Kapitel Audienz
Der Bischof von Vannes richtete sich hoch auf, strich seine schwarze, mit feinen lilafarbenen Paspeln gesäumte Soutane glatt, zog das breite seidene Cingulum noch enger um seine schlanke Taille und rückte mit spitzen Fingern das goldene Kreuz auf seiner Brust zurecht. Mit gerunzelten Brauen und kritischem Blick betrachtete er sich sodann nochmals im Spiegel, doch was er sah, befriedigte ihn durchaus. Jawohl, selbst sein ärgster Feind musste zugeben, dass die bischöfliche Tracht ihm ausgezeichnet stand! Sie strahlte Würde aus, Erhabenheit und geistliche Macht, und ihre strengen, ehrfurchtgebietenden Farben, Schwarz und Violett, wurden allein nur durch das leuchtende Rot des Kardinalspurpurs übertroffen! Unwillkürlich schob sich ein Bild vor seine Augen, das Porträt eines Mannes, welches in seinem Schreibgemach im Bischofspalais zu Vannes hing, wo es ihm, sobald er sich an den Schreibtisch setzte, sofort in aller Eindringlichkeit vor Augen stand: Kardinal Richelieu, der größte Staatsmann Frankreichs. Oh, wie oft hatte er dieses wahrhaft beeindruckende Antlitz betrachtet, die erhabenen Züge, seine feinen Linien, die dunklen, rätselhaften, alles durchdringenden Augen, deren adlerscharfen Blick man, war man ihm einmal begegnet, niemals im Leben wieder vergaß! Auch hier und jetzt, zu dieser Stunde, sah er den großen Kardinal im Geiste vor sich, als erblicke er ihn in eigener Person im Spiegel, und Richelieus ernste Miene schien zu sagen: Vorwärts, fasse Mut! Frankreichs Krone, durch schweres Unrecht und Tyrannei verdunkelt, soll in neuem Glanz erstrahlen! Du hast dir dieses wahrhaft hohe Ziel gesetzt, so fahre nun fort, auf deiner hehren Bahn! Ich wache über dich und stärke deinen Geist, lasse dich meine überragende Macht fühlen - bediene dich ihrer, nütze sie gut und führe dein Werk zu seinem glücklichen Ende!
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