And if I were to meet.... von
Durchschnittliche Wertung: 4.5, basierend auf 20 BewertungenKapitel Irrungen und Wirrungen von
Warum d´Artagnan sich umdrehte und starrte? Na, weil Maren fror.
Das sehe ich ein. Normalerweise, unter anderen Umständen. Aber wenn
mein Held sich dann galanterweise von seinem Mantel trennt und ihn
ihr um die Schultern legt, dann fühle ich mich ... vernachlässigt.
Ja, das ist das richtige Wort! Vernachlässigt, allein gelassen ...
und ich sinne auf Rache. Nicht an Maren, sondern an dem Herrn
Musketier.
Da himmelt man ihn an und zum Dank benimmt er sich uns beiden
gleich aufmerksam gegenüber. Ich friere leider nicht und es würde
mir auch nichts nützen. Der junge Mann würde sich gewiss nicht
unsretwegen bis auf die Unterhosen ausziehen. Wobei ... ich frage
mich, ob er einfärbige Unterhosen hat. In einem schicken
Schmutzgrau?
Und wir marschieren weiter in Richtung Hôtel de Tréville.
D´Artagnan kann sich, das sehe ich ihm an, nicht ganz entscheiden,
ob er nun verwirrt, nachdenklich oder amüsiert sein möchte. Nun,
sei´s drum. Wir werden ihn schon klein kriegen. Nicht zu
klein allerdings! Ich möchte dem Manne doch noch ins Auge sehen
können.
Im Palais angekommen, stolpern wir auch gleich über die ersten
Musketiere. Sieht genauso aus wie ich mir das immer vorgestellt
hatte. Ein Chaos! Irgendwie wirft das die Frage auf, wie sich das
Maren vorgestellt hat. Denn, wenn sie sich das anders vorgestellt
hat, dann müsste es doch auch so aussehen, oder? Wenn es mein Traum
ist, dann nicht. Aber ihr Traum kann es auch einfach so sein, denn
d´Artagnan sieht so aus, wie ich ihn mir vorstelle. Und dass Maren
ihn sich exakt so vorstellt, glaube ich nicht. Auch wenn
sie dann einen wirklich guten Geschmack hätte ...
Und wenn dieser interessante Traum unser Traum ist, dann ... dann
müsste das Palais für Maren so aussehen wie sie sich das ausgedacht
hat. Hmm ... erinnert mich entfernt an eine StarTrek Folge. Jeder
sieht etwas anderes. Das gehört untersucht! Auch wenn ich das
Gefühl habe, dass das langsam zu hoch für mich wird.
D´Artagnan führt uns in den Vorraum zu Trévilles Zimmer und ich
werde leicht nervös. Da stehen eine ganze Menge junger und älterer
Herren und alle werfen sie interessierte Blicke auf uns. Und nicht
einer von ihnen gefällt mir! Natürlich, ich bin bereits in der
Gesellschaft meines strahlenden Helden - ob er momentan wohl über
ein Pferd verfügt? -, aber ich bemerke doch, dass das Angebot hier
zu wünschen übrig lässt.
Der Herr Leutnant verneigt sich wieder einmal und geht dann zu
einem Lakaien, mit dem er für einige Minuten leise flüstert.
Hoffentlich ist er nicht da! Hoffentlich ist er nicht da!
Gebannt starre ich auf die Tür das Arbeitszimmers, entsetzt über
die Möglichkeit, die sich da offenbart. Wenn Monsieur de Tréville
anwesend ist, darf ich mich mit ihm unterhalten. Äh. Worüber? Ich
weiß es nicht. Auf solche Dinge muss man sich angemessen
vorbereiten! Mit nächtelangen Überlegungen und vielen Entwürfen.
Ich hoffe, nein, ich wünsche, dass er nicht da ist.
D´Artagnan unterhält sich ganz schön lange. Ob das gut ist? Und nun
kommt er zurück und ich weiß, ich sehe entsetzlich aus. Ja, ich
glaube, ich könnte jetzt locker in Ohnmacht fallen. Ob das das
Problem lösen würde? Im Stile von: Mademoiselle ist in Ohnmacht
gefallen. - Ach. Dann lassen wir das mit der Audienz mal gut sein.
Soll sie in einem Jahr wiederkommen. -
Wahrscheinlich würde das nicht so funktionieren. Ob der Herr
Leutnant mich auffangen würde? Ist er ein galanter Mann? Ich weiss
es nicht mehr. Vielleicht? Habe ich einen guten Eindruck gemacht?
Gefalle ich ihm? Kann ich ihm bereits um den Hals fallen?
Vor lauter Panik habe ich jetzt nicht gehört, was er gesagt hat. Er
sieht mich komisch an, das merke ich.
„Mademoiselle? Ist Euch nicht gut?“
„Äh .... doch, doch.“ Ich lächle zögernd und endlich, endlich nickt
er und lächelt auch. Allerdings amüsiert, spöttisch. Er verdient
einige Ohrfeigen! Von mir wird er sie zwar nicht bekommen, aber
wenn ich dann mal eine Liebesgeschichte schreibe! Ihr
werdet schon sehen, Herr Leutnant!
„Was sagtet Ihr?“ Ich bemühe mich wieder, einen angemessenen
Befehlston anzuschlagen. Hmm. Ob ein unterwürfiger Ton besser
gewesen wäre? Er überlegt jedenfalls noch, was er von mir zu halten
hat.
„Monsieur de Tréville ist auf der Jagd, zusammen mit dem
König.“
Gott segne den König!, möchte ich rufen und strahle. Gerade noch
rechtzeitig besinne ich mich, dass ich ja eigentlich enttäuscht
sein sollte. In etwas zerknirschtem Tonfall erwidere ich: „Das ist
schade.“ Ich zögere und versuche an seinen Eigenstolz zu
appellieren. „Meint Ihr, dass es morgen möglich sein wird, mich mit
ihm zu unterhalten?“
D´Artagnan verbirgt ein Lächeln hinter seiner Hand, während er sich
offenbar geistesabwesend über den Spitzbart streicht. Hah!
Getroffen. Ich wusste doch, dass er ein eingebildeter Mensch ist.
Er kommt sich gerne wichtig vor. Freunde hin oder her, er ist der
Leutnant der Musketiere und wichtig!
„Der Hauptmann ist ein sehr beschäftiger Mann, Mademoiselle,“, er
legt eine Pause ein, die - dessen bin ich mir sicher - er allein um
des Effekts willen macht, und fährt fort, „aber ich nehme an, dass
er gewiss bereit sein wird, mit Euch zu sprechen...“
Ich lächele wieder und nicke dankbar.
Jaa, das gefällt ihm. Nur am Rande frage ich mich, seit wann ich so
von ihm rede. So wie ich mich ausdrücke, könnte ich auch gerade
einem Terrier den Bauch kraulen. „Jaaaa, das gefällt dir, mein
Kleiner, nicht wahr? Du putziges Ding!“ Etwas in der Art. Zum
Glück halte ich den Mund.
„Wenn Ihr mir sagen könntet, in welche Angelegenheit Ihr den
Hauptmann zu sprechen wünscht, so könnte ich sicherlich....“ Er
lässt den Satz unvollendet und ich bin beglückt.
Oh! Ihr könntet ganz bestimmt ... was auch immer es ist, das ihr
könntet.
Betont gelassen antworte ich ihm: „Ich wollte mit Eurem Hauptmann
über eine Angelegenheit von einiger Wichtigkeit sprechen. Es
handelt sich um ...“ Ich stocke und überlege fieberhaft, worum es
sich handelt.Tja, man sollte denken bevor man beginnt zu
sprechen. „...um ... eine Dame, die Euch sicherlich bekannt sein
dürfte.“
Er starrt mich verständnislos an. So würde ich mich auch ansehen.
Ich denke an ... mich. Naja, ich möchte in eigener Angelegenheit
vorsprechen. Das heisst, möchte ich natürlich nicht, aber ,ähh, mir
fiel nichts besseres ein. D´Artagnan fiel auch nichts ein; er
starrt immernoch, durchforstet sein Gedächtnis nach Frauen. Ich
kann es ihm ansehen und ich weiß, dass es da nicht viele gibt. Hm.
Ob man das ausnutzen kann? Ich finde es zwar persönlich nicht so
lustig, ständig eine gewisse Frau auftauchen zu lassen,
aber ... in der Not?
„Verzeiht mir, aber von welcher Dame sprecht Ihr?“ Er versucht, so
zu klingen als gäbe es da massenahft Auswahl.Pah“ Dabei kann man
sie an einer Hand abzählen. Ich zumindest.
„Eine ... Dame, die ... die , nun sagen wir, beunruhigende,
Eigenschaft hat, Geister zum Leben zu erwecken.“ Das ist nicht
einmal gelogen! Er sollte mal einige alten Geschichten von mir
lesen! Ich weiß, Maren ist auch in der Nähe. Ich will lieber nicht
wissen, wie sie jetzt dreinsieht.
D´Artagnan dagegen kann ich genau sehen. Ich sehe zum Beispiel,
dass er kalkweiß wird und für einen Moment einen sehr seltsamen
Eindruck hinterlässt. Er denkt wie ich es möchte. Ob er schon unter
dem Einfluß meiner Charakterentwicklung steht?
„Geister?“, wiederholt er, als könne er es nicht glauben. Und er
tut mir leid. Ganz plötzlich tut er mir leid. Armer Mann. Ich
entschließe mich für ein leises Lachen, um die Spannung zu lösen.
Mit einem unschuldigen Lächeln sage ich: „Aber, ja, Monsieur. Ich
beschäftige mich sehr gerne mit diesen Dingen.“ Das ist zwar glatt
gelogen, aber wenigstens erfüllt es seinen Zweck. Er bekommt wieder
etwas Farbe ins Gesicht und lacht unsicher.
Ich nicke lächelnd. Und, um nicht ganz seine Aufmerksamkeit zu
verlieren, füge ich bescheidener hinzu: „Meine Angelegenheit ist
für mich von einiger Wichtigkeit. Sie ist aber vielleicht nicht
geeignet, das Interesse eines Hauptmannes zu wecken.“ Ich zögere,
um des Effekts willen. „Aber vielleicht kann mir ...“ Ich werde mir
plötzlich bewusst, dass ich hier nicht ganz allein bin und in dem
Bewusstsein, dass er mich mit plötzlichem Interesse und einigem
Wohlwollen ansieht, siegessicher und großzügig gestimmt, fahre ich
fort: „ ... vielleicht kann uns der Leutnant der Musketier
behilflich sein.“
Er ist geschmeichelt. Wieder einmal. Aber er ist zu niedlich, man
kann ihm nicht widerstehen. Dann ist er auch noch fesch und
intelligent ....
Der Herr Leutnant verneigt sich zur Abwechslung mal wieder und
nickt fröhlich. In seinen Augen kann ich es aufblitzen sehen und
weiss, er wittert ein Abenteuer. Was genau er da wittert, weiß ich
allerdings nicht.
„Mit Vergnügen, Mademoiselle.“
„Ihr werdet uns also behilflich sein ... wann können wir mit Euch
rechnen?“
„Heute bin ich leider den ganzen Tag verhindert. Wäre Euch morgen
früh recht? Dann könntet Ihr mir mehr berichten, von dieser
Angelegenheit.“
Ich grinse amüsiert. Hab´ihn an der Angel! „Aber gewiss doch,
Monsieur. Und wo werden wir die Ehre haben, Euch
anzutreffen?“
„Da Ihr bereits zu wissen scheint, wo ich wohne ...“, ich höre den
Spott und die Neugier aus seiner Stimme heraus und muss mich
bemühen, nicht zu lachen, „treffen wir uns doch in der Rue des
Fossoyeurs.“
Ich nicke und ich glaube zu sehen, dass Maren das Selbe macht.
Monsieur le mousquetaire nickt noch ein Mal, zieht den Hut und
entfernt sich rasch.
„Was machen wir jetzt?“, wende ich mich etwas verlegen an Maren,
denn ich habe wirklich keine Ahnung, was wir nun tun könnten.