Caroline von Eugénie
Durchschnittliche Wertung: 4.5, basierend auf 8 BewertungenKapitel Caroline
Die letzten Sonnenstrahlen brechen dort durchs Fenster. Es war
ein langer Tag. Ich kann hören, wie unten im Hof die Wache abgelöst
wird. Die Rufe, die Stimmen, das Klirren der Schwerter, das sanfte
Rascheln der Uniformen. Alles ist mir so vertraut. Es erinnert mich
an meine Kindheit. Jeden Morgen kam er in mein Zimmer, um mich zu
wecken. Meistens war ich schon wach. Vor meinem Fenster stand ein
Baum. Die Vögel begannen in den Sommermonaten oft schon, vor
Sonnenaufgang zu singen. Jeden Tag weckten sie mich. Es war so
wunderschön. Sie sangen, während die ersten Sonnenstrahlen durchs
Fenster brachen. Und kurze Zeit später die Schritte meines Vaters.
Er glaubte immer, ich würde noch schlafen. Leise schlich er ins
Zimmer, seine Uniform raschelte leise, er legte seine starke,
sanfte Hand auf meine Wange und weckte mich, oder besser glaubte,
mich erst durch seinen Kuß zu wecken.
Später hatte mein Mann dieselbe Angewohnheit wie mein Vater. Ich
glaube, daß irgendwann in einer ruhigen Stunde mein Vater es ihm
erzählt hat. Nun ja, möglich wäre es, schließlich waren sie die
besten Freunde. Er hat es nie zugegeben, aber ich bin überzeugt
davon, er hat es ihm gesagt. Und ich glaube, er hat ihm irgendwann
vor langer Zeit auch gesagt, wer ich wirklich bin.
Nun, wer bin ich eigentlich? Jetzt bin ich eine alte Frau, die in
einem großen Bett in einem luxuriös ausgestatteten Zimmer im Palast
des Königs liegt. Die viel gesehen und erlebt hat. Eine alte Frau
mit langen weißen Haaren, geschickt versteckt unter einer Perücke,
die über das Leben nachdenkt. Ich habe es weit gebracht, wenn man
die Umstände meiner Geburt bedenkt. Ich glaube, wenn Gott hier auf
Erden wirklich etwas mitzureden hätte, so wie die Priester und
unser lieber Kardinal immer predigen, hätte ich kaum eine Chance
gehabt zu erreichen, was ich erreicht habe. Denn wenn man dem
Gesetz der Erbsünde Glauben schenkt, so hätte ich mein Leben lang
verflucht sein müssen. Doch vielleicht stimmt es doch, was die
Priester so predigen. Denn ich habe meine Strafe erfahren. Nicht
für Verbrechen, die ich begangen habe, sondern für Verbrechen, die
meine Mutter und mein Vater begangen haben. Wie sonst kommt es, daß
mein Mann tot ist, daß ich nie die große Liebe meines Lebens
heiraten durfte? Daß ich noch immer im Dienste eines unehrenhaften
Königs stehe, dem sein Vergnügen wichtiger ist als den Hunger
seines Volkes zu stillen? Mit dem Geld eines einzigen
Staatsbanketts könnte man ganz Paris ein Jahr ernähren.
Aber ich bin zu alt und zu schwach, um noch etwas verändern zu
können. Außerdem bin ich eine Frau, eine Witwe und ich muß froh
sein, daß ich in den Diensten dieses Tyrannen stehen darf. Einst
liebte ich meinen König, liebte ihn sogar sehr, doch viele Dinge im
Leben ändern sich, so wie sich auch meine Liebe geändert hat. Oder
vielleicht tat sie es doch nicht. Vielleicht will ich ihn nur
hassen, und kann es doch nicht.
Meine einzige Hoffnung ist jetzt nur mehr, daß ich sterben darf.
Daß ich von meinen Leiden erlöst werde. Hoffentlich bald, sonst
kann ich meinen Erben nur Schulden hinterlassen.
Doch bevor ich sterbe, möchte ich den Menschen noch sagen, wer ich
wirklich war.
Mein Name ist Caroline de la Fère, und Athos war mein Vater.
Wer meine Mutter ist war lange Zeit ein Geheimnis für mich. Mein
Vater weigerte sich vehement, von ihr zu sprechen. Jedesmal, wenn
ich ihn fragte, wer meine Mutter sei, antwortete er: mein Kind, sie
ist tot. Manchmal hörte ich ihn noch etwas murmeln. Einmal klang es
so, als würde er sagen: das hoffe ich jedenfalls. Damit war es
erledigt, und irgendwann hörte ich auf zu fragen. Doch wissen
wollte ich es. Ich fragte seine Freunde, doch die wußten nicht
einmal, ob er jemals verheiratet war. Sie meinten nur, meine Mutter
müsse sehr schön gewesen sein. Blondes Haar muß sie gehabt haben,
dachte ich immer. Blond, so wie meines, und weiße Haut, wie
Alabaster die Hände, Perlen die Zähne, Korallen die Lippen. Viele
Jahre später erfuhr ich durch Zufall, wer sie war. Denn ich
begegnete ihr. Es muß meine Mutter gewesen sein, denn mein Vater
erschrak und sie auch. Außerdem hatte sie genau dasselbe blonde
Haar wie ich.
An diesen Abend kam mein Vater zu mir und begann zu erzählen. Er
weinte und erzählte. Und ich will euch nun diese Geschichte
erzählen. Die Geschichte von Caroline de La Fère.
Mein Vater war Besitzer einer Grafschaft im Norden von
Frankreich. Er war reich und angesehen. In seiner Jugend soll er
sehr gut ausgesehen haben. Groß und kräftig, starke, aber sanfte
Hände, dunkles Haar, das gelockt auf seine Schultern fiel und
Augen, so geheimnisvoll wie er selbst. Viele junge Mädchen hätten
es gerne gesehen, wenn er sie zum Altar geführt hätte, doch mein
Vater entschied sich anders. Er heiratete nicht, wie es eigentlich
üblich war, die Tochter irgendeines Herzogs, Barons oder Grafen,
Hauptsache, sie sollte reich sein, das Aussehen war egal. Doch mein
Vater war ein Romantiker, auch wenn man es ihm nie zugetraut hätte.
Er wollte seine große Liebe heiraten. Also wartete er. Und eines
Tages kam sie wirklich nach La Fère. Niemand wußte genau, woher sie
kam, oder wer sie war, ob sie Geld hatte oder von adeliger Geburt
war. Meinem Vater war all dies gleichgültig. Er sah sie und wußte,
daß er nur mit dieser Frau glücklich werden würde. Also nahm er sie
zur Frau, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, was die Gesellschaft
sagen wird. Mein Vater war von ihrer Schönheit fasziniert. Sie
hatte wundervolles blondes Haar und schneeweiße Haut, blaue Augen,
unergründlich wie der Ozean selbst. Sie heirateten und waren die
glücklichsten Menschen auf der Welt. Wenn man sie sah, glaubte man
zwei Engel zu sehen, die zufällig auf der Erde verweilten. Sie
strahlten soviel Glück aus, daß es fast schon unglaublich war.
Jeder war davon überzeugt, dieses Glück würde ewig halten. Nach nur
einem halben Jahr Ehe kam ich auf die Welt. Man schwieg darüber,
daß ihre Schwangerschaft so kurz war. Die alten Frauen meinten nur,
daß manchmal, wenn die Liebe zwischen zwei Menschen besonders stark
ist, sich die Schwangerschaft verkürzen kann. Das Glück schien
vollkommen zu sein, und war es doch nicht. Meine Mutter trug ein
Geheimnis mit sich herum, das mein Vater nicht wußte, nie erfahren
sollte. Nichts läßt sich ewig verstecken. Eines Tages, es war kurz
nach meiner Geburt, ritten meine Eltern aus. Das Pferd scheute und
stürzte. Meine Mutter fiel so unglücklich, daß sie für kurze Zeit
keine Luft bekam und ohnmächtig wurde. Mein Vater eilte zu ihr, um
ihr Mieder zu öffnen. Und da sah er es. Ein Zeichen, das ihr ganzes
Glück für immer zerstören sollte. Das Brandmal der Lilie. Auf immer
verewigt in der weißen Haut ihrer linken Schulter. Er traute seinen
Augen nicht. Was für ein Verbrechen konnte dieser Engel nur
verbrochen haben? Haß stieg in ihm empor. Unbeschreiblicher, für
immer währender Haß.
In diesem Moment schlug sie die Augen auf. Sofort begriff sie, was
er gesehen hatte. Meine Mutter versuchte, ihm zu erklären, daß sie
unschuldig sei. Man habe sie zu Unrecht gebrandmarkt. Doch er
glaubte ihr nicht. Er war enttäuscht und verzweifelt. Ohne zu
zögern packte er sie und erhängte sie am nächsten Baum. Gott
vergebe mir, schrie er aus, als er heimritt.
Dort wartete meine Amme mit mir in den Armen auf ihn. Wie von
Sinnen stürzte er in das Haus. Die Amme erschrak und rannte weg.
Ich glaube, damit hat sie mir das Leben gerettet. Ich bin
überzeugt, mein Vater hätte auch mich getötet. Ich weiß, er hätte
es nur getan, um mir die Schande zu ersparen, mit dieser Schande
leben zu müssen. Doch ich lebte.
Am nächsten Tag verschwand mein Vater. Keiner wußte, wohin. Er gab
alles auf. Wieder verdanke ich meiner Amme, daß ich noch lebe. Sie
nahm mich und brachte mich in das nächste Kloster. Dort blieb ich
dann, bewacht von den Nonnen. Wenn es nach den Nonnen ging, so wäre
ich wohl auf immer dort geblieben. Doch schon nach wenigen Jahren
stellte sich heraus, daß ich für das Leben als Nonne nicht geeignet
war. Alle im Kloster liebten mich. Ich war ein aufgewecktes Kind,
und alle bewunderten meine wunderschönen blonden Haare. Wenn ich
sie gegen die Sonne hielt, so glitzerten sie wie Gold. Viel Zeit
verbrachte ich im Klostergarten. Angeblich konnte ich Stunden damit
verbringen, einen Schmetterling zu jagen oder den Vögeln zuzusehen.
Es muß eine sehr glückliche Zeit gewesen sein, denn sie verging so
schnell, daß ich mich an kaum etwas mehr erinnern kann.
Ich war noch sehr klein, vielleicht 4 Jahre alt, als auch diese
Zeit endete. Eines Nachts - es regnete in Strömen - kam ein Mann
vorbei. Er sah aus wie ein Landstreicher, doch hatte er viel zu
feine Hände, als daß er wirklich einer sein könnte. Die Schwestern
gaben ihn zu essen und zu trinken. Bald stellte sich heraus, daß er
nur aus einem einzigen Grund den weiten Weg von Paris bis hierher
auf sich genommen hatte. Und dieser Grund war ich. Es war mein
Vater, den ich nun endlich kennenlernen durfte. Er nahm mich in den
Arm, drückte mich fest an seine mächtige Brust und sagte immer
wieder zu mir: verzeih mir, verzeih mir. Als er mich wieder
losließ, betrachtete er mein Haar, und eine Träne rann über seine
Wange. Dies ist die erste Erinnerung, die ich an meinen Vater,
eigentlich an meine gesamte Kindheit habe.
Am nächsten Tag machten wir uns auf nach Paris. Von nun an begann
ein neues Leben für mich. Paris, die Stadt des Königs.
Paris war damals das Herz von Frankreich und alles was Rang und
Namen hatte konnte man dort antreffen. Es war eine Stadt voller
Leben, voller aufregender Abenteuer, aber auch voller Gefahr.
Mein Vater war, nachdem er sein Gut verlassen hatte, Musketier
geworden und nannte sich nun Athos. Er war ein geheimnisvoller,
aber sehr kluger Mann. Kurz nachdem er mich nach Paris gebracht
hatte fing er an mich zu unterrichten. Er zeigte mir den Louvre und
die Palais der Adeligen. Anhand dieser lehrte er mich die
Geschichte von Frankreich. Natürlich war ich noch viel zu jung um
alles was er sagte zu verstehen, aber es war schön zuzuhören wenn
er von Königen und Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen und von
Kardinal erzählte. Am liebsten unternahm er diese lehrreichen
Spaziergänge mit mir am Sonntag, nach der Kirche. Er legte großen
Wert drauf, daß ich immer schön angezogen war und mich von meiner
besten Seite zeigte wenn wir in die Kirche gingen. Er sagte immer,
acht auf deine Haare, deine Hände und Schuhe, an diesen drei Dingen
kann man erkennen ob einer ein Edelmann oder Lump ist; egal welches
Gewand er sonst trägt.
Jeden Sonntag hörte ich von neuem zuerst seine Predigt, dann die
des Priesters (die ich natürlich nicht verstand, weil ich keine
Ahnung von Latein hatte) und dann seinen Vortrag über die
Geschichte Frankreichs. Doch sehnte ich mich mehr danach zu
spielen. Unsere Hauswirtin hatte zwei Kinder, einen Jungen er war
ein paar Jahre älter als ich und ein Mädchen das ungefähr gleich
alt war. Der Junge hieß Pierre und das Mädchen Justine. Ich
verbracht viel Zeit mit Ihnen. Jeden Morgen, nachdem mein Vater
mich geweckt hatte und wir gemeinsam gefrühstückt hatten, brachte
er mich zu ihr. Mein Vater sah sehr schön aus in seiner Uniform und
ich glaube Marie, unsere Hauswirtin, war heimlich ein bißchen in
ihn verliebt.
Den ganzen Tag spielte ich mit Pierre und Justine und natürlich
halfen wir drei auch Marie. Sie war eine sehr herzliche und liebe
Frau. Sie war klein und ein wenig rundlich, doch mit schönen
braunen Haaren und einem herzhaften Lachen. Wenn Justine und ich
ihr in der Küche halfen, so erzählte sie uns immer, das sie einmal
für den König gearbeitet hatte. In der königlichen Küche und habe
sein königliches Frühstück gemacht. Sie konnte so lustig erzählen.
Von dem Küchenchef der sich über jede Kleinigkeit sofort aufregte
und die königlichen Lieferanten mit denen man gut scherzen konnte.
Oft erzählte sie uns auch von dem einem mal als sie hinauf gehen
durfte in die königlichen Gemächer. Es war damals kurz nach der
Heirat des Königs gewesen. Ein großes Fest wurde gefeiert. Tausende
Besucher waren da. Marie meinte ganz Frankreich, nein die ganze
Welt sei damals bei diesem Fest gewesen. Vor dem Fest mußte sie
damals mithelfen Essen in eines der königlichen Speisezimmer zu
bringen. Und da sah sie zum ersten Mal die Prunkräume des
Schlosses. Sie erzählte uns von dem Gold und den Spiegeln, den
Teppichen die so weich waren das man glaubte man gehe auf Wolken.
Es war auch das erste Mal, daß sie die junge Königin von
Frankreich, Anna von Österreich, sah. Ganz nah, sagte Sie war sie
damals an Ihr vorüber gegangen. Mit jeder Erzählung wurde der
Abstand geringer. Zuerst waren es noch zwei Zimmer die sie
trennten, doch das letzte Mal meinte sie sogar, das sie fast ihr
Kleid berührt hatte. Egal, Marie war glücklich wenn sie es
erzählte. Und wir Kinder auch. Schön soll sie damals gewesen sein
die Königin, so eine wunderschöne Frau habe sie noch nie im Leben
gesehen. Herrliche braune seidig glänzende Locken, ganz zarte
Hände, eine weiße Haut und sehr graziös soll sie gegangen sein. Das
Kleid, daß sie damals trug war überhaupt das prächtigste von der
ganzen Welt. Golden soll es geschimmert haben. Justine und ich
saßen oft zusammen und träumten davon auch einmal im Schloß des
Königs zu sein. Wie es wohl sein würde auf diesen weichen Teppichen
zu gehen. Wir träumten davon Anna von Österreich zu sein und in
solch einem schönen Schloß wohnen zu dürfen. Pierre lachte uns
immer aus. Er wollte Soldat werden oder noch besser Musketier um
den König zu beschützen. Während Justine und ich Prinzessin
spielten, jagte er den Katzen und Hunden hinterher. Er meinte dies
seien die Feinde und er, der große tapfere Musketier, werde uns
beschützen. Es machte viel Spaß ihm zuzusehen, vor allem dann wenn
er vor lauter Übermut auf die Nase viel. Das kam nicht selten
vor.Es war eine glückliche Zeit. Mein Vater war froh, das ich bei
Marie ebenfalls lernte, das man den König achten soll, das er das
Oberhaupt von Frankreich ist, von Gottes Gnaden eingesetzt. Ich
wußte damals noch nicht genau was das hieß doch da die Erwachsenen
dabei immer so ein ernstes Gesicht machten, war mir klar, daß es
etwas sehr wichtiges sein mußte. Ein paar Jahre war ich nun schon
in Paris. Marie lernte uns wie man einen Haushalt führte. Von ihr
lernte ich kochen, sticken und nähen. Ich bemühte mich sehr den
Haushalt für meinen Vater zu führen. Er meinte immer, das es sehr
lieb von mir sei und er meine Bemühungen gerne unterstütze doch ich
sei wohl noch ein bißchen zu jung dafür. Er sah es lieber wenn ich
die Geschichte Frankreichs lernte oder Frage über die letzte
Predigt des Priesters stellte. Er meinte, daß dies zwar für ein
Mädchen nicht unbedingt notwendig sei, doch auf jeden Fall würde es
mir einmal sehr viel nützen können.Eines Abends lernte ich zwei
Freunde meines Vaters kennen. Der eine war ein Riese. Als ich ihn
zum ersten mal sah hatte ich, ich muß es gestehen, Angst vor ihm.
Aber die verging genau so schnell wie sie gekommen war. Er hatte
eine herzliche Art und ein lautes kräftiges Lachen. Irgendwie
erinnerte er mich an Marie, er strahlte genau so viel Wärme aus.
Sein Name war Porthos.
Der andere war ruhiger doch nicht weniger liebenswert. Er war groß
und schlank und sah sehr sehr fein aus. Sein Name war Aramis. Die
ganze Art erinnerte mich an die Priester die ich jeden Sonntag in
der Kirche sah, mit der einen Ausnahme das dieser hier keine
Predigten hielt. Doch darin sollte ich mich täuschen. Mein Vater
hatte nun den ehrgeizigen Plan mir lesen, schreiben, Latein,
Geschichte, feine Manieren und Tanzen beizubringen. Er meinte ich
wäre nun alt genug dafür. Als er mir seinen Plan offenbarte war ich
nicht sehr begeistert. Denn er erklärte mir, das ich von nun an
jeden Abend einige Stunden lernen sollte. Ich wollte protestieren,
da ich nun keine Zeit mehr hätte mit Justine und Pierre zu spielen,
doch bei meinem Vater war Protest sinnlos.
Er wollte mich nicht alleine unterrichten. Seine Freunde würden ihm
dabei behilflich sein. Er selbst wollte mir lesen uns schreiben
sowie Geschichte lehren, Aramis sollte die Lateinlektionen
übernehmen und Porthos dürfte das Tanzen übernehmen.
Überraschend schnell gewöhnte ich mich daran, still zu sitzen und
meine Lektionen zu lernen. Mein Vater war ein sehr strenger und
genauer Lehrer. Jeden Abend machten wir eine Lektion durch. Am
nächsten Tag mußte ich dann, während er weg war diese Lektion
wiederholen. Und wenn er, was öfter vor kam, ein paar Tage nicht
nach Hause kam und ich wieder bei Marie blieb so hatte ich dort die
Lektion zu wieder holen.Aramis war anders. Er redete viel über Gott
und erklärte mir die Bibel. Er lehrte mich Latein. Doch war er
nicht so streng wie mein Vater. Es war ihm wichtig das ich es
verstand und vor allem bestand er darauf, das ich die Gebete
ordentlich sprechen konnte. Es war lustig mit ihm. Denn manchmal
erzählte er nur von Gott und er Kirche und er erwähnte auch, das er
ja so gerne Priester wäre. Doch gab es auch Abende an denen wir
kaum eine Lektion schafften und er mir vom Leben erzählte und wie
schön es doch ist Musketier zu sein. An diesen Abenden lernte ich
dann mehr über die Musketiere als über die Kirche. Was allerdings
irgendwie spannender war.Doch nichts übertraf die Abende mit
Porthos. Er war der lustigste und beste Lehrer von allen. Er kam
immer herein mit einem langen Stock der am Ende einen kleinen
goldenen Knauf hatte. Er war wahnsinnig stolz auf diesen Stock.
Zuerst zeigte er mir die Tanzschritte und dann mußte ich sie
tanzen. Er schlug dann immer den Rhythmus mit seinem Stock auf den
Boden und sang dabei eine Melodie. Es war so lustig es zu
beobachten. Wie er sich immer mehr hineinsteigerte. Einmal schafft
er es sogar ein Stück Holz aus dem Boden zu brechen, weil er so
heftig mit dem Stock aufschlug. Kaum halten konnte ich mich vor
lachen.Es war schön zu lernen. Natürlich wollte ich, das meine
Freundin Justine daran teil haben sollte. Doch Marie wollte nicht,
das sie lesen und schreiben lernte. Sie konnte es ja selber nicht.
Sie hielt das alles nur für dummes Zeug. Also unterließ ich meine
Bemühungen Justine das lesen beizubringen. Sie interessierte sich
mehr fürs sticken. Auch Marie meinte, daß das weitaus wichtiger
wäre.Eines Abends, mein Vater war alleine mit mir, kam ihm ein
neuer Freund besuchen. Es war ein junger Mann von vielleicht 19
Jahren. Sehr gutaussehend. Sein Name war d'Artangnan. Er war
offensichtlich sehr erstaunt über das Bild was er sah.
Offensichtlich hatte mein Vater ihm verheimlicht, das er eine
Tochter hatte. Er schaute lange von meinem Vater zu mir und wieder
zu ihm ohne ein Wort zu sagen. Mein Vater stellte mich vor, und
dann gingen beide in sein Zimmer.
Oft kam d'Artangnan zu uns auf Besuch; ich mochte Ihn sehr gerne.
Er war lustig und erzählte mir oft Geschichte aus seinem Dorf, wo
er herkam und auch die Geschichte wie er nach Paris kam. Oft
erzählte er mir wie sein Pferd aussah. Ich hätte es gerne gesehen,
denn ich konnte nicht glauben, das es wirklich orange war. Ich habe
in meinem ganzen Leben noch kein orange farbenes Pferd
gesehen.Eines Tages kam d'Artangnan zu uns und machte ein sehr
ernstes Gesicht. Er war nicht so lustig wie an den anderen Abenden.
Er ging auch, kaum das er mich begrüßt hatte mit meinem Vater in
dessen Zimmer. Am liebsten hätte ich an der Tür gelauscht über was
sie sprachen, doch mein Vater mochte es nicht wenn ich das tat. Ich
kroch dennoch ganz vorsichtig zur Tür und sah ihre ernsten
Gesichter im Kerzenschein und hörte ernstes Gemurmel. Ein paar Mal
hörte ich, daß Worte vielen wie, der König, die Königin, der
Kardinal und von einem Herzog von Buckingham war auch die Rede. Ich
begriff nicht was das bedeutet also widmete ich mich anderen
Dingen. Ich liebte diese Zeit, tagsüber war ich bei Marie und am
Abend bekam ich Unterricht. Doch sie sollte nicht von langer Dauer
sein. In letzer Zeit waren diese Abende immer spärlicher geworden.
Nur noch selten kam mein Vater nach Hause. Porthos und Aramis bekam
ich kaum mehr zu Gesicht. Eines Abends kam er nach Hause und sprach
lange mit mir. Er erklärte mir, das nun eine schwierige Zeit für
Frankreich angebrochen war. Es gäbe Feinde die das Land bedrohen
und er mußte nun mit seinen Freunden das Land verteidigen. Der
König und vor allem die Königin sei in Gefahr. Der König selbst
hatte ihn mit einem wichtigen Auftrag betraut.
Er wollte aber nicht, daß ich bei Marie bleibe sonder schickte mich
in ein Kloster. Ich war jetzt 11 Jahre alt und begriff, das die
Lage ernst war. Ich wollte meinem Vater helfen, doch das einzige
was ich tun konnte, war ins Kloster zu gehen. Dort würde ich sicher
sein und man würde für mich sorgen. Schweren Herzens brachte mich
mein Vater am nächsten Morgen ins nächste Kloster. Er überreichte
der Mutter Oberin ein Kästchen mit dem Auftrag, das falls er nicht
mehr wiederkehre ich diese Kästchen mit 19 erhalten solle. Ich
glaube er wollte nicht das ich das höre und ich tat auch so als
habe ich nicht verstanden, was die beiden geredet hatten. Doch ich
bekam Angst. Sollte ich ihn wirklich nie mehr wieder sehen? Zum
Abschied drückte ich ihn ganz fest. Eigentlich wollte ich ihn nicht
mehr loslassen. Ich wußte gewiß er fühlte das selbe. Auch er hatte
Angst, doch zugeben, nein das würde er nie. Denn es war für den
König, der eingesetzt wurde durch Gottes Gnaden. Zum ersten Mal
begriff ich wirklich was das hieß: Der König war Gott auf Erden.
Wenn er befiehlt haben alle zu folgen. Auch mein Vater.