Unter Musketieren... von MadameAramis

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Kapitel Auf der Suche

strong>Kapitel 10

 

Gegen Nachmittag ritten die Musketiere mit Alexandra über die Felder, die zu dem Dorf gehörten, das sie erreichen wollten. Alexandra war aufgeregt und musste sich zurückhalten, nicht voraus zu galoppieren. Würde sie gleich etwa erfahren, wie sie zurückkommen konnte in ihre Zeit? Auch wollte sie unbedingt herausfinden, wie es passieren konnte, dass sie überhaupt hier war. Sie folgten der schmalen Straße, die ab und zu ein paar Bäumen auswich und sich so zwischen ihnen hindurch wand. Sie passierten einen Hof, der etwas abseits des eigentlichen Treibens lag. Das Dorf grenzte zu einer Seite an den Wald und war umgeben von Feldern, auf denen ein paar Menschen gerade Heu wendeten. Der Duft des Heus stieg ihr in die Nase und vermischte sich mit dem der Wildblumen, die zu ihrer Linken wuchsen. Die schlichten Häuser waren mit Strohdächern gedeckt und jedes besaß einen Schornstein, aus dem es qualmte. Alles bot einen sehr idyllischen und harmonischen Anblick und Lexie fühlte sich rundum schon wohl. Sie erreichten die ersten Gebäude und Athos entschied sich, es wäre das Beste, abzusteigen und sich nach dem Mann zu erkundigen. Er hielt eine Frau an, die gerade mit einem Korb Wäsche an ihnen vorbeilief und fragte sie, ob sie einen Mann kenne, der erst seit einem Jahr hier lebte und damals ein wenig verwirrt gewesen war.

Lexie schien diese Beschreibung nicht sehr eindeutig zu sein, aber Athos hatte ihr erklärt, dass es in kleinen Dörfern meist sehr ungewöhnlich war, wenn jemand neu dazu zog. Die Menschen würden sich eigentlich nie weit von ihrem Geburtsort entfernten. Alexandra fand das ein wenig merkwürdig, aber doch einleuchtend, da die Leute hier weder Geld für eine Reise besaßen, noch ein besonders großes Interesse daran hatten, ihre Heimat zu verlassen. Warum auch, wenn man all das hatte was man brauchte und die ganze Familie hier wohnte. Natürlich gab es da auch Ausnahmen, wie zum Beispiel Aramis, dessen Abenteuerlust es ihm unmöglich machte, seines ganzes Lebens in ein und dem selben Dorf zu verbringen. Oder auch D´Artagnan, der allerdings durch den Tod seines Vaters eher durch Zufall ein Musketier geworden war.

Athos Vermutung schien jedenfalls zu stimmen, denn die Frau wusste sofort, wer gemeint war.

Sie zeigte gerade in die Richtung, in der sich das Haus befand und erklärte Athos den Weg. Der Musketier zog seinen Hut und bedankte sich so bei der Frau für ihre Hilfe. Dann führte er die Musketiere und Lexie zu dem Haus, das aber fairerweise eher als Hütte bezeichnet werden musste, als als Haus. Das Gebäude war aus Holz zusammengezimmert und hatte ein durchhängendes schiefes Dach, das dem Einsturz gefährlich nahe aussah. Die Tür hing schief in den Angeln und die Farbe blätterte ab. Ein paar Fenster waren eingeschlagen und es sah kurz gesagt nicht wirklich bewohnbar aus.

„Scheint nicht so, als wäre es für ihn aufwärts gegangen, nachdem wir weg waren.“, kommentierte Porthos die jämmerliche Erscheinung des Hauses, sehr treffend.

Auch Lexie kamen Zweifel: „Hoffentlich wohnt er überhaupt noch hier!“

„Da werden wir wohl mal nachsehen müssen.“

D´Artagnan hatte sich der Bruchbude als erster genähert und stand nun etwas unentschlossen vor der Tür, als überlege er, ob diese halten würde, wenn er klopfe. Porthos dauerte das alles zu lange und ergriff kurzerhand die Initiative. Er klopfte und rief, doch bekam keine Antwort. Also trat er einfach ein. Die Tür quietschte fürchterlich und D´Artagnan machte einen Laut des Unbehagens. Hinter Porthos schritten nun auch die anderen Musketiere und Lexie über die Schwelle.

Sie befanden sich in einem nur spärlich beleuchteten Raum. Durch die schmalen, verriegelten Fenster kam gerade so viel Licht, dass ein dünner Lichtstrahl, in dem feine Staubpartikel tanzten, auf einen Tisch in der Mitte des Raumes schien. In der Ecke befand sich ein unbequem aussehendes Bett und eine kleine Kommode. Besonders auffallend war jedoch die Unordnung des Zimmers. Zwei Stühle lagen zerbrochen auf dem Boden, zusammen mit ein paar Flaschen und Bechern. Die Schubladen der Kommode waren herausgerissen und ihr Inhalt und lag kreuz und quer im Zimmer verteilt.

„Was ist hier passiert?“, stellte D´Artagnan die Frage, die wohl allen zuerst in den Sinn gekommen war.

„Keine Ahnung, vielleicht war er auch einfach nur ein unordentlicher Mensch.“, überlegte Porthos scherzhaft.

Aramis sah Porthos kopfschüttelnd an: „Porthos, ich bitte dich, nicht jeder ist so chaotisch wie du.“

„Du meinst wohl eher, nicht jeder hat das Talent sich im Chaos zurecht zu finden.“, konterte der Musketier gekonnt mit einem Grinsen auf dem Gesicht.

Alexandra fand das jedoch gar nicht lustig und wandte sich an Athos, der der Einzige war, der noch keinen unnötigen Kommentar abgegeben hatte: „Wir müssen ihn finden!“

Athos seufzte und begann damit, im Raum umher zu laufen und nach irgendwelchen Hinweisen zu suchen.


Eine Stunde später wussten sie genauso wenig wie am Anfang. Sie hatten weder einen Hinweis darauf, wo sich der Mann befinden konnte, noch ob er überhaupt noch lebte oder jemals hier gelebt hatte. Eines stand jedoch fest, er war sicherlich nicht freiwillig gegangen, dafür war die Hütte zu verwüstet. Da es draußen bereits dämmerte, beschlossen sie, sich für die Nacht ein Dach über dem Kopf zu suchen und sich morgen mal umzuhören. Vielleicht erfuhren sie ja etwas Brauchbares aus dem Dorfklatsch.

Sie hatten sich für ein Gasthaus am Rande des Dorfes entschlossen und waren noch einmal losgezogen, um sich eine Taverne zu suchen. Lexie war Anfangs nicht so begeistert von dieser Idee gewesen, doch hatte sich durch Aramis Argument, „es könne doch ganz lustig werden“, breit schlagen lassen. Außerdem wollte sie nicht alleine bleiben. In Begleitung der Musketiere fühlte sie sich sehr viel sicherer.

Aramis hatte recht behalten, es war in der Tat sehr lustig:

Aramis saß zwischen Lexie und D´Artagnan, ihnen gegenüber Porthos und Athos. Zu Beginn waren alle ein wenig enttäuscht, über den noch immer verschollenen Zukunftsmann, doch die Stimmung wurde mit jedem Glas Wein heiterer. Athos hatte darauf bestanden, dass Lexie auch mal den Wein probieren sollte und so hatte sie ihre Abscheu gegenüber dem Geschmack überwunden. Athos war bereits bei seinem fünften Glas, während Lexie das Zweite vor sich stehen hatte. Sie hatte zu diesem nur zugestimmt, weil Aramis sie geärgert hatte, dass sie ja nur nichts vertrug und deswegen den Wein meiden würde. Seufzend nahm sie einen Schluck und spürte die Wärme, die sich in ihrem Bauch ausbreitete. Langsam begann es in der Tat sehr lustig zu werden und schon bald kicherte auch Alexandra wie verrückt. Sehr zum Vergnügen von Aramis, der eine betrunkene Lexie für äußerst unterhaltsam hielt.

Irgendwann bemerkte Alexandra, dass sie schon seit längerer Zeit von einem Mann beobachtet wurde, der am anderen Ende des Raumes an einem Tisch saß. Der Mann stand nun auf und näherte sich ihrem Tisch. Neben Alexandra blieb er stehen und setzte sich schließlich neben sie. Sofort reagierte Aramis, zog Lexie näher an sich heran und warf dem Unbekannten einen vernichtenden Blick zu.

Athos sah sich gezwungen einzugreifen, bevor Aramis sich auf den Fremden stürzen würde.

„Was verschafft uns die Ehre?“, fragte Athos mit einer gefährlichen, vorgetäuschten Nettigkeit, da auch er den Eindringling als störend empfand.

„Ich hab euch heute gesehen“, sagte dieser jedoch nur und machte sich auf seinem Platz breit.

„Das ist toll. Geht es auch etwas präziser?“, fragte D´Artagnan mit einem ironischem Unterton.

Der Mann verzog keine Miene: „Ihr wart in dem Haus des Hexers?“, sagte er in einem Ton, als würde er die Musketiere für seine Komplizen halten.

„Hexer?“ Das konnte nichts Gutes bedeuten. D´Artagnan warf seinen Gefährten einen schnellen, zweifelnden Blick zu.

Porthos mischte sich ein: „Sagt, seit wann ist bekannt, dass er ein Hexer ist?“

„Gestern wurde er verhaftet, aber ich weiß nicht, was euch das zu interessieren hat!“

„Und ich weiß nicht, was es euch dann kümmert, dass wir in seinem Haus waren“, entgegnete D´Artagnan, wütend über die Unhöflichkeit des Mannes.

Athos legte seinem Jüngsten die Hand auf die Schulter, um ihn zu beruhigen und fuhr vollkommen unbeeindruckt fort: „Wir wollten lediglich prüfen, ob der Mann sich unauffällig im letzten Jahr verhalten hat, da er schon einmal aufgefallen ist.“

Der Fremde musterte Athos misstrauisch: „Ja, und soweit ich weiß, waren es Musketiere, wie ihr, die ihn vor dem Scheiterhaufen gerettet haben“

„Seine Schuld war nicht bewiesen,“, meldete sich Aramis zu Wort. „und man sollte niemanden verbrennen, ohne sich seiner Schuld gewiss zu sein“.

Aramis war eigentlich der Meinung man sollte überhaupt nie jemanden verbrennen, aber er ging davon aus, dass er hier nicht auf besonders viel Verständnis treffen würde. Er war wütend und musste sich zurückhalten, um diesem arroganten Schnösel nicht die Flasche über den Kopf zu ziehen.

Porthos war in der Zwischenzeit eine Idee gekommen. Sie hatten nicht den Weg hier hin auf sich genommen, um Lexies und Leahs einziger Chance wieder nach Hause zu kommen, dabei zu zu sehen, wie sie zu einem Häuflein Asche wurde.

„Könntet ihr uns sagen, wo er gefangen gehalten wird?“

„Damit ihr ihn befreien könnt? Niemals!“, kam die endgültig wirkende Antwort des Mannes.

„Wir befreien keine Verbrecher“, sagte Aramis kurz angebunden.

Der Mann war jedoch nicht überzeugt davon und stand mit einem „Nein, von mir erfahrt ihr das nicht!“ auf. Er verließ die Taverne, aber nicht, ohne Alexandra noch einen letzten extrem aufdringlichen, musternden Blick zu zuwerfen.

„Hübsches Ding habt ihr da! Schade, das ihr nicht teilen wollt“.

Aramis war schon aufgesprungen, doch wurde gerade noch rechtzeitig von Athos aufgehalten: „Aramis! Lass ihn, das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt“.

Kochend vor Wut setzte sich der Musketier wieder hin und erkundigte sich bei Lexie nach ihrem Wohlbefinden.


Am nächsten Morgen stellte D´Artagnan fest, dass es wirklich nicht allzu schwer gewesen war, heraus zu finden, wo der Zukunftsmann gefangen gehalten wurde. Er war über die Straße zum Stall geschlendert, um nach den Pferden zu sehen. Er fluchte leise über die unerträgliche Hitze dieses Tages und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er registrierte wage eine Gruppe Frauen, die eine hitzige Diskussion führten. Er hatte die Worte „Hexe“ und „Hinrichtung“ vernommen und war aufmerksamer geworden. D´Artagnan lehnte sich unauffällig etwas abseits an die Stallwand, um das Gespräch zu verfolgen. Dabei erfuhr er, dass der arme Mann nicht nur der Hexerei angeklagt wurde, sondern ihm auch noch vorgeworfen wurde, ein Dieb zu sein. Das größte Problem war jedoch, dass er schon morgen hingerichtet werden sollte. Die einzige gute Nachricht war, dass die Dorfbewohner ihr Problem selber in die Hand genommen hatten und sich der Mann derzeit im Keller eines Hauses befand. Das war schon mal ein Plus Punkt, denn es bedeutete, dass sie keine waghalsige Befreiungsaktion planen mussten und verhindern konnten, in ein gut bewachtes Gefängnis einzubrechen.

In der Zwischenzeit saß Aramis auf der Bettkante, streckte die Arme aus und ließ sich gequält zurückfallen.

„Es ist so warm!“, nörgelte er und schloss die Augen.

Athos musterte ihn amüsiert von seinem Platz auf dem Stuhl aus. Porthos und Lexie saßen auf dem Tisch und ließen ihre Beine über die Kante baumeln. Auch Lexie war so unerträglich heiß in ihrem Kleid gewesen, dass sie Aramis ausrangiertes Hemd genäht, gekürzt und so gut es ging gewaschen hatte und es nun über einem luftigerem Rock trug. Darin war ihre Bewegungsfreiheit ohnehin viel größer. D´Artagnan war eben in das Gasthaus zurückgekehrt und hatte von seinen neusten Entdeckungen berichtet.

„Vielleicht könnten wir die Bewohner noch einmal von seiner Unschuld überzeugen?“

Aramis setzte sich auf: „Porthos, ich weiß nicht. Das war schon beim letzten mal schwer und ich denke nicht, dass wir das noch einmal schaffen. Diese Leute wollen den armen Kerl ganz offensichtlich tot sehen.“.

D´Artagnan hatte auch ein paar Zweifel bei dieser Methode: „Außerdem ist er nicht nur eine Hexe, sondern auch ein Dieb und das macht die Sache noch schwieriger!“

„Athos, was denkst du?“, wandte sich Aramis an der erfahrene Musketier, welches bis jetzt geschwiegen hatte und überlegte.

„Ich denke, wir sollten ihn da raus holen.“

„Und wie, wenn ich fragen darf?“, hakte Aramis nach.

Athos hatte anscheinend schon einen Plan: „Es sind doch nur die Dorfbewohner, die ihn bewachen, oder? Das dürfte nicht allzu große Probleme bereiten“

„Aber du kannst doch nicht gegen sie kämpfen, sie sind sozusagen wehrlos“, warf Aramis etwas empört ein.

„Selbstverständlich nicht, ich habe auch an etwas anderes gedacht“, verteidigte sich das Musketier und wandte sich an D´Artagnan: „Weißt du, wo er genau ist?“

„Ja, dass war ziemlich offensichtlich. Zwei Männer stehen vor der Tür!“

„Ich denke, ich hab da eine Idee!“

Nachdem sie Athos Plan ausreichend diskutiert hatten, beschlossen sie, dass sie warten würden, bis es dunkel war.

„Prima, heißt das, wir müssen vorher nicht mehr nach draußen?“, stellte Aramis eher, fest, als das er fragte.

„Was hast du auf einmal gegen die Natur?“, fragte Porthos mit einem Grinsen im Gesicht. Auch ihm war warm, doch er stellte sich nicht so an wie sein Freund.

„Es ist warm und sonnig!“, antwortete dieser leidend.

Athos schaute ihn mit unbewegter Miene an: „Ich dachte, es wäre wunderschön draußen und dass du nie wieder rein gehen willst“.

„Das war, bevor diese unerträgliche Hitze ausgebrochen ist!“, bekam er als Antwort und jetzt musste Athos ebenfalls grinsen.