And if I were to meet.... von
Durchschnittliche Wertung: 4.5, basierend auf 20 BewertungenKapitel Was einem so einfällt... von
„Und wie heisst Ihr?“, fragt mich der Leutnant, während wir die
Holztreppe hinab ins Erdgeschoß wandern.
„Stella.“
„Ah. Italienerin?“ Ich kann ihm ansehen, wie begeistert er von der
Idee ist. Kommt nicht auch sein Lieblingskardinal aus dem hübschen
Lande?
„Nein. Aus dem gleichen Land wie Eure Königin.“
Er nickt verständnisvoll. „Spanien.“, spricht er es aus.
"Wieso Spanien?"
D´Artagnan sieht verblüfft aus, als er meine Frage hört. Nun, ich
bin auch etwas verwirrt.
"Die Infantin von Spanien ...?", meint er versuchsweise und sieht
mich abwartend an.
"Äh. Anna von Österreich?" Ich versuche es auch nochmal.
"Oh. Ja. Aber ist keine Österreicherin."
"Warum nicht?" Ist doch unerhört. Da hat man schon mal in
Geschichte nicht aufgepasst und schon passiert einem sowas..
"Macht nichts. Ich komm da her."
Er nickt wieder, hält sich diesmal mit dem Verständnis zurück.
Hätte ihm auch passieren können. Ich sehe, wie sich bei ihm im Kopf
die Rädchen drehen. Ob er auch fragt wie der Nachname lautet.
Gräfin von ... ? Nein, er wird nicht fragen. Jetzt nicht.
Es dauert eine Weile bis wir zur Haustür kommen und ich lächle
aufmunternd, während er nach dem Schlüssel sucht. Ja, es ist ein
Kreuz mit den Dingern. Endlich hat er ihn! Er wirft mir einen
nachdenklichen Blick zu, als er den Schlüssel ins Schloß
steckt.
Aber er hat seine Manieren wieder entdeckt und wird mir die Tür
aufhalten, ich weiß es. D´Artagnan ist auch drauf und dran, mir
freiwillig den Arm zu reichen, dessen bin ich sicher. Dazu kommt es
aber leider nicht. Stattdessen hat er kaum die Tür geöffnet, als er
auch schon die Augen aufreisst. Ich folge seinem Blick und erkenne,
dass ich wohl nicht die einzige bin, die sich plötzlich im falschen
Jahrhundert wiedergefunden hat.
Auf den ersten Blick sieht die junge Frau vor mir ja aus wie ...
wie eine ganz normale Frau im Kleid mit Blümchenmuster. Auf den
zweiten stellt sie sich als Maren heraus. Das weiss ich natürlich.
Man muss eben in die Galerie gucken.
"Ok, was hast Du angestellt?", werde ich gleich gefragt und Maren
betrachtet unseren Helden mit einem vielsagenden Blick. Während
d´Artagnan sich hilfesuchend nach Planchet umdreht, zucke ich
ratlos mit den Schultern.
„Ich? Nichts. Im Übrigen, was machst Du in meinem Traum?“
„Wieso Deinem Traum?“
„Unserem Traum ... na gut. Dann stellt sich die Frage nicht mehr,
was Du hier machst. Hm. Aber ich bin unschuldig. Ich bin zu hause
schlafen gegangen und dann in ,äh, einem anderen Bett wieder
aufgewacht.“ Ich erfange mich gerade noch. Dieses unglückliche
Detail von wegen „falschem Bett“ muss sie ja nicht unbedingt
wissen.
„Ich bin in der Badewanne eingeschlafen.“
Ich sage nichts. Nein, kein Kommentar von wegen „Ach, du badest im
Gewand?“ kommt über meine Lippen. Und ich grinse auch nicht. Ich
weiss nichtmal, was das ist!
Abgesehen davon fällt mir eben d´Artagnan wieder ein. Der Arme
steht noch komplett verwirrt im Türrahmen und wartet auf eine
Erkärung. Ob er eine bekommt?
„Wir sind zum Hotel de Tréville unterwegs.“, wende ich mich ein Mal
mehr an Maren, den Herrn Leutnant ausser Acht lassend.
„Was macht ihr dort?“
Ich versuche unauffällig mit den Schultern zu zucken. So, dass es
d´Artagnan nicht merkt und Maren versteht, dass ich dort überhaupt
nichts mache. Ausser meinen Helden anzuhimmeln.
„Ach so.“ Maren hat verstanden. Das beweist schon der Tonfall, mit
dem sie das kommentiert. Ob sie mein offensichtliches Anhimmeln
stört? Ob sie mich weiterhin flirten lässt? Oder zumindest einen
Anfang machen lässt? Ach ja .. sie ist ja großzügig. Ausserdem darf
sie ihn später auch haben ... vielleicht.... möglicherweise.
Dass Maren sich uns anschließt, ist ja selbstverständlich. Der
Leutnant wird ihr noch kurz - überflüssigerweise, aber man muss ja
den Schein wahren - vorgestellt, ehe wir uns auf den Weg
machen.
„Seid Ihr schon lange Leutnant?“ Ein kläglicher Versuch
meinerseits, mich mit dem Herrn zu unterhalten. Kläglich, ja, und
gescheitert noch dazu. Für solchen Unsinn ist er nicht empfänglich,
wie mir ein verstörter Blick von seiner Seite klar macht.
Andererseits frage ich mich, worüber man sich sonst unterhalten
könnte. Über das Wetter?
Seltsam ist es schon ... diverse Gräfinnen würden einfach darüber
hinwegsehen. Diversen Gräfinnen ist er aber leider auch nicht
verfallen. Zu dumm, dass ich nie Liebesgeschichten schreibe.
Nun, vielleicht muss ich zu meiner eigenen Verteidigung sagen, dass
es sich in trauter Dreisamkeit schwieriger verführt als in der
angestammten Zweisamkeit. Besonders, wenn man nicht gut
verführt.
D´Artagnan trabt indes gehorsam neben mir her, schweigt verlegen
bis ihm seine Manieren endlich wieder einfallen und er etwas von
„Nicht sehr lange.“ stammelt. Leider habe ich inzwischen keine
Ahnung mehr, worüber er redet und starre ihn in höflicher
Verwirrung an. Oder was ich darunter verstehe. Adlerauge auf den
armen Mann gerichtet und zu Tode gestarrt.
Was Maren inzwischen macht, will ich lieber garnicht wissen. Ich
werde es früh genug erfahren, aber nicht solange ich mich mit
Monsieur hier beschäftige. Obwohl ich glaube, ein verhaltenes
Kichern hinter mir zu hören.
„Wisst Ihr, ob Monsieur de Tréville überhaupt anwesend ist?“ Der
Herr Hauptmann ist mir wieder eingefallen! Und mit ihm die Frage,
was ich eigentlich bei ihm will. Ich hoffe, er ist nicht da. Denn
was ich ihm erzählen möchte, weiß ich wirklich nicht. Vielleicht
versuche ich es bei ihm mit dem Wetter? Lieber nicht. Er
kam mir nie besonders humorvoll vor.
„Bedauerlicherweise nicht. Ich werde es für Euch in Erfahrung
bringen, wenn Ihr das möchtet.“
„Ja, bitte.“, erwidere ich in einer Fröhlichkeit, die ihn mich
agrwöhnisch unter die Lupe nehmen lässt.
Wunderbar! Da will man mit ihm flirten, ihn verführen, dafür
sorgen, dass er einem verfällt und was passiert? Er wird
misstrauisch. Wahrscheinlich überlegt er bereits, welches dunkle
Geheimnis ich hüte. Ich hoffe, es handelt sich nur um eine
Kleinigkeit. Steuerhinterziehung. Solange er nicht auf meine
Schulter linst, bin ich zufrieden. Sonst werde ich ärgerlich.
Ich sage nun nichts mehr und beschränke mich darauf, höflich zu
lächeln und ihn anzusehen. Da fällt mir meine Gräfin ein! Die
beschränkt sich auch eine ganze Geschichte lang darauf, ihn
anzusehen. Ich hoffe, er zieht keine Vergleiche. Oder noch besser:
das ist hier nie passiert. Also, hoffen und lächeln. Freundlich,
fröhlich, aber nicht zu fröhlich. Sonst wundert er sich
wieder und das wollen wir ja nicht.
Während wir weitergehen, suche ich verzweifelt nach einem
Gesprächsthema. Es ist erstaunlich schwierig, sich mit dem Herrn zu
unterhalten! Man hat ja keine Geheimnisse, die man
andeuten möchte und die für ihn von Bedeutung sein könnten. Von der
dreckigen Wäsche unter dem Bett will er bestimmt nichts wissen! Da
ist es zwar dunkel, aber das ist doch etwas anderes. Ausserdem hat
er das selber. Und seine Wäsche ist gewiss schmutziger als
meine.
Wir nähern uns dem Palais und langsam wird es ernst. Innerliche
Analyse, ob mir bereits ein Gesprächsthema mit dem Monsieur de
Tréville - den ich nun wirklich nicht brauchen kann - eingefallen
ist, fällt schlecht aus. Nein, nichts ist mir eingefallen. Und zu
allem Unglück wirft d´Artagnan eben einen neugierigen Blick zu
Maren. Ich will garnicht wissen, was er da sieht. Auf jeden Fall
ist es interessant genug, dass er stehen bleibt und Anstalten
macht, sich dazu zu äußern.