And if I were to meet.... von Anonymous

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Kapitel Irrungen und Wirrungen von Anonymous

Warum d´Artagnan sich umdrehte und starrte? Na, weil Maren fror. Das sehe ich ein. Normalerweise, unter anderen Umständen. Aber wenn mein Held sich dann galanterweise von seinem Mantel trennt und ihn ihr um die Schultern legt, dann fühle ich mich ... vernachlässigt. Ja, das ist das richtige Wort! Vernachlässigt, allein gelassen ... und ich sinne auf Rache. Nicht an Maren, sondern an dem Herrn Musketier.
Da himmelt man ihn an und zum Dank benimmt er sich uns beiden gleich aufmerksam gegenüber. Ich friere leider nicht und es würde mir auch nichts nützen. Der junge Mann würde sich gewiss nicht unsretwegen bis auf die Unterhosen ausziehen. Wobei ... ich frage mich, ob er einfärbige Unterhosen hat. In einem schicken Schmutzgrau?
Und wir marschieren weiter in Richtung Hôtel de Tréville. D´Artagnan kann sich, das sehe ich ihm an, nicht ganz entscheiden, ob er nun verwirrt, nachdenklich oder amüsiert sein möchte. Nun, sei´s drum. Wir werden ihn schon klein kriegen. Nicht zu klein allerdings! Ich möchte dem Manne doch noch ins Auge sehen können.
Im Palais angekommen, stolpern wir auch gleich über die ersten Musketiere. Sieht genauso aus wie ich mir das immer vorgestellt hatte. Ein Chaos! Irgendwie wirft das die Frage auf, wie sich das Maren vorgestellt hat. Denn, wenn sie sich das anders vorgestellt hat, dann müsste es doch auch so aussehen, oder? Wenn es mein Traum ist, dann nicht. Aber ihr Traum kann es auch einfach so sein, denn d´Artagnan sieht so aus, wie ich ihn mir vorstelle. Und dass Maren ihn sich exakt so vorstellt, glaube ich nicht. Auch wenn sie dann einen wirklich guten Geschmack hätte ...
Und wenn dieser interessante Traum unser Traum ist, dann ... dann müsste das Palais für Maren so aussehen wie sie sich das ausgedacht hat. Hmm ... erinnert mich entfernt an eine StarTrek Folge. Jeder sieht etwas anderes. Das gehört untersucht! Auch wenn ich das Gefühl habe, dass das langsam zu hoch für mich wird.
D´Artagnan führt uns in den Vorraum zu Trévilles Zimmer und ich werde leicht nervös. Da stehen eine ganze Menge junger und älterer Herren und alle werfen sie interessierte Blicke auf uns. Und nicht einer von ihnen gefällt mir! Natürlich, ich bin bereits in der Gesellschaft meines strahlenden Helden - ob er momentan wohl über ein Pferd verfügt? -, aber ich bemerke doch, dass das Angebot hier zu wünschen übrig lässt.
Der Herr Leutnant verneigt sich wieder einmal und geht dann zu einem Lakaien, mit dem er für einige Minuten leise flüstert.
Hoffentlich ist er nicht da! Hoffentlich ist er nicht da!
Gebannt starre ich auf die Tür das Arbeitszimmers, entsetzt über die Möglichkeit, die sich da offenbart. Wenn Monsieur de Tréville anwesend ist, darf ich mich mit ihm unterhalten. Äh. Worüber? Ich weiß es nicht. Auf solche Dinge muss man sich angemessen vorbereiten! Mit nächtelangen Überlegungen und vielen Entwürfen. Ich hoffe, nein, ich wünsche, dass er nicht da ist. D´Artagnan unterhält sich ganz schön lange. Ob das gut ist? Und nun kommt er zurück und ich weiß, ich sehe entsetzlich aus. Ja, ich glaube, ich könnte jetzt locker in Ohnmacht fallen. Ob das das Problem lösen würde? Im Stile von: Mademoiselle ist in Ohnmacht gefallen. - Ach. Dann lassen wir das mit der Audienz mal gut sein. Soll sie in einem Jahr wiederkommen. -
Wahrscheinlich würde das nicht so funktionieren. Ob der Herr Leutnant mich auffangen würde? Ist er ein galanter Mann? Ich weiss es nicht mehr. Vielleicht? Habe ich einen guten Eindruck gemacht? Gefalle ich ihm? Kann ich ihm bereits um den Hals fallen?
Vor lauter Panik habe ich jetzt nicht gehört, was er gesagt hat. Er sieht mich komisch an, das merke ich.
„Mademoiselle? Ist Euch nicht gut?“
„Äh .... doch, doch.“ Ich lächle zögernd und endlich, endlich nickt er und lächelt auch. Allerdings amüsiert, spöttisch. Er verdient einige Ohrfeigen! Von mir wird er sie zwar nicht bekommen, aber wenn ich dann mal eine Liebesgeschichte schreibe! Ihr werdet schon sehen, Herr Leutnant!
„Was sagtet Ihr?“ Ich bemühe mich wieder, einen angemessenen Befehlston anzuschlagen. Hmm. Ob ein unterwürfiger Ton besser gewesen wäre? Er überlegt jedenfalls noch, was er von mir zu halten hat.
„Monsieur de Tréville ist auf der Jagd, zusammen mit dem König.“
Gott segne den König!, möchte ich rufen und strahle. Gerade noch rechtzeitig besinne ich mich, dass ich ja eigentlich enttäuscht sein sollte. In etwas zerknirschtem Tonfall erwidere ich: „Das ist schade.“ Ich zögere und versuche an seinen Eigenstolz zu appellieren. „Meint Ihr, dass es morgen möglich sein wird, mich mit ihm zu unterhalten?“
D´Artagnan verbirgt ein Lächeln hinter seiner Hand, während er sich offenbar geistesabwesend über den Spitzbart streicht. Hah! Getroffen. Ich wusste doch, dass er ein eingebildeter Mensch ist. Er kommt sich gerne wichtig vor. Freunde hin oder her, er ist der Leutnant der Musketiere und wichtig!
„Der Hauptmann ist ein sehr beschäftiger Mann, Mademoiselle,“, er legt eine Pause ein, die - dessen bin ich mir sicher - er allein um des Effekts willen macht, und fährt fort, „aber ich nehme an, dass er gewiss bereit sein wird, mit Euch zu sprechen...“
Ich lächele wieder und nicke dankbar.
Jaa, das gefällt ihm. Nur am Rande frage ich mich, seit wann ich so von ihm rede. So wie ich mich ausdrücke, könnte ich auch gerade einem Terrier den Bauch kraulen. „Jaaaa, das gefällt dir, mein Kleiner, nicht wahr? Du putziges Ding!“ Etwas in der Art. Zum Glück halte ich den Mund.
„Wenn Ihr mir sagen könntet, in welche Angelegenheit Ihr den Hauptmann zu sprechen wünscht, so könnte ich sicherlich....“ Er lässt den Satz unvollendet und ich bin beglückt.
Oh! Ihr könntet ganz bestimmt ... was auch immer es ist, das ihr könntet.
Betont gelassen antworte ich ihm: „Ich wollte mit Eurem Hauptmann über eine Angelegenheit von einiger Wichtigkeit sprechen. Es handelt sich um ...“ Ich stocke und überlege fieberhaft, worum es sich handelt.Tja, man sollte denken bevor man beginnt zu sprechen. „...um ... eine Dame, die Euch sicherlich bekannt sein dürfte.“
Er starrt mich verständnislos an. So würde ich mich auch ansehen. Ich denke an ... mich. Naja, ich möchte in eigener Angelegenheit vorsprechen. Das heisst, möchte ich natürlich nicht, aber ,ähh, mir fiel nichts besseres ein. D´Artagnan fiel auch nichts ein; er starrt immernoch, durchforstet sein Gedächtnis nach Frauen. Ich kann es ihm ansehen und ich weiß, dass es da nicht viele gibt. Hm. Ob man das ausnutzen kann? Ich finde es zwar persönlich nicht so lustig, ständig eine gewisse Frau auftauchen zu lassen, aber ... in der Not?
„Verzeiht mir, aber von welcher Dame sprecht Ihr?“ Er versucht, so zu klingen als gäbe es da massenahft Auswahl.Pah“ Dabei kann man sie an einer Hand abzählen. Ich zumindest.
„Eine ... Dame, die ... die , nun sagen wir, beunruhigende, Eigenschaft hat, Geister zum Leben zu erwecken.“ Das ist nicht einmal gelogen! Er sollte mal einige alten Geschichten von mir lesen! Ich weiß, Maren ist auch in der Nähe. Ich will lieber nicht wissen, wie sie jetzt dreinsieht.
D´Artagnan dagegen kann ich genau sehen. Ich sehe zum Beispiel, dass er kalkweiß wird und für einen Moment einen sehr seltsamen Eindruck hinterlässt. Er denkt wie ich es möchte. Ob er schon unter dem Einfluß meiner Charakterentwicklung steht?
„Geister?“, wiederholt er, als könne er es nicht glauben. Und er tut mir leid. Ganz plötzlich tut er mir leid. Armer Mann. Ich entschließe mich für ein leises Lachen, um die Spannung zu lösen. Mit einem unschuldigen Lächeln sage ich: „Aber, ja, Monsieur. Ich beschäftige mich sehr gerne mit diesen Dingen.“ Das ist zwar glatt gelogen, aber wenigstens erfüllt es seinen Zweck. Er bekommt wieder etwas Farbe ins Gesicht und lacht unsicher.
Ich nicke lächelnd. Und, um nicht ganz seine Aufmerksamkeit zu verlieren, füge ich bescheidener hinzu: „Meine Angelegenheit ist für mich von einiger Wichtigkeit. Sie ist aber vielleicht nicht geeignet, das Interesse eines Hauptmannes zu wecken.“ Ich zögere, um des Effekts willen. „Aber vielleicht kann mir ...“ Ich werde mir plötzlich bewusst, dass ich hier nicht ganz allein bin und in dem Bewusstsein, dass er mich mit plötzlichem Interesse und einigem Wohlwollen ansieht, siegessicher und großzügig gestimmt, fahre ich fort: „ ... vielleicht kann uns der Leutnant der Musketier behilflich sein.“
Er ist geschmeichelt. Wieder einmal. Aber er ist zu niedlich, man kann ihm nicht widerstehen. Dann ist er auch noch fesch und intelligent ....
Der Herr Leutnant verneigt sich zur Abwechslung mal wieder und nickt fröhlich. In seinen Augen kann ich es aufblitzen sehen und weiss, er wittert ein Abenteuer. Was genau er da wittert, weiß ich allerdings nicht.
„Mit Vergnügen, Mademoiselle.“
„Ihr werdet uns also behilflich sein ... wann können wir mit Euch rechnen?“
„Heute bin ich leider den ganzen Tag verhindert. Wäre Euch morgen früh recht? Dann könntet Ihr mir mehr berichten, von dieser Angelegenheit.“
Ich grinse amüsiert. Hab´ihn an der Angel! „Aber gewiss doch, Monsieur. Und wo werden wir die Ehre haben, Euch anzutreffen?“
„Da Ihr bereits zu wissen scheint, wo ich wohne ...“, ich höre den Spott und die Neugier aus seiner Stimme heraus und muss mich bemühen, nicht zu lachen, „treffen wir uns doch in der Rue des Fossoyeurs.“
Ich nicke und ich glaube zu sehen, dass Maren das Selbe macht. Monsieur le mousquetaire nickt noch ein Mal, zieht den Hut und entfernt sich rasch.
„Was machen wir jetzt?“, wende ich mich etwas verlegen an Maren, denn ich habe wirklich keine Ahnung, was wir nun tun könnten.