Die Eiserne Maske von andrea

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Kapitel Glückliche Ankunft

Zwei Tage nach der eben geschilderten Begebenheit erreichten d'Artagnan und Philippe wohlbehalten Bas Poitou. Die Gegend war genauso, wie Aramis sie beschrieben hatte. Die Landschaft war wirklich ein Paradies. Die Tiere hier schienen nur selten Menschen zu sehen, denn sie dachten nicht daran, wegzulaufen und schauten neugierig den Dahinreitenden nach. Nur der Eichelhäher, der Wächter des Waldes, gab Alarm.
Ja, dies mußte die Gegend sein, von der Aramis erzählt hatte. Die beiden Männer erreichten schließlich eine kleine Siedlung. Es wäre schwer, genau zu beschreiben, wo diese Siedlung liegt noch wie das Dorf hieß, denn man sah nirgendwo ein Schild, das den Namen verraten hätte. Wir verzichten also lieber darauf und wollen nur eine Beschreibung des Dorfes geben.
Eigentlich wäre es falsch, von einem Dorf zu reden, denn es bestand nur aus zwei Höfen, ein paar Häusern und einer kleinen weißen Kapelle im Mittelpunkt der Siedlung. Philippe fand dieses Dörfchen einfach hinreißend.
"D'Artagnan, könnte es sein, daß wir unser Ziel erreicht haben?"
"Monseigneur, ich bin mir fast sicher darüber. Ich war schon einmal hier, vor ungefähr 30 Jahren. Ich weiß auch nicht mehr, wie es uns drei, Athos, Aramis und mich, Porthos hatte damals gerade die Witwe Coquenard geheiratet, wie es uns drei also hierher verschlagen hatte. Wir kamen damals am späten Abend hierher, und da es kein Wirtshaus gab, klopften wir einfach an eine Tür und baten um Einlaß und Quartier für die Nacht. Eine junge Frau hat uns damals geöffnet und hereingebeten. Sie lebte allein mit ihrer Mutter im Haus. Als Athos das erfuhr, wollte er umkehren."
Der Musketier lachte kurz, dann fuhr er fort:" Der gute Athos. Aber das Mädchen war gar nicht mehr daran interessiert, uns gehen zu lassen. Natürlich nicht, nachdem sie Aramis in die Augen geschaut hatte. Aramis, dem jungen, galanten Kavalier. Na ja, ich weiß selbst nicht, was in dieser Nacht vor sich gegangen ist. Wir sind am nächsten Tag weitergeritten."
Nun hielt d'Artagnan inne. "Kurze Zeit später machte Aramis eine lange Reise ins Lothringische und hörte irgendwann auf, uns zu schreiben. Athos verließ mich 2 Jahre später. Wir haben uns erst bei der Entführung des Herzogs von Beaufort wiedergesehen. Das waren noch Zeiten. Aber es ist Vergangenheit. - Kommen Sie, Monseigneur, wir wollen auch an eine Tür klopfen." D'Artagnan trieb sein Pferd, das während der Erzählung stehengeblieben war, wieder an.
"Ich danke Ihnen für die Geschichte, d'Artagnan. Glauben Sie, daß Sie die Tür, an die Sie damals geklopft haben, wiederfinden?"
"Nun, das dürfte so schwer nicht werden."
Sie hielten die Pferde vor einem kleinen Haus an. "Dieses müßte es sein."
D'Artagnan stieg ab und klopfte. Nach ein paar Minuten öffnete sich die Tür. Ein junges Mädchen von ungefähr 25 Jahren, mit schulterlangen braunen Haaren und klaren blauen Augen, ließ die Männer herein.
An der Tür zur Stube wartete eine ältere Frau, sicher die Mutter des Mädchens.
Der Musketier betrachtete sie aufmerksam, auch die Frau schien ihn wieder zu erkennen.
"Sie sind Sophie Dufour, nicht wahr?"
"Ja, die bin ich."
"Erinnern Sie sich noch an mich?"
"Ja, auch das, Monsieur, und ich erinnere mich auch an die Nacht damals."
Auf diese Antwort war der Gascogner nicht gefaßt gewesen. Wenn sich Sophie noch immer an die Nacht erinnerte, mußte diese nicht wenig Einfluß auf ihr Leben genommen haben. Die Frau sah die Entgeisterung d'Artagnans, so kurz sie sich auch auf dessen Gesicht widerspiegelte.
"Seien Sie unbesorgt. Ich verbinde keine schlechten Erinnerungen mit dieser Nacht."
"Ist sie seine Tochter?" fragte d'Artagnan gefaßt.
"Ja", antwortete die Frau, "aber zweifeln Sie nicht an der Ehre Ihres Freundes. Als ich mir der Schwangerschaft bewußt wurde, schrieb ich einen Brief nach Paris. Ich bekam auch Antwort. Ihr Freund sagte, daß er nicht persönlich kommen könne, aber er versprach, lebenslang 20.000 Franc jährlich für das Kind zu zahlen. Dieses Versprechen hat er auch eingehalten. Seien Sie also unbesorgt. Mir wurden zwar eine Weile schlimme Dinge nachgesagt, aber die Leute hier sind herzensgut und verzeihen."
"Gut", erwiderte d'Artagnan, "da ich mir nun der Loyalität meines Freundes versichert bin, möchte ich nun mein Anliegen vorbringen."
"Sprechen Sie!"
"Ich habe meinen Neffen hierher begleitet, dem der Arzt Landluft verschrieben hat. - Philippe, komm doch bitte her!"
Der junge Mann trat vor und verneigte sich vor Sophie Dofour. Diese lächelte.
D'Artagnan fuhr fort: "Ich hätte nun die Frage, ob man hier im Dorf oder in der Nähe ein Grundstück erwerben könnte?"
"Jawohl", erwiderte Sophie, "unser Nachbar, ein älterer Herr, ist vor kurzem bei einem Jagdunfall ums Leben gekommen. Da er weder Frau noch Kinder hatte, steht sein Haus leer."
"Nun, was dem einen Leid ist, dem anderen Freud. Ich werde zum Notar gehen. Können Sie einen Moment hier warten, Philippe?"
Philippe zuckte zusammen. D'Artagnan hatte ihn bei einer Beobachtung gestört.
"Ja ja, natürlich", antwortete er. "Solange es Madame nicht stört?"
"Aber nein, bleiben Sie nur, Herr Philippe."
Nach dieser Antwort wandte sich Sophie Dufour wieder ihrer Hausarbeit zu. Auch Philippe setzte seine Beobachtung fort. Dieser galt aber nicht etwa dem Inventar des Zimmers, sondern dem jungen Mädchen, der Tochter von Sophie, die sich in ein Nebenzimmer zurückgezogen hatte und stickte. Philippe betrachtete sie durch den Türspalt.
Nach ungefähr zwei Stunden kehrte d'Artagnan zurück.
"Das Haus ist sehr schön, Philippe. Es ist zwar etwas altmodisch möbliert, aber ich glaube, es wird Ihnen gefallen."
Philippe schien nicht zu reagieren. "Philippe, haben Sie mich verstanden?"
Jetzt sah Philippe sich um. D'Artagnan konnte sich eines breiten Lächelns nicht erwehren. Der junge Mann hatte feuerrote Wangen und glühende Augen.
"Philippe", sagte der Musketier eindringlich, "wollen Sie mir in das Haus folgen?"
"Ja." antwortete dieser, ohne sich jedoch vom Fleck zu rühren. Noch einmal lächelte d'Artagnan. "Dann kommen Sie!"
Philippe stand auf und lief hinter d'Artagnan her, bis auf die Straße. "Monseigneur, wissen Sie, daß Sie krank sind?"
"Nein, was sollte ich denn haben?"
"Die schlimmste Krankheit von allen."
Philippe guckte den Musketier verwundert an. "Nicht möglich."
"Mein Prinz, Sie sehen aus, als wären Sie verliebt."
"Ach was." erwiderte der junge Mann, wobei er purpurrot wurde.
Nun war d'Artagnan vollends überzeugt, aber da er Bescheid wußte, lohnte es sich nicht, Philippe noch weiter zu löchern.
Die beiden gingen weiter und blieben vor einem schönen, sauberen Häuschen stehen. Sie traten ein und beschauten sich die verschiedenen Zimmer.
Das Haus war zweistöckig, und bestand aus vier Zimmern, einer großen Stube, einer Küche und einem Bad.
"Was halten Sie davon?", fragte d'Artagnan.
"Ich glaube, es ist etwas zu geräumig für einen einzelnen Mann."
"Nun, Monseigneur, vielleicht werden Sie ja nicht mehr allzulange allein sein."
Diesmal wurde Philippe noch röter als das erste mal, sagte jedoch kein Wort.
"Sie haben also keine Einwände?"
"Nein."
"Gut", sagte d'Artagnan erfreut, "Dann gehe ich jetzt zum Notar, um das Haus zu kaufen."

Einige Tage später bestieg der Musketieroffizier sein Pferd. Er mußte zurück nach Paris. Schweren Herzens trennte er sich von Philippe. Er liebte den jungen Mann wie seinen Sohn und um so schlimmer war es für ihn, nun an den Hof des Königs zurückzukehren, der seinem Bruder ein Leben mit einer eisernen Maske vorbestimmt hatte.
D'Artagnan verabschiedete sich von Sophie Dufour und ihrer Tochter Marie und umarmte Philippe.
Als er sich in den Sattel, sah er die lebhafte Aufregung Philippes.
"Aber Monseigneur, was haben Sie denn?"
"D'Artagnan, was werden Sie dem König sagen, wenn er Sie über meine Ablieferung auf Sainte Marguerite befragt?
"Oh, machen Sie sich keine Sorgen, das Lügen war noch nie ein Problem für mich."
Dann gab d'Artagnan seinem Pferd die Sporen.

Drei Wochen später

An einem schönen Vormittag hielt d'Artagnan seinen Einzug in Paris. ...