Requiem für einen Prinzen von Aramis
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 2 BewertungenKapitel Requiem für einen Prinzen
Requiem aeternam dona eis, Domine,
Et lux perpetua luceat eis…
Der feierliche Kondukt hatte endlich die Kirche erreicht, der eichenlaubbekränzte Sarg wurde vom prunkvollen Leichenwagen gehoben und von den Angehörigen des königlichen Regiments Condé durchs weit geöffnete Eingangsportal getragen – der goldene Glanz der Altäre erstrahlte im Licht unzähliger Kerzen, duftender Weihrauch schwebte hinauf bis unters steinerne Gewölbe, die Orgel der Église de Coulommiers erschallte in all ihrer Pracht und ließ zusammen mit dem Gesang des geistlichen Chors ihre mächtigen Klänge empor zum Himmel steigen -
Eine betagte Dame an der Spitze der Trauergemeinde folgte mit wankenden Schritten dem Sarg, in schwarzseidener Robe, das immer noch schöne Antlitz tief verschleiert, über dessen Wangen ohne Unterlass Tränen rannen. Oh, wie groß war ihr Schmerz! Wie entsetzlich die Grausamkeit des Todes! Ihn so früh dem Leben zu entreißen, ihn, Charles Paris, ihren Sohn und ihre Hoffnung! Warum nur musste ausgerechnet er auf diesem blutigen Feldzug sterben, von wilder Feindeshand getötet, anstatt siegreich und ruhmbedeckt heimzukehren! Oh, hätte Charles doch, wie der Abgesandte des großen Condé ihr im Namen ihres Herrn Bruders berichtete, von seinem brennenden Wunsche abgelassen! Doch er, nach einer lustig verlebten Nacht verspätet und nun fürchtend, die bevorstehenden Gefechte zu versäumen, schrie seinem Onkel, als dieser zu Schiff aufbrach, mit gellender Stimme nach, beim heiligen Gott, man solle auf ihn warten! Sonst werfe er sich auf der Stelle in den Fluss! Und so ereilte ihn sein Schicksal – Louis de Bourbon, der seinen Neffen nur zu gut kannte, machte schleunigst wieder kehrt und nahm ihn an Bord, und kaum waren die Kämpfer dem Schiff entstiegen, warf sich Charles Paris in voller Carriere auf den Feind. Er attackierte vor Tolhuis eine Barriere, verteidigt von den Angehörigen eines friesischen Regiments – mais hélas, von feindlichen Kugeln getroffen stürzte er schlussendlich tot vom Pferd! Oh, mon Dieu! Ihr geliebtes Kind, ihr Ein und Alles! Wie sollte sie, Anne Geneviève, sich von diesem Schlag jemals erholen? Oh, wollte Gott sie damit für ihre Sünden strafen, die sie in ihrer Jugend beging? Mon Dieu, der Allmächtige tötete mit ihm zugleich auch sie, seine Mutter! Das Schwert des Todes, das ihn traf, durchbohrte auch ihr Herz! Niemals würde sie hier auf Erden nochmals Freude und Glück empfinden, niemals mehr Seligkeit in ihrem Leben fühlen! Der grausame Tod hatte ihr nun auch ihren geliebten Sohn genommen, das jüngste ihrer Kinder, nachdem ihre beiden Töchter so früh schon sterben mussten und der arme Jean Louis, unheilbar krank an Geist und Seele, hinter hohen Klostermauern lebendig begraben lag!
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