Die vier Musketiere von CorinnaB
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Athos, Portos und unser neuer Musketier Aramis schlenderten
durch die Gassen von Paris auf der Suche nach einem Zimmer. „Seht
mal, hier kann man auf die Seine gucken. Vielleicht finden wir hier
ein Zimmer.“ Aramis schaute sich um. „Kommt.“ Schon war er in der
nächsten Kneipe verschwunden. „Was, hat er jetzt etwa Hunger?“
Athos klopfte seinem Freund auf die Schulter. „Nicht immer von dir
auf Andere schließen.“ Sie beeilten sich Aramis zu folgen. Der Wirt
erkannte Athos und Portos und begrüßte die drei herzlich. „Unser
Freund sucht eine Bleibe.“ Athos deutete auf Aramis. „Könnt ihr uns
jemanden empfehlen?“ Der Angesprochene musterte unseren Musketier.
„Mein Name ist René d’Herblay. Ich bin ein ehrbarer Mann.“ Er wurde
langsam ungeduldig. Der Wirt überlegte. Einerseits glaubte er in
unserem Freund aufgrund seines hübschen Äußeren einem Weiberhelden
gegenüber zu stehen, andererseits schätzte er Athos sehr und konnte
sich nicht vorstellen, dass Athos so jemanden als Freund bezeichnen
würde. Außerdem schien er nicht arm zu sein. „Ich glaube Monsieur
Gironde hat noch Zimmer frei. Aber ich glaube nicht, dass er sehr
mit wechselnden Frauenbesuch einverstanden wäre.“ Er versuchte eine
Regung in Aramis Blick zu erkennen. „Danke, wie finde ich das
Haus?“ Nachdem sie den Weg wussten, verließen sie das Gasthaus.
„Was glaubt er eigentlich, wen er vor sich hatte? Wechselnde
Frauen…?“ Aramis Augen blitzten Athos an, welcher überrascht von
Aramis Ausbruch stehen blieb. „Er meinte es nicht so. Er hat nur
deine Erscheinung gesehen und für ihn logische Schlussfolgerungen
getroffen.“ „Dann ist er ein dummer Mensch.“ Ereiferte sich Aramis.
„Jemanden nur nach seinem Äußeren zu urteilen.“ Portos mischte sich
ein. „Du kannst dich sicher nicht beklagen, was das weibliche
Geschlecht angeht. Wie viele Frauen hattest du schon. 10? 20?“ Er
grinste Aramis an. „Eine.“ Antwortete dieser leise. Betroffen sahen
sich Athos und Portos an. Jetzt waren sie wohl zu weit gegangen.
Schnell liefen sie hinter ihm her. „Es tut mir leid.“ Schnaufte
Portos. „Ich wollte dir nicht zu nahe treten.“ Aramis blickte ihn
mit einem wehmütigen Ausdruck in den Augen an. „Schon gut.“ Er
deutete auf ein schönes großes Haus. „Hier muss es sein.“ Athos
klopfte. Ein stattlicher Herr, älteren Jahrgangs öffnete die Tür.
„Sie wünschen?“ „Bonjour, Monsieur Gironde. Der Wirt des Gasthauses
„La bone Chantal“ Monsieur Limaine sagte uns, dass ihr noch ein
Zimmer frei hättet. Mein Freund hier sucht nämlich eines.“ Wieder
wurde Aramis gemustert. Diesmal schien sein Betrachter allerdings
angetan. „So kommt doch herein meine Herren.“ Durch eine
eindrucksvolle Halle ging es in einen kleinen Wohnbereich. „Setzt
euch Monsieur Athos.“ Aramis fiel verwundert auf, dass sich Athos
gar nicht vorgestellt hatte. Und trotzdem wusste dieser Mann dessen
Name. Später darauf angesprochen meinte Athos: „Es ist manchmal von
Vorteil einer der besten Musketiere des Königs zu sein. Da genießt
man durchaus gewisse Privilegien“ Zurück zu unseren Freunden. „Ihr
sucht also ein Zimmer… Monsieur…“ „Aramis“ antwortete dieser. „Hm.
Ich hätte da eins. Aber ob ihr es bezahlen könnt…?“ „Ich bin ein
d’Herblay. Ich denke über den Preis kann man einig werden.“ „Nun
gut, sagen wir 20 Taler im Monat. Und keine Frauenbesuche.“ Aramis
verdrehte die Augen. Bevor er jedoch antworten konnte, runzelte
Athos die Stirn. „Das ist nun wahrlich etwas viel. 15 Taler im
Monat wären angemessen.“ „20 Taler und keinen weniger.“ Aramis
legte dem Herrn einen kleinen Lederbeutel auf den Tisch. „17 Taler
und einen Monat im Voraus.“ Athos warf ihm einen überraschten Blick
zu. Auch Monsieur Gironde blinzelte auf den vor ihm liegenden
Beutel. „Ihr versteht es Geschäfte zu Ende zu bringen.“ Meinte er.
„Kommt ich zeige euch euer Zimmer, Monsieur Aramis.“ Triumphierend
grinste dieser seine beiden Kameraden an und folgte seinem neuen
Hausherren.
Als sie das Zimmer betraten, waren alle drei sehr erfreut. Es war
sehr groß und hell. Vor allem hatte man einen wunderschönen Blick
auf die Seine. Es gab sogar ein angrenzendes, mit einer Tür
verbundenes Badezimmer. „Das gefällt mir sehr gut. Für wie lange
kann ich hier wohnen bleiben?“ fragte Aramis. „Solange ihr
wollt.“
Und so sollte Aramis seinen Ersatzvater gefunden haben.
Es waren einige Wochen ins Land gegangen.
Aramis lebte sich sehr gut ein und hatte innige Freundschaft mit
Athos geschlossen.
Eines Abends saß er am Fenster, betrachtete die Seine und hing
seinen Gedanken nach, als es klopfte. „Aramis? Athos ist gekommen.“
Verwundert drehte er sich um. Mit so spätem Besuch hatte er nicht
mehr gerechnet.
Nachdem die beiden Freunde sich umarmt und begrüßt hatten, bot
Aramis Athos einen Platz an und setzte sich wieder ans Fenster.
„Was ist los mit dir?“ Athos musterte seinen Freund besorgt. In den
letzten Tagen war Aramis noch stiller als sonst. Dieser reagierte
nicht. „Aramis…“ Athos legte ihm die Hand auf die Schulter. „Ich
vermisse meinen Onkel, meine Tante, meine Heimat. Ich hätte nicht
gedacht, dass es mir doch so schwer fallen würde, sie zu
vergessen.“ Aramis sah Athos an. Der musste sich regelrecht dazu
zwingen, seinen Blick von Aramis Augen loszusagen. Noch nie hatte
ihn ein Mensch so fasziniert wie dieser neue Musketier. „Du sollst
deine Familie nicht vergessen. Sie werden immer einen Platz in
deinem Herzen haben. Aber dies hier ist dein neues Leben. Behalte
das Vergangene in guter Erinnerung, aber lasse sie los. Wenn du dem
König ein guter Musketier sein willst, darfst du dich nicht von
alten Gefühlen überwältigen lassen. Sonst wirst du verletzlich.
Sehe mit festen Mut und Glauben deinen neuen Aufgaben entgegen. Und
du wirst bestehen“
Athos setzte sich wieder.
„Danke“ Aramis wusste, dass sein Freund Recht hatte. Aber er konnte
sie einfach nicht loslassen… Nicht Fabienne…
„Warum bist du eigentlich Musketier geworden?“
Aramis stockte.
Da war sie.
Die Frage, vor der er die ganze Zeit Angst hatte.
Angst dass sie ihm gestellt wurde und er noch einmal alles
durchleben müsse.
Athos spürte, dass er einen schlimmen Punkt in der Vergangenheit
seines jungen Kameraden getroffen haben musste.
„Du musst es mir nicht erzählen.“
Aramis schnappte nach Luft.
Nachdem er tief durchgeatmet hatte sagte er: „Eines Tages werde ich
bereit sein dir zu erzählen, warum ich nach Paris aufgebrochen
bin.“
Er wusste, dass er es jetzt noch nicht war.
Einige Wochen später ritt ein junger Gascogner auf einem derart
komischen Klepper durch Paris, dass sich die Menschen über das Paar
amüsierten. Jenes Pferd war ein Falbe, 13 Jahre alt und mit 15
Taler das Einzige, was des Reiters Vater diesem auf seinen Weg
mitgeben konnte.
Der Reiter war ein sehr junger Mann von ca. 18 Jahren mit langen
dunklen Haaren, welcher (wie damals unser junger hübscher Freund
d’Herblay) auf dem weg zu Monsieur Treville war. Auch er hatte ein
Schreiben seines Vaters einstecken.
Nachdem er sein Pferd nahe des Hauptquartiers der Musketiere
untergestellt hatte, machte er sich zu Fuß auf den Weg, Paris zu
erkunden.
Schließlich kam er auf einen Markt.
Nach einer Weile bemerkte er die Unruhe vor ihm. Neugierig ging er
näher. Er sah einen kleinen Jungen, der einen Laib Brot in den
Händen hielt und weinte. Ein Adliger hielt ihn am Arm. „Du wolltest
das Brot stehlen. Dafür musst du bestraft werden. Eine Tracht
Prügel wäre angebracht.“ „Ich wollte es für meine Mutter und meine
Geschwister. Wir hatten seid Tagen kein Brot mehr.“ Schluchzte der
Knabe, inzwischen von dem Mann losgelassen. Das schien dem Adligen
egal zu sein. Er hob die Reitpeitsche und wollte auf den Jungen
einschlagen, als die Menge plötzlich zurückwich. Auch unser
Gascogner hielt den Atem an, als er den jungen Mann wahrnahm.
Dieser stellte sich zwischen den Jungen und den rasenden Adligen.
„Nehmt sofort die Peitsche runter, Comte de Lorge.“ Trotz der
angespannten Haltung strahlte seine Stimme eine unglaubliche Ruhe
und Sanftheit aus. Automatisch ließ der Angesprochene die Hand
sinken. „Chevalier d’Herblay. Ihr in Paris?“Sie schienen sich zu
kennen. Der Comte wandte sich wieder dem Jungen zu, der sich
zitternd hinter seinem Retter versteckte. „Diese Bauerntölpel
müssen bestraft werden.“ Dennoch blieb er an seinem Platz stehen,
als er dem entschlossenen Blick seines Gegenübers begegnete. „Bevor
ihr ein wehrloses kleines Kind schlagt, müsst ihr es mit mir
aufnehmen.“ Der Hinzugetretene zog seinen Degen. Eben noch
aufgebracht, wurde der Comte nun bleich. „Ihr stellt euch auf die
Seite des einfachen Volkes und gegen Euresgleichen?“ Anmutig
schüttelte sein Gegner den Kopf. „Ich stelle mich auf die Seite der
Gerechtigkeit. Und es ist Unrecht einen wehrlosen Menschen zu
schlagen. Ganz gleich, welchem Stand er angehört.“ „Ihr wisst, dass
in Paris Duelle verboten sind.“ „Ich gehe auch nicht davon aus,
dass ihr eines anstrebt.“ Unser Gascogner konnte den Blick nicht
von dieser Szenerie lassen. Wie alt mochte dieser junge Chevalier
sein, dass er sich so wagemutig einem offensichtlich Erfahrenen und
wütenden Comte entgegen stellte. Von seiner Gestalt wirkte er eher
zerbrechlich, als dass er ein guter Fechter wäre. Seine
Ausstrahlung jedoch wirkte auf den Gascogner fast überirdisch. Sein
Gegner hatte schlicht und einfach vergessen, dass er eigentlich
Kämpfen wollte. So drehte er sich wütend um und ritt davon. Der
kleine Junge klammerte sich noch immer an seinen Schutzengel.
Dieser hockte sich vor den Jungen und gab ihm ein Geldstück. „Jetzt
kannst du das Brot bezahlen. Aber sei auf der Hut. Stehle nie
wieder etwas. Nicht immer hast du Glück und kommst ungeschoren
davon.“ Der Kleine nickte. „Vielen Dank, Monsieur, ich werde euch
auf ewig zu Dank verpflichtet sein.“
„Verdammt, er wird immer beliebter. Das wird Kardinal Richelieu
nicht gefallen.“ Zwei Gardisten des Kardinals schlichen sich
ebenfalls vom Markt.
Und auch unser junger Gascogner verließ den Marktplatz. Noch ganz
benommen von dem eben Gesehenen wurde ihm eins bewusst. Diesen
jungen Chevalier würde er wahrscheinlich nie wieder vergessen.
Inzwischen war der Gascogner im Hauptquartier der Musketiere
gewesen und hatte sich bei Monsieur de Treville vorgestellt.
Nach dem Probeduell mit einem Musketier, welches der Bewerber mehr
durch Wahnsinn denn durch Verstand gewann, hieß es Warten.
Jetzt war es an ihm sich durch weitere Taten als würdiger Musketier
zu erweisen.
Am gleichen Abend spazierte unser Gascogner durch das nächtliche
Paris, um von der Kneipe in sein Zimmer zu gelangen, als er von
irgendwoher Stimmen vernahm. Nicht darauf achtend lief er weiter,
als er Gesprächsfetzen aufschnappte. „Der Kardinal hat es befohlen.
Willst du dich gegen einen Befehl des Kardinals stellen?“ „Nein,
aber ich möchte auch nicht gegen den besten Mann der Musketiere
kämpfen und mein Leben hinwerfen.“ „Du sollst auch nicht kämpfen.
Wir greifen ihn aus dem Hinterhalt an und betäuben ihn mit dem
Mittel, das wir vom Kardinal bekommen haben.“ zischte der Erste.
„Du denkst doch nicht, dass das so einfach wäre. Er weiß sich zu
wehren.“ Jammerte der Andere. „Mann, reiß dich zusammen. Wenn wir
ihn im Dunkeln vor seiner Wohnung auflauern und ihn sofort
angreifen, hat er keine große Chance sich zu wehren. Und jetzt geh
nach Hause. Wir treffen uns morgen um die Zeit vor Aramis Wohnung.“
Die Zwielichten Gestalten entfernten sich.
Unser unfreiwilliger Zuhörer war noch erstarrt vor Schreck. Hatte
er doch eine geplante Entführung mit angehört, konnte sie aber
nicht verhindern, da er nicht wusste, um wen es sich
handelte.
In seinem Zimmer angekommen ging er noch mal das mitgehörte durch.
„Kardinal Richelieu… betäuben… Musketier… genau! Sein Name war
Aramis.“ Er sprang auf. „Das ist es. Ich gehe morgen zu den
Musketieren aufs Übungsgelände und versuche herauszufinden, wer
dieser Aramis ist.“
Vor Aufregung konnte er die Nacht kaum schlafen. Inständigst hoffte
er, diese Entführung vereiteln zu können.
Am nächsten Morgen war er früh auf den Beinen und begab sich zum
Hauptquartier der Musketiere. Er stürmte zu dem Zimmer von Monsieur
Treville und trommelte gegen die Tür. Mit einem Ruck wurde die Tür
aufgerissen. „Wer macht denn hier so …ach! Monsieur D’Artagnan.
Was…“ „Gibt es hier bei den Musketieren einen Aramis?“ Verwundert
stutzte der Hauptmann. „Aber ja, den gibt es. Was…?“ „Danke!“ Schon
stürmte unser Gascogner den Flur entlang und die Treppe hinunter.
In seiner Eile polterte er ziemlich unsanft mit einem Musketier
zusammen, der einen nicht sehr gnädigen Fluch ausstieß.
„Entschuldigung, ich bin in Eile.“ „Dann solltet ihr eure Augen
dorthin richten, wohin ihr zu Laufen gedenkt und nicht auf den
Boden.“ D’Artagnan stammelte etwas vor sich hin. „Wohin denn so
eilig?“ Der Kräftige Mann, den wir bereits als Portos kennen
lernten, stellte sich ihm in den Weg. „Eine Entführung verhindern.“
Weg war er. Verwundert blickten Portos und der hinzugekommene Athos
hinter der davon eilenden Gestalt her. „Was war das?“ Athos guckte
Portos belustigt an. „Keine Ahnung. Er will eine Entführung
verhindern.“ Er kratzte sich am Kopf. „Wahrscheinlich die seiner
Liebsten von deren eifersüchtigen Ehemann.“ Lachend lehnten sie
sich aus dem Fenster und sahen den Grund ihrer Belustigung davon
rennen.
Am Tor des Hauptquartiers blieb D’Artagnan stehen und überlegte,
wieso er eigentlich weggerannt war, obwohl er mittlerweile ein
halbes Dutzend Musketiere hätte fragen können, wer Aramis ist.
Mittlerweile war Aramis zu den beiden noch flachsenden Freunden
gestoßen. Als sie ihn sahen, wurden sie allerdings sofort todernst.
Aramis hielt sich die linke Schulter. Durch seine Finger sickerte
Blut und er wankte bedenklich. „Mein Gott, was ist passiert?“ Athos
stützte seinen in die Knie sackenden Freund . „Da waren zwei
Männer… Sie gehörten zur Garde des Kardinals.“ Inzwischen kam auch
Treville herbei, der von Portos geholt wurde. „Einer griff ohne
Grund an. Als ich mich verteidigte, kam der Andere von hinten.“
Aramis lehnte sich erschöpft an die Wand. „Ruft einen Arzt.“
Treville schickte einen vorbei kommenden Musketier. „Er verliert zu
viel Blut.“ Aramis wurde schwindlig. „Irgendwie passte ich nicht
auf und der Erste stieß mir seinen Degen in die Schulter.
Allerdings konnte ich den Anderen töten. Der, der mich verwundete
ist entkommen.“ Er schaute auf seine blutige Hand. „Die Wunde
scheint doch ziemlich tief zu sein.“ Aramis zuckte vor Schmerz
zusammen, als Athos sich die Wunde näher anschaute.
Seine Freunde begleiteten ihn ins Krankenzimmer. Der Arzt gab
Aramis ein schmerzstillendes Mittel, so dass dieser einschlafen
konnte und sah besorgt zu Treville. „Was ist an ihm, das die Männer
des Kardinals Befehl erhalten ihn auf offener Straße ohne Grund zu
töten.“ Die Drei erwiderten seinen Blick erschrocken. „Wenn sie es
gekonnt hätten, hätten des Kardinals Gardisten Aramis getötet.“ Der
Arzt sah Treville in die Augen. „Ihr wisst es genauso gut wie ich.“
Betroffenes Schweigen. Athos betrachtete seinen verletzten Freund.
So wie er da lag, so friedlich. Etwas umgab ihn. Es war, als
befände sich eine unsichtbare Aura um Aramis, die ihn beim Kampf
behütet hatte und die ihn auch in diesem Moment behütete. Natürlich
war es Unsinn. Aber Athos konnte sich dieser Vorstellung nicht
entledigen.
Inzwischen hatte D’Artagnan (von der ganzen Aufregung im
Hauptquartier nichts mitbekommen) herausgefunden, wo die Wohnung
dieses Aramis lag.
Also legte er sich die ganze Nacht auf die Lauer, immer bereit, der
aus der Tür kommenden Person zu Hilfe zu eilen.
Er konnte ja nicht wissen, dass dort in den nächsten Stunden
niemand herauskam, der seiner eher spärlichen Beschreibung
entsprach. Er wusste nur: Ein junger hübscher Bursche sollte er
sein, dieser Aramis. Das traf wahrscheinlich auf mehrere Pariser
Bewohner zu, dachte D’Artagnan resignierend. Also ging er am
nächsten Vormittag nach Hause und holte den fehlenden Schlaf
nach.
Nach zwei Tagen erhielt er Nachricht von Treville, dieser wolle
ihn sprechen. Da unser Freund dachte, es handle sich um die
Ernennung zum Musketier, hatte er es unheimlich eilig ins
Hauptquartier zu kommen.
Doch Treville hatte eine ganz andere Sache auf dem Herzen. In dem
Zimmer des Hauptmanns befanden sich noch zwei weitere Männer.
„D’Artagnan. Schön, dass ihr so schnell hier sein konntet. Es gibt
ein Problem.“ D’Artagnan strich sich eine dunkle Strähne aus seinem
kantigen Gesicht. „Ihre Majestät der König hat morgen Mittag eine
Kundgebung auf dem Marktplatz anberaumt. Normalerweise schicke ich
nur meine besten Männer zu solch Personenbezogenen Aufträgen.
Leider ist mein bester Musketier noch nicht voll einsatzfähig. Er
wird aber aufgrund seiner Gabe der Vermittlung präsent sein. Daher
brauche ich einen zusätzlichen, noch nicht eingesetzten Mann. Die
anderen Musketiere sichern den Marktplatz und Paris. Daher blieb
mir nur die Wahl der Neubewerber. Eure Fechtkunst überzeugte mich,
dass ihr am besten ausgebildet seid von den neuen Anwärtern. Daher
werdet ihr mit Athos, Portos und Aramis des Königs persönliche
Leibwache bilden.“ D’Artagnans Puls raste. Aramis. Endlich lernte
er die Person kennen, die er beschützen wollte. „Athos, Portos.“
Peinlich berührt erkannte unser Jüngling Portos, als den von ihm
angerempelten Musketier. „Wir werden ihn im Auge behalten.“ Grinste
dieser und schlug ihn auf die Schulter. Athos begriff. „Aha, das
ist also der ungestüme Raser in den Hallen des Hauptquartiers.
Soso.“ Er salutierte vor seinem Kapitän. „Wir werden unsere beiden
Sorgenkinder im Auge behalten.“ Versicherte er. „Wir treffen uns
punkt zwölf auf dem Marktplatz.“
Irritiert schielte D’Artagnan zu dem ihm noch unbekanntem
Musketier. Aramis? Ein Sorgenkind? Es wurde alles immer
mysteriöser, anstatt Antworten bekam er nur neue Fragen.
Aber seine Vorfreude auf den so allseits beliebten wie
hervorragenden Musketier stieg mit jeder Minute.
Athos und Portos warteten schon, als D’Artagnan zu dem
vereinbarten Treffpunkt kam. „Wir werden uns folgendermaßen
aufteilen, Aramis steht vorne links am Rand auf dem Podest. Ich
stehe mittig rechts und ihr zwei direkt vor dem Podest.“ Athos
schaute sich um. „Wo bleibt er denn?“ Portos wandte sich an
D’Artagnan. „Aramis ist ein Diplomat. Er sorgt dafür, dass alles
mit rechten Dingen zu geht. Er hasst Ungerechtigkeit. Egal, ob von
einem Bauern begangen, oder von einem Adligen.“ Sofort kam unserem
Gascogner der Chevalier mit dem kleinen Jungen in den Sinn.
Athos Aufmerksamkeit richtete sich an D’Artagnan vorbei.
„Ah, Aramis.“ Athos war sichtlich erleichtert. „Darf ich
vorstellen? Das ist ein Neubewerber Namens D’Artagnan und dies
Aramis.“ D’Artagnan drehte sich herum und hätte fast einen
Herzstillstand erlitten. „Ihr seid Aramis?“ Er konnte es nicht
fassen. Wie sehr hatte er gehofft jenen Chevalier wieder zu
begegnen. Doch in seinen kühnsten Träumen wäre er nicht auf die
Idee gekommen, dass eben jener Chevalier und Aramis ein und
dieselbe Person sind.
Vor ihm stand wahrhaftig jener hingebungsvolle Beschützer des
kleinen Jungen. Er verstand jetzt erst die Reaktion des
Comte.
Geduldig warteten die drei Freunde, bis D’Artagnan wieder
ansprechbar wurde. „Alles wieder in grünen Bereich?“ grinste Portos
ihn an. D’Artagnan nickte.
„Aramis, was macht deine Schulter?“ Athos und Aramis schienen eine
besondere Verbindung zueinander zu haben. „Frag nicht.“ Aramis
verzog das Gesicht. „So still kann ich sie gar nicht halten, als
das sie nicht Schmerzen bereitete.“
Nach dem ersten Schock, bemerkte unser neuer Freund erst Aramis
Verletzung an dessen Schulter. „Woher habt ihr diese Wunde?“ fragte
er erschrocken. Die Anderen guckten ihn erstaunt an. „Ich wurde
unfreiwillig Zeuge eines Gesprächs zwischen zwei Gardisten des
Kardinals. Sie planten eine Entführung. Und das Opfer solltet ihr
sein.“ Aramis runzelte die Stirn. „In der Tat wurde mir die Wunde
bei einem Kampf mit zwei Männern des Kardinals zugefügt. Ich war
nur einen Moment unachtsam…Merkwürdig“ „Das kann kein Zufall sein.“
Portos sah nachdenklich aus. „Aber sie wollten euch vor eurer
Wohnung abfangen und betäuben. Aber es kam niemand. Ich habe die
ganze Nacht Wache gehalten.“ Aramis holte zischend Luft. „Woher…“
„Ich war bei Treville, habe danach Portos umgerannt und irgendwie
rausbekommen, wo ihr euer Zimmer habt.“ Athos nickte anerkennend
mit dem Kopf. „Gewitzt ist er, unser Gascogner.“ Aramis durchdrang
D’Artagnan förmlich mit seinem Blick. „Warum wolltet ihr die
Entführung eines euch unbekannten Mannes verhindern?“ Dieser senkte
den Kopf. „Ich habe euch auf dem Marktplatz gesehen. Als ihr den
kleinen Jungen beschützt habt.“ Er erzählte Athos und Portos die
ihnen noch unbekannte Geschichte. „So viel Ehrbarkeit imponierte
mir und eure Person selbst faszinierte mich. Als ich dann hörte,
dass diese Männer jemanden entführen wollten, musste ich an Euch
denken. Ich wollte ebenso handeln. Jeder kleine Schritt gegen das
Böse, fügt sich irgendwann zu einem großen Ganzen zusammen.“ Aramis
verneigte sich vor D’Atagnan. „Solch Handeln ist aller Ehren wert.
Es wäre mir ein Vergnügen euch meinen Freund nennen zu dürfen.“
Athos pflichtete Aramis bei. „Ab jetzt heißt es: vereint im Leben
und im Tod.“ D’Artagnan strahlte. „Einer für alle!“ „Alle für
einen!“