Returning to Tomorrow von duchesse und Aramis
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 27 BewertungenKapitel Urteil
Anfangs war er allein gewesen in der fensterlosen Zelle, doch immer wieder hatte sich die schwere Tür geöffnet, und weitere Männer wurden von schwerbewaffneten Soldaten in den Raum gebracht – offenbar hatte es in dieser Nacht nicht nur ihn erwischt. Obwohl er einige bekannte Gesichter sah und manche Gefangene einander zu kennen schienen, sprachen sie nur wenig; zu groß war ihre Furcht, man würde sie belauschen und aus dem Inhalt ihrer Gespräche eine Anklage konstruieren. De Wardes war ohnehin nicht nach Reden zumute; sein Hals schmerzte noch von der Garotte, mit der sie ihn beim Verhör nach seiner Ankunft traktiert hatten, und seine Gedanken waren schwärzer als die Finsternis um ihn herum. Was war mit Lilian und den Kindern geschehen? Ihm war übel vor Angst um seine Familie, und er musste all seine Selbstbeherrschung aufbieten, um ruhig zu bleiben.
Oh, Lilian! Beim heiligen Gott, wie musste sie sich nun fühlen?! Von ihm, ihrem Gatten, schändlich hintergangen und der Gewalt Cromwells und seiner grausamen Schergen schutzlos ausgeliefert! Hatte man auch sie eingekerkert, ihr gar ihre geliebten Kinder genommen? Beim Allmächtigen, diese entsetzliche Vorstellung war schlicht unerträglich! Doch das Allerschrecklichste für ihn war, dass er nicht wusste, ob sie ihm verziehen hatte. Welch ein Fluch, mit dieser furchtbaren Ungewissheit in den Tod gehen zu müssen! Sicher waren bei der Hausdurchsuchung seine französischen Papiere gefunden worden, und damit war ihm der Galgen gewiss. Waren nicht schon einige Male Gefangene aus der Zelle abgeholt und nicht wieder zurückgebracht worden? Je länger er hier auf dieser elenden Holzpritsche saß, umso mehr wuchs seine Verzweiflung, und er war überzeugt davon, dass er aus diesem Kerker nicht mehr lebend hinauskam. Das Zeitgefühl hatte ihn verlassen; lediglich einige Gesprächsfetzen, die an sein Ohr drangen, ließen darauf schließen, dass der nächste Tag bereits angebrochen war. Er fühlte sich wie zerschlagen; seine Lider brannten vor Müdigkeit, aber er wagte nicht, für ein Weilchen den Kopf auf die angezogenen Knie zu legen und die Augen zu schließen; wenn sie ihn holen kamen, musste er wach sein, und überdies bezweifelte er, dass er auch nur einen Augenblick Ruhe würde finden können. Wieder wanderten seine Gedanken zu Lilian. Der verletzte Ausdruck in ihren dunklen Augen, dieser Blick, in dem kein Zorn mehr war, nur noch Traurigkeit und Schmerz, ließen ihn nicht los. Seine Frau war immer schon ein Ausbund an Temperament und Willensstärke gewesen, eine regelrechte Naturgewalt, die es mit jedem Hindernis aufnahm, und nie, wirklich nie zuvor hatte er sie so gebrochen erlebt, förmlich gelähmt vor Resignation und Verzweiflung. Er hatte ihr Glück zerstört, ihr Leben aus der Bahn geworfen und sie überdies in höchste Gefahr gebracht. Was hatte er ihr bloß angetan; wie hatte er glauben können, sein Maskenspiel würde für alle Zeiten gutgehen? Jetzt würde er dafür büßen müssen, und er wünschte nichts sehnlicher, als ihr noch einmal sagen zu können, dass es ihm leidtat. In der Tat, wenn er es recht bedachte, so war die entsetzliche Qual, die er nun litt, bloß die gerechte Strafe für seinen Betrug. Jawohl, alles, was er hier durchmachen musste, war nur recht und billig, sein Schmerz nichts gegen die furchtbare Wunde, die er Lilians liebendem Herzen schlug! Doch seltsam – wie zum Trost erschien plötzlich ein wundersames Bild vor seinen Augen: Der Tag seiner Hochzeit. Oh, niemals hatte er solche Seligkeit in seinem Leben verspürt, nie größeres Glück empfunden als damals, vorm Altar, als seine Braut ihm ihr Jawort gab! Ja, ich will!, hatte sie gesprochen, zärtlich und sanft, und ihn, François, vorm Angesicht Gottes und der Welt zum Mann genommen, bis dass der Tod sie schied. Beim Allmächtigen! Wer hätte je gedacht, dass dieser schwarze Tag so nahe war, und ihm keine Zeit mehr blieb, sein Unrecht wieder gutzumachen! Fluch über ihn! Schon packte ihn abermals helle Verzweiflung, hielt ihn in ihrem Würgegriff und drückte ihm mit eiserner Faust die Kehle zu. Da vernahm er plötzlich Waffenklirren, schwere Schritte näherten sich der Türe, und ein Schlüssel knirschte im Schloss.
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