Novemberherausforderung 2003 von Silvia
Durchschnittliche Wertung: 4, basierend auf 5 BewertungenKapitel Novemberherausforderung 2003
Ich bin mal so frei, die neue Herausforderung zu stellen, wo Marens Bemerkung in der Shoutbox mich gerade daran erinnert hat... ;) Da ich noch nie eine gestellt habe, verzeiht Ihr mir mein etwas eigenmächtiges Verhalten vielleicht. ;)
Also, ich hätte im November gern Geschichten, in denen
1. Aramis und Rochefort die Hauptrolle spielen
2. ein Töpfchen Rouge vorkommt
3. Bazin einen Fußtritt kriegt
4. Jussac einen Lachanfall bekommt
und 5. Richelieu am Ende sehr zufrieden dreinsieht.
Macht was draus - ich verkupple weiter den armen, unschuldigen Athos... ;-)
Gespannte Grüße,
Silvia
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Kapitel Das Verhör von Louise
Mein lieber Freund,
Eure Kusine ist wieder einmal in Paris und grüßt Euch herzlich. Wenn Ihr es einrichten könnt und ebenso auf ein familiäres Wiedersehen hofft, so eilt und kommt heute zu jenem Ort, dem unsere jugendlichen Erinnerungen gelten.
Marie Michon
Zitternd vor Freude und innerer Erregung zerknüllte Aramis das unscheinbare Blatt Papier in seiner Hand und drückte es an sein Herz. Unerwartet kam diese Nachricht von ihr, der Frau, die er sicher in Tours geglaubt hatte und an die er jeden Tag zu denken sich verpflichtet hatte. Doch sie war eine Frau, die selbst für ihn schwer einzuschätzen war und obgleich ihre Zuneigung, wie diese Nachricht wieder bestätigte, unangefochten war, so fühlte er sich doch ihrem Willen und ihren Taten unterlegen.
Der Musketier erhob sich und nachdem er ihren Brief in das offene Feuer geworfen hatte, lehnte er sich an den Kamin und sah zu, wie das Papier langsam verbrannte.
Er konnte nicht bestreiten, dass er sich nach ihr sehnte. Gott wusste, er hatte es versucht. Wenn er keinen Dienst hatte, so waren es nicht seine Freunde, mit denen er seine Zeit verbrachte, sondern die Bibel, die auf einem eigens dafür angefertigten Pult inmitten seines Zimmers lag. Doch Gottes Worte verblassten sofort in seinem Gedächtnis, wenn er nur eines von ihr hörte. Und so quälte ihn, wie schon seit Jahren, der gleiche Zweifel um seine Bestimmung und seine Zukunft.
Doch auch heute Abend war die Entscheidung nicht erst zu treffen. Sein Geist mochte sich noch mit der Frage, welche Handlungsweise zu verantworten war herumschlagen, sein Herz hatte bereits entschieden.
Als sein Diener Bazin eintrat, ihm seinen Wein zu bringen, fand er seinen Herren vor dem Spiegel, das glänzende schwarze Haare mit einer Bürste kämmend. Noch ehe Aramis etwas sagte, war Bazins Verdacht bestätigt, dass die Nachricht, die er von einem einfachen Boten heute Mittag angenommen hatte, von einer Dame kam. Er ließ einen herzzerreißenden Seufzer vernehmen, war er doch ständig um das Seelenheil seines zeitweilig so sündhaften Herren besorgt und näherte sich mit leidender Miene. Aramis, der ihn mit Hilfe des Spiegels beobachtet hatte, wusste, was nun kommen würde und schnitt seinem Diener kurzerhand das Wort ab, indem er befahl, ihm ein frisches Hemd zu bringen. Nachdem er sich angekleidet und nochmals einen prüfenden Blick in den großen Spiegel geworfen hatte, ging er zu einem der Schränke und nahm aus einer ganzen Reihe Töpfchen eines hervor und steckte es in seine Manteltasche.
„Bazin,“ sagte er schließlich an seinen Diener gewandt, „ich werde nicht vor morgen früh zurück sein. Sollte jemand nach mir fragen, ich besuche einen befreundeten Abbé.“
Aramis trat zu Tür, doch auch dieses Mal war Bazins Sorge um das Seelenheil seines Herren größer als sein Verstand, der ihm deutlicher nicht hätte sagen können, dass der Herr überhaupt nichts mehr zu hören wünschte und er erwiderte unbedacht: „Monsieur, Lüge und die teuflischen Schlangen sind Euer Verderben. Gott wird das nicht ...“ Doch er kam nicht weiter. Aramis hatte ihn schon am Kragen gepackt und geschüttelt. Bazin, der von seinem Herren so gut wie noch nie körperliche Züchtigung erhalten hatte, schrie entsetzt auf und starrte Aramis mit weitaufgerissenen Augen an.
„Mein lieber Bazin,“ zischte dieser gefährlich leise, „Ich wüsste nicht, was dich mein Seelenheil anginge. Kein Wort mehr.“
Dann drehte er den kleineren Mann um und verpasste ihm sehr unchristlich einen Fußtritt. Dann zog er sich den Mantel glatt und tauchte in die Kälte der Novembernacht ein.
Doch er kam nicht weit. Er war soeben in die schmale Rue Linois eingetreten, als er sehr nah hinter sich Schritte vernahm. Er blieb stehen, lauschte. Er vermeinte ein leises Fluchen zu hören, doch sicher konnte er sich nicht sein. Aramis, der sein halbes Leben auf solchen abendlichen Spaziergängen verbracht hatte, war jedoch alarmiert genug, um sich, recht spät, wie er eingestehen musste, zum ersten Mal darüber Gedanken zu machen, dass dies eine Falle sein könnte.
Er ging wenige Schritte weiter und blieb ruckartig stehen. Dieses Mal waren keine Stiefelschritte zu hören, doch dafür ein Flüstern, dass ihn vollends aus seiner Vorfreude riss. Er hatte Jussacs Stimme vernommen.
Aramis handelte und zog blitzschnell seinen Degen. Die wenigen Schritte, die ihn von seinen versteckten Verfolgern trennte, brauchte er nicht mehr zu gehen, denn nicht nur vormals hinter sich, traten nun von beiden Seiten Schatten auf ihn zu. Schatten in Kardinalsuniformen, wie er erkennen musste. Er zählte sieben Mann und sah ein, dass er keine Chance hatte, hier kämpfend unbeschadet herauszukommen. Also senkte er seinen Degen und fragte mit lauter klarer Stimme: „Haben die Herren Gardisten ein besonderes Anliegen oder sind sie ebenso für nächtliche Spaziergänge zu gewinnen, wie ich selbst?“
„Schweigt!“ fuhr ihn Jussac wütend an. „Euer Rendezvous ist beendet ehe es angefangen hat. Ihr seid verhaftet.“ Damit traten fünf Mann auf ihn zu und entrissen ihm gewaltsam seinen Degen. Aramis protestierte, doch keiner achtete darauf, vielmehr erschien es, als wären sie selbst von ihren Taten überraschter als er. Während man ihm Eisen um die Handgelenke legte, hörte er wie einer der Gardisten leise Jussac fragte: „Und nun? Rochefort bringt uns um.“ Dieser schnitt seinem Kamerad kurzerhand das Wort ab und sagte laut. „Zum Palais.“
Aramis schwieg während man ihn durch die dunklen Straßen führte. Er hoffte auf einen fähigeren Offizier als Jussac zu treffen und bei diesem seine Beschwerde anführen zu können. Was die Gardisten taten, war gegen jegliche Gesetze und er war sicher, daß sie nichts gegen ihn in der Hand hatten, was solche Behandlung rechtfertigte. Sorgen machte er sich mehr darum, wie sie ihn hatten aufspüren können und ob ihnen der Aufenthalt Mme de Chevreuses in Paris bekannt war.
Als das Palais des Kardinal also kurz nach Mitternacht erreicht ward, führte man den Gefangenen in das Untergeschoss und Jussac gab den Befehl seine Taschen zu durchsuchen und ihn anzuketten. Daraufhin eilte er wenige Treppen nach oben und trat bei seinem Vorgesetzten mit merklichem Unbehangen ein.
Der Stallmeister des Kardinals saß mit geöffnetem Wams sehr wenig formell an seinem Schreibtisch, wobei er mehr in dem Sessel lag als saß und seine gestiefelten Beine auf dem Tisch abgelegt hatte. Sein schwarzes leicht gelocktes Haar war mit wenig Sorgsamkeit zu einem Zopf gebunden und einzelne Strähnen waren herausgefallen.
Rochefort blickte von dem Schreiben, das er gerade gelesen hatte, auf und musterte den Gardisten mit finsterer Miene. „Ich habe Euch nicht so früh zurückerwartet. Was gibt es?“
Jussac riss sich zusammen und erstattete seinem Vorgesetzen Bericht über den misslungenen Auftrag. Rocheforts Augen verfinsterten sich zunehmend und als Jussac mit den Worten „Wir hatten keine andere Wahl, als ihn gleich festzusetzen.“ schloss, war die einzige Antwort, die ihn Rochefort für würdig erachtete, das Wort: „Unfähig.“
Während Jussac noch dabei war hinter der schuldbewussten Miene seine Ehre wieder zusammen zu suchen, war der Graf aufgestanden und hatte die Kerzen, die den Raum erhellt hatten, allesamt gelöscht.
„Folgt mir Jussac,“ sagte er, als er die Tür öffnete. „Dies ist eine gute Gelegenheit für Euch, der Ihr es so nötig habt, zu lernen.“
Auf dem Weg zu dem unteririschen Teil des Gebäudes, war Rochefort dabei in seinem Gedächtnis alles Wissen, was ihm über den Musketier Aramis bekannt war, zu sammeln und auszuwerten. Für ihn war seit langem klar, dass Aramis mit Mme de Chevreuse in Verbindung stand, allein die Beweise, die der Kardinal stets zu fordern die unangenehme Angewohnheit besaß, fehlten. Rochefort hatte sich von der Beschattung des Musketiers erhofft, ihn in eine eindeutige Situation zu bringen und dem Kardinals somit das Geforderte zu liefern. Er wusste, dass sich genau in diesem Moment jene politisch so bedeutsame Person in der Hauptstadt befand. Hätte Jussac Aramis bis zu jenem Treffpunkt verfolgen können, dann würden nun nicht mehr die Fragen diskutiert ob und wenn, sondern wann und wie. Zähnknirschend machte sich Rochefort wiedereinmal bewusst, dass er selbst handeln musste, wenn er es richtig gemacht sehen wollte. Jussac hatte offensichtlich keine Ahnung davon wie wertvoll Informationen waren.
Vor dem Raum angelangt, wo man den Musketier festhielt, überreichte ihm ein Gardist die bei dem Gefangenen gefundenen Gegenstände. Rochefort betrachtete jedes einzelne Stück mit Sorgfalt: Der Degen, dessen Klinge Rochefort schon mehrere Male gekreuzt hatte, eine schöne Waffe gestand er zu und legte ihn beiseite. Als nächstes fand er sehr feingefertigte Lederhandschuhe vor, dann ein weinrotes seidenes Haarband sowie ein Fläschchen Mandelöl. Rocheforts Augenbraue war schon bei dem Haarband deutlich nach oben gewandert, doch als er nun auch noch ein Töpfchen teuersten Rouge, das Paris zu bieten hatte, entdeckte, entglitten ihm noch mehr Gesichtszüge und er grinste. Jussac der ihn in jenem Moment erreichte, konnte nicht verhindern ein wenig zusammenzuzucken.
Als Rochefort, von Jussac gefolgt, den kleinen, nur durch 4 Kerzen beleuchteten Raum betrat, sah Aramis auf. Als er sich vor wenigen Minuten allein in diesem Raum wiederfand, hatte er aufgehört gegen die unrechtmäßigen Behandlungsmethoden zu protestieren und sich mit der Tatsache abgefunden, an Eisenvorrichtungen in dem Mauerwerk angekettet zu sein und keinerlei Chance auf Gegenwehr zu haben.
Man hatte ihm Wams, Mantel und Hut genommen. Sein weißes Hemd war verschwitzt und durch die kurze Kampfhandlung bei seiner Festnahme ein wenig aufgerissen, so dass die Kette mit dem silbernen Kreuz auf seiner Brust deutlich zu sehen war.
Als Rochefort nun vor ihm auf einem Stuhl Platz nahm und ihn interessiert musterte, musste er seine Wut schmerzhaft unterdrücken. Er atmete tief durch und stellte dann mit ruhiger Stimme fest: „Rochefort Ihr wisst, dass Ihr keinerlei Recht zu solcher Handlung habt.“ Seine dunklen Augen funkelten in dem schwachen Kerzenlicht bedrohlich.
Rochefort jedoch schenkte ihm nur ein Lächeln und fuhr fort ihn zu betrachten. Jussac, der hinter Rochefort auf einer Holzbank platzgenommen hatte, grinste.
„Rochefort, das wird unangenehme Konsequenzen führ Euch haben.“ versuchte es Aramis ein weiteres Mal und tatsächlich, dieses Mal stand der Stallmeister seiner Eminenz auf und stellte sich vor ihn.
„So... meint Ihr?“ fragte er mit überheblichem Unterton in der Stimme. „Nun, ich für meinen Teil hätte eher angenommen, für Euch könnte dies hier sehr unangenehme Folgen haben. Noch liegt Euer Hauptmann nämlich seelenruhig schlafend in seinem warmen Bett und ahnt nicht, in welch missliche Lage sich sein allseits beliebter Musketier gebracht hat.“ Das Lächeln auf Rocheforts Gesicht verschwand und seine Stimme klang sehr tief als er feststellte: „Die Nacht ist noch lang, Aramis. Und Ihr wisst etwas, was ich wissen will.“
Aramis entging die Drohung nicht, doch einschüchtern ließ er sich davon nicht. „Ich weiß nicht was Ihr meint.“ sagte er mit fester Stimme, woraufhin Rochefort jedoch ein verächtliches Schnauben hören ließ. „Natürlich wisst Ihr das nicht.“ Kommentierte er und ging einige Schritte zurück. „Lasst mich also Euer Gedächtnis ein wenig auffrischen. Im Jahre 1624 wurde der französische Hof um eine seiner Attraktionen ärmer und wer war es, der die verräterische Schönheit, der man nachsagte den Herzog von Chevreuse geheiratet zu haben, nach Tours zu begleiten wünschte, obwohl der König damit die Gardisten seiner Eminenz beauftragt hatte? Euer erster Fehler, Monsieur le mousquetaire!“
Rochefort lief in dem kleinen Raum auf und ab und redete sich langsam in Rage.
„Kaum ein Jahr später ist nicht nur die Verbannte sondern auch noch ein englischer Bekannter mit von der Partie, die sich zusammen in der Hauptstadt befinden und in der Rue Vaugirard einnisten. Wo wohnt ihr noch gleich, Monsieur le galant?“ Rochefort war zufrieden mit sich als er Aramis erbleichen sah. „Zweiter Fehler. Doch damit nicht genug. Man sagt Ihr habt eine kleine Kusine, zu der die Bande des Blutes wohl sehr stark sein müssen und die den gefährlichen Namen: Marie trägt. Nun, Monsieur le cousin?“
Doch nun war es Aramis der lächelte. „Monsieur le comte, Ihr wisst so gut wie ich, das sind alles Vermutungen oder verpasste Chancen. Das sind keine Beweise.“
Rochefort war wieder vor ihm stehen geblieben und ihre Blicke trafen sich.
„Richtig. Noch fehlt ein Beweis und genau deshalb seid Ihr hier.“ Er ließ sich wieder auf den Stuhl sinken. „Denn nun kommen wir zum heutigen Abend, Monsieur. Was genau tatet Ihr als man Euch ergriff?“
- „Ich machte einen Spaziergang.“
- „Mitten in der Nacht?“
- „Mitten in der Nacht.“
- „Wegen des Mondlichts?“
- „Wegen der Frische der Luft.“
- „Rührend.“
Es wurde einen Moment geschwiegen und hinter Rochefort war ein Glucksen zu hören. Jussac schien sich zu amüsieren. Doch nun setzte Rochefort wieder ein.
- „Ich nehme nicht an, dass Ihr auf dem Weg zu eben dieser Dame ward?“
- „Welcher Dame?“
- „Marie.“
- „Ich kenne mehrere Damen dieses Namens.“
Rochefort hatte sich erhoben und war sehr nah an Aramis herangetreten, der, da er zur Bewegungslosigkeit dank der Ketten, die seine Arme über den Kopf hielten, gezwungen war, nur den Kopf zu Seite drehen konnte.
- „Marie de Chevreuse.“
- „Ah. Nein.“
- „Hattet Ihr mit Verfolgern gerechnet, die Eure nächtliche Wanderung stören würden?“
- „Nein.“
- „Also habt ihr sehr gute Ohren, da Ihr ihre Schritte doch vernommen habt?“
- „Mit Verlaub Rochefort, Eure 7 Gardisten waren lauter als eine Herde Ochsen.“
Das Glucksen im Hintergrund verstummte. Rochefort trat zu dem kleinen Tisch, der neben der Tür stand und nahm einen Gegenstand in seine Hand. Dann trat er wieder zu Aramis und hielt es ihm hin. „Ihr hattet ein Töpfchen Rouge dabei. Ich nehme nicht an, dass es ein Geschenk für die Dame war, die ihr des Nachts Nicht zu besuchen vorhattet?“
Aramis’ Haltung straffte sich etwas. „Nun?“ fragte Rochefort siegessicher.
„Ich habe es für mich erworben.“ Antwortete Aramis schnell, ein wenig zu schnell, denn Rocheforts sich aufhellende Miene bewies ihm, dass seine Antwort nicht so unverfänglich war, wie er geglaubt hatte.
„Für Euch also.“ Wiederholte Rochefort lächelnd. „Nun werter Aramis, ich hatte Euch noch nicht mit diesen Augen gesehen.“ Und schwungvoll trat er einen Schritt zurück und ließ seinen Blick abermals über Aramis’ Körper gleiten. „Tatsächlich das Rouge macht Euch noch attraktiver.“
Jussac brach eben in diesem Moment in einen Lachanfall aus, doch Rochefort beachtete ihn gar nicht. Stattdessen fuhr er mit seiner Hand an Aramis’ Hals entlang und nahm das kleine silberne Kreuz, dass um Aramis’ Hals hing, zwischen die Finger.
„Aber wenn ich es mir recht überlege... seid ihr doch in einem Kloster aufgewachsen, nicht wahr?“ Er grinste hämisch. „Nun, dann ist es in der Tat kein Wunder.“
Aramis war sprachlos und seine Wangen hatten sich gerötet. So wütend er ob dieser Behauptung und Rocheforts Miene dabei war, so sah er doch endlich auch eine Chance aus dem ganzen ohne weitere Gefährdung Maries herauszukommen.
„Ich rate Euch dies für Euch zu behalten, Rochefort, oder wir werden uns bei einem Duell gegenüberstehen.“ Meinte er ruhig und genoss Rocheforts verdutztes Gesicht.
„Ihr gebt es also zu?“ fragte Rochefort mit ungewohnt hoher Stimme.
„Mir ist nicht bekannt, dass ich ob meiner weltlichen Vorliebe, etwas Rouge mit mir zu führen, angeklagt werden kann. Wenn es Euch also beliebt mich freizulassen...“
Rochefort musste einsehen, dass er sich selbst außer Gefecht gesetzt hatte und nachdem Aramis samt Rouge und Degen freigelassen war, ließ sich Rochefort bei Richelieu melden, um ihm Bericht zu erstatten.
Doch wider aller Erwartungen lächelte der Kardinal ihm anerkennend zu und sagte: „Ich denke dies genügt mir als Beweis. Kein Mann geht soweit, wenn er nicht eine Dame zu schützen hat. Laßt seine Wohnung und Bekanntschaften von nun an ständig überwachen.“ Rochefort verbeugte sich und Richelieu blieb äußerst zufrieden dreinblickend an seinem Schreibtisch zurück.
Kapitel Rouge von
Rouge
Die Rue Saint-Honoré in Paris war eine sehr bekannte und belebte Straße. Es gab dort viele Läden, einen Markt und man konnte so ziemlich alles kaufen, was man brauchte. Es befand sich dort eine Schmiede neben einem Schneiderladen, auf dem Markt gab es Obst, Gemüse, Fleisch und alles andere, was das Herz begehrte. Auf der Straße drängte sich zu fast jeder Tageszeit Volk, um mit Händlern aus dem Umland oder Paris um dieses und jenes zu feilschen.
Doch wenn man die Straße verließ, um in eine kleine, vielleicht auch unauffällige Seitenstraße einzubiegen, so konnte man dort Dinge entdecken, die es auf der belebten Saint-Honoré nicht gab. Unter Umständen kam es vor, dass dort sogar einiges in besserem Zustand zu bekommen war, da es nicht durch so viele Hände ging. Dies betraf vor allem die Schneidereien. Doch natürlich war kein Schneider darüber erfreut, einen kleinen engen Laden in einer unbelebten Seitenstraße zu haben, denn nur selten verirrte sich mal jemand dorthin.
In einer Seitenstraße befand sich ein kleiner, jedoch recht heller Laden, wo man Parfum kaufen konnte und sonstige Dinge, die sich reiche Frauen am liebsten von ihren Liebhabern schenken ließen, Rouge, allerlei an Puder und weiteres.
Dieser kleine Laden gehörte Monsieur Coupe, ein Meister seines Faches, der ein jeden in der Wahl seiner Geschenke oder Einkäufe beraten konnte. Auch heute hatte er wieder einen Käufer, den er kannte, denn Monsieur Aramis, seines Zeichens Musketier Seiner Majestät, hatte schon einige Male hier eingekauft. Heute jedoch wirkte der Musketier, welchen man sonst nur sanftmütig und gelassen kannte, aufs Höchste ärgerlich. Mit ihm war nämlich sein Diener, der gute Bazin, dem der Aufenthalt in diesem Hause höchst lasterhaft erschien. Dagegen war einiges zu sagen, denn immerhin gab es hier keine zischenden und dampfenden Gerätschaften, doch Monsieur Bazin erschien schon der Umstand, dass hier Parfum hergestellt wurde, höchst teuflisch. Er war allen Mischungen höchst abgeneigt und dass sein Herr, den er lieber in einer Soutane gesehen hätte, hier in recht vertraulichem Tonfalle zu einem Mann sprach, dessen geschwungene Augenbrauen ihm ein höchst interessantes, aber auch diabolisches Aussehen gaben, war ihm überhaupt nicht angenehm.
So kam es, dass Aramis, als Bazin misstrauisch einen Flakon musterte, dessen Inhalt ihm verdächtig vorkam, seinen armen Diener ärgerlich anfuhr und dabei sogar einen Fluch über seine Lippen ließ: „Zum Teufel noch mal, Bazin, nun sei aber ruhig! Ich habe hier einige wichtige Geschäfte zu erledigen und wenn du es wagen solltest, etwas hier anzurühren…“ Aramis beendete diesen Satz nicht sondern begnügte sich damit, Bazin einen wütenden Blick zuzuwerfen. Bazin sah ihn ausdruckslos an und hoffte, dass sein Herr noch vernünftig wurde, bevor er seinen Abschied nehmen musste.
Aramis beachtete seinen Diener nicht weiter, sondern wandte sich wieder an Meister Coupe.
„Das Parfum ist also hier?“, fragte der junge Musketier.
Meister Coupe nickte. „Ich habe die Mischung so herstellen lassen, wie Ihr es gesagt habt, Monseigneur, genau so. Wenn Ihr es wünscht, werde ich sie holen. Sie befindet sich in meinen hinteren Räumen, damit sie nicht wegkommt.“
Aramis nickte mit einer herablassenden Handbewegung. „Bitte beeilt Euch aber, guter Freund, eine liebe Freundin… Ihr versteht…“
„Selbstverständlich“, mit einer Verbeugung eilte Monsieur Coupe davon und verschwand hinter einer kleinen, unauffälligen Tür.
„Liebe Freundin…“, brummte Bazin, doch offensichtlich zu laut. Sein Herr sah ihn so drohend an, dass er verstummte.
Man hörte hinter der Tür einiges Gescharre und ein Geräusch, als ob Glas an Glas stieß.
Aramis trommelte einen Marsch auf den Ladentisch. Die Tür zum hinteren Ladenteil wurde wieder aufgestoßen und Monsieur Coupe erschien, einen Flakon wie eine Kostbarkeit in beiden Händen tragend. Aramis’ Miene verriet Aufmerksamkeit und er straffte sich.
„Teufelszeug“, sprach Bazin laut.
Aramis wandte sich um, als ob man ihn angegriffen hätte und versetzte Bazin einen Fußtritt, dass dieser mit einem Heulen aus dem Laden floh.
Monsieur Coupe grinste, wurde aber sofort wieder ernst, als sich Aramis ihm wieder zuwandte.
„Also das ist-“, hub Aramis zum Sprechen an, doch er wurde unterbrochen. Die Ladentür öffnete sich und Aramis, der sich umgesehen hatte, in der Erwartung, seinen Diener wieder reinkriechen zu sehen, wandte sich rasch wieder ab. Ein Mann, mit dessen Erscheinung niemand hätte rechnen können, trat ein.
Monsieur de Rochefort, Stallmeister Seiner Eminenz, Kardinal Richelieus, warf einen kurzen Blick in den Laden und kam dann an den Ladentisch, wo Meister Coupe, den Flakon mit Parfum immer noch in der Hand, ihn anstarrte.
Rocheforts Augenbrauen wölbten sich bedenklich, so dass sich Monsieur Coupe sehr schnell wieder an seine gute Erziehung erinnerte. Da Aramis sich abwandte und interessiert an die Wand sah, wandte sich also der Ladenbesitzer an den neuen Käufer. „Ihr wünscht, Monseigneur?“
„Ich möchte“, begann Rochefort, warf aber just in diesem Moment einen Blick auf den Königlichen Musketier neben ihm. Er verstummte und errötete, es schien ihm höchst unangenehm zu sein, vor Aramis seine Wünsche auszusprechen.
„Ja?“, fragte Monsieur Coupe sanft und tat so als hätte er die Verlegenheit des Grafen nicht bemerkt.
„Ich möchte ein… ein bisschen Rouge kaufen“, sprach Rochefort durch die Zähne, als hoffte er, dass sein Wunsch dadurch für Aramis unverständlich sei.
Doch Aramis hatte ihn sehr wohl verstanden und wandte sich mit einer langsamen Bewegung zu Rochefort, der darob noch heftiger errötete.
„Ihr?“, fragte Aramis, unfähig, sich zu beherrschen, obwohl er doch sonst so überlegt und diskret war.
„Ja, ich“, fauchte Rochefort, ohne dass das Blut aus seinem Gesicht wich.
„Beeilt Euch!“, herrschte er daraufhin Monsieur Coupe an, der sofort hinter sich griff und ein Töpfchen Rouge auf den Tisch stellte.
„Ist das Rouge?“, fragte Rochefort und Aramis erlaubte sich ein unverschämtes Lächeln, welches zum Glück der Graf nicht bemerkte.
„Ja, Monseigneur, kostbares, sehr gutes Rouge. Wirklich, ein wunderbares Rouge aus Florenz. Sicherlich wisst Ihr, dass Rouge aus Florenz-“
„Ja, weiß ich“, sagte Rochefort ärgerlich. Er bezahlte hastig, nahm das Rouge an sich und verließ grußlos den Laden.
„Wartet! Ihr bekommt noch Euer Wechselgeld!“, rief Monsieur Coupe, doch leider hörte Rochefort ihn nicht mehr. Trotzdem öffnete sich die Tür, Bazin lugte hinein.
„Nun komm schon her“, sprach Aramis und winkte mit der linken Hand. Bazin schlich betreten heran. Aramis beachtete ihn nicht weiter, sondern erledigte seine Einkäufe bei Monsieur Coupe. Dieser bedankte sich anschließend überschwenglich für die Ehre, die ihm Aramis bereitet hatte, bei ihm, einem armen kleinen Händler einzukaufen und schließlich brachte Aramis es fertig, sich zu verabschieden.
Der junge Musketier ging auf geradem Wege zum Louvre, da sein Dienst bald anfing. Bazin verabschiedete er nach kurzer Zeit, da er den Diener nicht zum Wachestehen gebrauchen konnte.
Auf dem Hof vor dem Louvre herrschte die übliche Geschäftigkeit. Überall waren Kuschen zu sehen, fuhren in den Hof oder vom Hof, Diener eilten umher, suchten ihre Herren oder lieferten Botschaften ab. Außerdem gab es überall Musketiere, die zu zweien oder zu dritt da standen und so taten, als ob sie aufmerksam all jene musterten, die den Louvre betraten oder verließen.
Aramis ging zu seinen Kameraden, den Herren Porthos und d’Artagnan. Athos war nicht da, er weilte beim Hauptmann, um irgendetwas mit ihm zu besprechen. Bei d’Artagnan und Porthos stand jedoch jemand, der gewöhnlich woanders zu finden war. Monsieur Jussac, eigentlich Leibgardist Seiner Eminenz, plauderte in aller Seelenruhe mit den anderen beiden.
Aramis trat heran und sah voller Erstaunen Jussac an, nachdem er seine Freunde mit Handschlag begrüßt hatte.
„Monsieur Jussac hat heute frei“, erläuterte d’Artagnan und Jussac nickte fröhlich.
„Es ist so, dass ich einen Auftrag bekam, den ich sehr schnell erledigte, denn er war einfacher als geplant. Aus diesem Grund war ich schnell fertig, habe einige Tage frei bekommen und dachte mir, es wäre nett, mal mit ehemaligen Feinden zu plaudern.“
Aramis nickte und sah fragend Porthos und d’Artagnan an, doch da diese ihm lächelnd und beruhigend zunickten, nahm er an, dass dies in Ordnung sei.
Noch ganz in Gedanken bei seinem Einkauf vor wenigen Minuten und seiner Begegnung dort, fragte er: „Was war das denn für ein Auftrag?“
Jussac sah ihn mit offenem Mund an, überlegte kurz und sagte dann: „Nun, es ist ja nichts schlimmes oder geheimnisvolles, deshalb kann ich es wohl sagen. Ich habe eine englische… hm… Dame… abgeholt. Also, ja, ich habe sie sicher nach Paris begleitet. So war das.“
„Aha“, sagte Aramis. „Seit wann übernehmt Ihr denn solche Aufträge?“
„Ja, natürlich, gewöhnlich macht ja Graf de Rochefort dergleichen. Aber ich habe mich freiwillig gemeldet, weil es mir eine Möglichkeit gab, mal wieder nach… Calais zu kommen.“ Monsieur Jussac errötete leicht und Aramis unterließ es, ihn zu fragen, wer denn wohl in Calais wohnte.
„Da ist sie“, sagte plötzlich Jussac und wies, froh, eine Ablenkung zu haben, auf eine hübsche zierliche Dame, die mit einem Diener zum Louvre schritt. Die vier Herren blickten zu der Dame, die einigen Adligen zunickte.
„Das ist die Dame, welche ich abgeholt habe.“
„Da ist Rochefort“, sprach d’Artagnan halblaut. Und wirklich, Rochefort ging zu der Dame und küsste ihr mit einer Verbeugung die Hand.
„Rochefort hat Anweisung bekommen, die Lady… ach, schon gut…“, Jussac schien sich zu wünschen, mal den Mund halten zu können.
„Rochefort“, sagte Aramis leise und Porthos, d’Artagnan und Jussac blickten zu ihm.
„Er hat heute Rouge gekauft…“
„Was hat er?“, fragte Jussac verständnislos.
„Rouge… hat er gekauft…“
„Was? Der? Rochefort hat was?“ Monsieur Jussac sah staunend Aramis an, dann zu Rochefort, der immer noch mit der Dame sprach und erlitt daraufhin einen ganz und gar ungebührlichen Lachanfall.
„Er hat… Rouge“, prustete Jussac heraus und konnte sich kaum auf den Beinen halten, „Rou- ouge gekauft, HAHAHA!“ Jussac hielt sich an Porthos fest und begann, haltlos an dessen Schulter gelehnt, zu kichern. Worte waren kaum zu verstehen, nur immer wieder „Rouge…“, „Rochefort“ und ähnliches. Die anderen sahen sich nur stumm an.
Wenden wir uns Rochefort zu, der von Jussacs Lachanfall zum Glück nichts bemerkt hatte, genausowenig wie die Dame. Diese Dame stand in den Diensten des englischen Königs und war in Frankreich, um Seiner Majestät einige wichtige Botschaften zu überbringen. Sie hieß Lady Prescett, war vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt und sah reizend aus mit ihren großen, haselnussbraunen Augen und ihren lockigen, dunkelblonden Haaren. Rochefort schien durchaus angetan zu sein, doch vielleicht heuchelte er ihr dies nur vor, denn seine Aufgabe war es, Lady Prescett die Informationen, die sie dem König hatte sagen sollen, schon vorher für den Kardinal zu entlocken. Nun muss gesagt werden, dass Lady Prescett schon seit zwei Tagen darauf wartete, zum König vorgelassen zu werden. Dieser hatte sich jedoch in seinem Zimmer eingeschlossen, weil eine Jagd abgesagt wurde, auf die sich Seine Majestät sehr gefreut hatte.
Lady Prescett war also zum Nichtstun verurteilt und da kam ihr der Graf de Rochefort, der anscheinend ebenso wie sie nichts zu tun hatte, gerade recht. Sie verbrachte fast den ganzen Tag mit ihm, plauderte über dieses und jenes und sie beide stellten fest, dass sie grundverschieden waren. Nichtsdestotrotz war Lady Prescett seine Gesellschaft angenehm, da er ihr immer zuhörte.
Auch heute wieder erzählte sie ihm, dass der König noch immer nicht bereit war, jemanden zu empfangen.
„Ich weiß nicht, was ich tun soll, mein Freund“, klagte sie. Rochefort hatte ihr ritterlich den Arm geboten und sie spazierten zum wer weiß wievieltem Male in den letzten Tagen auf dem Hof des Louvre herum, auf welchem sie inzwischen jeden Stein kannten.
„Seine Majestät hat mich noch immer nicht vorgelassen. Ich bin todunglücklich und ich weiß wirklich nicht, ob es gut von mir war, dass ich Euch vor einigen Tagen von meinem Auftrag erzählt habe. Jetzt wisst Ihr alles darüber. Immerhin arbeitet Ihr nicht für Seine Majestät.“ Mit diesen Worten schlug sie die Augen zu Rochefort auf, der selbstvergessen eine Hand auf seinen Degengriff gelegt hatte.
„Mylady, seid versichert, selbst wenn Seine Eminenz schon davon wüsste, er ist ebenso zum Nichtstun verurteilt wie wir beide. Seine Majestät, unser gerechter König Louis XIII. hat heute Morgen befohlen, dass nichts getan werden darf in der Politik. Also sind ihm die Hände gebunden.“
„Aber mein Gott, das ist ja entsetzlich“, sagte Lady Prescett entsetzt und schüttelte den Kopf. „Nichts tun, in diesen schlimmen Zeiten!“
„Mylady, stellt Euch doch vor, Ihr könntet etwas tun, hättet die Möglichkeit, zum König zu gehen und mit ihm zu reden… Ihr müsstet dann Frankreich schon sehr bald verlassen.“ Mit diesen Worten blieb Rochefort stehen und wandte sich zu ihr um. Sie musste zu ihm aufsehen, blickte dann jedoch auf seinen Hemdkragen. Sie war einen Kopf kleiner als er.
„Frankreich schon sehr bald wieder verlassen…“ sagte sie, tief in Gedanken versunken.
„Monsieur“, sagte sie plötzlich etwas lebhafter, „ich hatte Euch um etwas gebeten…“
„Ja, ich weiß.“ Rochefort griff in sein Wams und reichte ihr dann das Töpfchen Rouge, welches er vor kurzem bei Monsieur Coupe gekauft hatte. „Ich hoffe, es ist das richtige?“, sagte er unsicher und wieder überschattete die Röte sein Gesicht.
Sie sah sich das Töpfchen an, öffnete es und strahlte über das ganze Gesicht.
„Vielen Dank, Monsieur le comte, Ihr habt mir einen großen Wunsch erfüllt. Ich weiß gar nicht, wie ich Euch danken kann.“
„Ihr braucht mir überhaupt nicht zu danken, Mylady, ich habe es gern getan, das wisst Ihr. Bitte, steckt es weg, wenn jemand, also…“ Verlegen brach der Graf ab.
Sie lächelte und gab es ihrem Diener, der stumpfsinnig hinter ihnen hertrottete.
„Ich hoffe, es ist Euch nicht allzu schwer gefallen?“
Rochefort schüttelte den Kopf, den Blick auf den Boden gerichtet.
Ein Adliger hastete plötzlich auf sie zu. „Mylady, Lady Prescett!“, sprach er und nickte Rochefort zu, der sich schleunigst von der Lady losmachte.
„Seine Majestät ist wieder bereit, Euch zu empfangen, das heißt, er empfängt wieder jeden. Gott schütze den König! Wenn Ihr Euch beeilt, werdet Ihr gleich vorgelassen!“ Der Adlige eilte weiter, verbreitete die frohe Kunde einem jeden, den er begegnete.
Rochefort lächelte nicht und auch Lady Prescett sah nicht mehr froh aus.
Sie sahen sich kurz an und dann blickte Rochefort auf zum Louvre, wo der König hinter irgendeinem Fenster saß und in wenigen Minuten die Untergebene des englischen Königs empfangen würde.
„Mit Fechtunterricht wird es nichts mehr“, sagte sie leise und wie von allein hielt sie seine Hand.
„Nein, nicht mehr“, wiederholte Rochefort ebenso leise. „Schade, es ist wirklich nützlich, wenn auch Frauen das können.“
„Ja, ich glaube auch. Vielleicht… vielleicht sehen wir uns mal wieder?“
„Nein, ich muss, also, ich muss dann zu Seiner Eminenz. Vielleicht kommt Ihr ja noch mal nach Frankreich… oder ich nach England.“
„Es wird sicher Möglichkeiten geben…“, sagte Lady Prescett. „Bis dahin… lebt wohl.“
Rochefort sank fast auf die Knie als er ihr die Hand küsste. Ein Ring glitt von ihrem Finger in seine Hand. Rochefort erhob sich und verneigte sich dann tief.
Sie grüßte ihn mit der Hand und verschwand dann mit ihrem Diener im Louvre.
Rochefort sah ihr nur kurz hinterher und ging dann sehr rasch zum Kardinalspalais.
Natürlich wusste Richelieu schon, dass er wieder handeln konnte und empfing sofort Rochefort.
„Nun, was habt Ihr aus der Dame herausbekommen?“
„Verzeiht Eure Eminenz, dass es so lange gedauert hat. Ich habe… also… sie hat mir nicht sofort vertraut. Es dauerte eine Weile. Sie hat mir erst gerade heute gesagt, welche Informationen sie hatte.“
„Nun denn, heraus mit der Sprache“, forderte Richelieu seinen treuen Untergebenen auf.
Rochefort erstattete Bericht über das, was ihm Lady Prescett verraten hatte und Richelieu sah am Ende sehr zufrieden drein.
„Besser konnte es gar nicht kommen, mein lieber Graf. Ich bin sehr zufrieden mit Euch. Dank dieser Tatsache haben wir einen eindeutigen Vorteil. Ich denke, das können wir zu unserem Besten ausnutzen.“
Rochefort schwieg. Richelieu musterte ihn und sprach dann beinahe genüsslich: „Eine reizende Lady, wirklich. Zu schade, dass sie unsere Feindin ist.“