Returning to Tomorrow von duchesse und Aramis
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 27 BewertungenKapitel Cromwells Schatten
Nicht ohne leichte Wehmut dachte de Wardes an jenen Abend zurück. Theateraufführungen waren seit nunmehr sechs Jahren im ganzen Land verboten; die einflussreichen Puritaner sahen in ihnen eine Bedrohung von Anstand und Moral. Unlängst waren sogar Schauspieler mitten in einer Aufführung von der Bühne weg verhaftet worden, selbst vor den King’s Men, der königlichen Theatertruppe, machten die Sittenwächter nicht halt. Natürlich vermisste de Wardes das kulturelle Leben, mit dem der Theaterbetrieb die Stadt erfüllt hatte; er und Lilian hatten sich immer gern neue Stücke angesehen, auch wenn ihnen – wie bei Der Widerspenstigen Zähmung – längst nicht alles gefiel; doch was ihm mehr Sorgen bereitete, war die Strenge, mit der die Puritaner mittlerweile in alle Bereiche des öffentlichen Lebens eingriffen und unter Androhung und Vollzug teils drastischer Strafen den Menschen ihre Vorstellungen aufzwangen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich auch in das private Leben einmischen würden. Schon während der beiden Bürgerkriege hatte man immer wieder von Verhaftungen und Repressionen gehört, auch wenn sich die Auseinandersetzungen in London glücklicherweise auf das Parlament beschränkten, wo Oliver Cromwell nunmehr die Macht an sich gerissen hatte.
Oliver Cromwell! In seinen Anfangsjahren war de Wardes, in Übereinstimmung mit Kardinal Richelieu, einigermaßen froh über seinen Einfluss gewesen, sorgte er doch zuverlässig dafür, dass die englische Politik mit sich selbst beschäftigt war – nach den von Lord Buckingham angeführten blutigen Auseinandersetzungen zwischen England und Frankreich konnte es ihnen nur recht sein, wenn Britannias Löwe seine grimmigen Blicke anderswohin richtete als über den Ärmelkanal. Während Richelieu Cromwell sehr kritisch gegenübergestanden hatte, hatte de Wardes anfangs durchaus Sympathien für seine Pläne empfunden. Je mehr seine Politik jedoch diktatorische Züge annahm, desto mehr begann de Wardes ihm zu misstrauen. Schon im Jahr 1643 hatte Cromwell mit Hilfe des Parlaments eine modernst ausgerüstete, schlagkräftige Kavallerieeinheit aufgestellt, Ironsides genannt, die überwiegend aus fanatischen Puritanern bestand, und mit ihrer Hilfe erzielte er entscheidende Siege über die Royalisten, wobei seine Streitmacht mit äußerster Brutalität vorging. Und bei der Belagerung des sogenannten Basing House in Hampshire, einer eilends errichteten Bastion, die Königstreuen und anderen dem Parlament missliebigen Bürgern, beispielsweise Katholiken, Zuflucht bot, erreichte diese Brutalität ihren grausamen Höhepunkt: Denn ein puritanischer Hassprediger bezeichnete die Verteidiger dieses Ortes als gotteslästerliches Ungeziefer und forderte nichts weniger als ihre gnadenlose Vernichtung! Sein entsetzlicher Wunschtraum ging in Erfüllung, die Roundheads erstürmten die Bastion und massakrierten erbarmungslos alle, die sich darin aufhielten. Bei Gott, allein diese Greueltat zeigte, wie es um die puritanische Herrschaft bestellt war! Und die seit kurzem wieder aufflammenden royalistischen Aufstände bewiesen nur zu klar, wie tief gespalten und mit sich selbst verfeindet das englische Volk mittlerweile war! Doch wohin sollte dies führen? In die gewaltsame Unterdrückung, in die permanente innenpolitische Erstarrung? Oder in einen neuerlichen Bürgerkrieg, dessen heiße Glut seit seinem ersten Ausbruch im Jahre 1642 nach wie vor schwelte? Oh, England war schon lange kein Ort des Friedens mehr, und wenn die Puritaner trotz ihrer rigiden Politik und ihrer abscheulichen Gesinnungsschnüffelei die Oberhand behielten, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie auch de Wardes’ Familie mit brutaler Gewalt bedrohten! Denn er, seine Gemahlin und seine Kinder waren katholisch.
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