Caroline von Eugénie

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Kapitel Der Tod der Mutter

Gemeinsam ritten wir nach Bethune zu einer Herberge. Nahmen dort Quartier und Athos schickte uns alle schlafen. Er sprach noch kurz mit Mylord de Winter und kam dann in unser Zimmer. Er sah mich an und sagte: Ich habe Mylord unsere Geschichte erzählt. Er sieht ein, dass es auch an uns ist die Toten zu rächen. Nach all den Ereignissen des Tages konnte ich kaum mehr klar denken. Zu vieles war heute geschehen. Doch war mir klar, dass ohne meine Zustimmung mein Vater nichts unternehmen würde. Noch immer erfüllt von der Angst gab ich ihm mein Einverständnis. Daraufhin verschwand er in der Nacht. Trotz all der Angst schaffte ich es doch einen recht ruhigen Schlaf zu finden. Am nächsten Morgen sah ich meinen Vater neben meinem Bett sitzen. Er sah mich liebevoll an, deutete zum Fenster und sagte mir, dass wir in wenigen Stunden aufbrechen werden; nach Armentieres.
Wir ritten am Nachmittag los, gemeinsam mit einem Mann den ich nicht kannte, aber mein Vater schien ihn zu kennen. Am Abend kamen wir in Armentieres an. Es war eine stockfinstere, gewittrige Nacht. Eigentlich hatte ich immer Angst vor Gewittern gehabt, doch diesmal nicht. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt nicht an das zu denken, was nun kommen würde.
Wir kamen zu einem Haus, das einsam in weiter Flur stand. Athos ging zum Fenster, sah hindurch, und drückte es dann auf. Von drinnen kam ein Schrei, der Schrei meiner Mutter. Wir folgen ihm in das Haus. Zuerst d’Artagnan, dann Aramis und Porthos, Mylord de Winter, der Unbekannte und zuletzt ich. Ich zögerte. Nun würde ich zum ersten Mal bewusst meiner Mutter gegenüber stehen. Doch lange konnte ich nicht darüber nachdenken, schon stand ich mit den anderen vor ihr. Sie frage was wir hier wollten und blickte die Reihe entlang. Zuletzt traf ihr Blick mich. Seltsam war ihr Blick, ich vermochte ihn nicht zu deuten. Ja, dies ist unsere Tochter, sagte mein Vater erstaunlich ruhig. Sie kam auf mich zu, wollte mich umarmen, doch unwillkürlich wich ich zurück. Es war eine Fremde die auf mich zukam, eine Fremde und trotzdem keimte ein Gefühl des Vertrauens in mir als ich sie ansah.
Nur einen Augenblick später erklärte Athos ihr warum wir hier waren. Wir waren ihre Richter, wir wollten sie verurteilen für alle Verbrechen die sie begangen hatte. Für den Mordversuch an d’Artagnan, wegen der Anstiftung zum Mord am Herzog von Buckingham, für den Mord an ihren zweiten Ehemann Lord de Winter und den Mord an Constance Bonacieux, wegen allem was sie meinem Vater und mir angetan hatte. Athos brachte die Klage vor, ich hätte nicht sprechen können, noch konnte ich sie ansehen. Nun trat der Mann vor, den mein Vater mitgebracht hatte. Es war der Henker von Lille. Er nahm ihren Arm und sagte, dass wir ein Urteil zu sprechen hätten. D’Artagnan begann, er forderte die Todesstrafe, dann Lord de Winter, ebenfalls die Todesstrafe, Aramis und Porthos ebenso. Mein Vater nahm mich am Arm, sah mich an, doch ich konnte nicht sprechen, so nickte ich nur. Nie wieder in meinem Leben war mir eine solch einfache Bewegung so schwer gefallen. Athos sprach das Urteil. Wir brachten sie hinaus. Der Henker setzte sie in ein Boot auf der Lys. Nun begann sie zu flehen und zu betteln. Verzweiflung sprach aus ihren Worten und aus ihrem Gesicht. Jeden bat sie um Gnade, auch mich. Sie versprach mir von nun an eine gute Mutter zu sein, alles versäumte nachzuholen. Sie wolle mir von nun an bei allem beistehen. Ich müsste nicht mehr im Palast arbeiten, sie würde für mich sorgen. Schier endlos schienen mir ihre Versprechen, endlos wie unglaubwürdig. Ich hielt mir die Ohren zu. Ich wollte sie weder sehen noch hören. Die Schreie verstummten. Ich öffnete die Augen, ein Blitz zuckte aus den Wolken und ich sah wie das Beil des Henkers sich senkte. Ich zuckte zusammen und brach in Tränen aus. Auch wenn ich sie nie gekannt hatte, so hatte ich doch gerade meine Mutter verloren. Die Frau die mir das Leben geschenkt hatte. Die Frau, der ich so ähnlich sah. Die Frau die mein Vater geliebt hatte. Es war vorbei. Nie würde ich erfahren wie es ist eine Mutter zu haben. Sie war tot und ich war schuld. Ich hätte es verhindern können. Die andern hätten vielleicht auf meine Bitte gehört. Doch ich hatte es nicht getan. Die Tränen wurden mehr, mein Schluchzen lauter. Mein Vater nahm mich in seine Arme und ich heulte bis sein Umhang nass von meinen Tränen war. Er sagt nichts. Nach einiger Zeit hob er mich auf mein Pferd und wir ritten davon. Lord de Winter trennte sich in Bethune von uns und wünschte uns Glück sowie wir ihm. Lange Zeit war es mir unmöglich zu denken und ich war froh, dass wir einfach nur ritten. Es dauerte lange bis ich wieder Herrin über meine Gefühle war.

Wir kehrten nach Paris zurück. Ich kehrte nicht in den Palast zurück sondern blieb bei meinem Vater. Nur ein paar Zeilen schickte ich Madame Bijou. Vermutlich würde meine Tante noch länger krank sein. Natürlich erfuhr der Kardinal nur wenige Tage später vom Tod seiner besten Dienerin. Dass er darüber nicht gerade glücklich war konnte sich ein jeder denken. D’Artagnan wurde zu ihm bestellt, offenbar um sich zu rechtfertigen. Am Abend kam er zu uns in die Wohnung wo er von allen schon ungeduldig erwartet wurde. Schließlich hatte der Kardinal einen langen Arm. Er könnte unweigerlich unser aller Unglück herauf beschwören. Doch zu unserer Überraschung kam alles anders. Mein Vater hatte ja meiner Mutter damals in La Rochelle eine Vollmacht des Kardinals abgenommen. Diese hatte d’Artagnan ihm einfach gezeigt und somit war seine Tat kein Verbrechen mehr. Der Kardinal hatte ihm sogar die Ernennung zum Leutnant der Musketier mitgegeben. Wir alle waren glücklich und erleichtert. Doch nun musste noch geklärt werden wer den nun Leutnant werden sollte, denn er Name war noch frei. Mein Vater hatte beschlossen, nun da meine Mutter tot war, nicht mehr Athos sondern fortan der Graf de la Fere zu sein. Gemeinsam wollten wir auf unser Gut zurückkehren. Den Dienst bei Madame Bijou würde ich aufgeben. Porthos war zwar geschmeichelt aber eigentlich war er froh dort wo er war. Aramis zögerte kurz, dann lehnte er ab. Er wolle nun doch Priester werden. Also setzten wir d’Artagnans Namen ein und stießen die ganze Nach auf seien Beförderung an. Nach soviel Schmerz tat es gut, mit guten Freunden einen schönen Abend zu verbringen und sich einfach nur geborgen zu fühlen. Morgen früh würde meine Welt eine andere sein. Ich würde zurückkehren zu meinen Wurzeln. Mein Vater würde wieder der Graf de la Fere sein. Die Welt wäre in Ordnung. Ich taumelte vor glücklicher Zuversicht doch was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste war die Tatsache, dass mein Leben doch ganz anders verlaufen würde als ich es mir in diesem Moment vorstellte.