ein unmoralisches Angebot
Inspiriert durch den Wunsch einer einzelnen, von mir sehr
geschätzten Dame, habe ich mich tatsächlichan die Erstellung einer
Vampir/Musketier FF gemacht. Übrigens mein erster Versuch, Slash zu
schreiben.
Die Vampire und ihre Clans sind dem RPG "Vampire the Maskerade"
bzw. der "World of Darkness" entnommen. Ich habe mir allerdings ein
paar Änderungen vorbehalten. Zum Beispiel ist die Disziplin
"Fortidude" hier wesentlich mächtiger als im Spiel und Vampire
müssen hereingebeten werden. WOD-Spieler sollten das hier nicht
allzugenau nehmen. ;)
Ansonsten wünsche ich allen Lesern viel Spaß und
Vergnügen!
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Kapitel 1 – Ein unmoralisches Angebot
Ich stehe wieder einmal in deiner Straße und blicke zu deinem
Fenster hinauf. Es ist erleuchtet, aber du bist noch nicht zu
Hause. Du hast Dienst, bis die Uhren acht schlagen, dann wirst du
etwa eine Stunde brauchen, bis du müde und erschöpft die Treppen zu
diesem winzigen Verschlag hochsteigst, den Du Wohnung nennst. Ich
kenne Deine Gewohnheiten. Du wärst erschreckt, wenn Du wüsstest,
wie viel ich über Dich weiß. Ich habe wieder meinen üblichen Platz
eingenommen, halb verborgen hinter der Auslage des
Gemischtwarenhändlers, ein Stück die Straße hinab. Er wird in einer
Viertelstunde packen, wie all die anderen Straßenhändler, auch der
Schuhputzer wird seine kümmerlichen Einkünfte zusammenkratzen und
in die kleine Taverne tragen, wo Du nie anzutreffen bist, weil sie
Dir zu schäbig ist und der Wirt den Wein verwässert. Du treibst
Dich mit Deinen Freunden im Tannenzapfen herum. Euer Stammlokal.
Aber nicht heute. Deine Freunde sind alle beschäftigt, zwei müssen
Wache schieben und der dritte hat ein Stelldichein, obwohl er Dir
sicher erzählt hat, dass er noch ein paar Elegien zu Ende bringen
muss. Du glaubst ihm nicht, aber es ist Dir im Grunde egal was er
tut, solange er Euch nicht in Schwierigkeiten bringt. Und du weißt,
dass er das nicht tun wird. Ja, wie ich schon sagte, du wärst
höchst erstaunt über mein Wissen.
Nun, Meisterspion seiner Eminenz zu sein, hat deutliche Vorteile.
Ich weiß alles, was es über Dein Leben zu wissen gibt. Deine
Ideale, dein Unglück, das dunkle Verbrechen, das Deine Seele quält
und für das Du keine Sühne findest. Ich kennen Deinen wahren Namen
und Deine Geschichte. Das zumindest wirst Du bald genug
herausfinden.
Heute ist die perfekte Nacht für das, was ich vorhabe. Wenn Du
nur einen Augenblick lang ahnen könntest, wie lange ich Dich
gesucht habe. Selbst für einen von meiner Sorte war es eine lange
Zeit. Fast ein ganzes Jahrhundert. Meine Suche hat mich erst
hierher nach Paris geführt und in die Kreise, in denen ich mich
jetzt bewege. Ich habe all ihre Bälle, Soiréen und Lustbarkeiten
besucht, habe die aufstrebenden, vielversprechenden Häupter des
Landes gesehen, aber ich fand unter ihnen keinen, der mich gereizt
hätte, der jener Gabe würdig gewesen wäre, die Du teilen wirst. Du
bist es. Erst, als ich, in meiner Verzweiflung sogar unter den
Musketieren zu suchen begann, fand ich unter Kieseln jenen
Rohdiamanten, den ich heute zu schleifen beginne, auf dass sein
Glanz in der Welt der Nacht erstrahle. Im Gegensatz zu Dir bin ich
ein Schatten in Deiner Welt, man übersieht mich leicht. Bis auf
Deinen heißblütigen kleinen Freund, der wie eine Klette an meinen
Fersen hängt, wie an dem Tag vor einigen Wochen, als er zum ersten
Mal bei Tréville aufkreuzte. Ich beobachtete die Vieux-Colombier an
diesem Tag. Du hattest eine üble Verletzung davon getragen, und ich
war nicht sicher, wie schwer diese Wunde war, und ob ich im Notfall
eingreifen müsste, denn Dein vorzeitiges Ableben entspricht nicht
meinen Plänen.
Du musstest Dich natürlich justamente duellieren. Erst mit dem
Gascogner, dessen Temperament ich beinahe amüsant finden würde,
wenn er mir nicht langsam auf die Nerven ginge. Dann mit diesem
Cahusac, der natürlich im falschen Augenblick auftauchen musste. Du
bist wirklich unverbesserlich. Langsam glaube ich, dass es Dir eine
gewisse grimmige Freude bereitet, den Tod herauszufordern. Bist Du
am Ende zu den Musketieren gegangen, weil Du hoffst, abenteuerlich
und für ein höheres Ziel zu sterben? Nun, diesen Gefallen kann ich
Dir gern tun, zu Deinen Diensten, der Tod trägt Schwarz.
Ah, da kommst du die Straße entlang. Wie erwartet, bist Du bist
müde, gehst ein wenig langsamer als sonst. Das lange Stehen auf der
Wache hat Dich ermattet. Man sieht es kaum. Nur jemand, der so viel
Zeit hatte wie ich, die Menschen und ihre Reaktionen zu studieren,
kann den Unterschied und Deine Erschöpfung wahrnehmen. Die Anwohner
sehen Dir hinterher, Du spürst ihre bewundernden Blicke nicht, bist
blind für das einladende Lächeln Deiner Wirtin, die Dir aus dem
Fenster entgegen schaut. Du erlaubst Dir nicht, andere eine
Gefühlsregung oder Schwäche sehen zu lassen, denn Du bist der
perfekte Soldat seiner Majestät. Jetzt verschwindest Du im Haus.
Die Treppe hinauf, Dein Diener öffnet Dir sicher just in diesem
Augenblick die Tür. Du wirfst Dich in einen Sessel, lässt Dir eine
Flasche Wein bringen.
Ich warte noch eine Weile, gebe Dir Zeit, die Stiefel auszuziehen,
Dich auf einen ruhigen Abend einzustellen. Dass er alles andere als
ruhig wird, musst Du nicht wissen. Ich warte noch eine halbe
Stunde. Jetzt hast Du bereits die erste Flasche gelehrt und hast
Dich leidlich entspannt. Die Sonne ist untergegangen und die
letzten Spaziergänger haben sich in Häuser und Herbergen verzogen.
Der Augenblick, an dem ich meinen Plan in die Tat umsetze, ist
gekommen. Ich überquere die Straße, langsam, koste jeden Schritt
aus, denn er ist ein unwiderrufliches Zeugnis meines Entschlusses.
Ich fühle die Schicksalhaftigkeit unserer nahenden Begegnung. Unser
beider Leben wird verändert, heute Nacht.
Ich öffne die Haustür, und nehme mühelos, beinahe lautlos, die
Stufen nach oben. Für einen Moment ziehe ich es in Erwägung, an
Deiner Tür zu klopfen, entscheide mich aber dagegen. Ich hatte
schon immer eine Vorliebe für dramatische Auftritte. Das Schloss
Deiner Tür bietet keine große Herausforderung. Du fürchtest keine
Einbrecher. Angesichts Deiner Anwesenheit, hast Du es nicht einmal
für nötig befunden abzuschließen, und es kostet mich kaum mehr als
einen Lidschlag und eine Drehung des Handgelenks, um die Tür
aufzustoßen.
Du sitzt in Deinem Sessel genau gegenüber der Tür und blickst auf.
Vor Dir der obligatorische Becher mit Wein. Wie ich auf Dich wirken
muss, ein Fremder, ganz in Schwarz, mit einer hässlichen Narbe auf
der Wange und finsteren Augen, die aus dem bleichen, hageren
Gesicht hervorstechen. Ich weiß. Ich bin nicht sonderlich
anziehend. Im Gegensatz zu Dir. Du kneifst die Augen zusammen,
angesichts meines offensichtlichen Mangels an Höflichkeit. Ich
ziehe langsam den Hut und verneige mich in der nachlässigen
Andeutung einer Begrüßung, Du runzelst die Stirn. Erkennst mich.
Sicher hat Dir Dein kleiner Gascogner schon eine Beschreibung
geliefert. Der Mann aus Meung.
„Guten Abend, Monsieur.“
Meine Stimme klingt so, wie ich sie haben will. Dunkel,
provozierend, und ein wenig bedrohlich. Ich habe dieses Auftreten
lange verinnerlicht, es wird auch bei Dir seine Wirkung nicht
verfehlen. Du bist erstaunt, lässt Dir aber nichts anmerken. Du
erhebst dich und verneigst dich ebenfalls, hast in mir den Edelmann
erkannt und bist wohl entschlossen, mich auch so zu
behandeln.
„Monsieur, was wünscht Ihr?“ Deine Stimme jagt mir einen Schauer
über den Rücken. Bereits jetzt ist sie klar, präzise, wohlklingend.
Wenn ich mit Dir fertig bin, wirst Du die Massen betören. Ich
lächle ein wenig und entscheide mich für einen grandiosen
Auftakt.
Ich ziehe das erste As aus meinem Ärmel.
„Ich suche den Grafen de la Fère.“
Deine Selbstbeherrschung ist meisterlich. Bis auf eine leichte
Blässe und das kurze Zucken Deiner Lider verrät nichts Deine
Bestürzung.
„Ich bedauere, aber Ihr müsst Euch irren. Einen Grafen findet Ihr
hier wohl kaum, nur einen einfachen Musketier seiner
Majestät.“
Mein Lächeln wird ein wenig breiter.
„Wenn es sein muss, nehme ich auch mit einem Musketier
vorlieb.“
Du lächelst verächtlich.
„Einen Grafen gegen einen Musketier zu tauschen, Ihr macht einen
schlechten Handel, mit Verlaub.“
Mir scheint, ich bin nicht der erste, der einen solchen Tausch
vorgezogen hat.“
Jetzt wird Dein Mistrauen zur Gewissheit. Du presst die Lippen
aufeinander. Gerade höflich genug, um nicht beleidigend zu sein,
fragst Du „Euer Begehr?“
Mein Begehr? Oh, da gibt es einiges, aber beginnen wir beim
Anfang.
„Ich habe Euch gesucht.“
„Ihr meint, den Grafen.“
„Und fand den Musketier. Aber das Angebot, das ich dem Grafen de la
Fère vorzuschlagen gedachte, gilt auch für den einfachen
Athos.“
Du ziehst kaum merklich eine Augenbraue hoch. „Ach...“
Langsam wird es im Türrahmen ein wenig ungemütlich.
„Wollt Ihr mich nicht hereinbitten?“
„Vielleicht. Ihr hattet noch nicht die Güte, Euch
vorzustellen.“
Schlagfertig bist Du auch? Das imponiert mir.
„Charles-Cèsar, Graf Rochefort.“ Ich verneige mich wieder, diesmal
noch weniger tief als zuvor. Du neigst ebenfalls das Haupt.
„Nun, tretet ein, Graf.“
Ohne es zu ahnen, hast Du Dein Schicksal besiegelt. Erst Dein Wort
erlaubt es mir, einen Fuß über Deine Schwelle zu setzen. Ich trete
näher und nehme Dir gegenüber Platz. Du runzelst die Stirn, ob
meiner Unhöflichkeit, setzt Dich dann aber gleichfalls. Du winkst
Deinem Diener. Er bringt mir ebenfalls einen Becher. Ich nicke, Du
schenkst mir ein, ich nehme den Becher aus Deinen Händen. Du
wartest ruhig, was ich Dir zu sagen habe. Zwar tust du, als sei es
eine gewöhnliche Sache, dass ein fremder Edelmann ohne Erklärung in
Deine Wohnung platzt, Deine Möbel okkupiert und sich in seltsamen
Andeutungen ergeht, aber innerlich bist Du höchst alarmiert. Ich
halte den Becher ein wenig in die Höhe und bedauere, dass es kein
Kristallglas ist, das im Kerzenlicht jetzt wie ein Rubin funkeln
würde.
„Wisst Ihr, was ich am Wein besonders schätze?“ beginne ich. Du
erkennst meine rhetorische Frage als Einleitung und schweigst. „Die
Farbe.“ Ich zwinkere Dir zu. Dann erläutere ich Dir in einfachen
Worten mein Vorhaben. Du hörst Dir alles mit bemerkenswerter Ruhe
an. Ich spüre dennoch Deine Erregung angesichts meiner Worte, die
für Dich reine Blasphemie sein müssen und muss ein Grinsen
unterdrücken. Für einen Sterblichen bist Du bemerkenswert
abgebrüht, aber darauf zähle ich ja. Als ich ende, schüttelst du
langsam das Haupt.
„Ihr seid ja verrückt.“
„Nun, mein lieber Athos. Ich darf Euch doch so nennen, da ich vor
allen anderen Euch ausgewählt habe, ich verstehe Eure Skepsis, aber
ihr werdet sicher verstehen, dass ich mich nicht so einfach
zurückweisen lasse.“
„Nun, ich verstehe, dass Ihr entweder ein begnadeter
Geschichtenerzähler oder ein Wahnsinniger seid. Ihr könnt diesen
schlechten Scherz doch nicht ernst meinen.“
„Es ist mir vollkommen ernst“, erwidere ich. „Ihr, Athos, seid
auserwählt, ein Geschöpf der Nacht zu werden und an meiner Seite
über Paris, ja über Frankreich zu herrschen.“
„Selbst wenn ich auch nur für einen Augenblick so verrückt wäre,
Euch Glauben zu schenken, so vergesst nicht, dass Ihr mit einem
Mann sprecht, dem Herrschaft und Macht nichts bedeuten. Ihr habt
nichts, was mich interessiert, Monsieur. Ich wünsche Euch noch
einen guten Abend.“
Ich weiß, du möchtest das Gespräch an dieser Stelle beenden, aber
das kann ich leider nicht zulassen. Ich habe den ganzen Aufwand
nicht betrieben, um jetzt an Deinem Trotz zu scheitern.
„So?“ frage ich nur.
„Ihr habt Euer Anliegen vorgebracht, meine Antwort ist, dass ich
mit Euch nichts zu schaffen habe.“
Du bleibst also stur. Zeit, das zweite As zu ziehen.
„Wie bedauerlich, Monsieur“, gebe ich zur Antwort. “Da ich
unmöglich mit leeren Händen gehen kann, werde ich wohl das
Nächstbeste suchen. Ich denke, das werde ich in der Rue de
Vaugirard oder in der Rue de Fossoyeurs finden.“
Diesmal erbleichst du sichtlich.
„Wagt es nicht, Monsieur!“
„Wie?“
„Wagt nicht, mich zu erpressen. Untersteht Euch, meine Freunde in
Euer Spiel hineinzuziehen, weil Ihr mich nicht zu Eurem Irrsinn
überreden könnt.“
Oh, wie niedlich ist das doch, diese Fürsorge für den
Möchtegern-Theologen und den kleinen Junker.
„Ihr versteht mich falsch“, erkläre ich freundlich. „Ich habe
keineswegs die Absicht, Euch zu erpressen. Ich setze Euch lediglich
über die Folgen Eurer höchsteigenen Entscheidung in Kenntnis,
werter Athos. Auf die Ebbe folgt die Flut. Auf den Blitz der
Donner. Auf ein Nein ein Ja. Ihr seid zwar meine erste Wahl, doch
wenn Ihr Euch so sehr gegen das sträubt, was das Schicksal Euch
zugedacht hat, so könnt Ihr doch nicht verhindern, dass Eure
Entscheidung Folgen hat. So wie alles, was wir tun und auch das,
was wir nicht tun. Man mag es bewundern, oder bedauern, aber Ihr
und Eure Freunde seid das Beste, was diese Stadt zu bieten
hat.“
„Eure Anerkennung schmeichelt mir“, antwortest Du. „Aber Ihr
versteht sicher, dass ich nicht zulassen kann, dass Ihr meinen
Freunden, die ich sehr schätze, schadet. Und nach Euren
Ausführungen muss ich davon ausgehen, dass Ihr ihnen Schaden
zufügen wollt.“
Ich nicke spöttisch.
„Euch muss es wohl so erscheinen, werter Athos. Auch wenn ich von
einem Geschenk sprechen würde.“
Wir wissen beide, worauf das hinausläuft. Du bist so freundlich, es
zu erläutern.
„Ich kann nicht zulassen, dass Ihr Euer Vorhaben vollendet.“
Ich breite die leeren Hände aus, habe keine Waffe im Gürtel.
„Ich stehe Euch zur ganz Verfügung, leider bin ich für Ein Duell
nur ungenügend ausgerüstet.“
Verächtlich deutest Du auf den Waffenständer, der Deinen Degen
beherbergt. Du selbst drehst Dich um und greifst nach dem
edelsteinbesetzten Degen an der Wand, der ein wertvolles Erbstück
sein muss. Dies alles unternimmst Du mit der gleichen Gelassenheit,
mit der Du eine Flasche Wein öffnest oder den König Deine
Ehrerbietung erweist. Ich glaube, ich bin verliebt.
Ich nehme deinen Degen auf. Er liegt gut in der Hand. Du hast
Deine andere Waffe an Dich genommen und ziehst blank. In der Tat,
du lässt keine Zeit verstreichen und bist wohl entschlossen, Dich
auf der Stelle mit mir zu schlagen. Wie Du meinst. Jeder muss sich
auf seine Weise abreagieren. Zeit für meine dritte
Überraschung.
Wir verneigen uns erneut voreinander, und unsere Klingen kreuzen
sich. Du kämpfst vorsichtig, willst einschätzen, mit wem Du es zu
tun hast. Ich biete Dir die Stirn. Schließlich sollst Du nicht
glauben, ich würde Dir den Sieg schenken, das würdest Du
zurückweisen, und den Kampf sofort beenden. Dein Diener ist klug
genug, sich im Schlafzimmer zu verstecken und aus unseren Händel
herauszuhalten. Unser Tanz führt uns einmal durch das Zimmer, von
Wand zu Wand. Etwas eng hier. Ich hätte zwar nichts gegen ein wenig
Nahkampf mit Dir, aber ich beschränke mich weiter auf Paraden,
Finten und schnelle Attacken. Du kämpfst gut. Wir beschäftigen und
auf diese Weise fast eine Viertelstunde. Langsam treten
Schweißperlen auf Deine Stirn. Ich entscheide, dass es jetzt genug
ist. Als sei ich erschöpft, reagiere ich eine Spur langsamer als
bisher, meine Bewegungen werden schwerfälliger, ich lasse kleine
Fehler in meine Verteidigung einfließen, und Du wirst forscher. Du
treibst mich vor Dir her, bis ich mit dem Rücken an der Wand stehe,
dann vollführst Du eine meisterliche Finte. Ich setze noch eins
drauf und laufe, als wollte ich einen Ausfall machen, direkt in
Deinen Stoß hinein, schließlich muss ich den nächsten Akt
wirkungsvoll in Szene setzen. Dein Degen trifft meine Kehle und
nagelt mich praktisch an die Wand. Du bist entsetzt, so hattest Du
das nicht geplant. Du starrst mich einige Augenblicke überrascht
an, keiner von uns rührt sich.
Die Klinge hat meine Luftröhre durchbohrt, das ist nicht gerade
angenehm. Glücklicherweise bin ich aufs Atmen nicht angewiesen.
Langsam ziehst Du den Degen aus der Wunde, erwartest, dass Blut
hervorquillt. Zu Deiner Überraschung geschieht nichts dergleichen.
Ich lächle freundlich, diese Geste muss in einem Gesicht wie meinem
wie ein raubtierhaftes Grinsen wirken. Du weichst entsetzt einen
Schritt zurück, als ich nicht zu Boden sinke. Dann noch einen, denn
ich wende ein wenig Kraft auf und wie Wunde schließt sich vor
Deinen weit aufgerissenen Augen. Du hauchst etwas, das verdächtig
nach „Mutter Gottes“ klingt. Dass die Sterblichen aber auch immer
gleich religiös werden müssen.
Langsam beginnst du zu begreifen, dass ich nicht gelogen
habe.
Das ist dann doch ein bisschen viel für dich, du taumelst
rückwärts, bis Du es bist, der mit dem Rücken zu Wand steht. Wir
starren uns an. Langsam komme ich auf Dich zu. Dein Entsetzen lähmt
Dich. Ich habe Dich schon fast erreicht, da reißt Du endlich den
Degen hoch. Unbeeindruckt greife ich nach der blanken Schneide und
ramme sie mir mit einem Ruck in den Bauch, während ich den letzten
Meter überbrücke.
„Denkst du, das kann mich aufhalten?“ flüstere ich in Dein Ohr.
Mein Atem streift Deine Wange. Du zitterst ein wenig. Kraftlos
sinkt Deine Hand herab, angesichts der fundamentalen Wahrheit, die
alles, was man Dich gelehrt hat, in Frage stellt und Deinen Glauben
für immer erschüttert. Ich ziehe den Degen aus der Wunde und werfe
ihn fort. Auch diese Verletzung heilt innerhalb von Sekunden.
„Und? Glaubst Du mir jetzt?“
Du nickst stumm, unfähig auch nur ein Wort zu sagen.
„Und wie stehst Du nun zu meinem Angebot?“
„Ihr wollt mein Seelenheil.“
„Ja vielleicht. Vielleicht gebe ich es Dir auch zurück, wer
weiß.“
Die Macht und die Wunder, die Du gerade gesehen hast, können Dich
nicht verlocken, das habe ich begriffen. In Deinen hellen Augen
liegt eine einzige, drängende Frage. Ich nicke langsam. „Ja. Du
oder einer Deiner Freunde.“
Erkennen dämmert in deinen Augen. Dann Resignation.
„Was muss ich tun?“ flüsterst du.
Die Beute ist geschlagen.
„Nichts, gar nichts, nimm Abschied von der Welt, die Du kennst und
genieße...“
Noch immer um Selbstbeherrschung bemüht, unterdrückst du ein
Stöhnen, lediglich ein leises Zischen entweicht Deinen Lippen, als
ich meine Zähne in Deinen Hals schlage...
...To be continued...