Die vier Musketiere von CorinnaB

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Kapitel Überraschende Hilfe eines Erzengels

Überraschende Hilfe eines Erzengels

Nach einigen Tagen war Aramis wieder auf den Beinen. Wenn auch noch geschwächt, bestand er darauf dem Fechttraining beizuwohnen.
Ab und zu focht er einen kurzen aber technisch perfekten Kampf mit Athos oder D’Artagnan, musste aber meist aufgrund seiner Schmerzen im Bein aufgeben.
Monsieur Treville lobte seine Musketiere und gab bekannt, dass die Ausgangssperre bis auf weiteres aufgehoben war. „Der König lädt zu einem Ball am Samstag. Er würde sich sehr freuen, die vier Musketiere außerhalb des Dienstes begrüßen zu dürfen.“ D’Artagnan feixte. „Wir sollen auf einen Ball ihrer Majestät? In Zivil?“ Athos verbeugte sich. „Es ist uns eine Ehre.“
Am Tage des Balls hatten sich unsere vier Freunde ausgemacht direkt zum Ball zu gehen. Sie würden sich schon finden.
D’Artagnan war als erstes da. Schließlich konnte er es kaum erwarten die hübsche Kammerzofe ihrer Majestät der Königin wieder zu sehen. Etwas später kamen Athos und Portos. Auch sie unterhielten sich angeregt mit einigen Gesellschaftsdamen der Königin. „Wo bleibt Aramis?“ Athos wurde unruhig. „Wir hätten ihn nicht allein gehen lassen dürfen.“ Portos wollte gerade etwas erwidern, als Aramis in der Tür stand. Athos konnte seinen Blick nicht abwenden. Natürlich wusste er, dass sein Freund außergewöhnlich gut aussehend war; und zu diesem Ball hatten sie alle ihre besten Gewänder angelegt. So auch Aramis. Auch D’Artagnan, der ihm entgegen gelaufen kam bemerkte. „Du siehst umwerfend aus.“ Aramis musste lachen. „Ich bin doch keine Frau. Aber vielen Dank für die Blumen.“ Er fasste seinen Kameraden am Arm und ging auf unsere anderen beiden Musketiere zu. „Seid ihr schon lange hier?“ Athos und Portos schüttelten den Kopf. Aramis verdrehte die Augen. „Nun kriegt euch mal wieder ein. Ich kann das nächste Mal auch in Lumpen kommen.“ „Würde dir auch nichts schaden.“ Grinste Portos. „Du könntest auch nackt kommen…“ „Und die Damen würden ihn gar nicht mehr gehen lassen.“ Kicherte Athos. Ehe Aramis zurück schießen konnte, traten ihre Majestäten der König und die Königin ein. Alle verbeugten sich. Als das Königspaar an seinem Thron angekommen war, setzte sich die Königin, während der König die Hand hob. „Ich möchte gerne einen persönlichen Dank an unsere vier Musketiere Athos, Aramis, Portos und D’Artagnan aussprechen, die sich für das Volk Frankreichs in höchste Gefahr begeben haben. Durch ihren mutigen Einsatz konnten die Rebellen vertrieben werden.“ Die Ballgäste applaudierten. Der König winkte unsere Freunde zu sich. „Hiermit spreche ich euch meinen tiefsten Dank aus.“ Jeder bekam einen kleinen Lederbeutel mit 100 Talern gefüllt. Das war viel Geld. „Der Verdienst ist nicht nur uns zuzuschreiben, sondern auch unseren Kollegen.“ Aramis verneigte sich. Ludwig XIII fasste ihn an die Schulter. „Ich bin außerordentlich erleichtert, dass euch nichts Schlimmeres passiert ist. Wir hatten sehr viel Sorge um euch.“ Aramis schaute seinem König fest in die Augen. „Ich danke euch.“ Er senkte den Kopf.
Als unsere drei Freunde ein wenig Abseits standen, D’Artagnan war mit Constance verschwunden, fiel Aramis’ Blick auf eine ihm unbekannte dunkelhaarige Schönheit. Immer wieder musste er zu ihr schauen. Schließlich fiel es nicht nur Athos, sondern auch Portos auf. „Wen hast du dir denn ausgeguckt?“ Portos linste unauffällig hinüber. Athos nickte anerkennend. „Unser junger Freund hat Geschmack.“ Aramis errötete. „Wer ist sie? Ich habe sie noch nie auf einem Ball gesehen.“ „Du hast doch nie auf Frauen geachtet.“ Athos gluckste. „Und wenn sie dir fast auf die Füße getreten sind, um deine Aufmerksamkeit zu erhaschen.“ Portos legte nachdenklich den Kopf zur Seite. „Ich glaube, sie ist eine der neuen Kammerzofen ihrer Majestät der Königin.“ „Man müsste wohl mal Constance fragen.“
Unterdessen fiel auch jener jungen auserwählten Dame auf, dass höchst interessante Männer dem Ball beiwohnten. Ihre Freundinnen schwärmten von Aramis und Athos, während sie gar nicht hin hörte. Verstohlen suchte sie diesen eleganten anmutigen und sehr süßen Musketier, welcher eben vom König ausgezeichnet wurde. „Wen suchst du denn die ganze Zeit?“ Ihre Freundinnen wurden neugierig. Sie schielte zu unserem beliebten Musketier. Ihre Freundinnen verdrehten verzückt die Augen. „Das ist Aramis. Aber den kannst du vergessen.“ Erschrocken schaute unsere verzückte Kammerzofe auf ihre Freundin. „Ist er vergeben?“ Unwillkürlich krampfte sich ihre Kehle zusammen. „Nein, aber ausgerechnet er ist der Schwierigste der Musketiere. Er hat zwar viele Frauen, die ihn anbeten und mit denen er redet, aber er lässt keine an sich ran. Nicht mal einen Kuss kann man ihm entlocken.“ Eine andere Freundin seufzt. „Dabei ist er so schnuckelig.“ Unsere junge Dame strich sich eine herabgefallene Strähne aus ihrem Gesicht und suchte abermals den Blick unseres Musketiers. Als er sie genau in diesem Moment anschaute, zuckte sie freudig erregt zusammen. Seine Augen hatten etwas unergründliches. Jetzt wurde er von seinem Gesprächspartner abgelenkt.
Aramis wandte sich wieder Athos zu. Dieser lächelte ihn an. „Komm, gehen wir ein Stück an die Luft.“ Sie wollten Portos bescheid geben, konnten ihn aber nirgends sehen.
Sie schritten durch die wunderschöne gepflegte Parkanlage. Versonnen schaute Aramis sich den klaren Sternenhimmel an. Sein Freund blieb vor ihm stehen. „Kann es sein, dass sich unser lieber Aramis soeben verliebt hat?“
Dieser nickte langsam. „Ich glaube ja.“
Sie setzten sich auf eine Bank. Aramis holte tief Luft. „Ich möchte dir erzählen, warum ich Musketier wurde.
Nun war er bereit.
Und so konnte er sein Leid endlich mit seinem besten Freund teilen.
Athos hörte einfach nur zu.

Ein paar Monate später fand das große Reiterduell statt. Zehn Musketiere traten gegen zehn Gardisten des Kardinals an. Ein Reiterduell wurde immer Mann gegen Mann zu Pferde ausgetragen. Beim Kampf mit der Lanze kam es auf Zielgenauigkeit und Geschicklichkeit des Reiters an, beim Kampf mit dem Degen auf die Wendigkeit des Pferdes, Beherrschung der Fechtkunst und das perfekte Zusammenspiel zwischen Reiter und Pferd.
„Na schon aufgeregt?“ Athos legte D’Artagnan die Hand auf die Schulter. Dieser nickte. „Das ist mein erstes Reiterduell. Wo ist Aramis?“ „“Hier!“ erscholl es hinter einem Pferdehintern. Aramis putzte seine Stute, so dass ihr lackschwarzes Fell noch mehr glänzte. „Mann, was freue ich mich mal wieder an einem Reiterduell teilnehmen zu können.“ Sie bekamen Besuch.
„Durch Schönheit gewinnt ihr hier nichts, Aramis.“ Jussac baute sich vor ihm auf. „An eurer Stelle würde ich mal trainieren.“ Aramis machte sich nicht die Mühe seine Arbeit zu unterbrechen. „Danke für euren gut gemeinten Rat. Falls ich nach dem Kampf noch lebe, werde ich ihn vielleicht beherzigen.“ Athos und D’Artagnan grinsten sich an. Jussac wollte nicht so einfach aufgeben. „Euren Grünschnabel habt ihr auch mitgenommen?“ Verächtlich schaute er zu D’Artagnan. Bevor dieser auffahren konnte entgegnete Athos „Was wollt ihr Jussac? Schlagen könnt ihr euch auf dem Schlachtfeld. Aber nicht hier.“ Wütend verließ der Hauptmann des Kardinals den Stall. „Es gibt niemanden, dem ich mehr die Visage polieren würde, als ihm.“ Schimpfte Aramis. „So etwas aus deinem Munde?“ Überrascht versuchte Athos seinen Freund hinter dessen Pferd ausfindig zu machen.
Alle Reiter wurden auf den Turnierplatz bestellt. Dort begrüßte man sich förmlich und bekam seinen Gegner zugeteilt. Unsere drei Freunde bekamen ihnen unbekannte Gardisten zugesprochen.
Mittlerweile waren die Zuschauerplätze gefüllt, auch die Ehrenplätze der königlichen Familie und der Kaptäne beider Truppen waren belegt.
Als sie ihre Pferde fertig hatten kam ihnen Portos entgegen. „Ich wollte euch Dreien viel Glück wünschen. Habt Acht. Die Garde des Kardinals kämpft nie mit fairen Mitteln. Rechnet immer mit einer Finte.“ Die Anderen nickten.
Nachdem vier Reiterpaare dran waren, von denen zweimal Musketiere gewonnen hatten und zweimal Gardisten des Kardinals, kam Athos an die Reihe. Auch er meisterte sein Duell mit Bravour.
Beeindruckend war vor allem das Zusammenspiel mit seinem Wallach.
Danach folgten Aramis und D’Artagnan, welcher allerdings verlor.
So waren in der zweiten Runde nur noch zehn Teilnehmer. Sechs Musketiere und vier Gardisten.
Auch hier kamen unsere beiden Freunde, allerdings auch Jussac weiter. Da eine ungerade Zahl zustande kam, wurden zwei Paare ausgelost, welche gegeneinander antraten. Aus diesen Gewinnern wurde einer ausgelost, der gegen den übrig gebliebenen fünften Mann kämpfen musste. So wollte es das Schicksal, das Jussac und Aramis gewannen, das Los jedoch entschied, Aramis müsse gegen den fünften Mann kämpfen. Athos. Natürlich waren unsere Freunde alles andere als begeistert, aber so waren die Regeln. In einem packenden Kampf zweier fast gleich starker Gegner mit dem Degen ging Aramis schließlich als Sieger hervor.
Das bedeutete, das Aramis im Finale auf Jussac traf.
Das Turnier wurde zugunsten der zwei unterbrochen, dass sie kurze Verschnaufpause einlegen konnten. „Dein Wunsch soll dir erfüllt werden.“ Feixte Athos auf Aramis’ Bemerkung im Stall anspielend. Aramis nickte, vom Duell mit Athos noch ziemlich außer Atem. „Dem werde ich zeigen, was ein Degenstreich ist.“ „Aber eigentlich ist das doch unfair.“ Warf Portos ein, der zu seinen Freunden hinzugetreten kam. „Aramis hat ein Duell mehr als Jussac auszufechten.“ Aramis zuckte die Schultern. „Ich werde trotzdem gewinnen.“ Meinte er grimmig. Athos blinzelte. Das waren ja ganz neue Töne von Aramis. Sonst war er eher zurückhaltend mit seinen Äußerungen. Er musste jedoch zugeben, dass ihm dieser etwas selbstbewusstere Aramis nicht unsympathisch war. „Du wirst es schaffen.“ Davon war Athos überzeugt, obwohl Jussac zu den besten Fechtmeistern des Landes gehörte. Nachdem Athos seinen Freund allerdings bei seinem Probeduell gegen Treville gesehen hatte, räumte er Aramis gute Chancen ein zu gewinnen.
Die Duellanten wurden aufgefordert auf den Turnierplatz zu kommen. Aramis wollte gerade losreiten, als sein Hauptmann Fenenas Zügel festhielt. „Viel Glück mein Sohn. Für die Ehre der Musketiere.“ Lächelnd senkte Aramis sein Haupt. „Einer für Alle!“ „Alle für Einen“
Auf dem Turnierplatz wartete bereits sein Gegner. „Na, noch mal hübsch gemacht?“ spottete dieser. „Euch wird euer Hochmut noch vergehen.“ Aramis ritt zum Ausgangspunkt für das Duell und nahm die Lanze auf.
Ihre Majestät der König schoss in die Luft, womit das Duell beginnen konnte. Beide setzten ihre Pferde in Bewegung. Als sie aufeinander stießen, trafen beide so gut, dass keiner auf seinem Pferd blieb. Dieses Duell ging also unentschieden aus.
Die Zuschauer warteten gespannt auf das alles entscheidende Duell.
Jeder schwang sich auf sein Pferd. Unser edler Musketier auf seinen herrlichen Rappen, Jussac auf dessen gut trainierten Schimmel.
Nun standen sich die zwei so unterschiedlichen Gegner gegenüber.
Der Eine immer ruhig und kontrolliert kämpfend, der Andere ein Hitzkopf.
Wieder schoss Ludwig XIII. in die Luft.
Übereifrig stieg Aramis Stute in die Luft und schlug mit den Vorderhufen aus.
Jussac wich aus und griff seinen Gegner von hinten an. Aramis duckte sich unter dem Degen, wendete Fenena und griff nun seinerseits an. Allerdings hob er seinen Degen erst kurz vor Jussacs Pferd, wodurch dieses erschrak und seitlich ausbrach. Dadurch war dessen Reiter ohne Deckung, was unser Musketier sofort ausnutzte und ihn mit seinem Degen am Arm verletzte.
Begeistert applaudierte die Menge.
Wütend lenkte Jussac sein Pferd in Richtung Aramis. Dieser ritt ihm entgegen. Kurz bevor die beiden Duellanten aufeinander trafen, stellte der Musketier seine Stute leicht schräg, stoppte und hielt die blanke Degenspitze Richtung Jussac. Dieser völlig überrascht von dem Manöver, konnte geradeso ausweichen und den Angriff abwehren. „Unser Hauptmann des Kardinals wird langsam ungeduldig.“ Raunte Athos D’Artagnan zu. „Genau das provoziert Aramis.“ Dieser ließ seinen Gegner mehrmals ins Leere reiten, ohne diesen jedoch anzugreifen. Als sich beide wieder gegenüber standen galoppierte Aramis plötzlich in die entgegengesetzte Richtung. Die Zuschauer waren verwirrt. Jussac folgte ihm, als Aramis sein Pferd in einem Bogen lenkte, abrupt stoppte und Fenena im fast rechten Winkel auf den Gardisten zu trieb. Dadurch kreuzte er den Weg Jussacs so, dass dessen Pferd nach rechts ausweichen musste, um das ihm auf einmal im Weg stehende Hindernis nicht umzurennen. Alles ging so blitzschnell, dass Jussac keine Zeit zur Reaktion hatte und sich somit nicht mehr im Sattel halten holten. „Potzblitz.“ Portos klatschte in die Hände. „Schaut euch das an.“ Er grinste. „Ich hätte nicht gedacht, dass sein Pferd so wendig und schnell ist.“ Athos nickte zustimmend. „Die Beiden verstehen sich blind. Da reicht der kleinste Befehl und das Pferd agiert.“ Gespannt wandten sich die Freunde wieder dem Geschehen auf dem Turnierplatz zu.
Da Jussacs Pferd davon galoppierte hielt Aramis seine Stute an und stieg ab.
Die Menge jubelte. Der Kampf ging weiter, obwohl Aramis bereits gewonnen hätte, da Jussac vom Pferd gefallen war.
Jussac griff ohne große Taktik an, wodurch es Aramis ein Leichtes war, ihn zu parieren. Als er jedoch angreifen wollte machte Jussac einen Schritt zur Seite und ließ den Fuß stehen, so dass Aramis drüber stolperte und stürzte. Dadurch beging Jussac den gleichen Fehler wie damals Treville und griff den Musketier von hinten an. Dieser drehte sich blitzschnell um und stach zu. Jussac riss die Augen auf und fiel auf die Knie. Die Degenspitze hatte sich in dessen Bauch gebohrt. Aramis stand wieder auf und zog seine Waffe aus dem Körper des Verwundeten. Dieser richtete sich mit Gebrüll auf und stürmte auf seinen Gegner zu. Dieser wehrte den Angriff mit seinem Degen ab.
Plötzlich spürte er den stechenden Schmerz in der Brust.
Ungläubig blickte er an sich herunter und starrte auf den glänzenden Griff des Dolches, den ihn Jussac ins Herz gestoßen hatte.
Entsetzt sah er seinem Gegner in die Augen.
Aramis taumelte und brach in die Knie.
Er keuchte.
Zitternd umklammerte seine Hand den Dolch.
Auf dem Platz war es Totenstille.
Jussac zog den Dolch mit Genuss wieder aus Aramis Brust.
„Sagte ich dir nicht, du solltest lieber trainieren?“ Selbstgefällig betrachtete Jussac seinen jungen Gegner. Selbst im Augenblick des Todes schien dieser Musketier nichts von seiner Schönheit zu verlieren.
Der Hauptmann der Gardisten hatte gesiegt.
Aramis merkte, wie ihm das Blut durch die Finger rann und sein Herz schwächer schlug. Sein Atem röchelte. Blut lief über seine Lippen.
„Aramis!!!!!!!!!!!!!“
Athos schlug sich durch die Menge. Er war gerade rechtzeitig bei ihm um ihn aufzufangen.
„Aramis halte durch. Wir holen einen Arzt.“
Auch Treville war zu ihnen geeilt.
„Das war eine Falle.“ D’Artagnan war fassungslos. Auch Portos stand starr vor Schreck.
„Mein Gott, schreckt denn der Kardinal vor nichts zurück?“
Auch auf dem Turnierplatz herrschte Verzweiflung. „Bitte Aramis, halte durch.“ Athos hielt den Kopf seines Freundes, sah dass dieser unsagbare Schmerzen litt und konnte ihm doch nicht helfen.
Was sollte er nur machen?
Aramis bekam immer schlechter Luft. Er versuchte zu sprechen, aber Athos schüttelte den Kopf. „Nicht. Du darfst jetzt nicht sprechen.“
Plötzlich konnte er seine Tränen nicht mehr zurück halten.
„Bitte, o Herr, lass ihn nicht sterben.“
Auf einmal kam eine Gestalt hinzu, welche von niemandem bisher gesehen wurde. Sie war hochgewachsen, hatte blondes Haar und war wie von einem hellen Licht umgeben.
„Lasst mich zu ihm.“ Unwillkürlich machten die Anderen Platz.
Athos zögerte, seinen Freund zu verlassen. „Keine Angst, ich möchte deinem Freund helfen.“
Jussac war bleich geworden und fing an zu zittern. „Ich habe euch gewarnt.“ Sprach die Gestalt mit donnernder Stimme. „Niemand von euch kann ein Geschöpf unseresgleichen vernichten. Weder du, noch dein Herr Luzifer!“
Athos schluckte. Ein Geschöpf unseresgleichen? War Aramis ein Geschöpf Gottes? Sagte er nicht immer, wir alle seien Geschöpfe Gottes? Athos war verwirrt.
„Ich bin Gabriel.“ Erklärte die Gestalt Athos und kniete vor Aramis. „Ein Erzengel. Aramis ist sozusagen ein Schützling von mir.“
Athos wollte nicht verstehen, was er da hörte.
Gabriel hielt seine Hände über Aramis Verletzung.
Wie durch ein Wunder schloss sich die Wunde wieder.
Aramis atmete wieder gleichmäßig.
„René d’Herblay wuchs bei seinem Onkel und bei seiner Tante auf, weil seine Eltern ums Leben kamen, als er fünf Jahre alt war.
Allerdings weiß er nicht, dass seine Eltern vergiftet wurden und vor allem nicht von wem.“ Athos begriff. „Kardinal Richelieu.“ Gabriel nickte. „Von Luzifer, in der Gestalt Kardinal Richelieus. Sie sind eins.“ Gabriel schaute Athos tief in die Seele.
„Renés Eltern waren Geschöpfe der Valinar.“
Athos stockte der Atem. „Einer Sage nach sind die Valinar die letzten Nachfahren des Elbenvolkes, welche Mittelerde bewohnten. Nach ihrem Untergang sind die meisten Elben zu den grauen Anfurten gefahren. Doch einige wenige Elben sind auf der Erde geblieben, als sie zu dem wurde, was sie jetzt ist.“
Gabriel nickte. „Und das waren die Valinar.“ Er deutete auf Aramis. „Habt ihr euch nie gefragt, wie es kommen kann, dass ein Mensch so vollkommen, so perfekt sein kann? Mit nur so wenigen Schwächen?“
„Doch“ Athos nickte. „Niemand konnte sich seiner Ausstrahlung entziehen. Es war, als besäße er eine unsichtbare Aura, die ihn umspielte. Als wäre eine Macht in ihm, die er selbst nicht begreifen konnte.“
„Kann er auch nicht. Er weiß nichts von seinen Kräften. Auch nichts von seiner Herkunft und schon gar nicht von seiner Bestimmung.“ Gabriel stand auf. „Euer Freund lebt. Es ist ihm nicht bestimmt durch die Hand Luzifers, oder einer seiner Handlanger zu sterben.“
Gabriel wusste um die Verantwortung, die er dem Musketier auftrug.
„Eure Aufgabe wird es sein, ihn niemals aus den Augen zu lassen. Euer Freund Aramis ist der letzte Nachkomme der Valinar, Athos.“
Er wandte sich Jussac zu.
„Und er wird euer Schicksal sein.“