Oktoberherausforderung 2004 von Maike
Durchschnittliche Wertung: 4.5, basierend auf 2 BewertungenKapitel Oktoberherausforderung 2004
Da allgemein das Begehren nach einer *schwierigen* Oktoberherausforderung groß war, kommen hier die Bedingungen, die hoffentlich verwirrend genug sind:
1.) Die Geschichte muß ein glückliches Ende haben.
2.) Folgende Textpassagen sind in der Geschichte sinnvoll unterzubringen (die Reihenfolge ist egal):
a) "Das hat der Reformationstag nun einmal so an sich, wie?" sagte der Kardinal spöttisch. "Führt ihn ab!"
b) "Aber wie zum Teufel kam der Hauptmann in das Weinfaß?" fragte d'Artagnan mit unglücklicher Miene. "Und wie der Fischschwanz in die Rosen und der Kardinalshut in den Springbrunnen?"
c) "Das ist bestenfalls ein Gerücht." entgegnete Athos. "Sicher ist dagegen, daß Monsieur de Rochefort unschuldig verurteilt in der Conciergerie sitzt und daß besagtes Urteil noch vor Allerheiligen vollstreckt werden wird."
3.) Es müssen mindestens drei geistliche oder weltliche Lieder von verschiedenen Personen gesungen werden.
Viel Vergnügen! ;-)
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Kapitel Eine Nacht im Herbst von
Authors Note: Vielen vielen Dank an Maike, die mir nicht nur Erneut erlaubt hat mit der Freundschaft Treville/ Rochefort zu spielen, die auch die Personen Treville und Kardinal maßgeblich mit geprägt hat.
Liebe Maike – du hast gefragt wie das mit Francescos Verbannung war – hier ist nun die Antwort. Ich gebe zu „Garde rôti“ ist nicht ohne Einfluss gewesen auf diese Geschichte, und langsam aber sicher, fängst du an, mein Bild von bestimmten Personen ganz maßgeblich zu prägen. Danke!! Ich hoffe du hast deinen Spaß an dieser Geschichte. (PS. Der Untote Marshall ist bereits in Arbeit!)
Die Gesungenen Lieder sind der 2. Psalm (Was toben die Heiden), der 59. Psalm (Gib dein Gericht) und „Verzage nicht du Häuflein Klein“, das im allgemeinen Gustav Adolf zugeschrieben wird.
Eine Nacht im Herbst
Vorspiel: Das Attentat
Paris Herbst 1630
Das Vorzimmes des Königs was nur selten ein Kampffeld und wenn es dies heute war, so zum Fluche sämtlicher Musketiere, die den Eindringling – einen Mann von ungefähr dreißig Jahren – erst im letzten Moment hatten daran hindern können bis zum König vorzudringen. Dass seine Absichten schwerlich gute waren, war an seinem Vorgehen zu erraten gewesen. Dennoch bedurfte es des Geschickes von d’Artagnan und Athos gemeinsam um den Mann zu verwunden und trotz heftigster Gegenwehr zu überwältigen.
Sie wussten dass Capitaine de Treville mit einer Ronde der Musketiere den König in Sicherheit gebracht hatte, für den Falle dass ein zweiter Attentäter hier herumschlich. Und sie waren dankbar, dass es nur einer war, denn dieser war schon hart genug gewesen. Während d’Artagnan den verwundeten Mann fesselte, musterte Athos ihren Gegner immer noch mit einer gewissen Fassungslosigkeit. Es war ein schlanker sehniger Mann, Anfang dreißig, sein helles Haar war von einer Stirnwunde blutverschmiert. „Warum habt Ihr Euch zu einem so niederen Mordversuch hinreißen lassen?“ fragte der Musketier ohne verstehen.
D’Artagnan beförderte den Gefangenen unsanft auf die Füße, nicht undankbar, dass Leutnant Silvanus mit einem weiteren Truppe Musketiere hier eintraf. „Einer wird diesen Mörderkönig erwischen.“ Erwiderte der Attentäter.
Silvanus unterband weitere Gespräche indem er die Männer anwies, den Mann abzuführen. D’Artagnan und Athos waren mit der Truppe die den Mann in die Conciergerie schaffen sollte. Als sie ihn eine der Hintertreppen des Louvre hinab führten, begann der Mann zu singen, es war ein Kirchenlied, dass die Freunde schaudern lies.
Was tobet doch der Heiden wüste Hauf,
Was wüten die Völker sie, die Schwachen?
Die Könige der Erde stehen auf
Der Fürsten Rat sitzt um sich stark zu machen,
Stark wider Gott sie schreien laut im Lande,
dass Gott nicht Gott, sein Sohn nicht König sei,
„Zerreißt“ so brüllt der Schwarm „zerreißt die Bande.
Und machet Euch von ihren Fesseln frei!“
Doch ihrer lacht er, der im Himmel thront,
der Herrscher sieht mit Spott ihr tolles Wüten;
er wird gewiß, wenn er auch lange schont,
einst über sie in seinem Zorn gebieten;
und redet er, wie werden sie verzagen!
»Mein König«, wird das Wort der Allmacht sein,
»mein König soll mit Glanz die Krone tragen,
ich weiht ihn selbst auf Zions Hügeln ein.«
Nun, Könige, nehmt Unterweisung an!
Bedenket euch, ihr Erdenrichter alle!
Wißt, daß der HERR erhöhn und stürzen kann;
drum will er, daß vor ihm man niederfalle.
Kommt, betet an den Gott, der ewig lebet,
denkt schauervoll, was euch vor ihm geziemt!
Und wenn auch ihr den Ewigen erhebet,
so freuet euch mit heilger Furcht vor ihm!
Heil jedem, der sein Knie vor ihm nur beugt,
ihm huldiget, ihm, seinem König, schwöret!
Heil dem, der laut von seinem Namen zeugt,
ihm stets gehorcht, sein Wort als Wahrheit ehret!
Ja, allen, die auf diesen König trauen,
fehlt’s nie an Licht und Kraft in dunkler Zeit,
und die allein auf Zions Felsen bauen,
die wanken nie in Zeit und Ewigkeit.
Hier brachte eine Ohrfeige von seitens Silvanus den Mann zum schweigen. Sie hatten den Hof erreicht und brachten den Mann zu einer Kutsche. Während sie auf ihre Pferde aufsaßen, bemerkte d’Artagnan den nachdenklichen Blick von Athos. „Was ist?“ fragte er leise.
„Dieses Lied... der zweite der protestantischen Psalmen. D’Artagnan dieser Mann... dieser Attentäter hat von nichts anderem gesungen, als von Königen die – wenn sie sich nicht vor Gott beugen – gebeugt werden.“ Sagte er leise und besorgt.
„Bah – die letzten Drohungen eines gescheiterten Mannes, er hat es nicht geschafft und nun soll es Gott richten. Typisch Protestant.“ Erwiderte D’Artagnan abfällig und trieb sein Pferd an. Die Überführung des Gefangenen verlief Problemlos.
1. Die Anklage
An jenem trüben Herbststag – dem 28. Oktober 1630 – war es bald überall bekannt, dass ein protestantischer Fanatiker einen Anschlag auf das Leben des Königs verübt hatte. Und es bewegte die Gemüter nicht wenig, an niemanden war die Parallele des Datums mit der Kapitulation von La Rochelle verloren und noch mehr Erinnerte das Attentat, an die zwanzig Jahre zurückliegende Ermordung Henri IV. Entsprechend aufgeheizt war die Stimmung in Paris und nur wenige Menschen bewegte eine Nachricht, die im Mittag des nächsten Tages die Runde machte.
„Er hatte bitte was?“ d’Artagnan versuchte nicht allzu belämmert dreinzuschauen, aber es gelang ihm nicht. „Das ist doch wohl ein Scherz?“
„Nein.“ Erwiderte Athos. „Eminenz höchstselbst haben ihn von seiner Garde in die Conciergerie schaffen lassen und sich danach zum König begeben um um Vergebung zu bitten, dass ein solch gemeiner Helfeshelfer so lange in seinem Hausstand Unterschlupf gefunden hat.“
„Nein, das ist unmöglich.“ Erwiderte D’Artagnan. „Rochefort würde doch niemals bei einem Anschlag auf Majestät helfen. Das passt nicht zu ihm.“
Athos sah ihn sehr ernst an. „D’Artagnan – Rochefort hat den Attentäter in den Louvre geschmuggelt, und er hat auch die Ablenkung inszeniert, welche die Musketiere vom Vorzimmer abgezogen hat.“
Entschlossen schüttelte der Gascogner den Kopf. „Das glaube ich nicht. Athos – tut mir den Gefallen und findet heraus auf was diese Anklage basiert. Ich muss zur Conciergerie und sehen ob ich mit Rochefort sprechen kann.“
***
D’Artagnan kannte die Conciergerie durch seine dienstlichen Obliegenheiten hinreichend und fröstelte jedes Mal wenn er dieses düstere Gebäude betrat. Dem Kommandanten den Hauses – dem er den Fall schließlich vortragen musste – erklärte er, dass er hier sei, da sich bei den Ereignissen im Louvre noch Fragen an den Gefangenen Rochefort ergeben hätten. Zu seinem Erstaunen nahm der Kommandant diese uninspirierte Lüge hin und fragte auch nicht nach einem schriftlichen Befehle. Statt dessen rief er einen Schließer und wies diesen an den Leutnant zur Zelle des „Hugenottengesindels“ zu führen.
Die leise schlurfenden Schritte des Schließers waren dazu angetan d’Artagnan noch mehr frieren zu lassen. Dieser lange, düsterere des sich endlos hinzuziehen schien, endlos, eisig und völlig ohne Hoffnung zu entkommen. Was für ein entsetzlicher Ort!
Schließlich hielt der Schließer vor einer Tür inne und öffnete sie umständlich. D’Artagnan erstarrte entsetzt. Das hier war keine Einzelzelle! Der Graf de Rochefort hatte sich die Zelle mit mehreren anderen Verbrechern zu teilen. Besorgt sah d’Artagnan sich um und entdeckte seinen früheren Feind und jetzigen Freund, an eine Wand gelehnt sitzend. Dieser erhob sich, sagte jedoch nichts. D’Artagnan trat auf ihn zu, hinter ihm schloss sich die Tür. „Ich habe von der Anklage gehört, mein Freund.“ Sagte der Leutnant leise. „Was kann ich tun um sie zu entkräften? Wie ist es dazu gekommen?“
Er hatte eine Antwort erwartet, einen Hinweis, eine Geschichte wer Rochefort anzuschwärzen versuchte, doch er erntete ein Lachen. Ein ironisches, humorloses Lachen. „Das hat mir gerade noch gefehlt, dass Ihr geschlichen kommt und glaubt mir helfen zu müssen! Ihr seid so ein Narr – ein so verdammter altgläubiger arroganter Narr!“
„Rochefort nun nehmt Euch zusammen! Macht es nicht noch schlimmer...“
D’Artagnan kam nicht dazu weiterzusprechen, denn die Tür öffnete sich knirschend in seinem Rücken und als der Leutnant herumfuhr sah er sich mehreren Kardinalsgardisten – geführt von Biscarrat – gegenüber. Innerlich fluchte der Leutnant. Mit Jussac hätte er reden können, der war ganz in Ordnung, auch mit Bernajoux wäre um weitere zehn Minuten Gespräch mit Rochefort zu verhandeln gewesen, der Bretone war ein ganz netter Kerl, aber nein – natürlich mussten Eminenz den übelsten seiner Eisenfresser hierher geschickt haben. „Solltet Ihr Euch nicht als Insasse hier befinden, ist Euch nur zu raten rasch zu gehen, Leutnant d’Artagnan.“ Sagte er Gardist zu ihm, und wandte sich dann eisig an Rochefort. „Eminenz gewährt Euch eine letzte Audienz, Verräter.“
Rochefort lies sich widerstandslos abführen. Für einen Moment zögerte der Gascogner, dann folgte er in aller Vorsicht der Garde des Kardinals. Er brauchte etwas Zeit denn es war nicht einfach dies unbemerkt zu tun, zumal es sich selbst nicht sicher war wie viel das nützen sollte, wenn sie.... er erreichte die Tür des Zimmers in das man Rochefort geführt hatte, und atmete auf. Eminenz mussten – wie so oft – weitere Befehle für seine Gardisten gehabt haben, denn es stand keine Wache an dieser Tür. Leise schlicht der Leutnant heran und lauschte.
„...und so bleibt nichts weiter zu sagen als dass es noch vor aller heiligen vollstreckt werden wird, Rochefort.“ Hörte er soeben die Stimme von Eminenz.
„Monseigneur, ich ersuche Euch, nein ich flehe Euch an, dies noch einmal zu überdenken.“ Das war Rocheforts Stimme und sie klang wirklich flehendlich. Wie gern wäre d’Artagnan in diesen Raum gestürmt und hätte seinem Freund beigestanden.
„Es wird nichts mehr ändern Rochefort. Vor Allerheiligen ist es vorüber – daran wird sich nichts mehr ändern, ich werde die Vollstreckung – würdig der Place de Greve - nicht aufschieben so sehr ihr auch bitten mögt.“ Die Stimme des Kardinals klang sehr kalt. „Sehe ich Euch etwa zittern Rochefort? Ich bin enttäuscht.“
„Der Gedanke dass... und auch noch an diesem Tage. Eminenz ich bitte doch nur um Aufschub, um Zeit, es werden viele Menschen dabei sein am letzten Tag des Oktober...“
„Mon Dieu!“ dachte d’Artagnan, „dass der arme Hund sich Gedanken machen sollte, dass halb Paris seiner Hinrichtung beiwohnen soll. Der Kardinal kann ihn doch nicht zulassen...“
"Das hat der Reformationstag nun einmal so an sich, wie?" sagte der Kardinal spöttisch. "Führt ihn ab!"
Der Gascogner hörte die Worte und zog sich sehr rasch zurück und verschwand um die Ecke, da er sich nicht umwandte, sah er nicht, dass die Gardisten – die er weggeschickt geglaubt hatte – Rochefort wieder aus dem Raum eskortierten und zurück zu dessen Zelle brachten.
2. Ein Sturm zieht auf
D’Artagnan kam mehr als nur niedergeschlagen zum Hotel de Treville zurück und fand sich in der Lage nicht nur Athos von seinem Abenteuer in der Conciergerie zu erzählen, sondern auch Capitaine de Treville, der wünschte zu hören wie es um Rochefort stand. „Sein Urteil ist für den letzten Tag des Monats Oktober zur Vollstreckung auf der Place Grevé, angesetzt.“ Erwiderte der Gascogner auf die beiderseitige Frage.
Treville sah ihn fassungslos an. „wie kann er das tun? Rochefort ist den gesamten 28ten bei einem Freunde gewesen, zu keiner Zeit war er in der Nähe des Louvre! Er kann gar nicht bei diesem Attentat geholfen haben.“
Athos nickte ernst. „Ich habe mit den Dienern gesprochen, die den Mann gesehen haben, der den Attentäter hereinschmuggelte und diese Beschreibung ist so vage, dass sie auf und Euch und mich ebenso gut passt wie auf Rochefort.“ Fügte er hinzu.
D’Artagnan sah von einem zum anderen. „Ich habe es mit angehört... Oh Gott, Ihr hättet es hören sollen. Ich habe nie geglaubt Rochefort jemals um etwas bitten zu hören... aber dort.“ Er schluckte. „Es war schlimm. Und der Kardinal hat ihm nicht die geringste Gnade gezeigt. Die Hinrichtung soll am 31ten Oktober stattfinden.“
Treville runzelte die Stirn. „Das alles gefällt mir nicht.“ Sagte er sei leise. „Seit gestern kocht diese Stadt und nur allzu unschöne Parolen erklingen. Eine Hinrichtung zum falschen Zeitpunkt, irgendetwas zum falschen Zeitpunkt und wir laufen Gefahr eine neue Bartholomäusnacht zu erleben. Eine Menge guter Katholiken sind allzu fröhlicher Meuchelstimmung.“
"Das ist bestenfalls ein Gerücht." entgegnete Athos. "Sicher ist dagegen, daß Monsieur de Rochefort unschuldig verurteilt in der Conciergerie sitzt und das besagtes Urteil noch vor Allerheiligen vollstreckt werden wird.“ Seine Stimme war deutlich kühler geworden. „Und die Hugenotten haben sich selbst in diese Lage gebracht.“
Trevilles Blick war undeutbar, erschien es d’Artagnan nur so, oder war der Hauptmann betroffen? „Ihr habt natürlich recht Athos.“ Sagte der Capitaine in ruhiger Tonlage. „Wir müssen sehen dass wir Rochefort helfen, wenn seine Eminenz ihn ungerecht verurteilen, werde ich den Fall zur Not dem König selbst vortragen. D’Artagnan, ich werde Euch einen Befragungsbefehl ausstellen, Ihr müsst noch einmal in die Conciergerie gehen und herausfinden warum Rochefort so hartnäckig über seine Unschuld schweigt. Athos – Ihr werdet Euch bei Silvanus melden und ihn darin unterstützen, dass der Dienst hier reibungslos weiterläuft, auch ohne die Fähnriche und einen Leutnant der einen speziellen Auftrag zu erfüllen hat. Ein weiteres Attentat diese Art darf nicht passieren!“
Athos verbeugte sich. „Sehr wohl Mon Capitaine.“ damit trat er ab. Auch d’Artagnan ging, nachdem er seinen Befehl entgegengenommen hatte. Allein in der Kommandantur der Musketiere, trat der Hauptmann nachdenklich ans Fenster. Über der Stadt hingen dunkle Regenwolken, als wollten sie an den Sturm gemahnen, der sich in den Straßen dieser Stadt zusammenbraute. Treville konnte niemanden anvertrauen was er befürchtete, aber er bemerkte die aggressive Stimmung die sich seit dem Attentat auf den König unter den Katholiken ausbreitete, selbst in seiner eigenen Truppe. Und er machte sich Sorgen.
***
D’Artagnans zweiter Besuch in der Conciergerie war ihm genauso unangenehm wie der erste, wieder stellte der Kommandant sehr wenige Fragen, nahm den Befehl entgegen und lies ihn von dem gleichen schlurfenden Schließer zu der Zelle führen, in der Rochefort zusammen mit diesen vier anderen Gefangenen saß.
Dieses Mal schien der Graf jedoch in ruhigerer Stimmung zu sein, als d’Artagnan eintrat. „Abschiedsbesuche?“ fragte er beinahe melancholisch.
D’Artagnan dachte daran wie leicht er in diesem Haus hier gelauscht hatte und trat näher auf ihn zu. „Ich muss mit Euch sprechen – unbelauscht.“ Sagte er leise.
Eine Art traurigen Lächelns glitt über die Miene des Grafen. „Das wird gehen.“ Erwiderte er, dann trat er zu einem seiner Mitgefangenen hinüber, der auf dem Boden kniete, den Kopf eines anscheinend schwer bei einem Verhör zugerichteten Mannes auf seine Knie gebettet. Bei dem zugerichteten, erkannte d’Artagnan den Attentäter und leise Zweifel stiegen in ihm auf. Der Mann, der sich anscheinend so besorgt um den Mann zeigte, war diesem vage ähnlich, soweit sich das in dieser Dunkelheit sagen lies. Rochefort sprach leise mit dem Mann, und auch mit dem hellhaarigen, der unweit hockte. Die beide nickten und begann dann – sehr zu d’Artagnans Überraschung – nicht eben leise zu singen.
Gib dein Gericht, Gott, deinem Knechte,
dem König auf dem Thron.
Verleihe deine heiligen Rechte,
auf ewig deinem Sohn,
dass er dein liebes Volk regiere,
nach Recht und Billigkeit,
und deine Unterdrückten führe,
aus Not, Gefahr und Streit!
D’Artagnan wollte sich eben fragen, für welchen König diese beiden Gefangenen wohl das Gericht Gottes erflehten, als er bemerkte dass Rochefort wieder neben ihn getreten war. „Nun können wir reden.“ Sagte er der Graf leise. „Niemand wird uns zuhören.“
Die Gerissenheit dieser List, beeindruckte den Gascogner. „Ihr scheint Euch mit Euren angeblichen Mitverschwörern gut zu verstehen.“ Stellte er leise fest. „wie kommt das Rochefort? Ihr habt mit dem Anschlag nichts zu tun gehabt.“
Die Berge werden Frieden tragen,
die Hügel heilig Recht.
Das Volk hört nirgend jemand klagen
und segnet sein Geschlecht.
Die Unterdrückten wird er retten,
er steht den Armen bei,
wird in den Staub den Frevler treten,
daß keiner übrig sei.
„Sie glauben mir ebenso wenig wie mein Dienstherr.“ Erwiderte Rochefort bitter. „Und es ist ein Trost hier drin, nicht allein zu sein. Selbst wenn diejenigen die einem menschlich gegenübertreten eigentlich die Feinde sind.“
„Es gibt Beweise für Eure Unschuld.“ Sagte d’Artagnan scharf. „Monsieur de Treville hat sie und er will sie dem König vortragen wenn er muss. Er weiß wo Ihr am 28ten wart und er hat noch irgendetwas anderes was er mir nicht weiter benennen wollte.“
Solang dein Mond und deine Sonne
am Himmel uns erfreun,
wird man, o König, dir mit Wonne
in Ehrfurcht dankbar sein.
So wie des Himmels milder Regen
das dürre Land erquickt,
so kommt er und mit ihm der Segen,
der jedermann beglückt.
Rochefort wurde etwas blasser. „D’Artagnan, bitte haltet Euren Hauptmann von Schritten in meinem Falle ab. Sagt ihm...“ er zögerte kurz, schien nicht weitersprechen zu können. Der Leutnant konnte nur erahnen wie schwer diese Worte dem verurteilten Mann sein mussten, und schwieg ebenfalls.
Da werden die Gerechten grünen,
wo dieser König wohnt,
und Fried und Segen folgen ihnen,
bis nicht mehr scheint der Mond.
Er herrsche bald von Meer zu Meere,
künd seine Hoheit an!
Die Welt seh seine Macht und Ehre
und werd ihm untertan!
Schließlich sah Rochefort auf. „sagt ihm: er kann nichts für mich tun und er soll – um der Vergangenheit willen – nicht seine Person und seine Stellung gefährden indem er versucht mich zu retten.“ Er sprach leise und eindringlich. „Sagt ihm: tut er das bringt es sich in höchste Gefahr und im Gegensatze zu mir hat er eine Familie an die er denken muss.“
D’Artagnan hob die Augenbrauen. „Glaubt Ihr denn dass seine Majestät an Treville genauso undankbar handeln würde wie Eminenz an Euch?“
Einst fallen alle Herrscher nieder
und huldigen dem HERRN,
dann kehren alle Völker wieder und weihen ihm sich gern.
Sein Auge wacht, er schont der Armen,
an die kein Mensch sich kehrt,
wird sich der Dürftigen erbarmen,
die niemand sonst erhört
Rocheforts Augenbrauen bildete ein steiles V. „Vielleicht.“ Sagte er dann kryptisch. „ich bitte Euch einfach d’Artagnan: Ihr bewart damit Euren Hauptmann vor Unheil, ihr habt mein Wort darauf.“
Die beiden Sänger – deren Stimmen wirklich nicht zu verachten waren, stimmten eine neue Strophe an und d’Artagnan begann sich zu fragen wie lang dieser Psalm sein mochte, den sie da zum besten gaben.
Den Armen wird’s an Heil nie fehlen,
weil er so gnädig ist,
seht, er erlöset ihre Seelen
von Frevel und von List.
Er sucht, die sich nach Hilfe sehnen,
durch Angst und Not beschwert.
Ihr Blut, ihr Leiden, ihre Tränen
sind ihm von hohem Wert.
„Aber wir können Euch doch nicht einfach im Stich lassen, Rochefort.“ Wandte er ein. „wir müssen doch etwas für Euch tun können.“
Der Graf zögerte einen Moment, als wolle er etwas erwägen, als sei er sich nicht sicher. Dann streifte er ein unauffälliges silbernes Armband, dass er wohlverborgen unter seinen Sachen getragen hatte, ab und gab es d’Artagnan, der nun völlig überrascht war. „Überbringt dies meiner Schwester.“ Sagte der Graf leise.
Sein Ruhm muß ewig, ewig währen;
seht, er ist unbegrenzt!
Sein Name strahlt in vollen Ehren,
so wie die Sonne glänzt.
Man freut sich, wünscht einander Segen,
wo er, der HERR, regiert.
Die Heiden gehn in seinen Wegen,
froh, daß er selbst sie führt
Entsetzt begriff d’Artagnan dass er mit einer Abschiedsbotschaft betraut worden war. Er zögerte, doch Rochefort trat einen Schritt von ihm zurück. „Tut dies, mehr könnt Ihr nicht tun.“ Sagte er ernst. In D’Artagnans Rücken öffnete sich die Tür und er begriff dass sie nicht weiter reden konnten. Als er ging hörte er noch Rocheforts Stimme in den Gesang der anderen beiden Gefangenen einfallen.
Gelobet sei der Gott der Götter,
gelobt der Ewige,
gelobt sei Israels Erretter!
Er wohnet in der Höh
und sieht auf uns im Staube nieder.
Oh, er allein ist gut,
er gibt uns einen König wieder,
er ist’s, der Wunder tut
Wie herrlich ist sein Name, gebet
ihm Ehr und Herrlichkeit!
Kommt, fallet vor ihm hin, erhebet
ihn bis in Ewigkeit,
daß bald sein Ruhm die Welt erfülle,
von allen Zungen fließ,
daß jeder feierlich und stille
mit Amen, Amen! schließ.
Entsetzt und erschüttert brach der Leutnant auf, seine beiden Aufträge zu erfüllen, von denen er überzeugt war, dass sie die letzten waren, die Rochefort zu vergeben hatte.
Reformationsfest
D’Artagnan hätte wahrscheinlich gute Teile des Reformationstages mit Grübeln verbracht, und wäre wahrscheinlich im Nachmittag zur Place de Greve gegangen um den letzten Gang seines Freundes Rochefort zu sehen und ihm ein letztes mal die Ehre zu erweisen – doch er kam nicht dazu. Etwas zu viele abstruse Ereignisse begleiteten diesen Nachmittag, dass er auch nicht die immer angespanntere Stimmung die sich unter den Garden ausbreitete bemerkte.
Alles begann gegen drei Uhr am Nachmittage, als D’Artagnan eben die Posten abging. Majestät hatten sich mit dem ersten Minister zu einem Gespräch in der Nähe des abgeblühten Rosenrondells entschieden, die Garden sicherten aus respektvollem Abstand. Eben hatte der Leutnant sich davon überzeugt, dass sie dieser Pflicht gewissenhaft und unauffällig nachkamen, als er von eben jenem Rondell einen Schreckensschrei hörte. Mit einem kurzen gebellten Kommando waren fünf Musketiere bei ihm und sie eilten in Richtung des Schreis. Sehr zu seinem Leidwesen, sah der Gascogner, einige Kardinalsgardisten aus der anderen Richtung geeilt kommen. Und natürlich waren der oberste Leuteschinder dabei – Eminenz schienen den Capitaine seiner Garden auch immer im Gepäck zu haben.
Als sie das Rondell erreichten, bot sich ihnen ein bizarrer Anblick: Eine schreiende Dienerin stand neben dem Springbrunnen in der Mitte des Rondels, im Sand vor dem Brunnen befand sich eine blutverschmierte Schleifspur und etwas rotes – der Kardinalshut schwamm im Becken des Springbrunnens zwischen einigen herbstlichen Blättern. Ob der Dinge die mit Rochefort geschehen waren, war D’Artagnan durchaus geneigt dem „obersten Staatspfaffen“ wie sein Hauptmann den Kardinal oft genug nannte, sein Schicksal zu gönnen. Aber zum einen ließ Cavoyes ihm keine Chance dafür und zum anderen mochte auch der König in Gefahr sein. Also folgten er, die Musketiere, die drei Kardinalsgardisten plus Capitaine, der Schleifspur, während ein Musketier zurück eile Alarm zu schlagen.
Die Schleifspur ging ein stück entlang und dann tiefer in den Rosengarten. Durch den Sand auf den Wegen und das gefallene Laub war es zu Anfang leicht der Spur zu folgen. Doch dann führte sie direkt in das Rosendickicht. So als hätte ein Hund, oder jemand sehr kleines, den Kardinal unter den Rosensträuchern hindurch geschleift, mitten ins tiefste Gesträuch. „Verdammt in dieses Rosenknäul ist kein Zugang, nicht mal der Gärtner kommt noch an die Mitte heran.“ Fluchte d’Artagnan verzweifelt.
Cavoyes sah das nicht als Hinderungsgrund. „Dann bahnen wir uns eben einen Weg.“ Damit zog er seinen schweren Reitersäbel und begann mit kraftvollen Schlägen ihnen einen Weg in das Rosengesträuch zu bahnen. Er musste immer genau darauf achten, wohin die Schleifspur am Fuße der Rosen führte, aber erwies sich als erstaunlich scharfäugig dabei. Ein wenig musste d’Artagnan ihn bewundern, die Arme schienen ihm nicht lahm zu werden, trotz dass es alles andere als leicht sein konnte, sich durch dieses alte Rosengehölz zu hauen. Fast schwor sich der Gascogner niemals wieder darüber zu spotten, dass der Capitaine des Gardes de son Eminence sich niemals den schweren Reitersäbel abgewöhnt hatte... als ein saftiger Fluch ihn aus den Gedanken riss. Die Schleifspur endete, sie standen inmitten des Rosendickichts, oder besser: fast auf der anderen Seite und jemand hatte – wie zum Spott einen abgenagten Hering auf einen besonders herausragenden Rosenschösser gespießt. D’Artagnan konnte einen ebenso lauten Fluch nicht unterdrücken.
In diesem Moment sah er zu seinem entsetzen, dass jemand von der anderen Seite her, an die Rosenbarriere – die ja wie gesagt hier fast zu Ende war – herantrat und mit eisiger Mine die Szenerie – eine Ronde buntgemischt aus Musketieren und Kardinalsgarde, der Capitaine besagter Kardinalsgarde der- noch den Säbel in der Hand, eine losgefetzte Rosenblätter verfangen in seinem dunklen Haar – einen mehr als eigenwilligen Anblick bot – musterte. „Würden die Herren geruhen mir eine Erklärung zu geben für ihre gärtnerische Tätigkeit?“ fragte der Kardinal eisig.
De Cavoyes reagierte schneller als d’Artagnan und fasste den fund und ihren Verdacht in wenige Sätzen zusammen. Der Kardinal schüttelte den Kopf. „ Ich werde ja wohl wissen, ob ich verschleppt wurde, Cavoyes. Und Ihr habt euch so unwürdig verhalten wie sonst nur....“
In dem Moment kam der Musketier den d’Artagnan zurückgeschickt hatte angerannt und berichtete, mit sich überschlagender Stimme, dass der Hauptmann der Musketiere verschwunden sei, und niemand wisse wohin, doch habe man seinen Diener Betrand niedergeschlagen gefunden. Der eisige Blick der Kardinals erfasste nun den unglückseligen Musketierleutnant. „Dann werdet Ihr Euch auf schnellstem Wege auf die Suche nach ihm machen und ihr Cavoyes – da Ihr schon geruht Euch aufzuführen wie einer der Ihren – werdet Ihm gefälligst helfen und mir nicht wieder unter die Augen kommen, bevor Ihr ihn gefunden habt!“ Sein Blick fiel auf den nächststehenden Gardisten „Und Ihr Biscarrat seid somit verantwortlich für die Truppe in meiner Begleitung für den restlichen Nachmittag – haltet Euch danach!“
***
Außerhalb des Rosendickichts, und erholt von dem Schreck – wenngleich besorgt wegen der Spur der Verwüstung die sie, wegen nicht als einem albernen Fischschwanze, in dem Rosendickicht angerichtet hatten – befragte d’Artagnan den Musketier etwas genauer, und begab sich mit Francesco zusammen zur Kommandantur der Musketiere. Tatsächlich fanden sie den armen Betrand, der eben wieder zu sich gekommen war und zu berichten wusste, dass eine dunkle Gestalt den betäubten Hauptmann über die Schulter geworfen in den Kellern verschwunden sei.
In nicht geringer Sorge machten sich d’Artagnan und Cavoyes auf den Weg in die Keller und dort hätten sie bis zum nächsten Reformationsfest suchen können, hätte ihnen nicht ein poltern, scheppern, krachen und ein dumpfer Fluch die Richtung gewiesen. Ein großes Weinfass war ins Wanken gekommen und stürzte mit einem Ohrenbetäubenden krachen zu Boden. Man mag sich die Überraschung der beiden Suchenden Vorstellen, als einige herbe Okzitanische Flüche aus dem Fass hervordrangen!
Ein vages Grinsen erhellte die Miene des Capitaine der Garde seiner Eminenz. „Das ist er.“ Sagte er, während er anpackte um das Fass aufzurichten und gemeinsam öffneten sie es.
Ein fluchender und wenig erfreute de Treville entstieg dem Fass. Zu d’Artagnans erstaunen reagierte der Hauptmann nicht verärgert, dass der Capitaine der Kardinalsgarde bei dieser peinlichen Szene anwesen war. „Hab ich es doch geahnt – wenn mich jemand in eine peinliche Lage manövriert, dann seid Ihr es, der mich da heraus fischt, Francesco.“ Sagte er als sie wieder hinauf ans Tageslicht – zur Kommandantur schritten.
„Ihr habt mich selbst vor genug höfischen Fallgruben bewahrt.“ Erwiderte Cavoyes, dann wurde er übergangslos ernst. „Glaubt Ihr dass diese verrückte Inszenierung mit....?“ er sprach nicht weiter.
„Unwahrscheinlich.“ Erwiderte Treville, feststellend, dass er bereits Abend wurde. „Wenn Eminenz Euch wirklich abgestellt haben mich zu finden, dann seid so gut, und findet mich nicht vor morgen früh, und begleitet mich jetzt. Ihr wisst wohin.“ Da war eine vage Trauer in Trevilles Blick bei diesen Worten und D’Artagnan vermutete, dass es um ein Begräbnis für den armen Rochefort ging, wahrscheinlich auf dem Friedhof von St. Jean wo die Gefangenen aus der Bastille ruhten. Wieso Tréville mit dem obersten Leuteschinder so gut hinkam, verstand er nicht, aber vielleicht teilten sie ja auch nur die Trauer um den inzwischen gestorbenen Grafen.
Tatsächlich nahm Francesco de Cavoyes die Einladung mit einem knappen Nicken an und die beiden liesen d’Artagnan allein die Kommandantur zurück. Was dem Gascogner ganz recht war, er wollte allein sein. Dass Rochefort hatte so enden müssen... auf diese Weise, hingerichtet auf der Place de Grevé... der Leutnant hatte das Gesicht in den Händen verborgen, die Trauer überwältigte ihn jetzt, wo es still wurde.
Er fuhr auf als ihm jemand die Hand auf die Schulter legte. „Aber nicht doch – Tränen sind doch völlig unnötig mein Freund.“ Sagte jemand. Der Leutnant sah auf und in ein vertrautes Gesicht: Es war Rochefort.
Für einen Moment glaubte der Leutnant dass er es mit der Macht des Vorabends von Allerheiligen zu tun hatte und einem Geist gegenüberstand. Doch dann fiel ihm auf, dass der Graf in einfacher dunkler Kleidung, und bewaffnet vor ihm stand. „Wie ist das möglich?“ fragte er verwirrt. Dann war er auch schon aufgesprungen und hatte seiner Freude mit einer herzlichen Umarmung Luft gemacht,. „Ihr lebt!“
Rochefort grinste. „natürlich lebe ich. Wie seid ihr den auf etwas anderes gekommen. Aber ehe wir damit beginnen – ich denke es ist Zeit den armen Treville aus dem Fass zu holen.“
D’Artagnan starrte ihn an, fassungslos. „Aber er doch schon draußen. Cavoyes und ich haben ihn schon vor über einer Stunde befreit.“ Erwiderte er.
Rochefort erbleichte. „Cavoyes? Ist der nicht auf der Suche nach Eminenz?“
Der Leutnant begriff immer weniger. „Wieso? Wegen des Hutes im Springbrunnen? Das hat sich doch heute Nachmittag schon gelöst.“
Der Graf setzte sich schwer auf einen Stuhl. „Oh nein... o mon dieu... das durfte nicht passieren.“ Flüsterte er. „Wenn sie... nein... sie dürfen auf keinen Fall.“
D’Artagnan schüttelte den Kopf. „Rochefort, wir haben uns Sorgen um Euch gemacht! Was ist geschehen? Seid ihr vor der Hinrichtung geflohen?“
Irritiert sah der Graf auf. „Hinrichtung? Wie kommt Ihr denn darauf?“
Hastig berichtet d’Artagnan von dem was er von Rocheforts Gespräch mit Eminenz belauscht hatte. „Und darum...“
„... habt Ihr geglaubt dass es sich um den Zeitpunkt für meine Hinrichtung handelt.“ Rochefort schüttelte den Kopf. „D’Artagnan Eminenz haben mich nur in diesen Kerker geworfen damit ich von diesen Hugenotten erfahre wo Ihr Nest ist, und wie viele sie sind hier in Paris, wo sie sich treffen. Bei diesem Gespräch habe ich ihm Bericht gegeben und er hat mir gesagt dass am Reformationstag – heute Abend – der Schlag gegen sie erfolgen wird und ich habe ihn um Aufschub gebeten... weil ich jemanden – meine Freunde – retten wollte.“ Seine Hände zitterten. „Und jetzt wo die Ablenkung schiefgegangen ist....“
"Aber wie zum Teufel kam der Hauptmann in das Weinfaß?" fragte d'Artagnan mit unglücklicher Miene. "Und wie der Fischschwanz in die Rosen und der Kardinalshut in den Springbrunnen? Ich verstehe nicht was ihr da redet.“
„Ich habe meine Schwester gebeten etwas zu Inszenieren, etwas das die beiden entweder für den Abend festhält oder wenigstens ins Châtelet bringt, da wären sie sicher gewesen..“
D’Artagnan sah den Grafen als wäre er verrückt. „Wovon redet ihr da? In welcher Gefahr sollen die beiden sein?“
Rochefort sprang auf. „D’Artagnan, ich habe Eminenz gesagt wo die Hugenotten sich treffen! Und wenn Arnaud und Francesco dorthin gegangen sind, dann sind sie so gut wie tot, weil Eminenz diesen Treffpunkt und dass der beinahe – Königsmörder dort ein und aus gegangen ist, bereits den fanatischsten Katholiken dieser Stadt mitgeteilt hat.“
Der Leutnant sah Rochefort irritiert an. „Ihr meint der Capitaine ist...“ Ihm fiel das Gespräch mit Athos wieder ein. „Großer Gott! Und Cavoyes etwa auch?“ D’Artagnan konnte es kaum fassen, die beiden waren die letzten die er der Ketzerei verdächtigt hätte. Doch dann... was kümmerten einen kleinen Leutnant die großen Glaubensfragen?
Rochefort nickte halb. „Arnaud ist in seinem Herzen immer noch Protestant, egal was er nach außen hin vorgeben mag und Francesco ist eigentlich Lutheraner. Doch – da es hier weit und breit keine Gemeinschaft seines Glaubens gibt und er mit Arnaud befreundet ist – kommt er manchmal zu den Treffen im hugenottischen Temple. Ich wollte sie davon fernhalten...“
D’Artagnan besann sich. „Wir nehmen mit was an Musketieren hier verfügbar ist und brechen umgehend dorthin auf.“ Sagte er entschlossen.
„Und wie bitte wollt Ihr den guten Katholiken unter ihnen erklären, dass sie einen hugenottschen Temple retten sollen?“ fragte Rochefort leise.
***
In einem unscheinbaren Hinterhaus auf der Ile de Cité war inzwischen die Feier des Reformationsfestes im Gange. Doch mitten hinein platzte der Sohn der Hausherrin, mit der Nachricht, dass sich zwei Horden bewaffneter durch die Straßen dem Haus nähern würden, sie trügen Fackeln und schrieen nach dem Blut der Königsmörder.
Eine entsetzliche Stille breitete sich über dem Raum, in dem Männer, Frauen und Kinder versammelt waren aus. Die Bartholomäusnacht mochte fünfzig Jahre her sein, aber sie war kaum vergessen. „Der Tunnel.“ Sagte die Hausherrin hastig. „Unter dem Haus verläuft ein Tunnel, der am Ufer der Seine endet.“
Von draußen hörten sie Lärm und zorniges Rufen, Fackellichter in der Stürmischen Nacht. „Sie sind zu nahe, das schaffen wir nicht.“ Wandte ein Mann ein.
Francesco und Treville – beide waren mit ihren Töchtern hier – wechselten einen knappen Blick. Hastig sprang Cavoyes auf. „Bringt Euch in Sicherheit – wir halten sie auf!“
Gemeinsam mit den anderen eilten sie los, darauf achtend, dass niemand zurück blieb. Hinter sich hörten sie die Eindringlinge vordringen, sie hatten nicht viel Zeit. Als sie die Kellergewölbe erreichten, die recht verzweigt waren blieben die beiden Männer zurück und wählten die Mitte des leicht abfallenden Ganges, der zu besagtem Tunnel führte, als Standpunkt für das Gefecht. Zu zwei konnten sie ihn rasch blockieren und nicht umgangen werden. Hinter ihnen verhallten die hastenden Schritte der fliehenden, die eilten um jenen Gang zu erreichen der sie auf die andere Seite der Ile de Cité bringe sollte. Von oben her erklangen, hastige Schritte auf den Treppen die zum Keller führten. Bald würden ihre Angreifer den Gang entlang kommen. Hinter ihnen erklang das angstvolle Weinen eines Kindes und inmitten in diese Mischung aus Angst, Geräuschen und Stille, erklang Francescos klare Stimme als er zu singen begann. So kampfbereit wie er dastand – den Säbel in rechten Hand – begann er ein protestantisches Lied – das damals begann in ganz Europa bekannt zu werden – als Kampfansage an seine noch unsichtbaren Gegner zu singen.
Verzage nicht, du Häuflein klein,
Obschon die Feinde willens sein,
Dich gänzlich zu verstören,
Und suchen deinen Untergang,
Davon dir wird recht angst und bang;
Es wird nicht lange währen.
Dich tröste nur, daß deine Sach'
Ist Gottes, dem befiehl die Rach'
Und laß allein ihn walten!
Er wird durch seinen Gideon,
Den er wohl weiß, dir helfen schon,
Dich und sein Wort erhalten.
So wahr Gott Gott ist und sein Wort,
Muß Teufel, Welt und Höllenpfort';
Und was dem will anhangen,
Endlich werden zu Hohn und Spott;
Gott ist mit uns und wir mit Gott,
Den Sieg woll'n wir erlangen!
Amen, das hilf, Herr Jesu Christ,
Dieweil du unser Schutzherr bist,
Hilf uns durch deinen Namen:
So wollen wir, deine Gemein',
Dich loben und dir dankbar sein
Und fröhlich singen Amen.
Die letzten Worte erklangen unter dem ersten heftigen Hiebwechsel mit den heranstürmenden Gegnern.
Es war eine Flut von Gegnern die auf Francesco und Treville einstürmte. Die beiden hielten überhaupt nur aus, weil der schmale Gang immer nur wenigen Angreifern Raum bot, aber jeder Feind den sie niederstreckten, rückte sofort ein neuer nach. Francesco glitt aus und brach in die Knie, Treville bewahrte ihn vor einem tödlichen Hieb, und verschaffte ihm Luft wieder auf die Füße zu kommen, nur Momente später bewahrte ein mörderischer Säbelhieb Francescos Treville vor dem Tode durch einen hinterhältigen Gegner. Nur das Wissen, dass jeder Moment den sie weiter aushielten den Flüchtenden Zeit verschaffte, gab ihnen die Kraft weiter und weiter durchzuhalten, doch schlussendlich wären sie verloren gewesen, wären nicht überraschend hinter ihren Gegnern, eine ganze Truppe Musketiere und französische Garden erschienen, geführt von Capitaine des Essarts und Leutnant d’Artagnan. Die erfahrenen Soldaten hatten wenig Mühe, die restlichen Angreifer gefangen zunehmen. „fort und gleich ins Châtelet mit ihnen.“ Grollte Capitaine des Essarts. „Dorthin gehört solches Mordgesindel, wollte man sie alle in die Conciergerie werfen, wäre die ja übervoll! Ab dafür!“ Wiewohl er ein guter Katholik war, war er auch ein guter Soldat und Plünderer und alles Raubgesindel ihm suspekt. Die beiden geretteten Verteidiger waren zu diesem Zeitpunkt kaum noch in der Lage sich auf den Füßen zu halten.
Nachspiel: Das gute Ende lässt sich – wie immer – reichlich Zeit
Im allgemeinen war dies das Ende der Affaire um den Vorabend von Allerheiligen. Niemand konnte Eminenz eine Verwicklung in diese Geschichte nachweisen und Rochefort – froh seine Freunde gerettet zu sehen – schwieg wohlweislich. Und kehrte in Gnaden in die Dienste seiner Eminenz zurück. Die Hugenotten aus dem Temple waren samt und sonders entkommen und niemand vermutete auch nur ihre Namen, verständlicherweise waren der Kardinal verärgert. Am späten Nachmittag von Allerheiligen, bestellte er Francesco de Cavoyes zu sich. „Ihr habt gestern aufs gröblichste gegen meine Befehle und meine Absichten gehandelt, Cavoyes.“ begrüßte er ihn kalt.
Der Capitaine blieb ruhig stehen, wie immer uneingeschüchtert vom Blick seines Herrn. „Ich könnte mich nicht erinnern, dass Ihr mir Anweisungen bezüglich des gestrigen Abends gegeben habt, außer de Treville zu finden.“ Erwiderte er.
Der Kardinal sah ihn durchdringend an. Er wusste dass dies stimmte, aber er war wütend und hatte Kopfschmerzen. „Ihr habt über Jahre hinweg die protestantischen Umtriebe dieses Elendsgascogners gedeckt, Cavoyes.“ Sagte er scharf. „Und egal ob ich Eure Religion toleriere, ich habe bei diesem Gascogner höchst zweifelhafter Konvention niemals eine solche Ausnahme gemacht, und Ihr habt einen Kreis von Königsmördern geschützt.“ Eine eiserne Strenge schlich sich in die Stimme des Kardinals. „Begründet Euch.“
„Ich habe gestern Abend – um den vorgeblichen Tod eines Freundes zu betrauern – die Gemeinschaft von Menschen gesucht die meinem Glauben – wenn sie ihn schon nicht teilen – doch sehr nahe stehen. Und ich habe sie – als ein Mob, der von irgendeinem Feigling angestachelt worden war über eine Gemeinschaft die zu mehr als der Hälfte aus Frauen und Kindern besteht, herfallen wollte – verteidigt. Selbstverständlich habt Ihr das recht mir das als Verrat auszulegen. Und was Capitaine de Treville angeht – ihr habt mich als Soldaten und Offizier in euren Dienst geholt, nicht als Spitzel nach der Gesinnung anderer Leute.“
Hätte Francesco ein klein wenig weniger Stolz gesprochen, und wäre der Seitenhieb auf den Feigling und die Spitzel weniger hart gewesen – Eminenz hätten ihm wahrscheinlich vergeben. Aber so saßen diese Worte wie kleine Pfeile. „Allerdings ist es mein Recht Eure Taten zu beurteilen, de Cavoyes. Und die Euren sind höchst nahe am Verrat. Ihr seid – per sofort – verbannt auf die Besitzungen Eurer Familie in Navarra und habt einen Monat für die Reise.“
***
Verschiedene Freunde boten Francesco de Cavoyes an sich für ihn zu verwenden – aber – so er es überhaupt annahm – ihre Bemühungen waren vergeblich und so verließen Francesco und Tochter im November 1630 Paris und reisten zurück nach Navarra.
***
Navarra, zwei Jahre später
Hätte der Bischof nicht die Streugemeinden visitiert, hätte es wohl kein gutes Ende gegeben. So aber war er nicht anwesend als Eminenz anreiste und sein gar aufgescheuchter Hausstand mussten dem Kardinal mitteilen, dass – so grässlich Leid es ihnen täte – der Bischof seine genaue Reiseroute nicht bekannt gegeben habe , und man bei den in den Bergen liegenden Gemeinden man nie sagen können wann das Wetter der Reise einen Streich spiele, besonders jetzt im Herbst.
„Ich denke wir werden ihm nachreisen.“ Stellte Eminenz zum Capitaine seiner Garden La Houdiniére fest. Dieser verneigte sich knapp. „Sehr wohl Monseigneur, die Pferde werden in einer halben Stunde frisch angeschirrt sein.“
Mit einem leisen Seufzten sah Richelieu dem Mann nach. Er war ein guter Offizier, ruhig, souverän, wiedersprach niemals und war überhaupt ein sehr guter Capitaine de Garde und dennoch Eminenz vermisste das blitzschnelle Mitdenken und den freimütigen Widerspruch seines Vorgängers. „Wartet noch.“ Sagte er. La Houdienére wartete ohne dass geringste Anzeichen von Ungeduld oder Unzufriedenheit.
„Lasst mein Pferd aufsatteln und gebt mir vier Männer mit – während der Rest hier des Bischofs harrt.“ Wies der Kardinal an. „Und lasst einen der Männer sich hier nach der genauen Strecke zum Gut de Cavoyes erkundigen.“ La Houdiniére stellte keine Fragen, sondern führte die Anweisungen unverzüglich aus. Eine halbe Stunde befand sich der Kardinal auf dem Ritt zu einem Gut, dass nahe einer der großen Städte Navarras gelegen war.
***
Anne de Cavoyes – zweitältestes Kind der weiterverzweigten Familie und ihres Zeichens oberste Verwalterin der Familienfinanzen wurde ungern bei ihrer Arbeit gestört. Die Familie war aus einer großen Kaufherrenfamilie in den Adelsstand aufgestiegen und Anne verwaltete – immer noch – ein kleines Imperium an Handelsschiffen, Seide, Gewürzen und spanischen Rapieren, die nach halb Europa verschifft wurden. Aber als man Ihr den Kardinal de Richelieu meldete – machte sie eine Ausnahme und empfing ihn sofort.
Sie begrüßte den ehemaligen Dienstherrn ihres älteren Bruders höflich – eigentlich war sie ihm auch nicht böse, es war mehr als Zeit geworden dass ihr Bruder nach Hause kam. Und eine Verbannung lies sich – mit Geduld und Geld schon wieder lösen. „Eminenz – wie kann ich Euch behilflich sein? Solltet Ihr Euch gar hier draußen verirrt haben?“ erkundigte sie sich höflich.
Der Kardinal lächelte schwach. „Nun – ich habe lediglich Euren Bruder sprechen wollen. Francesco de Cavoyes. Oder sollte er sich etwa die Freiheit genommen haben, die Regeln seiner Verbannung etwas locker zu sehen?“
Anne lächelte. Darum also ging es. „Es hieß doch – wenn ich mich recht entsinne – ‚auf die Besitzungen seiner Familie’ und nicht ‚nach Gut de Cavoyes’“ erwiderte sie. „Francesco lebt auf Gut Mondberg, das ist etwa zwei harte Tagesritte von hier. Selbstverständlich werde ich Euch von den Schreibern heute Nacht die Kare mit dem Weg dorthin abzeichnen lassen, Eminenz. Mit einem einheimischen Führer kann ich allerdings nicht dienen.“
Der Kardinal glaubte Ihr kein Wort. Wahrscheinlich würde sie ihn in die Irre schicken um zu verschleiern, dass Ihr Bruder die Frechheit besessen hatte, Frankreich zu verlassen! Er besaß die superbia dies zu tun. Sie sollte sich nicht in falschen Hoffnungen wiegen, unter Eminenz vier Begleitern waren zwei Männer die sich in jedem Gelände zurecht fanden. „Tut das Madame, den ich habe den Wunsch ihn zu sehen und mich zu überzeugen, dass er sich an meine Befehle hält.“
Anne lächelte schwach. Ich wünsche eine gute Reise Eminenz. dachte sie. Wie hat Jean gleich gesagt als Francesco und Gabrielle herkamen? Ich kenne da oben ein paar Gegenden dort findet Euch nur der Adler und der Steinbock. „Mit dem Morgen werdet Ihr alles notwendige haben, Eminenz.“
***
Das Bergtal schwang weit von Sattel zu Sattel. Die äußersten, schroffen Täler der Pyrenäen, und einsam waren sie auch noch. Richelieu schüttelte den Kopf. Diese verlogene Frau! Sie hatte ihn schön in die Wildnis geschickt. Biscarrat richtete sich in den Steigbügeln auf. „Das dort vorn müsste Mondberg sein.“ Er deutete auf eine Burgruine die hoch auf einem Bergsporn lag.
Richelieu war müde genug um sich zu wünschen umzukehren, aber er würde sich selbst überzeugen, ehe er urteilte. Niemand sollte sagen, er hätte den Augenschein allein zum Zeugen gehabt. Während sie das schroffe Hochtal durchquerten, lies ein schriller Pfiff Richelieu aufschauen und sein Pferd zügeln. Unweit von ihnen – vielleicht zweihundert Schritt entfernt, standen zwei Menschen auf den mageren Wiesen des Bergtales. Richelieu brauchte nicht zweimal hinzuschauen um zu erkennen, dass es de Cavoyes und seine Tochter waren, die die Reiter noch gar nicht bemerkt hatten, ihr Blick ging in die andere Richtung.
Der Kardinal war nicht schlecht überrascht Francesco tatsächlich hier oben anzutreffen. Für einen Moment musterte ihn schweigend. Er hatte sich verändert. Teile der Anspannung und Kantigkeit die den Capitaine immer begleitet hatten, waren verschwunden. Fern von Paris und dessen Moden, hatte er seine dunklen Haar zu einer recht ungebändigten dunklen Mähne anwachsen lassen, die Sonne der Berge hatte seine Haut verbrannt und ihn den Spaniern – die er so wenig liebte – ein wenig ähnlicher gemacht.
Eine Bewegung lenkte Richelieu ab und er sah einen Habicht der eben auf der behandschuhten Faust von Gabrielle aufblockte. Ihm also hatte der Pfiff gegolten! „Sehr gut Gabrielle.“ Hörte er Francesco sagen. „Und nun – lass ihn seine Belohnung haben.“
Für einen Moment herrschte Stille, als der Vogel unruhig die Flügel spreizte. „Nein Gabrielle... keine Fussfesseln, keine Kappe. Wenn du ihn nur so halten kannst, dann wirst du ihn nie wirklich halten. Nur wenn er freiwillig zu dir kommt – ohne Fesseln – dann wird er jemals zu dir gehören.“ Hörte Richelieu Francesco sagen. Sprichst du von dir selbst? fragte er sich dabei, während er beobachtete wie das Mädchen schon erstaunlich geschickt mit dem großen Vogel umging.
In den Moment bemerkte Francesco die Reiter. „Eminenz?“ seine Überraschung war deutlich. Mit langen Schritten kam er herüber. „Was hat Euch hier herauf geführt? Oder habt ihr den Pass von Agramonté verfehlt?“
Offen, direkt, nicht ohne einen Anflug von Besorgnis, Francesco hatte sich nicht wirklich verändert, wie der Kardinal feststellte. „ich wünschte mich zu überzeugen, dass Ihr Euch an Euer Exil haltet.“ Sagte er ruhig.
Die Reaktion von Francesco war überraschend und so vorhersehbar zugleich. „Dann hat Euch Anne hier herauf geschickt. Diavolo! Einen Boten hätte sie schicken sollen, anstelle Euch zwei Tage durch die schönste Bergwildnis reiten zu lassen.“ Er wandte sich um. „Gabrielle! Lauf nach Hause und sag Armandine dass wir Besuch haben.“ Dann wandte er sich wieder zu Richelieu. „ich führe euch besser – oder ihr findet den Weg nie hinauf.“
Und recht hatte er, der aufstieg war ein schmaler felsiger Grat der zu den Resten der alten Burg hinauf führte. Francesco und Gabrielle bewegten sich mit traumhafter Sicherheit dort entlang, und der ehemalige Capitaine führte Richelieus Pferd ohne Schwierigkeiten hinauf. Oben stellte Eminenz fest, dass die alte Burg tatsächlich ihr Ziel war. Hinter den vor sich hin zerfallenden Wehrmauern hatte jemand den Innenhof beräumt und dort einige neue Gebäude errichtet. Eine merkwürdige Verbindung von Ruine und Gut, und anscheinend das Heim von Vater und Tochter.
***
Niemand sollte jemals erfahren was an jenem – sehr sehr langen Abend – zwischen Eminenz und Francesco gesprochen wurde, nicht einmal Gabrielle wusste dies genau. Bekannt wurde eines: Anfang 1633 kehrte Francesco wieder nach Paris und in die Dienste seiner Eminenz zurück, während La Houdiniére sich mit einer sehr guten Empfehlung bald auf einem recht begehrten Posten wiederfand. Mochte Paris auch rätseln wie es dazu gekommen war, die Wahrheit erriet niemand, im allgemeinen schlussfolgerte man, dass die Verbannung nur eine Tarnung für eine lange Mission im spanischen gewesen war. Doch egal warum es so war – mit Francescos Rückkehr nach Paris hatte die Affaire vom Vorabend von Allerheiligen – mit zwei Jahren Verspätung – ein gutes Ende. Und nur gehässige Zungen wussten zu sagen, dass das Wiedersehen von Capitaine de Treville, Francesco und Graf de Rochefort mit reichlich Wein begossen wurde, und die Töchter der jeweiligen Capitaines sich hinterher über verschiedene Rezepte für ein Katerfrühstück austauschten.
Kapitel The Night before All Saints Day von
This story is a particular nonsensical one, as it is a gothic tale, so don’t look for too much logic in it. I bade no one to translate it because all the lyrics are english and it would not do to translate them. They don’t fit the time either. The poems used are from: Kipling, Keats, Coleridge and Tennyson.
The Night before all Saints Day – a gothic tale
I wonder who his cloak would turn,
When Puck had led him round,
Or where those walking fires would burn –
Was it correct to say that anything began with the capitain in the barrel? No it wasn’t. Because by the time when Captain de Cavoyes was found in the applevine barrel things were already in motion, even as the unhappy finding of the Captain in the barrel, was quite near the beginning of events. More correct to say anything began with Athos vanishing in the midst of a cold early octobre night without any trace. The absense of his person was known at once, because the message he was to deliver never reached its destination and Captain de Treville set all wheels in motion to find him. The circumstances of his vanishing were suspicious enough and the message he had carried had been far too important to go unnoticed. The whole affair was of some obscure interest to the king too and he so the investigation went very swiftly. On the 26th of Octobre the Comte de Rochefort was imprisoned for murdering Athos, after a body that appeared to be the remains of the unhappy musketeer was found on the Seine’s riverbanks. The next day the king took off for a long hunting season at Fountainebleau – taking only half of the musketeers and – of cause – their Captain along - and left the Cardinal in charge of affairs.
This was the state of things at the morning of the 31st of Octobre when the Captain in the barrel was discovered. Unfortunately the musketeers happened to find the barrel near the very riverbank where the corpes had been found. Even as Capitaine de Cavoyes was still alive, he was in a horrible state. Someone had not only given him a thorough beating up but also left marks of burns and deep knife cuts, that no one doubtet for a moment that the officer had been cruely interrogated. To their wonder the Captain was half conciouss half delirious when Lieutenant d’Artagnan knelt down beside him. Seeing the man awake, he asked. “Who did this to you, Monsieur le Capitaine?” he knew the man needed rest, but they needed to find this person too, or the Cardinal would have them all skinned and their hides sold to the glovemaker!
De Cavoyes coughted hard, there was blood on his lips. “It was a hard hunt – harder than it ought be in this time of the year. But I found him…” Another cough endet his words.
“He is fever ridden.” Stated Aramis who knelt down on the other side of the injured Captain, and felt the high tempreature of the man.
“Not ridden, but riding.” Cavoyes murmured. “It’ll be a dangerous night for him, but if he stays on this side he’ll be safe.”
“He isn’t making any sense.” Aramis said and examined the wounds. “Might be torture, might be some other strange event. If he has been in a burning house, knife fighting someone and than jumping out of a window, he might have come to the same state of health.”
“But how the hell came the capitain to be in the vine barrel?” D’Artagnan asked with the most unhappy face.
“And the fish’s tail into the roses and the cardinals hat into the fountain?” Aramis snapped angrily. “I don’t know, why don’t you just ask my why fishes don’t fly?”
This very same moment something very strange occurred, because out of the rivers mists, a person appeared. It was no one else than Athos, who in some long steps was beside de Cavoyes. “I hope he is still alive?” he asked in the most worried tones.
All Musketeers jumped at once. “Athos – where have you been?” Three voices exclaimed the question at once. Their comrade seemed tired, a little bit injured and wore a very strange rapier at his side.
“I don’t know.” Athos muttered. “I can’t really say…. It still seems all too strange to me… like a dream or rather a nightmare…. No it was a dream nonetheless.”
Late – late in the evening Kilmeny came home,
For Kilmeny had been she could not tell where,
And Kilmeny had seen what she could not declare. Aramis mocked. “Athos – this is far to serious to make jokes about. They said you were murdered.”
“That’s just a rumor.” Replied Athos.
“But it’s a fact that Monsieur de Rochefort has been jugded althought he is innocent and now he’s imprisoned in the Conciergerie, the sentence is to be carried out before All Saints Day.” D’Artagnan insisted.
Athos raised himself to standing erect. “Well, so bring me to his eminence that he might see proof that I am still alive.”
***
His Eminence would have been in a very good mood to see Comte de Rochefort rescued by the living proof that no murder had occurred. But Athos constant insisting on not remembering what happened to him, while crossing that great wood in the dead of night, angered him. “You were messenger with a very important message and you still wish to keep quiet on your whereabouts in the last two weeks.” He said sharply.
Athos looked at him, calmly. “All I recall is much too far fetched as that it might be of any help in this.” He answered, then suddelny stopped. His gaze went towards the window, that was wet from the chill autumn rain.
Richelieu looked into the same direction and for one moment he thought he saw the reflection of a dark haired woman, in her arms a three of four year old child. She raised her hand, as if to touch the window glas and then the wind drove another wave of rain against the window and all vanished. The Cardinal observed that the Musketeer war still staring at the window. Pretending to have seen nothing, his Eminince inquiered very coldly. “What now Monsieur? Is there something on my window to help you answer my question.”
Athos shook his head. “No.” he whispered. “I just saw a specter… one I had not expected to see.”
„That’s quite usual for reformation day, isn’t it?“ the cardinal was asking in mocking tones. “Off with him!”
After Athos was shoved off by the guards, the Cardinal summoned his physician and asked him wether Captain Cavoyes was awake and in shape to be asked some questions. But the physician reported, that the Captain was in a strange delirious state and was talking about a ride through the woods, the wild hunt and other things that probalbly came from bedtime tales he had heard in his early childhood, now reoccuring in his fever. Infrequently he would ask for Athos.
Beeing a great tactician that he was, his Eminence saw at once a way to find out the truth without using too much force. He called for Lieutenant Jussac and ordered him to bring Athos to the room where Cavoyes was at the moment and to leave him there – alone with the injured man. While the Lieutenant hurried to carry out the order, his Eminence walked through one of the secret passages in the Palais Cardinal and eventually entered a small cabinet that was right beside the room where the physician had his patients. A very thin wall separeted both rooms, and this arrangement had been quite usefull in times before. So the cardinal said down in an easy chair and waited for things to commence.
After some time he heard voices from the other side of the wall. “Whatever it was what you did, I thank you, I don’t think I’d made it alone.” He heard Athos voice. “Or rather… I wasn’t alone. Did she make it too?”
“Athos, if you bound yourself to one of them, you’re in grave danger.” Her heard Cavoyes voice, and it did not sound delirous the least. “But I saw someone else – another rider perhaps passing the bridge. Better you tell me from the beginning what happened, than I might be able to judge wether your companion came over or not.”
Athos sighted. “I hope so – we went together, I’ll rather return to that accursed place than losing her.” But then he startet telling what had happened on that cold and misty day, two weeks ago…
***
It was wretched evening to get lost, and the more wretched to be lost within the thick fogs, rising from the land, making the trees looking like ghosts in the midst of nowhere. Athos looked around, but everywhere he saw nothing but hills, trees and lots of mist, like an unknown sea. Had he been on his own, he’d just have rested till the fog liftet. But the message was urgend and did not suffer any delay. So he had to find the road again and a place where his tired hores might get some rest and tending to be fit for another hard ride in the morning.
A low sound made him look up. Another rider emerged from the fogs. He rode a white, pale horse, that seemed to merge with the fogs. He seemed to be quite young, his fair hair, was like a small light in the dim light of the mist. “Greetings, you seem to have lost your way.” He said, with a voice as fair as his whole appearance.
Athos nodded. “Most true. Do you know how to get back to the road and to a place where I might rest for the night? A village and an Inn?”
The rider laughed. “No, there is no village in these woods, but there is a castle nearby, where I am bound to, and they will not turn you ought.”
Athos had thanked him and they had ridden on, the stranger leading him trough that wretched evening. Sometime they had talked most pleasently, than been silent, which was as pleaseant als talking and than Athos strange companion had begun to sing. He had a wonderful voice and it was the pure joy to listen to him, even as he was singing a dark song.
St. Agnes' Eve - Ah, bitter chill it was!
The owl, for all his feathers, was a-cold;
The hare limp'd trembling through the frozen grass,
And silent was the flock in woolly fold:
Numb were the Beadsman's fingers, while he told
His rosary, and while his frosted breath,
Like pious incense from a censer old,
Seem'd taking flight for heaven, without a death,
Past the sweet Virgin's picture, while his prayer he saith.
His prayer he saith, this patient, holy man;
Then takes his lamp, and riseth from his knees,
And back returneth, meagre, barefoot, wan,
Along the chapel aisle by slow degrees:
The sculptur'd dead, on each side, seem to freeze,
Emprison'd in black, purgatorial rails:
Knights, ladies, praying in dumb orat'ries,
He passeth by; and his weak spirit fails
To think how they may ache in icy hoods and mails.
The mists rose thicker and thicker as they rode, but Athos strange companion knew his way through the woods. His voice distracted Athos somewhat from the way they took.
They told her how, upon St. Agnes' Eve,
Young virgins might have visions of delight,
And soft adorings from their loves receive
Upon the honey'd middle of the night,
If ceremonies due they did aright;
As, supperless to bed they must retire,
And couch supine their beauties, lily white;
Nor look behind, nor sideways, but require
Of Heaven with upward eyes for all that they desire.
The singing broke off and Athos realised that they had indeed reached a castle. It was an old building of three wings, that might have looked very sinister, had it not been full of lighted windows. In that dreadful night it seemed like a bright house, a safe harbour from all dangers and darkness outside.
They were greeted by the lady of the house, a warm and friendly lady in her late thirties. “Whom do you bring, Richard? Another guest? Wonderful.”
“You are most welcome Monsieur le Mousquetaire.” She said warmly and personaly led Athos into the salon.
It was a very big room, with a great chimney and Athos saw at once that some festivity was going on. Some forty persons where assembled here and serants hurried here and there. But he got no chance to ask the lady of the house about this, because she left him to speak with another man in the room.
Something strange was about this society. They all were very polite, accepting Athos without any discussions among them, but asking no questions who he was, or really introducing themselves properly. They just said their names, but nothing else and accepted ‘Athos’ in the same easy way. Some servants had brought food and vine for him, but he was more intent to study the guests of the house, who assembled around a red haired man, sitting near the chimneys fire, who began to sing after a while.
It is an ancient Mariner,
And he stoppeth one of three.
"By thy long grey beard and glittering eye,
Now wherefore stopp`st thou me
"The Bridegroom`s doors are opened wide,
And I am next of kin;
The guests are met, the feast is set:
May`st hear the merry din."
He holds him with his skinny hand,
"There was a ship," quoth he.
"Hold off! unhand me, grey - beard loon!"
Eftsoons his hand dropt he.
He holds him with his glittering eye -
The Wedding - Guest stood still,
And listens like a three years` child:
The Mariner hath his will.
The Wedding - Guest sat on a stone:
He cannot choose but hear;
And thus spake on that ancient man,
The bright - eyed Mariner.
If these people had some tastes for strange songs, than they will fitted together, Athos thought, remembering the rider singing on their way here. But somehow their tastes were limittet to rather eerie songs. And the voice of that man was no comparison to that of the rider. Athos looked arround for the man, but he did not see him.
“You don’t need to look. The ride never joins us.” A voice beside him said.
He nearly jumped. A darkhaired woman stood beside him, on a chair nearby a small child was sitting. “He said he was bound to this castle. Whats it’s name anyway?”
She smiled sadly. “Brocelián. And he says always that he’s bound here, without ever entering the house.” She said and with a whistful smile added: “What is your name, anyway?”
“Athos.” Her replied. “And yours?”
“Marian.” She answered. “My name ist Marian, and this is Anne.” She pointed towards the child in its chair.
“So you’re a guest of this house?” Athos asked.
Her smile became very sad. “Yes this I am. I guest of this house.” She sighted at this words. Something seemed to be very mournful about this occasion.
“Excuse me my Lady for asking so much questions, but what is the cause for this celebration tonight?”
He eyes became very strange. They were of the most beautiful blue, as he recognised. “You don’t know?” she asked. “But then, you are new to this place, you’ll find out as time goes by.” The sadness in her eyes shocked him. And somewhere in their backs, the song endet.
I pass, like night, from land to land;
I have strange power of speech;
That moment that his face I see,
I know the man that must hear me:
To him my tale I teach.
What loud uproar bursts from that door!
The wedding - guests are there:
But in the garden - bower the bride
And bride - maids singing are:
And hark the little vesper bell
Which biddeth me to prayer!
O Wedding - Guest! this soul hath been
Alone on a wide wide sea:
So lonely `twas, that God himself
Scarce seemed there to be.
O sweeter than the marriage - feast,
`Tis sweeter far to me,
To walk together to the kirk
With a goodly company! -
To walk together to the kirk,
And all together pray,
While each to his great Father bends,
Old men, and babes, and loving friends
And youths and maidens gray!
Farewell, farewell! but this I tell
To thee, thou Wedding - Guest!
He prayeth well, who loveth well
Both man and bird and beast.
He prayeth best, who loveth best
All things both great and small;
For the dear God who loveth us,
He made and loveth all.
The Mariner, whose eye is bright,
Whose beard with age is hoar,
Is gone: and now the Wedding - Guest
Turned from the bridegroom`s door.
He went like one that hath been stunned,
And is of sense forlorn:
A sadder and a wiser man,
He rose the morrow morn.
Her eyes even became sadder at this song. “He sings this any evening again.” She muttered.
Athos did not really catch these words. “Is he singing about your wedding?” this conclusion just jumped into his head.
Marian shook her head and pointed to another man on the other side of the room. “No, this one is his song. They do not ask mine very often…”
This instant the Lady of the House had spottet them to and turned to a tall man, standing by the other wall. “Our new guest has made his first aquaintance, so give him her song, that he might know her.” She said.
Marian blushed and turned towards the window but ere Athos might have refused hearing that song, the tall stranger begun singing.
Home they brought her warrior dead:
She nor swooned, nor uttered cry:
All her maidens, watching, said,
`She must weep or she will die.`
Then they praised him, soft and low,
Called him worthy to be loved,
Truest friend and noblest foe;
Yet she neither spoke nor moved.
Stole a maiden from her place,
Lightly to the warrior stepped,
Took the face-cloth from the face;
Yet she neither moved nor wept.
Rose a nurse of ninety years,
Set his child upon her knee -
Like summer tempest came her tears -
`Sweet my child, I live for thee.`
Seeing the pain the song inflicted on Marian Athos was about to challenge the singer, but he felt Marians Hand on his forearm. “No – there is no sense in challenging him. You can’t go outside anyway and I… I got used to it, had time enough.”
“So it was long ago?”
“Ages.” She whispered. “I can’t tell you how long, but a long time ago.”
Athos was sure that her child was not older than four years. So his puzzled gaze betrayed him. She saw it. “You don’t know what this place is, don’t you?” she whispered. “But you must be running from some pain or the rider would have never found you.”
“What are you speaking about?” he asked in a hush.
She looked at him, sad now, very sad. “Did you never hear of a castle where a ball is going on all night, any night, every night in the world, and everyone can enter but no one can leave again?”
“That old fairy tale?” he asked her. “I did, but it is a legend, a bedtime tale, a story sung far too often. And by the way this is no ball.”
Her eyes were now fixed on his. “Listen Athos, there might be no ball, but this is the very place the story tells of. But anyone here was running from something. From pain, or obligations, duty or love, and the rider found him, brought him here.”
Athos did not believe one word. That instant he turned, walking towards the door, but one of the manservants stopped him. “It is no time to leave now my good sir.” He said politely. But Athos understood fairly well the tones he spoke. He was not allowed to leave.
***
He did not know how time passed, there was no time and they had any time. He much talked to Marian, and the longer he did, the more he told her about himself, his grief about his wife and all that had happened to him. Somehow speaking about it, gave him some relief for the first time in his life. And then one evening, when they sat talking and her sung was sung again, he knew he was not to stay here, and neither was Marian if he was to do something about it. As he asked her to run with him, she was reluctant at first, but ultimately promised him to come with him. And so he watched the evenings careful finding out when the rider came again and the door of the house was open for a very short time.
On a particularly dreadfull evening they used the moment the rider introduced a new guest to the lady of the house and sneaked out of the big doors. Outside stood the riders horse and the one of the new guest. The guests horse was ridden by Marian and Gillian, while Athos took the riders horse. It was a irde into nowhere, for Athos did not recall the way they had come here, but his first goal was getting away from that strange castle and this cursed wood. Thunder raged through the night, strange howls ripped the mists appart, as they rode on. Athos could recall no details from that dreadfull ride, but something had been hunting them and drawn nearer and nearer. Until he had seen the rider – or was it someone else – in the midst of the woods, who had pointed in the direction of two big trees. They had followed the direction, somehow knowing that it was right, while behind them that rider and whatever was hunting them engaged in a fight.
***
Athos sighted. “But then I was somehow on the river, near where you awoke, and Marian was nowhere. I just knew you had been the one to give us the direction where to ride, who took the hunters on himself.”
His Eminence who had listened had enough, they were playing some silly joke on him! In hasty stepps he went out of the cabinet on the floor and towards the proper door of said room. Before entering he heard Cavoyes say. “No, I think she is here, but need you for the last step. This is Hallows Eve, the gates are wide open. Just look to the window.”
And when his Eminence entered the room, he saw a woman, a darkhaired beauty and a child standing in the room, embracing Athos. When they became aware of the Cardinal they turned but said nothing. Cavoyes spoke instead. “Your Eminence, I believe Athos is guilty of abandoning his duty for the sake of a woman and I myself delivered the message that was said to be so important.”
“Then I hope Monsieur Athos – contrary to his comrades – has honourable intentions concerning the lady.” The cardinal replied acidly when leaving the room.
Outside he heard Cavoyes saying. “You know what the end of the riders song is? No, you never heard it?”
And they are gone: aye, ages long ago
These lovers fled away into the storm.
That night the Baron dreamt of many a woe,
And all his warrior-guests, with shade and form
Of witch, and demon, and large coffin-worm,
Were long be-nightmar'd. Angela the old
Died palsy-twitch'd, with meagre face deform;
The Beadsman, after thousand aves told,
For aye unsought for slept among his ashes cold.
“You are the rider.” His Eminence heard Athos startled voice, and then decided to leave. At some later time, he would ask Pére Jopsephs professional opinion wether his captain of the guards was mad or possessed.
***
If his Eminence ever summonded some exorcist because of said Captaine is unknown. But the End of the affair was Athos quittin his service. No it wasn’t. Even as this sad event for the company of the Musketeers was close enough to the end of this affairs. The end of the affair was his marriage with Marian and the adoption of her little daughter. One year later ason was born to the happy couple that got two cardinalist for godfathers: Rochefort, whom the cardinal had long forgiven, and Cavoyes who seemed to be forgiven too.
She is not any common Earth,
Water or Wood or Air,
But Merlins Isle of Gramarye
Where you and I shall fare.”
Kapitel Die Reise nach Paris von
Ein kleines Wort vorweg: 1. Die Geschichte ist nicht besonders ernst gemeint. 2. Auch hier schimmern ein paar lange E Mail Diskussionen mit Maike durch. 3. Der Einfall an sich hat ein paar tolle logische Lücken, aber da Monatsherausforderungen ja nicht immer so superernst gemeint sein müssen, stelle ich es trotzdem ein.
Die Reise nach Paris
Fremder – Estrangere – Stranger
Es regnet. Seit rekordverdächtigen fünf Tagen hat es nicht mehr aufgehört. Ein feiner Schleier schwebt vor den Augen, verwischt die Konturen und taucht alles in eine anheimelnde Unschärfe. Das Blei hängt am Himmel, ein unausweichliches, unverformbares Grau, von düsterer Unbestimmtheit und gibt allem den passenden, hoffnungslosen Anstrich, wie er sich für die Stadt Paris in diesen Tagen gehört. In dem trüben Licht hasten die meisten Menschen durch die Straßen, noch eiliger als sonst. Graue und schwarze, dahineilende Schemen, ohne Ziel und ohne Anfang, einfach nur in Eile um dem stetigen Regen zu entgehen. Ihre Füße verursachen auf dem nassen Boden dieses Platschen, dass sich mit dem Plattern des Regens vermischt und alle anderen Geräusche überlagert. Sobald im Herbst die ersten Wolken irgendwo von Westen her aufziehen, beherrscht dieses Geräusch alles andere in der schönen Stadt Paris. Zusammen mit dem trüben Licht prägt es die ganze Stadt. Es verändert alles, selbst die Menschen. Denn nun hat eine unsichtbare Eile begonnen, die sich ausbreitet und alles erfasst. Eile noch ein Quartier mit einem dichten Dach zu finden, preiswertes Holz aufzutreiben oder die Fenster dicht zu machen bevor sich auf einem kalten unwirtlichen Herbst ein neuer endloser Winter herausgeschält hat. Bevor das Dunkel hinter den Ufern der Seine hervorkommt und die Stadt umarmt, bevor der Schnee seine Decke über den Abfall und den Schmutz ausbreitet und für eine kurze Zeit die Stadt kalt und perfekt schön werden lässt. Selbst dann verschwindet das Geräusch nicht, es verwandelt sich nur, aus dem ewigen Plattern und Platschen wird dann ein feines Knirschen von den Stiefeln und Füßen die über die weiße Pracht eilen. Und selbst zwischen dem Wind und der Eiseskälte eines Winters hört man es überall. Es gibt kein Schweigen vor der Kulisse von Paris. Mit der selben Eile, die alles erfasst hat, vollziehen sich nun auch die Wachwechsel auf den Posten der französischen Garden, dem Palais Cardinal und dem Louvre, die Kälte und noch mehr der Regen ist für die Soldaten ein Grund zu doppelter Schnelligkeit, aber die Stimmen und ihre Befehle durchdringen selbst das Endlose Lied des Regens Mühelos. In einer Sprache die nicht mehr länger die meine ist heißt es gan chead gan chomhairle wie ihr befehlt. Aber gleich in welcher Sprache die Befehle und die Antworten erklingen, es ist immer das gleiche und bleibt einem Soldaten stets verständlich....
Jeanne de Beaucourt wurde von einem heftigen Rütteln aus ihrer Lektüre gerissen, die Kutsche holperte hart über irgendeine Delle in der Straße. Es brachte sie dazu von den eng beschriebenen Seiten des Tagebuches aufzusehen und aus dem Fenster der Kutsche nach dem Verfasser zu schauen, der im Sattel seines Apfelschimmels neben der Kutsche herritt. Als hätte Wilfried ihren Blick gespürt, schaute er auf und lächelte ihr zu. Jeanne lächelte zurück, wandte dann aber, gezwungenermaßen ihre Aufmerksamkeit wieder ihren Mitreisenden zu. Ihre fünfjährige Tochter Madeleine schlief friedlich in die Ecke der Kutsche gekuschelt und bisher hatte kein noch so herber rütteln sie wecken können.
Ihr gegenüber, auf der anderen Bank der Kutsche sah Catherine de Rochefort von einem Brief auf, den sie zum x-ten Mal gelesen hatte. Und erneut schüttelte sie den Kopf. „ich wünschte Louise würde sich angewöhnen etwas genauer zu schreiben.“ Stellte sie dabei fest.
„Würdest du ihn mir noch einmal vorlesen?“ erkundigte sich Jeanne. „Ich habe vorhin nicht richtig zugehört.“ Mit einem Lächeln sah sie zu ihrer Tochter, die daran schuld gewesen war. Sie war ein Engel – solange sie schlief!
Catherine lächelte. „Aber natürlich meine Liebe. Also – Liebe Catherine, Liebe Jeanne, meine geliebten Schwestern, ich hoffe dass Euch dieser Brief Euch so trifft wie er mich verlässt bei bester Gesundheit... Nun sparen wir uns das.“ Sie übersprang einige Zeilen. „ Ich würde Euch sicher nicht bitten zurück nach Paris zu kommen, als da ja Eure beiden Verflossenen in dieser wenig erfreulichen Stadt leben, und es sich auch noch um deinen gewesenen Gemahl handelt Catherine, aber ich kann nicht anders, denn Ihr beide seid die einzige Hoffnung die mir verbleibt. Leider hat César de Rochefort wieder einmal den Mut, des Geschick und natürlich den Unverstand besessen sich in kolossale Schwierigkeiten zu bringen und egal wie die Dinge zwischen uns und ihm liegen mögen, umkommen lassen können wir ihn ja beim besten Willen nicht.
Leider sind die Umstände mysteriös genug. Ich erfuhr von seiner Verhaftung recht schnell, doch war es alles andere als leicht zu erfahren ob wessen man ihn verhaftet habe. Schließlich entschied ich - zum Feste von St. Rosalia – das vielleicht seine alten Feinde und jetzigen Freundfeinde, ja eben jene vermaledeiten Musketiere, von denen einer die Ehre hat mein verflossener Verlobter zu sein, mehr wüssten und begab mich zu Behausung des vielleicht noch anständigsten von ihnen, der unter dem Namen Porthos in Paris lebt. Nun dort traf ich sie alle vier an und hörte sie gar merkwürdiges reden, als mir der Diener öffnete.
"Aber wie zum Teufel kam der Hauptmann in das Weinfaß?" fragte d'Artagnan mit unglücklicher Miene. "Und wie der Fischschwanz in die Rosen und der Kardinalshut in den Springbrunnen?"
Für einen Moment glaubte ich sie sprächen über den Fall, deines Nicht – Mehr – Ehemannes Catherine, aber dann stellte ich fest, dass dieser junge Gascogner den vergeblichen Versuch unternommen hatte, einen der Romane seines Freundes Aramis zu lesen und schier an den literarischen Feinheiten verzweifelte...“
Mit einem knappen „sparen wir uns auch das“ übersprang Catherine erneute einige Zeilen und wendete das Blatt. „In jedem Falle wussten sie von Rocheforts Verhaftung und dass es wegen eines gar scheußlichen Verbrechens sei, wie besagter d’Artagnan mir vertauend mitteilte. "Das ist bestenfalls ein Gerücht." entgegnete Athos. "Sicher ist dagegen, daß Monsieur de Rochefort unschuldig verurteilt in der Conciergerie sitzt und das besagtes Urteil noch vor Allerheiligen vollstreckt werden wird." Keiner von ihnen schien jedoch die Sache wirklich ernst zu nehmen, in jedem Falle glauben sie an ein kompliziertes Komplott seiner Eminenz und an eine fingierte Anklage. Nun, über Umwege wandte ich mich dann an denen ehemaligen Gemahl meine liebe Jeanne – was wirklich schwer ist, wie ich Euch anvertrauen kann. Er ist unzugänglich und lebt fast im Dienst, das einzige weibliche Wesen das Zugang zu ihm hat, ist seine Tochter. Verzeih mir Jeanne, wenn ich das überhaupt erwähne, ich weiß wie ungern du an deine Ehe zurückdenkst – aber wer von uns tut das nicht, wo wir uns doch alle drei recht Erfolgreich unserer Ehemänner oder Verlobten entledigt haben? – aber dein werter Gemahl ist eine so schwierige Existenz, dass ich selbst meinem ehemaligen Verlobten zugestehen muss, den Frauen zugänglicher zu sein, und das will etwas heißen, denn zu Zeiten hätte ich geschworen dass das einzige weibliche Wesen, dass ihm zu nahe kommen kann, eine Weinflasche ist.. Aber lassen wir das. In jedem Falle erfuhr ich auf diese Weise, dass die Anklage sehr wirklich und sehr ernst sei und dass der Kardinal geradezu entsetzt sei über das Verbrechen seines Stallmeisters. Da anscheinend niemand die Partei deines armen Nicht – Mehr – Ehemannes ergreifen will, meine liebe Catherine, habe ich entschieden dass an uns drei Beaucourtschwestern ist den armen Hund zu retten. Bis Allerheiligen ist noch etwas Zeit und ich bitte Euch dringlich nach Paris zu kommen und wage zu sagen, dass Ihr diese unruhigen Norddeutschen Lande in denen der Friedländer gar scheußlich hausen sollen, nicht ungern verlassen werdet und so verbleibe ich mit allen Hoffnungen für Eure Gesundheit,
Eure Euch liebende Schwester Louise
Catherine faltete das Blatt mit sehr präzisen Bewegungen wieder zusammen. „Alles in allem nicht sehr vielsagend.“ Fasste sie zusammen. „Und dass mein hm.. gewesener Mann in Schwierigkeiten ist, nun wir werden ihm da schon heraushelfen.“
Jeanne schüttelte den Kopf. „Ich verstehe dich nicht. Du bist tot, ebenso wie ich, jedenfalls was unsere Eheherren angeht, und dennoch bist du bereit als Fremde nach Paris zu kommen nur um ihm zu helfen?“
Ein erneutes Ruckeln und Holpern, fast noch schlimmer als zuvor unterbrach das Gespräch für einige Momente. Dann antwortete Catherine sehr nachdenklich. „Ich mag diesen Weg gegangen sein, ebenso wie du, um dieser Ehe zu entkommen, die für mich ein Käfig war, aber ich wünschte ihm niemals den Tod oder Leid, im Gegensatz zu dir.“
„Dein Mann war auch keine Bestie.“ Erwiderte Jeanne.
„Das war deiner auch nicht. Sein Fehler war dich zu sehr zu lieben, während der meine ebenso wenig gefragt wurde, wie ich selbst. Das Entschied sein werter Vater zusammen mit unserem Vater....“
Sie kam nicht weiter die Frage ihrer verflossenen Ehen zu erörtern, denn Madeleine wachte auf und rieb sie die Augen. „Mama, sind wir bald da? Und wo ist Wilfried?“ sie sagte stets Wilfried anstelle Vater eine merkwürdige Gewohnheit die Jeanne ihr anerzogen hatte.
Sanft nahm Jeanne ihr Töchterchen in die Arme. „Die Reise ist noch weit meine Kleine, sehr weit sogar. Wir sind noch lange nicht in Paris.“ Während die Kleine sich in ihren Schoss kuschelte begann Jeanne leise zu singen.
„Es waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb,
sie konnten zusammen nicht kommen, das Wasser war viel zu tief... Madeleine schloss wieder die Augen und Jeanne sang weiter, während sie sich fragte ob sie all die Lieder die sie während ihrer Zeit in Harburg gelernt hatte, jemals wieder verlernen würde.
Es war viele Stunden später und längst tiefe Nacht als sie wieder einmal zum umspannen der Pferde hielten. Oder besser sie wollten halten. Mit einem harten Ruck und einem entsetzlichen Krachen neigte sich die Kutsche bedrohlich zur Seite. Jeanne, die gedöst hatte, fuhr aus dem Schlaf auf. Ohne weiter nachzudenken, ja ohne überhaupt einen Atemzug zu verschwenden, hatte sie Madeleine gepackt, die Tür der Kutsche geöffnet, war draußen und mit dem Mädchen in sicherem Abstand zu der Kutsche ehe überhaupt noch eine Chance bestand, dass der Wagen ganz kippen möge. Catherine folgte etwas langsamer. „Achsbruch.“ Konstatierte sie. „Und das mitten in der Nacht, irgendwo im nirgendwo. Schön.“
Wilfried war abgesprungen und hatte sich erst überzeugt, dass es den beiden Schwestern und seinem Kund gut ging, ehe er sich dem Wagen und dem Kutscher zuwandte. Das Ergebnis war kurz und niederschmetternd. Diese Kutsche würde keine weitere Fahrt mitmachen. Und ein knappes Gespräch mit dem Wirt der kleinen Station ergab, dass für Geld, Rang und gute Worte kein anderes Gefährt aufzutreiben war, jedenfalls sicher nicht vor der nächsten Woche. Oder nun, der Wirt wand sich, eine Kutsche sei das sicher nicht, aber ein alter Trosswagen, den man bespannen könne, aber dies sei ja nun wirklich kein Gefährt für eine Dame. Wilfried sah das nicken der beiden Schwestern und besichtigte besagtes Gefährt. Es war gut und solide gebaut, und Wilfried verkniff sich die Frage wie dieser Wagen in den Besitz des Wirtes gekommen war. Nach einer kurzen Verhandlung konnten die Diener bereits beginnen das Gepäck umzuladen. „Das wird alles andere als bequem werden.“ Sagte Wilfried leise zu Jeanne. „Dieser Wagen ist nicht für die Beförderung von Damen gebaut worden.“
„Nun es wird schon gehen.“ Sagte Catherine fröhlich. „Sind Pulver und Blei, verwundete Soldaten und was weiß ich alles heil mit diesem Gefährt angekommen, dann werden es die Beaucourtschwestern auch schaffen, oder?“
Die Dame welche die meisten bedenken gegen dieses Gefährt und noch mehr gegen die Fahrt in die neblige Nacht hinein hatte, war Madeleine. Wilfried hob sie am Ende kurzerhand hoch und setzte sie neben sich auf den Kutschbock als er die Zügel ergriff, begann er – in seine Muttersprache verfallend – zu singen.
“If you awake at midnight and hear a horse’s feet,
Don’t go drawing back the blind, or looking in the street,
Them that ask no question isn’t told a lie,
Watch the wall my darling, while the gentlemen go by!
Five- and- twenty ponies
Trotting through the dark,
Brandy for the Parson,
‘Baccy for the Clerk,
Laces for a Lady, letters for a spy,
And watch the wall my darling, while the gentlemen go by!
Running round the woodlump, if you chance to find,
Little barrels, roped and tarred, all full of brandy – wine;
Don’t you shout to come and look, nor take ‘em for your play,
Put the brishwood back again, - and they’ll be gone next day!
If you meet King Henry’s men, dressed in blue and red,
You be careful what you say and mindful what is said.
If they call you pretty maid, and chuck you ‘neath the chin,
Don’t you tell where no one is, nor yet where no one’s been.
If you do as you’ve been told, likely there is a chance,
You’ll be give a dainty doll all the way from france,
With a cap of Valenciennes and a velvet hood,
A present from the gentlemen, along o’ being good.
Five – and – twenty ponies,
Trotting through the dark,
Brandy for the parson,
‘Baccy for the clerk,
Them that ask no questions isn’t told a lie,
Watch the wall my darling, while the gentlemen go by!”
Und so rumpelte diese höchst merkwürdige Gesellschaft Paris entgegen.
***
Louise nahm ihre beiden Schwestern, den derzeitigen Liebhaber der einen, plus ihre kleine Nicht herzlich in Empfang. Es war ein kalter und hässlicher Oktober in diesem Jahr. „Einen kleinen Fortschritt habe ich gemacht.“ Berichtete sie, als man beim Tee zusammen saß. „Es gibt da einen halbwegs netten Leutnant in der Garde seiner Eminenz, der mehr weiß und es auch erzählen will. Er heißt Jussac und will uns morgen Mittag treffen, hinter dem Kloster der unbeschuhten Karmeliterinnen. Dann werden wir endlich wissen, was nun genau die Anklage gegen Rochefort ist. Man munkelt in ganz Paris von einem gar scheußlichen Verbrechen, aber niemand weiß genaues.“
„Wie kommst du eigentlich zu der Bekanntschaft eines netten Gardeleutnants?“ fragte Jeanne leise scherzend. „Ich dachte du hättest die Edelmänner so satt wie wir die Soldaten.“
Louise lachte herzlich. „Ach wisst Ihr, wenn ich mir Jussac so anschaue, könnte ich es mir noch einmal überlegen und ich bin mir sicher, dass er mich nicht wegen irgendeines hübschen blonden Pfarrflittchens sitzen ließe, er ist solide.“
Die drei Schwestern lachten herzlich und begannen sich darüber auszutauschen was in den letzten Jahren in ihren jeweiligen Leben vorgefallen war.
Was die Frau des Oberst gewusst......
Die drei Schwestern waren zeitig aufgebrochen um zum Kloster der unbeschuhten Karmeliterinnen zu spazieren. Sie ließen sich Zeit um hier und da zu schauen. Louise war die einzige von ihnen die Paris gut kannte und dementsprechend genossen sie den Spaziergang zu dritt. Nur einmal seufzte Louise hörbar auf. „Es wird nichts helfen Schwestern: Der Pferdemarkt wird um unseretwillen nicht schließen, und ihn zu umgehen ist ein langer Umweg.“
Als begann sie sich durch das Gewirr von sturen Händlern, feilschenden Käufern und noch viel sturerer Ware hindurch zu zwängen. Auf einmal Blieb Jeanne stehen, als Ihr Blick auf die Kunden eines alten Pferdehändlers viel. Ein hochgewachsener dunkelhaariger Mann und ein kleines, vielleicht neunjähriges Mädchen neben ihm, die eben einen zierlichen Schimmel besichtigten. Es kam wie ein Schlag für Jeanne ihren gewesenen Mann zu sehen und noch viel mehr das Kind – ihr Kind wie ihr schmerzlich bewusst wurde – das in eben jener Nacht geboren worden war. Wie ähnlich ihr die Kleine war! Die selben schweren schwarze Haare und die zierliche Erscheinung, eine Beaucourt durch und durch. Oder nein, jetzt wo die Kleine furchtlos en amazone auf den Schimmel aufsaß, die Haltung kerzengerade ohne verspannt zu sein, ähnelte sie dem Vater. Hastig wandte sich Jeanne ab und verschwand in die Menge um ihren Schwestern zu folgen. Sie wollte und würde ihn nicht wiedersehen. Ihr Tod war eine Befreiung gewesen, dennoch ging ihr die Anblick des dunkelhaarigen Mädchens auf dem Rücken des Schimmels nicht aus dem Kopf. Wie er sie wohl genannt haben mochte?
***
Der Platz hinter dem Kloster, wo einst das denkwürdige Duell der Musketiere und der Garde des Kardinals ausgetragen worden war, war an jenem Mittag nicht verlassen wie man hätte hoffen können. Zum einen war da Jussac, in Gesellschaft der Gebrüder de Rotondis, von denen der ältere eben in höchst provozierender Weise die neues Hymne auf den Kardinal zum besten gab. Man musste ihm ja lassen, dass seine Stimme gut war und er vor allem die Melodie hielt, dennoch nahmen die vier Musketiere, die von der anderen Seite her auf den Platz kamen, dies mehr als krumm. „Mit einem solchen Lied habt ihr Euch einst besiegt verabschiedet, wollt Ihr nun den Streit wieder eröffnen?“ erkundigte sich spöttisch Aramis.
Der jüngere der beiden Brüder verdrehte die Augen. „Wollen die Herren Musketiere etwa verlieren? Sie haben ganz wacker zugelegt seit einst wie man so sieht.“ Spottete er zurück. „Und wir wollen doch all den jungen Damen die den künftigen Prälaten verehren nicht die Freude verderben...“
Louise sah Catherine und Jeanne an. „Kann das denn sein? Müssen sie sich eigentlich immer aufführen wie die kleinen Jungen im aufgelassenen Steinbruch?“
„Meiner Erfahrung nach, wachsen Männer über dieses Alter nur schwer hinaus.“ Erwiderte Catherine und damit gingen die drei Frauen entschlossen los und traten zwischen die streitenden Soldaten. Die Musketiere waren natürlich nicht schlecht überrascht. D’Artagnan fing sich am schnellsten wieder. „Oh mir schein wir haben ein ganz anderes Stelldichein hier gestört. Was sagt ihr Freunde?“
„Ich denke man sollte die Damen um ihrer eigenen Sicherheit willen, bitten sich schnellstmöglich zu entfernen.“ Erwiderte Athos ruhig.
Louise wandte sich zu ihm um. „Kommt nicht in Frage. Wir haben mit diesen Herren hier etwas zu besprechen, also wenn Messieurs ihres Weges gehen würden, wäre ich ihnen höchst verbunden.“ Der Blickwechsel zwischen ihr und Athos hielt nur einen Moment an, denn ehe es zu einer weiteren Auseinandersetzung kommen konnte, mischte Jussac sich ein. „Was ich zu sagen habe, können die Herren meinetwegen ebenso hören, denn zu ändern ist da ja wohl nichts mehr. Rochefort ist angeklagt und verurteilt seine Ehefrau Catherine de Rochefort ermordet zu haben. Und da dieser Mord unter sehr seltsamen Umständen geschah, wird man ihn wohl dafür richten...“
Überrascht sahen die Damen sich an. „Da werden wir wohl etwas unternehmen müssen, Catherine.“ Sagte Louise ernst. „Nur wie stellen wir es an...?“
Catherine hob den Kopf. „Nichts leichter als das. Wenn er nur verklagt ist mich ermordet zu haben, nun das lässt sich ja wohl richtig stellen.“ Und ohne die Fassungslosen Gesichter von Musketieren und Gardisten gleichermaßen zu beachten wandten sich die drei Damen ab um zum Palais Cardinal zu eilen.
***
Seine Eminenz, der Kardinal de Richelieu hatte sich den Verurteilten und den Ankläger, Monsieur de Guitard noch einmal beide vorführen lassen. Ihm selbst erschien einiges an dieser Anklage höchst merkwürdig, besonders da Rochefort mehrfach sehr glaubwürdig beteuert hatte, dass er zum Zeitpunkt des Todes seiner Frau nicht einmal in der Nähe des Hauses gewesen war. Es war hoher Nachmittag, am Abend sollte das Urteil vollstreckt werden, und der Kardinal wäre gern konzentrierte gewesen, doch die Unterbrechungen seitens seines Dieners, dass ein gar dringlicher Bittsteller im Vorzimmer war, ließen ihn nicht zur Ruhe kommen.
Eben wollte er sich wieder den Worten von Monsieur de Guitard zuwenden, als die Tür erneut aufging. Eben wollte er seinen Diener scharf weisen die Garde zu rufen, als er sah welch merkwürdige Szenerie sich ihm bot. Sein Diener, der arme Charpentier, lag – eindeutig niedergeschlagen – auf dem Boden, und von den beiden Gardisten die solcherlei Gewalttat im Vorzimmer eigentlich verhindern sollten, sank eben der zweite Zusammen, betäubt von etwas das ihm von einer Dame aus einem Fläschchen recht zwangsweise eingeflößt worden war. Die Lady lies den armen Gardisten recht unsanft fallen. „Und gute Nacht.“ Sagte sie leise, während eine andere Dame, entschlossenen Schrittes an den Bewusstlosen vorbei das Audienzzimmer betrat. „Ich entschuldige mich ausdrücklich Euer Eminenz für die Methoden meines Eindringens hier, aber da man dem Comte de Rochefort vorwirft mich ermordet zu haben, hielt ich es für notwendig auf der Stelle hier zu erscheinen.“ Sagte sie mit fester Stimme.
Es ist schwer zu sagen wer am Erstauntesten war von den drei anwesenden Männern. In jedem Falle war es Rochefort der zuerst die Sprache wiederfand. „Catherine? Wie ist das möglich?“
Ein leichtes Lächeln von Catherine war die Antwort. „Ich war weniger tot als ich dich und die Welt habe glauben lassen Charles.“ Damit wandte sie sich dem Kardinal zu. „Euer Eminenz, ich selbst habe vor drei Jahren meinen Tod vorgetäuscht aus Gründen die allein die meinen und nicht im geringsten meinem Manne anzulasten waren.“
Der Kardinal hatte die ganze Szene – mit der inzwischen im Hintergrund stehenden Jeanne und Louise – sicher erstaunt, aber nicht ganz ohne Zufriedenheit beobachtet. „Ich will und werde nicht in eure privaten Gründe dringen, Comtesse.“ Erwiderte er. „Allein, um dieses Urteil aufzuheben und die Anklage zu entkräften ist es mehr als ratsam dass Ihr und mein werter Stallmeister Eure Ehe wieder aufnehmt, eine Wiederheirat scheint beinahe angemessen, in Anbetracht der Umstände.“
De Guitard hatte Catherine erst entsetzt angestarrt. „Ein Geist, sie muss ein Geist sein.“ Flüsterte er. „Eine Tote erstanden um die Lebenden heimzusuchen.“
"Das hat der Reformationstag nun einmal so an sich, wie?" sagte der Kardinal spöttisch. "Führt ihn ab!" Dann wandte er sich zu Rochefort und Catherine. Doch – für einen einzigen Moment vergessen – hatte Rochefort seine Frau mehr als nur herzlich begrüßt. „Catherine – das ist der tolldreisteste Streich den ich jemals gesehen habe – du bist genial.“ Mehr verstand der Kardinal und wünschte er auch nicht zu hören, er winkte Louise und Jeanne den Raum wieder zu verlassen. Er räusperte sich merklich woraufhin Catherine und Rochefort fast Erschrocken zu ihm herumfuhren. „Eine Frage bleibt noch.“ Sagte er dann.
„Und die wäre Euer Eminenz?“
Streng sah der Kardinal Catherine an. „Wenn Ihr – Catherine de Beaucourt – nicht so tot wart ihr vorgabt, dann nehme ich an dass eine der beiden Damen in Eurer Begleitung Jeanne de Beaucourt ist, und es somit einen weiteren Fall in meiner Entourage gäbe...“
Catherine trat einen Schritt auf den Kardinal zu. „Ich bitte Euer Eminenz im Namen von mehr als einer lebenden Person, Jeanne de Beaucourt in Frieden ruhen zu lassen. Der Schmerz den Ihre Wiederauferstehung ihr selbst und anderen Menschen bereiten würde, wäre mehr als zu ertragen ist.“
Lange und sehr nachdenklich studierte der Kardinal die Frau dann nickte er. „Gut, sie möge in Frieden ruhen und sich alsbald aus dieser Stadt verabsentieren, den Wiedergänger mögen am Vorabend von Allerheiligen die Menschen heimsuchten, sollten jedoch danach wieder verschwunden sein.“
***
Der Jubel über Rocheforts Freilassung, die Gerüchte über seine wiederaufgetauchte Frau, all das kannte kaum Grenzen. Dennoch stahl sich der Graf für einige Momente davon um mit Wilfried, der bereits die Abreise von Jeanne, Madeleine und sich selbst vorbereitete zu sprechen. „Ich kann nicht sagen, dass ich es alles verstehe.“ Sagte er leise. „Aber ich ahne, wovon gesprochen wurde und wer Jeannes Mann war. Ist es wirklich so unversöhnlich wie es schein? Was ist zwischen den beiden gefallen?“
Wilfried holte tief Luft. „Es gibt in meiner Heimat ein altes Soldatenlied das übersetzt ungefähr so heißt:
„ Was die Frau des Hauptmanns gefühlt
hat keiner je erfahr’n,
weder sofort noch in spätren Jahr’n,
doch man hat die Frau des Serganten gefragt,
und die hat ihnen dann die Wahrheit gesagt.“ erwiderte er. „Ich kann es Euch nicht sagen.“
***
Jeanne und Wilfried verließen Paris an Allerheiligen. Und wenige Wochen später wurde nicht nur die Wiederheirat des Grafen de Rochefort gefeiert, sondern auch die Hochzeit von Louise de Beaucourt mit Leutnant Jussac. Und da die Hochzeiten an Weihnachten stattfanden, kam die Gesellschaft sehr lange nicht mehr aus dem Festtagstaumel heraus.
Kapitel Seven drunken Nights von
Hallo das hier ist einfach nur ein auf einer langer Busfahrt geschriebener, sehr schräger Spaß, der in keinen Chronolgie passt und mit so im halb Wachen Zustand einfiel. Viel Spaß damit!
Seven drunken nights
Im „Pomme de Pin“ ging es hoch her, eine ganze Runde Musketiere war versammelt, es wurde getrunken, gezecht und gesungen. Die frisch aus dem Dienst gekommenen Musketiere waren dabei den Abend bei reichlich Wein ausklingen zu lassen. An einem Tisch auf der linken Seite des Raumes saßen d’Artagnan, Aramis und Porthos und sprachen kräftig dem Anjouwein zu. Aramis war soeben dabei einen höchst anzüglichen Scherz zum besten zu geben. „... und man fand den Kardinalshut im Springenbrunnen, daneben einen Strauß Rosen mit einem Fischschwanz darinnen, in einem Weinfass das in der Seine schwamm dieses Scheusal de Cavoyes und einen weinenden Kardinal auf der Treppe des Palais.“ Sagte er grade. „Also was ist passiert.“
„Hm, ich denke Eminenz bedauern irgendetwas, Aber wie zum Teufel kam der Hauptmann in das Weinfaß?" fragte d'Artagnan mit unglücklicher Miene. "Und wie der Fischschwanz in die Rosen und der Kardinalshut in den Springbrunnen?" Und fragend sah er Aramis an.
„Nun Eminenz haben sich wütend den Hut vom Kopfe gerissen, als er den Fischschwanz in den Rosen fand und Cavoyes der an allem Schuld war in einem Fass in der Seine versenken lassen und anschließend sehr betrauert, dass eine weitere Dame in Paris seine Aufmerksamkeit abgelehnt hat.“ Erwiderte Aramis woraufhin Porthos und d’Artagnan herzlich lachten.
Auf der anderen Seite des Raumes begannen einige Musketiere fröhlich und schon recht trunken zu singen.
Duhallier s'en va-t-en guerre,
Mironton, mironton, mirontaine,
Duhallier s'en va-t-en guerre,
Ne sait quand reviendra,
Duhallier s'en va-t-en guerre,
Mironton, mironton, mirontaine,
Duhallier s'en va-t-en guerre,
Ne sait quand reviendra.
D’Artagnan verdrehte die Augen, er kannte den Bandwurm von einem Lied der hier gewöhnlich folgte! Doch ehe er seine Kameraden vielleicht auf ein anderes Lied bringen konnte, trat Athos, eindeutig in Eile an ihren Tisch und setzte sich auf den letzten freien Schemel.
„Was ist passiert, Athos?“ erkundigte sich Aramis verblüfft. „Wenn Ihr es so eilig habt...?“
Athos Blick richtete sich auf d’Artagnan. „Ihr hättet doch beinahe Monsieur de Rochefort diesen Sommer nach Orleans begleitet, oder?“ fragte er. „Seid nur froh dass Ihr es nicht getan habt! Wie ihr wisst hat man Rochefort verhaften und in die Conciergerie werfen lassen. Der Herzog von Orleans klagte ihn des Mordes an einer Frau an! Er soll sie bei besagtem Abenteuer in Orleans ermordet haben und wurde für schuldig befunden. Ende des Monats ist es zu Ende mit ihm.“
„War es den wenigstens eine schöne Frau?“ rutschte es Porthos, der schon arg angeheitert war, heraus.
Athos bedachte ihn mit einem sehr strafenden Blick, antwortete jedoch nichtsdestotrotz. „Das soll sie gewesen sein. Man hat sie und Rochefort zusammen gesehen, und es hatte den Anschein dass...“ er brach ab.
Aramis lächelte maliziös. „Dass der gute Graf seine Finger nicht von einer Affaire lassen konnte? Um sie anschließend zu ermorden? Klingt ganz nach einer Intrige des roten Herzogs. Allein, es passt zu dem was man mir über die Geschichte in Orleans erzählt hat.“
Alle Blicke richteten sich neugierig auf Aramis, der vorgab erst nach einiger Nötigung ungern weiter zu erzählen. „Ein Freund von mir, ein Bruder im geistlichen Stande, schrieb mir er habe Rochefort mit einer gar seltsamen Person gesehen. Zuerst habe er geglaubt es handelte um einen Mann und als er hörte dass Rochfort... ahem gar mächtig mit demjenigen gefeiert habe, und schlimmeres, hätte er an Sodomie gedacht, doch dabei erwies sich besagte Person als eine schöne dunkelhaarige Frau, die offensichtlich in der Verkleidung eines Mannes gereist war, auch wenn sie für seinen Geschmack allzu mager geraten war.“
D’Artagnan erbleichte. „Eine dunkelhaarige, sehr schlanke Frau, die als Mann verkleidet reiste und ein schwarzes Pferd ritt? Letzten Mittsommer in Orleans? Aramis war es so?“ fragte er erschrocken und eindringlich.
„Ja, genauso war es. Kennt Ihr sie auch mein Freund?“ erkundigte sich Aramis.
„Sehr gut.“ Erwiderte d’Artagnan. „Sie muss den Brief nicht mehr bekommen haben, dass ich nicht nach Orleans kommen würde...“ er brach ab.
Athos legte ihm mitfühlend die Hand auf die Schulter. „Es tut mir leid.“ Sagte er leise. „Ihr habt geglaubt dass Rochefort Euer Freund sei und nun hat er sie ermordet.“
D’Artagnan sah auf. „Sie ist nicht tot Athos. Jedenfalls war sie es vor drei Wochen noch nicht. Das muss ein Komplott sein, wahrscheinlich vom Herzog von Orleans. Er hasst den Kardinal und wenn er nicht gegen diesen vorgehen kann, dann gegen dessen untergebene. Es war schon eine Weile ein Gerede dass der Herzog vorhabe sich für die erlittene Schmach zu rächen.“
"Das ist bestenfalls ein Gerücht." entgegnete Athos.
"Sicher ist dagegen, daß Monsieur de Rochefort unschuldig verurteilt in der Conciergerie sitzt und das besagtes Urteil noch vor Allerheiligen vollstreckt werden wird.“ fuhr d’Artagnan auf. „Versteht Ihr nicht Athos, er kann diese Frau gar nicht ermordet haben!“ er hielt inne und stand auf. „Allerheiligen, das sind dreieinhalb Wochen, sie wird reiten müssen wie der Teufel um es rechtzeitig zu schaffen.“ Murmelte er, während er hastig davonging.
Die drei Freunde sahen einander verwirrt an. „Was war das eben?“ fragte Aramis.
„Eifersucht.“ Konstatierte Porthos. „Nichts als Eifersucht. Ich kenne das.“ Damit gönnte er sich einen weiteren tiefen Schluck Wein.
Athos hingegen sah dem Gascogner nachdenklich nach. „Ich werde um Erlaubnis nachsuchen Rochefort zu besuchen. Jemand sollte erfahren was eigentlich geschehen ist.“
***
Es dauerte über eine Woche ehe es Athos gelang seinen Besuch bei Rochefort in der Conciergerie zu machen. Die ganze Woche lang hatte sich d’Artagnan seltsam verhalten, mehr als seltsam um genau zu sein. Als Athos nun Rochefort traf, den man in einer winzigen Zelle im Untergeschoss der Conciergerie untergebracht hatte, wurde ihm klar, dass was immer hier passierte, sicher kein Komplott des Kardinals handelte: Rochefort wirkte Verzweifelt auf ihn. Ein Mann der bereits aufgegeben hatte. „Warum seid Ihr gekommen, Monsieur le Mousquetaire?“ fragte er leise. „Um Euch an meinem Fall zu weiden?“
Athos schüttelte den Kopf und überging die Bemerkung, nach einer Woche hier unten, konnte jemand so etwas sagen. „Nein. D’Artagnan glaubt, dass besagte Frau noch am Leben ist, und ich kam um zu erfahren was eigentlich passiert ist?“
Rochefort sah auf. „Dann ist sie kein Phantom gewesen? Keine Ausgeburt einer durchzechten Nacht?“ fragte er überrascht. „Und ich hatte schon angefangen zu glauben, ich hätte sie geträumt, weil Adrian und ich im Suff über Frauen philosophiert haben.“
Athos setzte sich langsam auf den steinernen Boden der Zelle. „Was genau ist Orleans passiert? Und wer ist Adrian?“
Rochefort hob die Schultern. „Adrian ist ein Freund, er stammt aus irgendeiner d’Artagnan Seitenlinie, aus der Gegend von Dax glaube ich. Und Orleans....
***
Rochefort war so in Gedanken versunken, als er – den Hut tief ins Gesicht gezogen – durch die Straßen von Orleans ging, dass er denjenigen mit dem er beinahe zusammengestoßen wäre, kaum bemerkte. Doch dann blieb er überrascht stehen. „Adrian?“ entfuhr es ihm. Ja es gab keinen Zweifel, er hatte seinen Freund Adrian vor sich. Er wirkte ein wenig müde, als habe er eben eine Verwundung oder gar Krankheit hinter sich. „Wie kommt Ihr zurück nach Frankreich?“
Adrian war wie in Gedanken weitergegangen ohne zu reagieren. Jetzt wandte er sich um. „Verzeiht, ich habe Euch nicht gesehen.“ Seine Überraschung war ebenfalls mehr als deutlich. „Ich war völlig in Gedanken.“
„Das kann man von uns beiden dann wohl sagen. Aber wie kommt Ihr zurück nach Frankreich?“ Für einen winzigen Moment hatte Rochefort das Gefühl gehabt, dass Adrian ihn gar nicht erkannt hatte, doch dieses Gefühl verflog sofort, bei dem leisen Lachen und der nächsten Antwort. „Ich fürchte genau darf ich es nicht erzählen. Eine Botschaft aus Friedland. Genauso gut könnte ich Euch fragen, was Euch nach Orleáns führt, Rochefort.“
Wäre Rochefort ganz aufmerksam gewesen, hätte er bemerkt, dass kurz vor diesen Worten, ein starker Windstoß seinen Hut soweit zurück gedrückt hatte, dass die Streifschussnarbe an seiner Schläfe sichtbar wurde. So jedoch ging er davon aus, das Adrian genauso über einem Problem gegrübelt hatte, wie er selbst. „Eure Botschaft hier nach Frankreich lässt sie Euch vielleicht...“
„...etwas Zeit um mich mit den neuesten Verwicklungen Gaston d’Orleans zu befassen?“ erwiderte Adrian schmunzelnd, der Rocheforts Intentionen rasch erahnt hatte. „Wahrscheinlich sollten wir das nicht auf der Straße bereden.“
Gemeinsam waren sie weitergegangen und hatten ohne viele Worte ihre Freundschaft dort wieder aufgenommen wo sie, sie nach den Ereignissen um den verschwundenen Dänenprinzen gelassen hatten. In Rocheforts unauffälligem Quartiere hatten sie schließlich über Rocheforts Auftrag geredet, auf den Adrians waren sie nie zurückgekommen. „Es geht um den Verdacht, dass der Herzog in Korrespondenz mit dem Spaniern steht. Ich weiß dass ein Brief, den er geschrieben hat morgen oder übermorgen die Stadt verlässt. Aber ich kann ihn dem Herzoge nicht wegnehmen, denn der soll nichts merken, und verschwindet der Bote, dann wird er vermuten dass ich es war.“ Aber vielleicht konnte ja Adrian den Boten so erledigen dass der Herzog es erfuhr. Zum Zeitpunkt wenn der Zorn des Herzogs ihn treffen konnte, war Adrian wahrscheinlich längst wieder im Feldlager von Herzog Albrecht und bis dahin reichte der Arm von Gaston d’Orleans schwerlich.
Adrian lacht leise. „Dann sollte der Bote hübsch die Reise nach Spanien machen. Und zwar mit einem Briefe wahrhaft netten Inhalts.“
Rocheforts Augen blitzen auf, als er den Vorschlag verstand. „Ihr meint nur die Briefe vertauschen? Adrian das ist genial.“
Adrian zuckte die Schultern. „Nicht einfach vertauschen, sondern etwas hübsch beleidigendes in der Handschrift des Herzogs an den Spanierkönig schicken und den echten Brief still und leise zur Richelieu schaffen. Und natürlich hier in Orleans noch etwas anstellen, das keine denke, Ihr hättet hier wegen des Herzogs etwas gewollt. Habt Ihr irgendein anderes Schriftstück von der Hand des Herzogs?“
Damit konnte Rochefort selbstverständlich dienen. „Aber ich kenne keinen Fälscher in dieser Stadt , der nicht auf Monsieurs Gehaltsliste stünde.“ Sagte er dabei.
Adrian studierte die Handschrift eine Weile. „Ich denke den brauchen wir nicht.“ Erwiderte er. „Das sollte ich auch hinbekommen.“
Und nachdem er einige Versuche auf dem Rande eines alten Briefes vorgenommen hatte, verfasste er einen Brief voller versteckter Beleidigungen und hinterhältiger Anspielungen, welcher der Handschrift des Herzogs verblüffend ähnlich war. Rochefort hätte nicht vermutet, dass Adrian diese Kunst, seine Handschrift derart zu verändern so gut beherrschte und hätte er den wahren Grund geahnt warum sein Gegenüber diese Kunst erlernt hatte, hätte er sich höchstlich gewundert. So aber gingen Adrian und er höchst erfreut an die Arbeit den Boten aufzuspüren und die Briefe unauffällig zu vertauschen. Der Bote verließ mitsamt dem falschen Brief noch am selben Abend die Stadt.
Als sie sich sicher waren, dass er fort war, meinte Adrian. „Morgen in der Frühe muss ich losreiten, der Weg nach Friedland ist weit.“
„Ich hoffe dass hindert Euch nicht daran heute Abend das Wiedersehen und den Abschied in einem zu begießen.“ Erwiderte Rochefort. Sollte d’Orleans doch glauben Rochefort habe mit einem fremden Söldner in einer Stadtbekannten Taverne getrunken und dabei wer – weiß – was verhandelt.
„Warum nicht? Es ist eine Weile her, dass ich französischen Wein genossen habe.“ Erwiderte Adrian als sie langsam in Richtung des Markplatzes gingen.
***
Un satire cornu
Qui n'est pas trop habile,
Amoureux devenu
D'une tant belle fille.
Non, ne luy coupés pas,
Laissés luy son pauvre cas.
L'ayant entre ses bras
Dedans un bois seulette,
Ne la devoit-il pas
Coucher dessus l'herbette?
Non, ne luy coupés pas,
Laissés luy son pauvre cas.
Il luy porta la main
Bien haut sous sa chemise,
Si bien que ce vilain
En humeur l'avait mise.
Non, ne luy coupés pas,
Laissés luy son pauvre cas.
Ce badin toutes-fois
Eut si peu de courage
Qu'elle sortit du bois
Avec son pucelage.
Non, ne luy coupés pas,
Laissés luy son pauvre cas.
Mais tout cela n'est rien
Qui ne fait autre chose.
Le plus souverain bien
C'est de cueillir la rose.
Non, ne luy coupés pas,
Laissés luy son pauvre cas.
Hélas! faut-il tromper
Les filles de la sorte?
Il luy faudroit couper
Les trois pièces qu'il porte.
Non, ne luy coupés pas,
Laissés luy son pauvre cas.
Der Wirt wusste nicht ob er sich bedauern oder freuen sollte. Die Herren hatten offensichtlich gefallen an dem Lied gefunden, denn sie wiederholten es nun zum dritten Male und stießen mit ihren Weinbechern an. Sie waren ziemlich gut gestimmt und nun, wenn man ganz genau auf die Stimmen hörte, dann hatte der eine, eine recht helle Stimme. Aber wen scherte das schon? Als sie das Lied zum vierten Mal anstimmten, schickte er eine Magd mit noch etwas zu trinken hinüber.
***
Rochefort zuckte müde die Achseln. „Ich weiß nicht wann Sie dazu gekommen ist. Später habe ich mich sogar gefragt ob ich sie nur im Suff zusammenphantasiert habe, denn irgendwie sah sie Adrian ähnlich.“
„Eine Dame?“ erkundigte sich Athos, der sich mit Phantomen im Rausch recht gut auskannte. „Eine Dame gesellte sich zu der Feier?“
„So ungefähr. Ich würde eher sagen sie hat mit uns, mit mir, getrunken. Und gesungen, Himmel sie hatte eine herrliche Stimme, klar und sehr hell, ein bisschen wie Adrian, nur viel viel besser.“ Er runzelte die Stirn. „Ich glaube Adrian war schon gegangen, er musste ja in aller Frühe los.“
Etwas zweifelnd hörte Athos sich das an. „Und dann, ich nehme an ihr seid auch irgendwann zur Ruhe gegangen? Oder am Tisch eingeschlafen?“ Er war sich recht sicher dass Rocherfort nicht im Suff geträumt hatte, derartige Phantome sangen kaum und tranken höchst selten mit. Wenn sie es doch taten, dann waren sie sehr, sehr real, wie Athos wusste.
„Zur Ruhe gegangen.“ Erwiderte Rochefort. Er sah Athos an. „Wir sind zu Ruhe gegangen. Jedenfalls war es so wenn ich nicht völlig betrunken war und geträumt habe.“
„Wenn Ihr noch auf Euren eigenen Füßen bis in Euer Zimmer gekommen seid, könnt Ihr nicht so schwer betrunken gewesen sein.“ Stellte Athos sachlich fest, so wenig ihm das Thema jetzt angenehm war. Er riss sich zusammen. Wenn es hier um Rocheforts Leben ging, würde er sich zur Not die Beichte über dieses Ereignis anhören. „Ich nehme an ihr habt nicht viel geschlafen.“ Fügte er daher diplomatisch hinzu.
„Zu Anfang nicht.“ Erwiderte Rochefort. Dann runzelte er die Stirn. „Diese Narbe, ja ich glaube ich habe sie gefragt woher die stammt.“ Er sah Athos leicht verwirrtes Gesicht. „Eine Narbe wie von einem tiefen Degenstich in den Brustkorb.“ Erklärte er. „Und sie sagte Ihr Onkel hätte sie erstechen wollen, als sie noch ein Kind war, glaube ich.“ Er schüttelte den Kopf. „Sie war fort, am nächsten Morgen.“
***
Rochefort fand am nächsten Mittag als er hinunter in die Wirtstube kam, weder Adrian noch die Fremde vor. Der Wirt – welchen er – verkatert und recht streng befragte, wollte von keiner Frau wissen, die in der Nacht hier gewesen sei. Der Herr müsste wirklich süß geträumt haben. Doch als der Wirt wieder verschwand um nach der Küche zu sehen, begann die Halbzigeunerin die dabei war, die Wirtsstube zu fegen leise zu singen.
Ho – ochtzeit, sollte im Dorf heut sei – ei – ein,
und der Schmied ruf und such nach seiner Braut.
Ahjei – jei – dam dey dam deia,
Aj dam dey, daram die,
Niemand weiß das sie den Spielmann lie – ie iebt,
Niemand weiß da- ass er gestern bei ihr war.
Ahjei – jei – dam dey dam deia,
Aj dam dey, daram die,
Je- emand hörte vor Tag ein Pfe –erd,
sie ist fort, folgte dem Ruf der Nacht.
Ahjei – jei – dam dey dam deia,
Aj dam dey, daram die.
Und Rochefort war sich mit einem mal wieder sicher, dass da jemand gewesen war.
***
Athos dachte eine Weile nach. „Entweder hat der Herzog von Orleans sie geschickt um Euch in Schwierigkeiten zu bringen, oder später davon erfahren und das ist jetzt seine Rache.“ Erwiderte er.
Rochefort nickte. „Ich kannte noch nicht einmal ihren Namen.“
***
Es war am Vormittag des 31ten Oktober und seine Eminenz der Kardinal de Richelieu befasste sich mit einem höchst unerfreulichen Ereignis im eigenen Hausstande. Ein Diener war seiner Nichte Marie de Combalet zu nahe getreten und der Kardinal hatte ihn erbost von seiner Garde vor sich bringen lassen und war mitten in der Befragung dieses unglücklichen Subjektes, als sein Diener Charpentier herein eilte und ihm meldete, die Dame, welchselbige Rochefort ermordet haben solle, stünde leibhaftig im Vorzimmer und – hier schlug er hastig ein Kreuz – sie weigere sich Weihwasser oder das Kreuz zu berühren zum Zeichen das sie kein Wiedergänger sei, und verlange statt dessen, seine Eminenz zu sprechen und das umgehend. Und sicher seie sie ein ruhelos umgehender Geist der vor der Tür stünde.
"Das hat der Reformationstag nun einmal so an sich, wie?" sagte der Kardinal spöttisch. "Führt ihn ab!" fügte er mit einer Geste auf den Unglücklichen Diener hinzu. „Und steckt ihn in den Rattenkerker.“ Erneut wandte er sich zu Charpentier. „Und Geist oder nicht, lasst die Dame vor.“
Tatsächlich betrat bereits Augenblicke später eine dunkelhaarige Dame im Reisegewand das Studierzimmer seiner Eminenz. Ihr Haar war streng hochgesteckt, was ihr schmales Gesicht sehr betonte, aber dennoch die Ähnlichkeit mit einer anderen – dem Kardinal bekannten Person – nicht auszulöschen vermochte. „Ihr seid also gekommen, um über die Anklagen gegen meinen Stallmeister, Aussage zu machen.“ Eröffnete der Kardinal das Gespräch.
Die Dame nickte. „Allerdings Monseigneur. Leider bin ich an jenem fraglichen Morgen gezwungen gewesen Orleans zu verlassen und leider war ich gezwungen den Herzog glauben zu machen, ich habe die Stadt nicht lebendig verlassen. Und so ist er – bedauerlichweise – zu der Irrtümlichen Schlussfolgerung gekommen, ich sei von Eurem Stallmeister ermordet worden.“
Richelieu hob die Augenbrauen. „Ihr wollt also sagen, dass der Herzog aus nichts anderem als dem höchst verständlichen Wunsche für Gerechtigkeit zu sorgen, diese Anklage erhoben hat?“ fragte er mit einem ironischen Lächeln. „Ich bin mir sicher er wird erfreut sein zu hören, dass Ihr noch lebt Madame. Allerdings hat es einige gar wilde und wenig Ehrenhafte Behauptungen zu Eurer Person im Zusammenhang mit meinem Stallmeister gegeben.“
Die Dame lächelte, sie errötete nicht, es war eher ein sanfter Spott der in ihren Augen blitzte. „Euer Stallmeister geruhten in jener Nacht gar scheußlich mit einem Söldner namens Adrian zu zechen und wie viele der armen Mägde in der „Roten Taube“ sie belästigt haben, entzieht sich selbst der Kenntnis des Wirtes, alles andere was man sagt muss man wohl den Träumen die sein allzu guter Wein bringt, zuschreiben.“
***
Selbstverständlich bedurfte es einigen hin und hers und nicht zuletzt einer Konfrontation der Dame mit Monsieur bevor die Anklage aufgehoben und Rochefort für unschuldig erklärt werden konnte. Erst im Abend des Reformationstages verließ die Dame das Palais seiner Eminenz. Charpentier, der lautlose Diener überbrachte kurz danach ein kleines Büchlein dem Kardinal. „Die Dame hat es in all der Aufregung verloren und ich bin mir sicher sie hat es nicht bemerkt.“ Sagte er als sich verbeugte und ging.
Der Kardinal nickte, zufrieden dass er sich so gut auf seine Diener verlassen konnte, und blätterte in dem Büchlein dass eng beschrieben war und viele Notizen enthielt. Nach einer Weile stieß er auf einen Eintrag der ihn faszinierte. „Rochefort, Comte Charles – César, wir sind uns ein paar Mal begegnet und eigentlich recht gute Freunde wenn man das so sagen kann. (Weberschlüchte 1625/ Holstein 1627/Dänemark 1628) Er ist einer der Vertrauten des Kardinals und dessen bester Spitzel, was seinen Fähigkeiten als Soldat keinen Abbruch tut, noch an seinem Charakter zweifeln lässt. Groß, dunkelhaarig, sehr markante Gesichtszüge.“ Hier hatte eine Hand in Klammern eingefügt dass selbige nicht ganz in die Rochefortlinie passen würden. „Du erkennst ihn ganz leicht, an einer Narbe an der rechten Schläfe die von einem Streifschuss zurückblieb. Er weiß über mich nicht sehr viel und nur über Friedland mehr. Sei dennoch sehr vorsichtig was du ihm gegenüber sagst, solltet Ihr Euch jemals begegnen er ist ein guter Beobachter und könnte Diskrepanzen durchaus bemerken.
PS. Er war eine Zeitlang mit unserem Brüderchen verfeindet und ist daher etwas gebranntes Kind was Gascogner angeht.“ Nachdenklich schloss der Kardinal das kleine Notizbuch, das ihm einige Antworten und noch mehr Rätsel gegeben hatte.
***
In einem kleinen Haus in der Rue de Fossoyeurs, wo immer noch – wenngleich seit einiger Zeit allein – ein gewisser Leutnant aus der Gascogne wohnte, kam an jenem Abend besagte Dame an und eine Stunde später, trat ein Söldner namens Adrian wieder aus dem Dachzimmer. Die Geschwister begrüßten sich herzlich. „Und – was ist mit...“
„Rochefort? Frei und aller Anklagen ledig. Puh... einen Tag die Dame in diesem elenden Palais spielen und ich komme mir ganz staubig vor.“
Beide Geschwister lachten, d’Artagnan goss ihnen Wein ein. „Wie war das eigentlich mit dir und Rochefort? Ihr habt doch nicht wirklich...?“ fragte er mit der Strenge eines großen Bruders.
Seine Schwester lachte ihn aus. „Keine Angst. Adrian und ich lassen dir beim Heiraten den Vortritt.“
Die Diskussion wurde bei Wein und Käse fortgesetzt und nicht wenige Nachbarn waren empört, als im frühen Morgen, zwei Stimmen, gut geölt und nicht eben leise, ein altes Zigeunerlied anstimmten, dessen Refrain heißt: Das uns keiner heut hört – das uns keiner hört stört – dass heut Nacht keiner sieht – was ja doch mal geschieht. Begleitet von herzlich amüsierten Gelächter.
Kapitel Die Kinder des Capitaine von
Anmerkung: Eigentlich müsste ich mich bei diesem Projekt als Ghostwriter von Maike bezeichnen, denn die wichtigsten Grundlagen der Geschichte sind alle von ihr. Sie hat den Marschall der Toten erfunden, das Lied und die Legende von Montagne des Loups verfasst (und diese Verse gehen einem echt nicht mehr aus dem Kopf!) und sie hat Trévilles Familie so plastisch geschildert, dass ich sie einfach nicht vergessen konnte. Alles was gut an dieser Geschichte ist, stammt von Maike, alle Fehler sind von mir. Danke dass du mir erlaubt hast diese Geschichte zu erzählen!
Warnung: Die Hauptrolle in dieser Geschichte spielen Trévilles Kinder plus ein gewisser nicht bei allen Leuten beliebter Gardist. Wer eines von beiden Elementen nicht mag, sollte vorsichtig sein!
Die Kinder des Capitaine
Mir war als ob etwas rief,
und striche um mein Bett herum,
doch heute Nacht ist Hallow’s Eve
und heute geh’n die Toten um.
(Agnes Miegel)
Prolog: Kameradschaftliche Hilfe
Auch wenn Biscarrat versucht hatte dem Wundarzt den Mund zu verbieten, hatte dieser seinen Bericht an Capitaine de Cavoyes gegeben. Die Schulterwunde Biscarrats – Überbleibsel eines höchst merkwürdigen Mordanschlages auf das Leben seiner Eminenz – war ernst genug und Cavoyes, nachdem er den Wundarzt gehört hatte, verkündete Biscarrat, dass er sich bis zur Ausheilung der Verletzung als außer Dienst zu betrachten habe. Der Gardist nahm dies nur ungern hin, er tolerierte Schwächen an sich nur selten. Den letzten kleinen Auftrag – Cahusac der mit einer Nachricht zum Hôtel de Tréville geschickt worden war – schnellstens zurück zu holen, da selbige Nachricht als erledigt zu betrachten war – nahm er daher nicht ungern an.
So machte sich der Gardist an dem klaren Oktobertag auf den Ritt zum Hôtel de Tréville. Sein Pferd Ares genoss den Auslauf und noch viel mehr genoss Myrmidon, Biscarrats riesiger Wolfshund, dass sein Herr dienstfrei hatte, und ihn somit mit hinaus nahm. Getreulich lief er neben dem Rappen her, und ignorierte geflissentlich die Stallknechte des Hôtel die seine Nase beleidigten. Allerdings begleitete er seinen Herrn die Treppen hinauf in Richtung des Vorzimmers.
Sie brauchten allerdings kaum soweit zu gehen um Cahusac zu finden, und diesen in gar Schwieriger Lage. Biscarrat konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen: hier stand eine Festung eindeutig unter Belagerung! Sein Kamerad saß auf der Treppe die zum Vorzimmer hinauf führte, umlagert von drei wichtigen Persönlichkeiten, nämlich Francoise d’Etchandy zusammen mit Armand und Henri-Josephe de Tréville, - den drei Kindern des Capitaines der Musketiere - das Kindermädchen der drei stand im Hintergrund ihn schien sehr über die Szenerie amüsiert zu sein, ohne auch nur den entferntesten Wunsch zu helfen oder einzugreifen. Wie auch immer sich Cahusac ihren Zorn zugezogen hatte, er hatte es gründlich getan. „Wenigstens eine Geschichte!“ stellte der siebenjährige Henri- Josephe eben fest, bevor die drei – vielleicht weniger von Biscarrats Erscheinung, als von der Myrmidons abgelenkt wurden.
Cahusac wollte aufspringen, was jedoch durch die Positionen der drei schlechterdings unmöglich wurde. Sein Fluchtversuch endete mit einem halben Aufrichten und ebenso raschen zurücksinken auf die Teppichbelegte Stufe. „Ihr seid unser Gefangener.“ Erklärte Armand mit dem vollen ernst seiner neun Jahre, Francoise, sich mit ihren elf Jahren, ganz schon der Dame bewusst, hielt sich zurück.
Biscarrat hätte lachen mögen, aber er – auch wenn es schon runde zehn Jahre her war – erinnerte sich gut war es hieß kleine Geschwister zu haben, und ging darauf ein. Er bedeutete Myrmidon sich brav zu setzten und ging in die Hocke, was ihn auf ungefähre Augenhöhe mit den Jungen brachte. Gleichzeitig bedeutete der Cahusac sitzen zu bleiben und sich – bitte! – ruhig zu verhalten. „Wenn er Euer Gefangener ist – dann müssen wir die Bedingungen für seine Freilassung verhandeln.“ Sagte er ernst zu den beiden Jungen. „Was verlangt ihr?“
Das Kindermädchen im Hintergrund grinste beinahe als wüsste sie was jetzt kam im voraus. „Eine Geschichte – eine lange Geschichte.“ Erwiderte Armand. „Und Ihr habt einen Nachmittag Zeit mit uns zu spielen – heute.“ Erwiderte Henri- Josephe der die Augen nur schwer von Myrmidon lösen konnte. Biscarrat nickte und sah zu Francoise. „Und die Dame?“
Mit ihren elf Jahren wusste Francoise schon sehr gut, dass sich das hier eigentlich nicht gehörte und doch... Biscarrat stand im Ruf einen wundervollen schwarzen Hengst zu reiten, von dem man sich viele Geschichten erzählte und den sie selbst vom Fenster aus schon bewundert hatte. „Ein Ritt auf Eurem Pferd – für jeden von uns.“ Fügte sie also hinzu.
Das Kindermädchen hielt sich vor lachen die Hand vor den Mund, gespannt zu sehen wie der verflixte Herr Gardist sich da rauswinden wollte. Biscarrat nickte jedoch den dreien zu. „Ein Nachtmittag Zeit, eine lange Geschichte und für jeden ein Ritt auf Ares.“ Stimmte er zu. Die Augen des Kindermädchens wurden murmelrund, als in Folge ausgemacht wurde, dass erst der Nachtmittag und zwar heute, hier und jetzt – nicht beachtend dass es frühestens elf Uhr Vormittags war - , dann die Geschichte und am nächsten Tag der Ritt auf Ares stattfinden sollten.
Cahusac war noch überraschter, da er den Einzelgängerischen Biscarrat sich schwer im Umgang mit den Kindern vorstellen konnte. „Biscarrat...“
„Geh einfach zurück zum Palais Cahusac, de Cavoyes will Euch sprechen.“ Erwiderte er, sich wieder den drei jungen Trévilles zuwendend. Cahusac – bevor man von ihm verlangen konnte mit Kindern zu spielen oder gar diesen Geschichten zu erzählen – zwei Tätigkeiten die Zofen und leicht derangierten Musketiercapitaines anstanden, aber nicht tapferen Gardisten seiner Eminenz – trat den hastigen Rückzug an und eilte die Treppen des Hôtel de Tréville eiligst in Richtung Hof hinunter. Von oben hörte er noch die Stimmen der Kinder und das über den Garten und mögliche Spiele im Freien solange das Wetter schön sei gesprochen wurde und Biscarrats Zusicherung Myrmidon würde bestimmt nicht beißen, die von dem Jubelruf zweier Jungen begleitet wurde. Cahusac ergriff das Hasenpanier.
1. Ein Spiel wird Ernst
„Erneut hörte Jean das Heulen der Wölfe, das die klare Luft des Januarnachmittags zerriss und als er aufschaute, gewahrte er einen großen weißen Wolf, der regungslos zwischen den schneebeladenen Bäumen des Hanges stand und auf ihn herabsah. Im nächsten Moment war er verschwunden ohne dass eine Bewegung zu sehen war und nun wusste Jean, dass er dem Geist der Montagnes des Loups gegenüber stand. Kein geringerer als dieser Schatten dunkler Zeiten hatte sich seines Freundes bemächtigt. Und als ob sie ihm den Gedanken bestätigen wollten, erklang das Heulen der Wölfe jenseits des waldigen Hanges...“
Die nachmittägliche Oktobersonne schien auf den Garten des Hôtel de Treville herab und auf vier Personen die im Schatten der Espe saßen. Die Kinder – ermüdet vom Spielen – hatten entschieden dass die Geschichte – wenn wie nur lang genug war, auch jetzt schön wäre, und lauschten nun gebannt einer Erzählung die Biscarrat – nach einigen Schwierigkeiten mit dem Namen waren zuerst die Jungen und etwas Zögerlicher Francoise dazu übergegangen ihn César zu nennen – ihnen leise vortrug. Während Francoise entspannt auf einer der Wurzeln saß, schräg gegenüber von Biscarrat der an den Stamm gelehnt saß, hatte sich Armand neben César gesetzt und Henri- Josephe in das weiche Fell des dösenden Myrmidon gekuschelt. „Es gibt ein Lied über diesen Geist, nicht wahr?“ fragte er nun, als Biscarrat innehielt. „Nicht war César – da gibt es ein Lied?“
Armand und Francoise nickten beide. „ich glaube es fängt an: der Feldhauptmann in düstrer Nacht..“ Der ältere der Brüder traf die Melodie aber nicht den Text. „Nicht wahr César?“
Lächelnd gab Biscarrat dem Wunsch nach dem Lied, dass er – aufgewachsen in der Montagne des Loups – nur allzu gut kannte nach, und schon bei der zweiten Zeile, sangen alle drei Kinder, soweit sie den Text kannten mit.
„Am Wolfsberg, wo in finst’rer Nacht
der Feldhauptmann ward umgebracht,
geht heut’gen Tages, bleich und stumm,
sein Geist als ein Gerippe um!“
Im düst’ren Tann von Lioncourt
tat er einst seinen letzten Schwur,
nein, Fluch muß heißen dieses Wort!
Oh, Wand’rer, fliehe diesen Ort!
Die Wölfe nennt er nun sein Heer,
und gegen sie hilft kein Gewehr,
sind kugelfest nach seinem Fluch –
der weiße Schnee – ein Leichentuch!
Den Weg gar Totenpfad man heißt,
wer folglich dorten Wolf und Geist
so zwischen Zähn’ und Klauen fällt
geb’ gute Nacht der schönen Welt!“
Die hellen Stimmen der Kinder und Biscarrats dunkler Bariton bildeten ein eigenwilliges Quartett, nichtsdestotrotz beherrschten die Kinder nach der dritten Wiederholung das Lied geradezu perfekt. Erwartungsvoll sahen sie Biscarrat nun an. „Was hat Jean dann getan?“ fragte Henri – Josephe, der begonnen hatte Myrmidons Fell liebevoll zu zausen.
Eben wollte Biscarrat weitersprechen, als eine Zofe erschien und Francoise winkte zu kommen. In sicherem Abstande sprach sie eine Weile mit dem Mädchen, dass dann nickte, jedoch ein Zittern nur schwer verbergen konnte, und mit bleicher Miene zu ihren Brüdern und dem Gast zurückkam. Als sie sich setzte, sahen ihre Brüder sie erwartungsvoll an. „Was ist?“ fragte Armand nach einigen Momenten.
Unsicher sah Francoise zu Biscarrat. „Soll ich gehen?“ fragte er sie.
Ihr Blick musterte ihn lange. Sie überlegte anscheinend. „Wenn....“ sie schien nicht zu wissen wie sie es anfangen sollte. „Wenn ihr es hört – sagt Ihr es dann nicht Eurem bö... Eurem Herrn?“ fragte sie schließlich.
Von einem Moment auf den anderen war der Graben zwischen ihnen wieder da. Biscarrat konnte die Frage verstehen. Ein Geheimnis, dass ein Kind ihm in gutem Vertrauen erzählt hatte, weitergeben! Soweit kam es noch. Allerdings war ihm auch klar – dass bei dem Ruf den die Garde hatte – sein Wort sie wohl kaum überzeugen würde. „César und Biscarrat sind zwei verschiedene Menschen, und sie reden nie miteinander.“ Antwortete er daher. „Was immer César hört Biscarrat erfährt es nicht.“
Für einige Momente sagte Francoise gar nichts, dann antwortete sie sehr leise auf die Frage ihres Bruders. „Armand, Henri-Josephe, Vater und Mutter sind von ihrem Gang in den Louvre nicht wiedergekommen und alle Musketiere sind von hier weggerufen worden. Und niemand weiß wo sie sind, angeblich. Estella ist selbst hinüber gegangen aber niemand spricht dort mit ihr.“
Biscarrat war mehr als überrascht, gleichzeitig sah er die Angst der Kinder und begriff, dass ihnen das Schicksal des Günstlings und die Wankelmütigkeit des Königs bereits Begriff genug war um sich zu fürchten. Er brauchte die Frage ob seine Eminenz da die Hand im Spiele hatte, nicht lange zu erwägen. Zum einen wäre die Verhaftung nicht im Louvre passiert und die Musketiere nicht abgezogen worden, - das roch eher nach König – zum zweiten Erinnerte er sich, seine Eminenz einmal haben sagen zu hören, dass – wenn er den Elendsgascogner schon verhaften ließe – er keinem Kerkermeister von ganz Paris zumuten würden, Anne du Preyer de Troisvilles zu beherbergen. Und auch – mit den sich abzeichnenden kriegerischen Verwicklungen in Mantua würde Eminenz nicht einen gestandenen – wiewohl verhassten Offizier – verhaften lassen, solange er zuverlässig war.
In diesem Moment – er hatte das leise Gespräch der Geschwister nicht beachtet – rissen Henri – Josephes Worte ihn aus den Gedanken. Der Junge hatte sich noch fest gegen Myrmidons schwarz – grau gemustertes Fell gekuschelt, als könne der riesige Wolfshund ihn schützen, und fragte leise. „César – Vater sagt immer dass Kardinalisten die Gef.... Gefängnisse von Paris besser kennen als den Salon ihrer Mutter, kann du nicht erfahren wohin man Vater gebracht hat?“ Der siebenjährige sah Biscarrat dabei groß an.
„Henri – Josephe, César ist ein Gardist seiner Eminenz, du kannst ihn nicht um so etwas bitten!“ fuhr Francoise dazwischen. Eben wollte sie sich für die Ungehörigkeit bei Biscarrat entschuldigen, aber er winkte ab.
„vielleicht kann ich ja wirklich etwas erfahren.“ Sagte er ernst. Und er meinte es. Er hatte – mehr als ihm oft lieb war – mit den festen Häusern von Paris zu tun gehabt. Was die Bastille anging – einen Ort den er fürs Leben gemieden hätte, wenn es nach ihm gegangen wäre – er kannte den Leutnant des Kommandanten recht gut, noch von einer anderen Sache her die den Vater dieser Kinder ironischerweise involviert hatte. In der Conciergerie – er hatte dort viel zu tun gehabt im Zusammenhang mit einem Anhänger des Herzogs von Orleans – hatte, der zu Biscarrats Leidwesen, der oberste Verhörmeister eine gewisse Art von Freundschaft zu ihm empfunden. Und beim Châtelet kannte er – aus dem Grunde dass Cavoyes ihn doch mindestens einmal im Monat rüberschickte um nach diesem oder jenem Kameraden den die Stadtgarden dorthin geschafft hatten, Erkundigungen einzuziehen – den Kommandanten selbst ganz gut. Er war schon halb am aufstehen.
Armand nickte. „Wir kommen mit.“ Sagte er entschieden. Ein rascher Blick tauschte unter den Geschwistern und es stand so viel Sorge und Angst in ihren Augen. Erst wollte Biscarrat rundheraus ablehnen – doch dann wurde ihm klar, dass der Kinder ebenso wenig hier lassen konnte. Mit dem Abzug der Musketiere war das Haus ungeschützt, nur einige Diener hier, die jemanden der sich der Kinder bemächtigen wollte, kaum aufhalten konnten. Und der Onkel der Kinder, Capitaine des Essarts, befand sich mitsamt Familie auf dem Weg in die Champagne wo sein Vater gestorben war. Verdammt, das hatte jemand geschickt eingefädelt. „Habt ihr noch andere Verwandte in der Stadt?“
Ein einhelliges Kopfschütteln war die Antwort. „Wir werden dich bestimmt nicht behindern.“ Sagte Henri – Josephe leise.
Biscarrat hörte die herzreißende Angst den Kleinen Jungen aus seiner Stimme. Wieder musste er an seine eigenen jüngeren Geschwister denken. Was musste diese Ungewissheit für die Kinder bedeuten? Vielleicht Stunden oder Tage hier zu sitzen und zu warten ob sie etwas erfuhren? Und dann – hier würde jeder an sie herankommen um sich ihrer zu bemächtigen und vielleicht als Druckmittel gegen den Vater einzusetzen. Und wer – selbst der gerissenste Intrigant – würde die drei bei ihm – einem verschrienen Kardinalsgardisten suchen? Er nickte. „Gut. Francoise, du kannst reiten?“
Sie nickte. „Ja. Warum?“
„Wir nehmen ein zweites Pferd, dass du und Armand reiten, ich nehme Henri – Josephe mit auf Ares.“ Erklärte Biscarrat leise. „Und es sollte niemand erfahren, dass ich Euch mit zur Bastille nehme.“
Die Kinder nickten im Chor. Sie verließen den Garten durch einen Dienerzugang. Es dauerte für Biscarrat nicht allzu lange um Ares und ein weiteres Pferd aufzusatteln. Es waren nur wenige Diener zu sehen, die meisten von ihnen hatten sich in der Stube des Vorstehers versammelt. Wie gut konnte Biscarrat sich das Gerede vorstellen. Von „in Ungnade gefallen“ bis „beinahe hingerichtet“ würde das innerhalb von einer Stunde gehen. Er sah zu den Kindern, die getreulich auf ihn warteten. Er hatte Myrmidon bei ihnen gelassen. Henri – Josephe hockte neben dem Wolfshund, den kleinen Arm fest um das Tier geschlungen. Biscarrat hatte keine Sorgen was das anging, Myrmidon war – so wenig Zeit Biscarrats Dienst ihm leider für das Tier lies – von ihm gut abgerichtet worden und würde von den Kindern fast alles tolerieren und sie verteidigen wenn notwendig. Rasch führte Biscarrat die beiden Pferde zu den Kindern hinüber. Francoise nahmen den Braunen aus dem Väterlichen Stall zusammen mit Armand, während Henri – Josephe vor Biscarrat in den Sattel kam. Und durch einen Seitenausgang verschwanden die vier unbemerkt von der aufgescheuchten Dienerschaft, das Hôtel de Tréville.
Die drei sehr zuverlässige Musketiere, die nur eine halbe Stunde später eintrafen, um die Kinder zu holen, fanden das Haus – sehr zu ihrem Entsetzen – verlassen vor.
***
Es dämmerte bereits als unsere drei Freunde in Richtung der Ile de Cité ritten. Weder die Bastille noch das Châtelet waren besonders ergiebig gewesen. Nun blieb nur noch die Conciergerie – des gefürchtetste Gefängnis von Paris übrig. Biscarrat musste dein drei Tréville Kindern lassen, sie hielten sich tapfer – unverkennbar kam da der Vater durch.
Der oberste Verhörmeister mochte das seltsame Gefolge von Biscarrat erstaunt mustern und schüttelte dann jedoch den Kopf. „Tréville? Nein, den haben wir ganz bestimmt nicht hier. Aber vielleicht ist der ebenso verschwunden wie der Kardinal. Was Gardist ihr wisst das noch nicht? Euer Capitaine und die ganze Truppe sind auf den Beinen weil jemand des heutigen Tages den Kardinal verschleppt hat. Man fand nur einen Zettel in seinem Arbeitszimmer. „Non est currere“ oder so was.
„Non est currentis.“ korrigierte Biscarrat der das Bibelzitat erkannte. „Die Gnade Gottes ist nicht dem wollenden, auch nicht dem Laufenden (currentis) sondern dem dessen Gott sich erbarmt.“
Draußen im Hof, bei den Pferden, schüttelte Francoise den Kopf. „Jemand hat den Kardinal verschleppt und vielleicht auch unseren Vater? Aber wer würde so etwas tun?“
„jemand der einen schweren Schlag gegen die Krone plant.“ Meinte Biscarrat leise. „Aber wer? Wer wäre so gerissen und wagemutig?“
„Dann müssen wir eben Vater befreien und zur Not auch den Kardinal.“ Stellte Armand entschlossen fest.
„Auch den Kardinal – immerhin ist er Césars Herr.“ Fügte Henri – Josephe hinzu. Selbst Francoise konnte ein zustimmendes Nicken nicht unterdrücken. „Doch wie finden wir ihn, wo selbst die Garden es nicht können?“ fragte sie zweifelnd.
Die Blicke der drei Kinder stürzten César in einen tiefen Konflikt. Sie wussten nicht dass sie sich mit ihrer Bitte an den Mann richteten, denn man dereinst Lion den Jäger genannt hatte und der dafür berüchtigt gewesen war, fast alles zu finden, wenn er es nur wollte. Und er wusste, wenn er jetzt sagte, dass er einen Weg sah – und die Ansatzpunkte zeigten sich bereits in seinem Geist – dann würden die drei in vollem Vertrauen auf ihn mitkommen, ihm auch in die Gefahr folgen. Konnte –durfte er sie dem aussetzen? Zumal wenn man bedachte welche Quellen er würde anzapfen müssen? Welche Drähte zu seiner begrabenen Vergangenheit er würde wahrscheinlich wieder ausgraben müssen?
Francoise mochte einen Teil seiner Überlegungen in seiner Miene gelesen haben. „Wir werden dir nicht in den Weg kommen, César und....“ sie schluckte. „Es ist unser Vater, wir können nicht...“
César legte ihr die Hand auf die Schulter. „Und Ihr könnt ihn nicht im Stich lassen.“ Sagte er. „Ihr habt seinen Mut – alle drei. Kommt, wir werden ihn schon finden.“
***
Das „Rubinauge“ war eine Lokalität in der unteren Rue de Jerusalem, wo Halbwüchsige normalerweise nicht hingehörten. Und selbst jetzt – im frühen Abend – herrschte hier schon mächtiges Begängnis und trunkene Stimmen klangen über die Straße. Biscarrat, brauchte nur den Stimmen nachzugehen, speziell der Stimme eines bestimmten Sängers, um den Mann zu finden, der suchte.
Bleibt auch dereinst das Herz uns stehn
Niemand wird Tränen uns weinen.
Leis wird der Sturmwind sein Klagelied wehn
Trüber die Sonne wird scheinen.
Aus ist ein Leben voll farbiger Pracht,
Zügellos drüber und drunter.
Speier und Spötter, ihr habt uns verlacht,
Uns geht die Sonne nicht unter.
Jean-Pierre schaute auf, leicht angetrunken, wie er war. „Na wenn das nicht Lion der Jäger ist, was hast du dir für einen Anhang zugelegt?“
„Ja früher man in dem Handwerk anfängt, desto besser.“ Erwiderte César. „Und ich bin auf der Suche nach jemanden, der in letzter Zeit wahrscheinlich Männer geheuert hat, für einige herbe Entführungen.“
Nun grinste Jean-Pierre breit und ausgiebig. „Ah – daher weht der Wind. Nun hättest du mich nicht mal vor der Bastille bewahrt, als du schon ehrbar geworden warst....“ er seufzte. „Gut. Es gibt einen Herrn namens Dufresne, - Captaine Dufresne - er lebt nahe des Petit Pont und ist der Mittelsmann in der Sache. Mehr weiß ich auch nicht außer ... dass die Dinge nicht umsonst heute, am Vorabend von Allerheiligen begonnen haben.“
Der Marschall der Toten
Es war bereits Dunkel als sie Dufresnes Haus erreichten. Es lag leider ungünstig um unbemerkt einzubrechen. Das war nie und nimmer geräuschlos zu bewältigen, wie Biscarrat bedauernd feststellte. Sie hatten ihre Pferde in der Seitengasse stehen lassen und mit ihm spähten die Kinder dort hinüber. „Man müsste ihn rauslocken.“ Sagte Armand leise. „So dass César ihn überwältigen kann.“
Francoise nickte, und dann blitzten ihre Augen auf. „Ich weiß was. Wartet einen Moment.“ Damit war sie auch schon zurück in Richtung der Pferde gehuscht, doch sie kam zu aller Überraschung nicht mit den Pferden wieder, sondern mit einem kleinen, ausgesucht schönen Strauß Rosen, der – wie Biscarrat sich erinnerte – am Sattel eines hübschen Pferdes vor einem nahegelegenen Wirtshaus gehangen hatte. Ein wenig unsicher schaute Francoise zu der anderen Seite der Gasse. „Auf dem Misthaufen da drüben liegen alte Fische.“ Sagte sie leise. „Kann einer von Euch mir einen davon holen?“ Man hörte deutlich dass sie sich nicht vor den Fischen von heute, aber dem was weiter unten so auf dem Abfallhaufen des Fischhändlers so vor hin rottete, ekelte. Biscarrat fackelte nicht lange, sondern ging hinüber und brachte ihr einen Heringsschwanz, den sie – zu seinem Erstaunen liebevoll unter den Rosen verbarg – so dass man ihn nicht gleich sah. „Wartet hier – und wenn er kommt – schlagt ihn nieder.“ Flüsterte sie, und huschte los.
Bevor einer sie hindern konnte, war sie hinüber zu dem Haus gelaufen und klopfte, gleich einem Dienstmädchen mit einem Auftrag. Biscarrat beobachtete die Szenerie, zuerst erschien nicht viel ungewöhnliches. Dann hörte er einen Wutschrei von dort drüben und sah Francoise angerannt kommen, gefolgt von einem hellhaarigen Mann. „Bleib stehen du kleines Miststück!“ fauchte er.
Biscarrat wartete ab, bis der Mann auf seiner Höhe war, dann folgte sein Angriff, mehrere gezielte Faustschläge schickten den Mann zu Boden und es war nicht schwer ihn zu überwältigen. Armand und Henri- Josephe waren erstaunlich flink darin Lederriemen vom Sattel zu holen und ein Taschentuch als Interimsknebel zur Verfügung zu stellen. Francoise kicherte leise. „Und die Haustür ist auch offen César.“
Biscarrat sah auf, er war gerade mit den Fußfesseln des Mannes fertig. „Wie hast du das gemacht Francoise?“
„Ich habe gesagt, ihr währe das Dienstmädchen einer Dame die nicht näher genannt zu sein wünscht, die ihm diese Rosen schickt...“ kicherte Francoise. „Und als er dran riechen wollte ist er an den fauligen Hering geraten und mir wütend nachgerannt. Kavaliere sind doch dumm.... du natürlich nicht, César, aber du bist Kardinalsgardist und somit...“ sie schlug sich mit Hand auf den Mund, und sah ihn erschrocken an.
„....und somit kein Kavalier?“ grinste César. „Nun Ich bin dankbar wenn eine charmante einmal nicht von mir verlangt einer zu sein.“ Damit warf er sich den Gefangenen über die Schulter, Henri- Josephe und Armand holten die Pferde und die drei rückten in das nun offene und leere Haus ein. Francoise die neben ihm gegangen war, sagte leise: „Es tut mir leid, das war rüde...“ deutlich bemerkte man, das hier wieder ihre gute Erziehung griff.
César lachte leise. „Mach dir keine Gedanken. Es ist eine halbe Wahrheit was du gesagt hast.“ Er lud den Gefangenen auf einer Bank im Haus ab und die Jungen verschlossen sorgfältig die Tür von innen.
Francoise lächelte kurz, es war das stille Lächeln dass sie ihrem Vater sehr ähnlich machte. „Aber nur eine halbe Wahrheit.“ Stellte sie fest. Damit musterte sie Dufresne. „Und jetzt muss der uns erzählen wo Vater ist und auch Eminenz.“
Armand wandte sich ihnen zu, die Kumpanei der vier war von dem kurzen Zwischenfall eher gestärkt als geschwächt worden. „Hmm... die Soldaten sagen immer wenn einer nicht reden will, muss er unter die Tortur. Was macht man da mit ihm?“
„Geschirr spülen vielleicht?“ schlug Henri- Josephe hilfreich vor. „Oder Fussboden schrubben? Madeleine sagt immer das sei eine Tortur.“
Francoise war etwas blasser geworden und schlagartig wurde César, den diese Vorschläge beinahe zum Lachen brachten, klar, dass ihr mehr klar war, als ihren beiden Brüdern. Innerlich seufzte er, sie mochte vom Aufenthalt ihres Vaters in der Bastille mehr mitbekommen haben, als es ihre jüngeren Brüder getan hatten. Francoises Blick – ein sehr merkwürdiger Blick – blieb an Biscarrat hängen. „Du weißt sicher wie wir von Dufresne erfahren können, was wir wollen, César.“ Sagte sie sehr leise.
Die Frage überraschte den Gardisten und machte ihn im selben Moment betroffen. „Nimm deine beiden Brüder und durchstöbert sein Arbeitszimmer. Vielleicht hat er ja was brauchbares hiergelassen dass uns weiterhilft.“ Sagte er zu ihr.
Als die drei – denen Myrmidon getreulich folgte – nach oben verschwunden waren, nahm Biscarrat Dufresne den Knebel aus dem Mund. „Schöne Verbündete habt ihr da.“ Grollte dieser.
„Es sind die Kinder eines Vaters, die bereit sind sehr weit zu gehen.“ Erwiderte Biscarrat kalt. „Ich habe nur zwei Fragen: wer ist Euer Auftraggeber und wo hat er die Gefangenen?“
Dufresne sah ihn sehr verdutzt an. „Ihr jagt Concini, mit drei Kindern als Hilfe?“ rutschte es ihm heraus, im ersten Gedanken dass Biscarrat komplett wahnsinnig sein müsste.
Concini? Im ersten Moment meinte Biscarrat sich verhört zu haben. Der Marschall von Ance war auf Geheiß des Königs vor dreizehn Jahren getötet worden. Aber Dufresne hatte zu erstaunt geklungen um zu Lügen und vielleicht war dieser Tod nur ein Gerücht gewesen... „Vorabend von Allerheiligen, aber wirklich.“ Murmelte er. „Meine Verbündeten haben jedenfalls nicht am Hering geschnuppert.“ Setzte er trocken fort. „Und wenn Ihr Euch als kooperativ erweist könnte ich mir überlegen Euch nur den Musketieren zu überantworten und nicht Capitaine de Cavoyes, der Euch bevor ihr bis dreißig gezählt habt in die tiefsten Keller der Conciergerie schaffen lässt, wo Ihr alles gestehen werdet.“
Dufresne selbst schien diese Aussicht nicht sehr beglückend zu finden. „Ich weiß nicht wo die Gefangenen genau sind. Es gibt einen Tunnel von Concinis Haus zum Versteck der Gefangenen.“ Stammelte er.
In dem Moment kamen die drei Kinder wieder herein geeilt. Sie brachten zwei Dinge mit, die sie in einem Geheimfach des Sekretärs gefunden hatten. Biscarrat unterdrückte ein Lächeln, ob sie wohl das Durchstöbern regelmäßig am Arbeitszimmer ihres Vaters übten? Die beiden Dinge waren jedoch nicht von sehr lustiger Natur. Das eine war ein säuberlich gezeichneter Plan eines Tunnelsystems unter der Ile de Cité und das andere war eine Purpurkalotte. Ein wenig fuhr César zusammen als er den Kardinalshut erkannte. Mochte bisher ein Teil von ihm gehofft haben, dass das mit der Entführung des Kardinals eine hoffnungslose Übertreibung gewesen war, dann bekam sie jetzt einen deutlichen Dämpfer.
Nachdenklich studierte er den Plan den die Kinder gefunden hatten. Tatsächlich stimmte er mit der Aussage Dufresnes über das Versteck Concinis überein und da war auch der Beschriebene Tunnel, der anscheinend zu einem Keller der mit einem kleinen System von Tunneln verbunden war, führte. Für einen Moment erwog Biscarrat einen der anderen Zugänge des Tunnelsystems die alle anscheinend irgendwo zur Seine zurück führten, zu benutzen, denn der Keller hatte einen Zugang in diese Richtung. Aber wahrscheinlich würden vor dem Keller Wachen sein und in diese Richtung scharf aufpassen, der einzige Zugang den sie vermutlich für ungefährlich hielten, war der aus besagtem Hause. „Der auf den sie am wenigsten aufpassen werden, ist der, der aus dem Versteck unseres Untoten kommt.“ Murmelte er. „Nur um da herein zu kommen, brauchen wir ein geradezu brillantes Ablenkungsmanöver.“
Er hatte die drei Kinder, die ebenfalls Kriegsrat gehalten hatten, eine Weile nicht beachtet, nun sah Armand ihn an. „Wenn die Musketiere nur genügen Rabatz vor dem Haus machen, würde das sicher von uns ablenken.“ Meinte er.
Biscarrat hockte sich. „Aber wie bekommen wir die Musketiere dorthin?“ fragte er ruhig. „Sie sind wahrscheinlich völlig woanders....“
„Die Wachablösung am Louvre.“ Warf Francoise ein. „Wenn die Wachen abgelöst werden, dann kehren viele von ihnen zu ihren Quartieren zurück und...“
„Überqueren die Ile de Cité.“ Erwiderte Biscarrat nachdenklich. „Wann ist die nächste Wachablösung am Louvre? Mitternacht wahrscheinlich?“
Ein einhelliges Kopfschütteln von allen dreien. „Elf Uhr.“ Erwiderte Francoise. „Vater sagt immer Mitternacht sei so schön vorhersehbar.“ Die Kinder winkten Biscarrat näher heran, er hockte sich und wurde flüsternd in die Idee eingeweiht. César musste schmunzeln. Ja, das sollte für genügen Aufsehen sorgen, ohne Concini allzu unruhig zu machen.
***
Die vier dunklen Gestalten die das Fass gegen elf auf den kleinen Platz auf der Ile de Cité rollten, bemerkte niemand. Und das dumpfe stöhnen und leise fluchen aus dem Fass wurde vom rumpeln übertönt. Das Fass wurde im unteren Becken des Springenbrunnens abgestellt, mit einem höchst merkwürdigen Rosenstrauß – einer Art Brautstrauß – der daran gebunden war, verziert und eine der vier Gestalten warf noch etwas ins obere Becken des Springbrunnens, bevor die vier wieder von der Nacht verschluckt wurden.
Das dumpfe Fluchen und Schimpfen das aus dem Fass, das unten Wasser nahm, hervordrang lockte kurz vor Mitternacht mehrere Personen gleichzeitig an. Zuerst einen einzelnen Mann, der sich das Arrangement nicht ohne Amüsement ansah, und erst darin unterbrochen wurde, als eine ganze Ronde Musketiere auf dem Plan erschien. „Rochefort, was macht ihr hier?“ Leutnant d’Artagnan, der einen mehr als nur harten Tag hinter sich hatte, war überrascht. Dann jedoch sah er die warnende Geste seines Fähnrichs Montarné, der die triefendnasse Purpurgalotte aus dem Brunnen gefischt hatte. Im selben Moment setzte das Schimpfen aus dem Fass wieder ein. D’Artagnan sah Rochefort an. „Ihr bleibt besser.“
Die Musketiere wuchteten das Fass mühelos aus dem Brunnenbecken. Um es zu öffnen musste einer von ihnen den Strauß entfernen. „Oh igitt, was für ein widerlicher Hochzeitsstrauß.“ Kommentierte er, den Fisch entdeckend.
Inzwischen hatten der Fähnrich und zwei weitere das Fass geöffnet und den durchfrorenen , nur spärlich bekleideten Dufresne, der nur so mit blauen Flecken überzogen war, herausgeholt. Eine Weile lang stammelte er nur wirres Zeug bevor er mühsam flüsterte: „Es war dieser verrückte César..“ dann verlor er das Bewusstsein.
Alle Blicke richteten sich auf Charles – César de Rochefort. Dieser sah die Musketiere entgeistert an. „D’Artagnan – ihr nehmt doch nicht an, ich hätte mit dieser hübschen Vorstellung etwas zu tun? Ich kam nur Momente vor Euch hierher.“
„Aber wir fanden Euch amüsiert grinsend vor dem Arrangement.“ Sagte Fähnrich Montarné leise. „Und weit und breit war niemand sonst zu sehen.“
Rochefort schnaubte. „Ich war auf dem Weg von Palais Cardinal in einem Auftrage der Euch nichts angeht, als ich das Fluchen hörte und der Anblick war etwas lustig um ihn zu goutieren. Niemand war hier, das ist richtig.“
"Aber wie zum Teufel kam der Hauptmann in das Weinfaß?" fragte d'Artagnan mit unglücklicher Miene. "Und wie der Fischschwanz in die Rosen und der Kardinalshut in den Springbrunnen? Denn freiwillige werden sie wohl kaum dahineingestiegen sein, oder Rochefort?“
Der Graf sah den Leutnant fast wütend an. „Wollt Ihr mich verdächtigen D’Artagnan?“ sein Ärger lies ihn lauter sprechen als gewöhnlich.
D’Artagnan sah kreuzunglücklich drein. „Ich muss, Rochefort. Seine Eminenz ist verschwunden, und wahrscheinlich auch die Kinder des Hauptmanns und Ihr seid von Hauptmann Dufresne zumindest eines Übergriffs auf seine Person beschuldigt worden, auch wenn das hier –,“ er hob den nassen Kardinalshut – „für wesentlich tiefere Verstrickungen spricht. So leid es mir tut – ich muss Euch festnehmen.“
***
Nur der Anfang dieser Konversation war unseren vier Gefährten gewahr geworden, dann hatten sie das allgemeine Aufsehen – und die Szene auf dem Platz hatte jede Menge geweckte Bürger an die Fenster gelockt – genutzt um in das Gebäude dass Dufresne ihnen bezeichnet hatte, einzudringen. Die drei Wachen, die sie vorfanden, waren so damit befasst dass Spektakel auf der Straße zu verfolgen, dass es ihnen ganz gut gelang diese zu überwältigen. Es war für César eine schwierigere Erfahrung, dass er diesen Gegnern nicht einfach die Kehle durchschneiden konnte, sondern andere Wege finden musste, sie rasch auszuschalten.
Sie ließen die drei gefesselt und geknebelt zurück als sie weiter in das Haus eindrangen, weit kamen sie jedoch nicht, denn im Flur jenseits der Diele erwartete sie ein Mann mit dem Degen in der Hand. „Nicht übel gespielt Gardist.“ Stellte er fest. „Doch hier endet dein Weg.“
César erkannte dass er dem Marschall von Ance gegenüber stand. Er zog seinen Rapier – dankbar dass der Marschall die Kinder nicht weiter beachtete, dass würde ihnen eine Chance zum verschwinden geben. „Und Ihr seid also der Untote der Paris unsicher macht.“
„Der Vorabend nach Allerheiligen, dreizehn Jahre nach meinem Tode – es erschien mir passend.“ Der Angriff kam hart und Biscarrat parierte ihn souverän.
Das Gefecht dass sich entspann war hart. Biscarrat, durch die Schulterwunde gezwungen mit der linken Hand zu fechten, hatte einen deutlichen Nachteil, insbesondere da er seine Schnelligkeit in dem Engen Umfeld schwer ausspielen konnte um das auszugleichen. Concini – wenngleich älter als Biscarrat, war ein gestandener Fechter der durch eine der besten Schulen Italiens gegangen war, zwar verunsicherte ihn der unkonventionelle Stil des Gardisten etwas, aber er war sich sicher siegen zu können.
Césars drei Gefährten jedoch hatten keinen Moment daran gedacht zu flüchten. Zuerst hatten sie gebannt den Kampf verfolgt, doch schon bald erkannten sie dass Ihr Freund wahrscheinlich Hilfe brauchen würde, besonders als Biscarrat einen zweiten Treffer gegen seine rechte Schulter einstecken musste. Francoise, die Älteste, und vielleicht auf die Entschlossenste von ihnen, handelte zuerst. Sie eilte zum Kamin und unter Überwindung all ihrer Angst, packte sie eines der glühenden Stücken aus dem Aschehaufen darin und schleuderte es mit alle Wucht nach Concini, der Wurf saß wunderbar und traf den Hals des Marschalls der vor schmerz aufschrie und zurücktaumelte, gleichzeitig kam von Henri – Josephe der Ruf. „Myrmidon – fass!“ Selbst zu Biscarrats Erstaunen gehorchte der Wolfshund aufs Wort und sprang den abgelenkten Concini an, warf ihn zu Boden und stand – das Gebiss knapp vor der verbrannten Kehle des Marschalls – über seinem Opfer.
Francoise – sich um die kleine Verbrennung in ihrer Hand nicht scherend – eilte zu Biscarrat. „César – du bist verletzt.“
Der Gardist schüttelte den Kopf. „Nur ein Kratzer, nicht mehr. Was ist mit deiner Hand?“
Francoise winkte ab und betrachtete die blutige Schulter mit einem kritischen Blick. Aber auch sie sah, dass sie sich erst des Gefangenen annehmen mussten. Nachdem Biscarrat den Marschall entwaffnet und gründlich gefesselt hatte, wandte sich Francoise an ihre Brüder. „Ihr passt mit Myrmidon auf ihn auf – wenn er versucht zu fliehen – lasst Myrmidon ihn fressen. César, wir müssen wegen deiner Schulter etwas unternehmen!“ die letzten Worte waren sehr streng gesprochen.
Biscarrat, der spürte wie einiges an warmem Blut über seinen Arm lief, nickte. „Abbinden wird reichen, es ist nur ein Kratzer.“
Ehe er sich nach irgendetwas brauchbarem umschauen konnte, war Francoise schon aus dem Raum geeilt um kurz darauf mit einem sauberen Tischtuch wiederzukommen. „In einem anständig geführten Haus gibt es eine Wäschetruhe.“ Sagte sie zufrieden, während sie sich von César den langen Dolch ausborgte um den Stoff in streifen zu zerteilen. Im Hintergrund Philosophierten Armand und Henri-Josephe darüber was sie mit dem Marschall machen würden, wenn er ihnen nicht sagte, wo er ihren Vater hingebracht hatte. Francoise war alles andere als ungeschickt, als sie mit den langen Stoffbahnen Césars Schulter neu verband. „Was machen wir mit dem Marschall?“ fragte sie als sie fertig war.
„Den nehmen wir mit wenn wir euren Vater und seine Eminenz befreien.“ Erwiderte Biscarrat. Concini verdrehte die Augen. „Ich habe dem Capitaine der Musketiere kein Haar gekrümmt.“ Grollte er.
Biscarrat lockerte die Fußfesseln soweit, dass sie dem Marschall kleine Schritte erlaubten. „Das werden wir sehen, wenn wir dort sind.“ Sagte er kalt. „Also vorwärts!“
Mit dem ersten Hahnenschrei
Der Kampflärm war schon von weitem zu hören. Anscheinend wurde in irgendeinem Teil des Tunnelsystems gekämpft. Entsprechend vorsichtig waren unsere Freunde, als sie den Keller erreichten. Und tatsächlich sahen sie zwei Wachen, die sich eben in den Keller zurückzogen. „Verdammter Cavoyes – aber noch haben wir eine Geisel.“ Grollte der eine.
Doch im nächsten Moment sahen die beiden Männer sich von einem – wiewohl angeschlagenen Gardisten und einem äußerst rabiaten Wolfshund angefallen. Concini – der erneut geknebelt – nicht hatte schreien können, bleib seinen anderen drei Bewachern überlassen. Der Kampf mit den Wachen dauerte zum Glück nicht lange, dann waren die beiden Männer keine Bedrohung mehr und lagen bewusstlos am Boden. Ein rasches Umschauen sagte Biscarrat, dass sich hier nur ein Gefangener befand – nämlich seine Eminenz der diese ganze Szene mit wachsender Überraschung beobachtet hatte. Biscarrat hatte eben die Fesseln des Kardinals gelöst, als mit einem krachen die Tür des Kellers aufflog, kampfbereit fuhr der Gardist herum, aber es war kein Feind der hier eindrang. Francesco de Cavoyes – den blutigen Säbel in der rechten, hinter ihm eine ganze Truppe bewaffneter Gardisten, drangen in den Keller vor. Der Capitaine war nicht weniger überrascht über den Kardinal befreit – von einer so ungewöhnlichen Truppe befreit – zu sehen, als auch den Gefangenen zu sehen. Auch wenn seine erste Aufmerksamkeit dem Kardinal galt, der jede Frage nach Verwundungen beiseite winkte. „Ich bin nicht verwundet, Cavoyes. Nehmt Euch besser Concinis an, seine Wachen erscheinen mir etwas unzureichend.“ Die Tonlage seiner Eminenz verriet nicht ob er spottete oder einfach nur erschöpft war.
„Concini? Der sollte doch tot sein, oder ist er von jenseits des Grabes zurückgekehrt um Euch zu verfolgen?“ De Cavoyes glaubte ganz ernsthaft an eine Verwechslung.
"Das hat der Reformationstag nun einmal so an sich, wie?" sagte der Kardinal spöttisch. "Führt ihn ab! Cavoyes und sorgt dafür, dass er in einer festen Zelle der Bastille untergebracht wird!"
Der Capitaine – der begriff dass es sich nicht um eine Verwechslung handelte – wollte bereits seine Truppe teilen, um einen Teil von ihnen mit dem Gefangen zur Bastille und den Rest als Eskorte für den Kardinal zurück zum Palais zu schicken, als Armand ihm entgegentrat. „Erst muss er uns verraten wo er unseren Vater hat – dann könnt Ihr ihn haben.“
Biscarrat befreite Concini von dem Knebel. „Bitte Cavoyes –,“ stieß dieser hervor. „Erlöst mich von diesen Wahnsinnigen. Ich habe ihren Vater nicht – was wollte ich mit diesem Elendsgascogner? Ich bin bereit die Bastille zu ertragen – aber das,“ er deutete mit den Augen auf die drei Kinder. „ist Folter.“
Cavoyes – dem man nicht ansah ob ihn die Situation amüsierte oder wütend machte, wandte sich an Biscarrat. „Der Hauptmann der Musketiere ist in größter Sorge um seine Kinder, die wir als von Concini verschleppt annehmen mussten, Biscarrat. Nehmt die drei und den Hund und setzt den Hauptmann in Kenntnis dass seinen Kindern nichts geschehen ist.“
***
Es dämmerte draußen bereits als unsere Freunde zum Hôtel de Treville zurückritten. Es war eine bleischwere, graue Herbstdämmerung. Dennoch waren die vier guter Dinge. Als sie in den Hof des Hôtel de Treville einritten, stießen sie auf eine ganze Truppe Musketiere. D’Artagnan und Athos diskutierten gerade sehr heftig miteinander.
„Er ist der einzige den wir haben, der etwas damit zu tun hat. Cavoyes soll zwar auch noch auf der Spur eines Italieners sein...“
"Das ist bestenfalls ein Gerücht." entgegnete Athos. "Sicher ist dagegen, daß Monsieur de Rochefort unschuldig verurteilt in der Conciergerie sitzt und das besagtes Urteil noch vor Allerheiligen vollstreckt werden wird. Wenn die Laune seiner Majestät sich nicht bessert."
Überrascht sahen die beiden auf, als die Reiter in den Hof kamen. „Ist es der Garde gelungen die Entführten zu befreien?“ fragte d’Artagnan mit einem erleichterten Blick auf die Kinder.
„Wir haben seine Eminenz befreit.“ Erklärte Henri – Josphe, der abgesprungen war und sich neben Myrmidon gehockt hatte um ihn zu kraulen. „Und wir haben Concini gefangen, zusammen mit César.“
Biscarrat wandte sich an d’Artagnan. „Ich bin hier um die Kinder zurückzubringen und mich bei Capitaine de Tréville zu entschuldigen für all das Durcheinander das ich verursacht habe.“
„Der Capitaine ist noch nicht wieder hier.“ Erwiderte d’Artagnan, „Aber das Kindermädchen wird sicher...“
Inzwischen waren auch Armand und Francoise abgesessen und standen neben César, sie waren erschöpft aber noch völlig aufgekratzt von der aufregenden Nacht. „Kannst du bleiben bis Vater kommt César?“ fragte Armand. „Du musst uns doch bei ihm abgeben hat dein Hauptmann gesagt.“
Biscarrat nickte zustimmend und gemeinsam gingen sie die Treppen zum Palais hinauf. „Hat Jean eigentlich seinen Freund vor dem Geist der Montagne des Loups retten können?“ fragte Henri- Josephe dabei.
César nickte. „Aber natürlich. Ich erzähle es Euch drin. Er hat einen langen Weg gehen und sehr mutig sein müssen – genau wie ihr – aber er hat ihn gerettet.“ Antwortete er. Er wusste dass es anders war. Jean war gestorben und man sagte einem weißen Wolf mit grünen Augen im Gefolge des toten Feldhauptmanns nach, dass dieser einst Jean gewesen sei. Aber das war etwas anderes, für Kinder mussten die Geschichten gut ausgehen, das gehörte sich so und wenn man dem eben ein bisschen nachhelfen musste.
***
Capitaine de Tréville kam im Mittag nach Hause. Es war alles andere als ein einfacher Morgen gewesen, aber die Meldung, dass seinen Kindern nichts passiert war, hatte ihn alles mit gutem Humor nehmen lassen. Noch ahnte er nicht, dass sein eigenes Täuschungsmanöver, zu verschwinden um unauffälliger nach Concini suchen zu können, zu all dem Durcheinander geführt hatte. Die Meldung, dass besagter Marschall von Ance seinen Bewachern entkommen war, noch bevor sie die Rue de St. Antoine erreichten, hatte ihn bereits erreicht. Mit dem ersten Hahnenschrei war Concini verschwunden gewesen, und abergläubische Seelen murmelten bereits davon dass es wirklich nur ein Geist gewesen sei, der die Stadt am Tag vor Allerheiligen heimgesucht hatte. Doch all das war vergessen, als Tréville den Salon betrat und dort seine drei Kinder vorfand. Sie schliefen. Francoise zusammengerollt in einem Sessel, Armand und Henri – Josephe gekuschelt an einen riesigen Wolfshund , der ebenfalls döste. Auf dem Kaminsims lag ein kurzer Brief.
Liebe Francoise, Armand und Henri – Josephe,
ihr schlaft ganz fest und ich glaube nicht, dass ihr aufwachen werdet, bevor euer Vater nach Hause kommt und ich kann leider nicht länger bleiben. Concini ist mit dem ersten Hahnenschrei verschwunden und so muss ich mit meinen Kameraden ihn erneut jagen gehen, auch wenn ich nicht glaube, dass ich ihn ohne eure Hilfe noch einmal erwischen werde. Myrmidon lasse ich bei Euch, mein Dienst lässt mir viel zu wenig Zeit für ihn und ich glaube er hat euch drei sehr lieb gewonnen.
César
Huf schlag lies Treville ans Fenster treten, unten verließ eben ein einzelner Reiter den Hof. Er sang leise, die Melodie trug zu Treville hinauf.
Faut-il nous quitter sans espoir
Sans espoir de retour ?
Faut-il nous quitter sans espoir
De nous revoir un jour ?
Ce n'est qu'un au-revoir, mes Frères,
Ce n'est qu'un au-revoir.
Oui, nous nous reverrons, mes Frères,
Ce n'est qu'un au-revoir.
Formons de nos mains qui s'enlacent
Au déclin de ce jour
Formons de nos mains qui s'enlacent
Une chaîne d'amour.
Ce n'est qu'un au-revoir, mes Frères,
Ce n'est qu'un au-revoir.
Oui, nous nous reverrons, mes Frères,
Ce n'est qu'un au-revoir.
Car Dieu qui nous voit tous ensemble
Et qui veut nous bénir,
Car Dieu qui nous voit tous ensemble,
Saura nous réunir.
Armand rührte sich kurz unruhig im Schlaf, nur um sich fester an das weiche Fell von Myrmidon zu kuscheln. Mit einem Lächeln betrachtete der Hauptmann den neuen Hausgenossen, ein ziemlicher Gigant, aber die Kinder schienen ihn wirklich zu mögen. Und wenn sie aufwachten hatten sie wahrscheinlich eine Abenteuerliche Geschichte zu erzählen. Sacht strich er der schlafenden Francoise über das Haar. Er ahnte nicht dass sein kleines Mädchen in ihrem Traum durch einen tief verschneiten winterlichen Bergwald stapfte, während über dem Wind tausend Stimmen zu flüstern schienen:
Am Wolfsberg, wo in finst’rer Nacht
der Feldhauptmann ward umgebracht,
geht heut’gen Tages, bleich und stumm,
sein Geist als ein Gerippe um!