Returning to Tomorrow von duchesse und Aramis
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 27 BewertungenKapitel Hoffen und Bangen
Auch wenn es ihrem Naturell grundlegend zuwiderlief, war Lilian das Warten gewöhnt. Unzählige Male schon hatte sie mit banger Sorge auf die Rückkehr eines Schiffes geharrt, das sich um Wochen oder gar Monate verspätete; sie kannte die Qualen, die es bedeutete, nicht zu wissen, was geschehen war, und die ihre eigene Phantasie ihr bereitete, wenn sie sich ohne ihr Zutun die verschiedensten Gründe für das Ausbleiben des Schiffes ausmalte: wilde Stürme, blutrünstige Piraten, tragische Unfälle, todbringende Krankheiten. Mit der Zeit hatte sie gelernt, damit zu leben, ohne darüber den Verstand zu verlieren, aber jetzt, in diesen einsamen Tagen im Kloster von Noisy, hatte sie das Gefühl, das Warten nicht länger aushalten zu können. Auf Rocheforts Geheiß war sie dort geblieben, um die Stellung zu halten, auch wenn ihr nicht recht klar war, was sie allein hier ausrichten konnte, wenn der Plan der Männer zur Befreiung des Duc de Beaufort fehlschlug. In diesem Fall sollte sie Monseigneur de Gondi in Paris informieren – aber was war, wenn sie gar keine Nachricht mehr von den Männern erhielt? Wenn sie alle…
Sie ließ eine Perle zwischen Daumen und Zeigefinger hindurchgleiten, schloss die Augen und murmelte ein Ave Maria. Sie hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, wann immer sie die Angst um Francis zu übermannen drohte, den Rosenkranz zu beten, wofür ihr früher meist die Geduld gefehlt hatte. Jetzt war sie froh, sich mit dem Gebet von ihren düsteren Befürchtungen ablenken zu können, dafür verzählte sie sich trotz der Perlen ständig, wenn ihre Gedanken irgendwann doch wieder abschweiften. Francis war bei ihrem Abschied irgendwie anders gewesen. Die lebhafte Zuversicht Rocheforts hinsichtlich ihrer Unternehmung teilte er nicht, der Enthusiasmus des Abbé d’Herblay ging ihm merklich auf die Nerven, dafür hatte er einen grimmigen Zug an sich, den Lilian an ihm nicht kannte und der auch gar nicht zu seinem Wesen passen wollte. Erst als sie sich zum Abschied innig küssten und sie ihm in die Augen sah, hatte sie begriffen, dass sich diese finstere Entschlossenheit nicht auf die Befreiung Beauforts bezog, sondern Francis’ Art war, der Gefahr zu trotzen. Es war ihm nicht leichtgefallen, in einen Kampf zu ziehen, von dessen Zielsetzung er selbst nicht völlig überzeugt war, aber er hatte sich ihm stellen müssen und würde ihn durchstehen. Wollte Gott, dass er für die Treue zu seinen alten Freunden nicht einen hohen Preis zahlen musste! Lilian faltete die Hände und betete still.
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