Returning to Tomorrow von duchesse und Aramis
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 27 BewertungenKapitel Der Widerspenstigen Zähmung
In den darauffolgenden Jahren hatte der Comte de Wardes manches Mal an dieses Zusammentreffen zurückgedacht. Man schrieb nun das Jahr 1648, er hatte Rochefort seither nicht wiedergesehen, doch sie hatten brieflich Kontakt gehalten, obwohl es offiziell nichts mehr zu berichten gab – Mazarin war, nachdem auch König Louis XIII. kurz nach Richelieus Tod ebenfalls gestorben war, auf Distanz zu den ehemaligen Vertrauten des Kardinals gegangen und ließ all jenen am Hof und in der Politik freie Hand, die die früheren Parteigänger Richelieus nunmehr als Feinde verfolgten, an vorderster Stelle die Königinmutter und Regentin Anne d’Autriche. Rochefort war dennoch in Paris im Umfeld des Hofes geblieben, zwar ohne seine frühere Funktion, aber doch immer wieder mit wichtigen Aufgaben betraut, wenn man auf seine politische Erfahrung und Geschicklichkeit nicht verzichten konnte. De Wardes war dies riskant erschienen, doch Rochefort war seinen Bedenken immer mit dem Argument begegnet, wenn er mitten im Geschehen stehe, wisse er wenigstens, was vor sich gehe und wann Gefahr im Verzug sei. Doch nun hatte er schon seit fast einem Jahr nichts mehr von Rochefort gehört.
De Wardes selbst war ganz froh, in England zu sein, in sicherer Entfernung von allen Bedrohungen und Intrigen, geschützt durch seine falsche Identität, die ihm mit den Jahren wirklicher erschien als seine eigentliche. Schon seit langem dachte, träumte und fluchte er auf Englisch und empfand London als seine Heimat, schimpfte wie alle Einheimischen über das stetige Gedränge auf der London Bridge und nahm das schier immerwährende Regenwetter stoisch hin. Er spielte seine Rolle als Kaufmann Francis Warren nicht mehr, sondern hatte sie sich ganz und gar zu eigen gemacht, erst recht nach seiner Heirat mit der Reederin Lilian Lancaster, die – zur entsetzten Missbilligung der Londoner High Society – als junge Frau die Geschäfte ihres früh verstorbenen Vaters selbst übernommen hatte, statt sich zu vermählen und dies ihrem Gatten zu überlassen. Und darin wurde Miss Lilian unverhofft bestärkt: Nämlich durch ihren erst vor kurzem hochbetagt aus dieser Welt geschiedenen Herrn Onkel, Captain Lawrence Lancaster, der bereits in frühester Jugend im Dienste der Royal Navy stand, als junger Marineoffizier die berühmte Seeschlacht von Gravelines mitgemacht hatte und sich hinterher als erfolgreicher Kapitän einer eigenen Handelsflotte als ein äußerst kühner, unerschrockener Seefahrer erwies, der die entlegensten Gewässer des Indischen Ozeans befuhr und gar bis an die Küste Neuseelands gelangte. Auf seinen abenteuerlichen Reisen zur See scheute er sich nicht, es mit den berüchtigten Piraten von Westindien aufzunehmen, und als es ihm zusammen mit seiner ebenso kampfesmutigen Mannschaft gar gelang, den gefürchteten französischen Piratenkapitän Levasseur samt dessen Freibeutern, die bevorzugt englische Schiffe überfielen, in seine Gewalt zu bringen und der Gerichtsbarkeit auszuliefern, wurde er von Königin Elizabeth prompt in den Adelsstand erhoben. Lange Jahre fuhr der so Geehrte weiterhin zur See, zum Schrecken der französischen und spanischen Piraten, doch eine böse Verwundung im Zuge eines solchen Seegefechts bescherte Sir Lawrence, nun in bereits vorgerücktem Alter, ein lahmes Bein, und so gab er schweren Herzens seine geliebte Seefahrt auf, um auf seinem Landsitz an der cornischen Küste, nahe des Städtchens Torquay, sesshaft zu werden und, durch seine körperliche Behinderung gezwungen, das beschauliche Leben eines englischen Esquire zu führen. Und ebendort, im malerisch auf roten Klippen gelegenen Herrensitz genannt End House, an dessen Felsküste Sir Lawrences einzige Geliebte, das Meer, schäumend brandete, traf de Wardes seine zukünftige Braut.
Nach der Anmeldung geht es weiter!
Dieses Kapitel und viele weitere sind verfügbar für Mitglieder. Jetzt anmelden!
Noch kein Account? Jetzt registrieren!