während ich mit dem Zeigefinger nervös die Parierstange meines Degens entlangfuhr, den ich heute ausnahmsweise nicht Master Tysons Händen überlassen hatte müssen - verdammt, der Graf hatte recht, das war nicht zu verleugnen! „Monsieur le comte, habt Ihr vielleicht eine Vermutung, wer diese Kerle gewesen sein könnten?“
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Kapitel Kapitel 13
„In der Tat, Monsieur Aramis!“, versetzte der Graf de la Falaise mit höhnischem Lächeln und trat hinterm Schreibtisch hervor, die Pistole in seiner Hand direkt auf mich gerichtet, „jawohl, Ihr habt ganz recht! Alles verhält sich so, wie Ihr eben sagtet! Aber Euer Wissen wird Euch leider nichts mehr nützen! Ihr seid zweimal dem sicheren Tod entronnen, doch nun hat Euer letztes Stündlein geschlagen!“
„Monsieur le comte, Ihr glaubt doch nicht etwa, dass Ihr mit diesem weiteren Mordanschlag durchkommt!“, zischte ich zurück, bebend vor Zorn -
„Ach was, Monsieur!“, lachte der Graf verächtlich. „Ehe man Euch hier tot und mit einer Kugel im Leib auffindet, bin ich mit meiner Geliebten längst über alle Berge! - Meine liebe Jacquéline!“, wandte er sich an seine Komplizin, „tretet bitte zur Seite! Und Ihr, Monsieur l`abbé, sprecht Euer letztes Gebet!“
Er hob die Pistole, hielt mich funkelnden Blickes und mit fester Hand im Visier, sein Zeigefinger krümmte sich um den Abzug - die Dame in Schwarz trat einen Schritt näher heran und lüftete ihren dichten Schleier. Aus den Augenwinkeln erkannte ich ihre spröden blonden Locken, ihr wie immer grell geschminktes Gesicht, ihren in vulgärem Rot prangenden, nun teuflisch lächelnden Mund. Mit rascher, leichter Bewegung griff sie an ihren linken Ärmel und streckte in Sekundenschnelle die Hand aus, in geschmeidigem Wurf - ich zuckte unwillkürlich zusammen, etwas flog knapp an mir vorbei, mit leisem Schwirren, und im selben Moment ertönte ein schriller und über alle Maßen überraschter Aufschrei. Der Graf fuhr sich mit der Linken ins Gesicht, in heftiger Abwehr, als wollte er ein lästiges Insekt verscheuchen - überrumpelt und zutiefst erschrocken starrte er auf seine gerötete Hand, Blut rann von seiner Wange. Seine unsägliche Verblüffung währte bloß einen Augenblick, doch dies genügte mir. Ich warf mich auf ihn, in blitzschnellem Angriff, packte ihn am Handgelenk und riss seine rechte Hand samt der Pistole vehement empor - der Schuss brach los, mit ohrenbetäubendem Krach, und die Kugel fuhr splitternd in die holzgetäfelte Decke. Sofort kehrte Leben in den Grafen zurück - sein eben noch totenbleiches, blutendes Antlitz lief dunkelrot an, er entwand sich meinem Griff, umklammerte mit harter Faust meine Arme und versuchte, mich mit aller Gewalt zu Boden zu ringen. Ich widerstand ihm, keuchend und mit zusammengebissenen Zähnen, doch ich wusste, er war stärker als ich, seine Kräfte ließen mir keine Chance -
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Kapitel Vorletztes Kapitel
„Messieurs, erlaubt mir eine kurze Frage!“, knurrte Kardinal Richelieu und lehnte sich stirnrunzelnd in seinen Armstuhl zurück. „Sind jene beiden höchst bedauerlichen - hm! - Unfälle wahrhaftig nicht zu verhindern gewesen?“
Monsieur de Rochefort warf mir unter gesenkten Lidern einen raschen Blick zu, ehe er sich vernehmlich räusperte und in unser beider Namen antwortete: „Unglücklicherweise nein, Eure Eminenz. Diese beiden tödlichen accidents traten so dermaßen überraschend ein, dass uns in der Tat nicht die leiseste Chance blieb, sie erfolgreich zu unterbinden! Monsieur Aramis hier kann dies mit allem Nachdruck bestätigen!“
Richelieu verzog ärgerlich die Lippen, während er seinen funkelnden Blick von seinem Herrn Stallmeister zu mir und wieder zurück zu Monsieur de Rochefort gleiten ließ. „Nun gut,“ bemerkte er maliziös, die Augen senkend und wie geistesabwesend die Fingernägel seiner langfingrigen, ringgeschmückten Hand betrachtend, „wenn die beiden Herren einander gegenseitig ihr bedingungsloses Eintreten für Recht und Gesetz so dermaßen dezidiert bescheinigen, bleibt mir wohl nichts anderes übrig, dies auch unbesehen zu glauben! Doch ich wäre davon angetan, Messieurs, nun im Gegenzug genaue Aufklärung darüber zu erhalten, wie es zu jener nicht gerade sauberen Lösung dieses Falles kam! Darf ich höflichst um eine solche bitten?“
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Kapitel Letztes Kapitel
Meines festen Vorsatzes eingedenk, begab ich mich anderntags abermals in die Rue du Cotillon. Der Weg dorthin war etwas mühsam und dauerte um einiges länger als sonst, denn Chouchou war Spaziergänge an der Leine offensichtlich überhaupt nicht gewohnt. Er zerrte mal hierhin, mal dahin, schnüffelte an jeder Ecke, an jedem Randstein, hob andauernd das Bein und hechelte zutiefst asthmatisch, wenn ich ihn durch ungeduldige Rucke am seidenen Leinenband zu etwas schnellerer Gangart animieren wollte.
Solcherart erreichten wir endlich das Palais des unter so denkwürdigen Umständen verstorbenen Comte de la Falaise, vor dessen Tor abermals eine Kutsche stand, welche, altmodisch, behäbig und abgenutzt wie sie war, offensichtlich schon bessere Zeiten gesehen hatte. Ich wandte mich eben dem Hauseingang zu, mit Chouchou im Schlepptau, als das hohe Portal sich unversehens auftat und Monsieur de Rochefort, begleitet vom Herrn Vicomte de la Falaise-Rossarde, über die Schwelle trat.
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