Unter Musketieren... von MadameAramis

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Kapitel Aramis

Kapitel 5

Verloren stand Alexandra auf dem Hof und schaute sich um. Noch immer schwer atmend von der Flucht und ihrer Arm haltend, da der Schmerz sich wieder bemerkbar machte. Dann fiel ihr Blick auf ein paar Musketiere, die an einem Tisch aßen. Schnell identifizierte sie die Vier als die, die sie gesucht hatte. Sie überquerte den kurzen Weg über den Hof und erreichte ihr Ziel. Vor dem Tisch blieb sie stehen und wollte schon etwas sagen, als Aramis ihr zuvor kam.

„Was ist passiert“, fragte er sofort, als er Alexandras Zustand sah. Er sprang auf, um Alexandra seinen Platz anzubieten.

„Ich hatte da so eine Begegnung“, erwiderte Alexandra.

Aramis sah ihr prüfend in die Augen und nahm ohne ein weiteres Wort ihren Arm, um ihn zu untersuchen.

„Was für eine Begegnung?“, wollte Porthos wissen.

„Ich habe mich verlaufen und wollte diesen Typen nach dem Weg fragen. Das war wohl keine so gute Idee“, erklärte sie und schämte sich ein wenig, da sie schon wieder so hilflos wirkte.

„Du solltest nicht so alleine in Paris umherwandern, vor allem nicht, wenn du die Stadt nicht kennst“, erwiderte Aramis vorwurfsvoll.

„Ich weiß, aber ich musste unbedingt mit euch reden!“

„Das kann warten, das hier muss genäht werden“, informierte Aramis Alexandra, als dieser damit fertig war, ihren Arm zu inspizieren.

Alexandra sah ihn an und schluckte besorgt.

„Keine Sorge, er kann das“, mischte sich jetzt auch Athos ein.

„Komm mit“, sagte Aramis und ging voraus.

Alexandra folgte ihm unsicher und bemerkte dabei die Blicke der Anderen, ihr nicht bekannter Musketiere, die sie fragend musterten. Alexandra lief mit Aramis einmal quer über den Hof und ging schließlich eine Treppe hinauf. Aramis machte die Türe auf und ließ sie zuerst eintreten.

„Nach ihnen Madame“, sagte er dabei und machte eine einladende Bewegung mit seinem Arm.

Er war ja schon charmant, dachte sich Alexandra in diesem Augenblick.

„Setzt dich ruhig“, fuhr er fort und Alexandra sah sich nach der erwähnten Sitzgelegenheit um. Sie fand einen Stuhl, auf dem jedoch ein Stapel Kleidung lag und entschied sich daher für das Bett. Aramis suchte unterdessen in einer Schublade nach den Utensilien, die er benötigen würde, ging dann zum Regal und holte eine Flasche herunter. Als er alles gefunden hatte, was er brauchte, setzte er sich neben Alexandra und hielt ihr die Flasche hin.

„Was soll ich damit machen?“, fragte Alexandra verwundert.

„Trinken“, sagte Aramis, als wäre das selbstverständlich.

„Nein danke“, lehnte Alexandra höflich ab, „ich steh nicht so auf Alkohol“.

„Ich glaube es wäre besser du würdest trotzdem einen Schluck nehmen“, riet Aramis ihr.

Langsam fiel der Groschen bei Alexandra und sie verstand, das sie den Alkohol gegen den Schmerz brauchen würde. Sie nahm Aramis die Flasche aus der Hand, nahm einen Schluck und verzog angewidert das Gesicht.

„Na, so schlimm schmeckt es jetzt nun auch wieder nicht.“, lachte Aramis.

„Das ist schrecklich, was ist das?, wollte Lexie wissen.

„Whiskey“, erwiderte Aramis, deutlich amüsiert über Alexandras Abneigung.

Aramis griff nach dem Ledermäppchen, welches neben ihm lag und begann damit, einen Faden durch eine wirklich viel zu stumpf aussehende Nadel zu fädeln. Dann legte er alles griffbereit neben sich, nahm sich ein nasses Tuch und begann damit, Alexandras Schnitt zu reinigen. Diese biss die Zähne zusammen und versuchte ruhig zu bleiben. Sie wollte nicht, dass Aramis sie für empfindlich hielt.

„Geht es einigermaßen?“, fragte Aramis, der Alexandras innerlichen Kampf zu bemerken schien.

„Ja, alles in Ordnung“, antwortete sie mit so viel Überzeugung, wie möglich.

Jetzt griff Aramis jedoch nach der Flasche und Alexandra ahnte, was er damit vorhatte. Als er den Alkohol über die Wunde goss, konnte Alexandra einen schmerzhaften Aufschrei nicht unterdrücken. Aramis sah sie kurz prüfend an, ließ sich aber nicht von seiner Arbeit ablenken. Stattdessen versuchte er Alexandra abzulenken und begann eine Unterhaltung.

„Was war es denn, dass so wichtig war, dass du alleine durch halb Paris läufst, um uns zu suchen?“

„Ich wollte fragen, ob ihr uns helfen könnt, diesen Mann zu suchen. Der, von dem Porthos erzählt hat.“, antwortete Alexandra ihm.

„Hm, das war nicht gerade in der Nähe,“, überlegte Aramis, „da müsste ich mal mit den Anderen drüber reden“.

Alexandra beobachtete ihn misstrauisch dabei, wie er zu der Nadel griff. Aramis bemerkte ihren Blick.

„Keine Sorge, ich habe das schon öfter gemacht“, beruhigte er sie.

Alexandra fühlte sich wieder etwas sicherer, was sich jedoch änderte, als er den ersten Stich machte. Sie zuckte zusammen.

„Das ist deine erste Bekanntschaft, mit Nadel und Faden, oder?“, fragte Aramis ruhig.

„Ja“, brachte Alexandra mit angehaltenem Atem als Antwort hervor.

„Normal atmen“, wies Aramis an.

Alexandra befolgte seinen Rat.

„Ich bin gleich fertig“, versicherte er.

 

Nachdem Aramis darauf bestanden hatte, noch einmal den Whiskey über die genähte Stelle zu schütten und Alles zu verbinden, sowie sich auch den Schnitt an ihrem Hals anzusehen, atmete Alexandra erleichtert durch.

„Ich werde die Anderen fragen, was sie von deiner Idee halten, nach diesem „Zukuftsmann“ zu suchen und dann müssen wir noch Tréville informieren und ihn um Erlaubnis bitten.“

„Wer ist Tréville?“, wollte Alexandra wissen, die den Namen zum Ersten mal hörte.

„Unser Captain“, antwortete Aramis ihr. „Wir sagen dir Bescheid, wenn wir mehr wissen, jetzt solltest du wieder zurück, sonst macht Constance sich noch Sorgen.“ „Aber nicht alleine“, fügte er noch schnell hinzu.

„Okay, alles klar, aber wer bringt mich denn zurück?“, fragte Lexie, die auf einen weiteren Alleingang verzichten wollte.

„Ich werde dich begleiten. D´Artagnan kommt erst später, Athos hat ihn wegen seinem zu Spät kommen heute morgen zum Stall ausmisten verdonnert“

„Wirklich, also wenn das für dich in Ordnung ist und nicht zu viele Umstände macht. Du hast schon so viel für mich getan.“, sagte Lexie zweifelnd.

Aramis sah sie ungläubig an. „Natürlich bin ich damit einverstanden! Wer würde einer hübschen jungen Dame wie dir nicht helfen wollen?“

„Ich kenne da Einige. Da wo ich her komme ist das Alles sehr anders!“, bemerkte Alexandra resigniert.

Aramis sah sie schief an „Willst du damit etwa sagen, bei euch lässt man sich gegenseitig im Stich?“

„Naja, man könnte es so sagen: Das Schicksal von Fremden ist den meisten Menschen egal“, erklärte Alexandra.

„So fremd sind wir ja jetzt nicht mehr“, entgegnete Aramis und schaute Lexie dabei in die Augen.

 

Alexandra verlor sich dabei sofort in ihren Gedanken: Mein Gott diese Augen und er war so nett und hilfsbereit und...nein nein nicht solche Gedanken, du wirst dich nicht in ihn verlieben, er ist viel älter, er hält dich doch nur für ein Kind. Außerdem kennst du ihn ja gar nicht...

 

Alexandra wurde von Aramis aus ihren Gedanken gerissen „Geht´s dir gut?“

„Ja klar“, antwortete sie schnell.

„Na dann sollten wir dich jetzt mal zurück bringen.“, beschloss er.

Aramis ging zur Tür, Alexandra folgte ihm. Sie liefen die Treppe wieder herunter und traten auf den Hof. Aramis schlug direkt die Richtung zu seinen Freunden an den Tisch ein. Dort angekommen, erklärte er, dass er Alexandra zurückbringen würde.


 

„Meine Güte, wo warst du nur? Es ist schon dunkel!“ Constance kam aus dem Haus gestürmt.

Es tut mir leid, da gab es so einen Zwischenfall.“, erklärte Lexie entschuldigend.

„Aber wir haben alles unter Kontrolle“, ergänzte Aramis schnell mit erhobenem Zeigefinger. Er war von der besorgten Constance komplett ignoriert worden.

Constance entdeckte den Verband an Alexandras Arm. „Mein Gott, das nennst du „unter Kontrolle“?, wandte sie sich empört an Aramis.

Dann sah sie wieder zu Alexandra: „Deine Schwester und ich machen sich schon den ganzen Tag Sorgen um dich!“, fuhr sie fort.

Alexandra schaute sie noch immer entschuldigend an.

„Komm erst mal rein...und wo bleibt eigentlich D´Artagnan?“, wunderte sich Constance.

„Der muss noch den Stall ausmisten, wegen der Verspätung heute morgen“, antwortete Aramis ihr.

Constance seufzte „Bis hier mal alle da sind ist es wieder morgens. Na dann dir noch einen schönen Abend Aramis“, verabschiedete sich Constance.

„Euch auch noch einen wunderschönen Abend my ladies!“, sagte Aramis und unterstützte seine Aussage, indem er seinen Hut abnahm und sich verbeugte. Alexandra versuchte ein Kichern zu unterdrücken und Constance verdrehte die Augen. Die Reaktion der Frauen bemerkend, lächelte Aramis, offenbar zufrieden mit dem Ergebnis.


 

Später am Abend kam dann auch endlich D´Artagnan an. Er versuchte so leise wie möglich die Tür zu öffnen, und verzog das Gesicht, als sie quietschte. Leise und auf Zehenspitzen schlich er sich ins Haus, lief in die Küche und zündete eine Kerze an. Als er wieder aus der Küche heraus kam, sah er auf einmal aus dem Augenwinkel eine Pfanne auf sich zu kommen. Er duckte sich und entwaffnete sein Gegenüber. In der Dunkelheit war es schwer seinen Angreifer zu identifizieren, dennoch erkannte er Constance in dem schwachen Licht der Kerze.

„Meine Güte, willst du mich umbringen?“, brachte D´Artagnan empört hervor.

„Gott sei Dank, du bist es nur, ich dachte schon hier würde jemand einbrechen.“, erwiderte Constance deutlich erleichtert.

D´Artagnan war noch immer ein wenig beleidigt, wegen dem „Pfannenangriff“. „Nächstes mal sei dir erst sicher, wen du da mit der Pfanne schlagen willst.“

„Ich werde es mir merken“, sagte Constance sarkastisch.

Die Beiden sahen sich an und begannen gleichzeitig zu lachen.

„Psst, nicht so laut“, kicherte Constance, „Du weckst die Zwei da oben noch auf.“

„Na dann sollten wir lieber ganz schnell ins Zimmer gehen, oder?“, verführte D´Artagnan Constance und versuchte sie zu küssen. Doch diese legte ihm einen Finger auf die Lippen und wies mit der anderen Hand zu einer Wasserwanne, die sie eben schon vorausschauend dort aufgestellt hatte.

„Erst gehst du mal Baden, du riechst nach Pferd.“, erklärte sie ihrem Musketier.

D´Artagnan machte einen enttäuschten Gesichtsausdruck.

„Danach kannst du gerne ins Bett kommen“, tröstete Constance ihn und D´Artagnan verlor keine Sekunde und entledigte sich seiner Kleidung.



 

Am nächsten Tag kamen Zwei gut gelaunte, lachende Geschwister die Treppe herunter und setzten sich an den Tisch. Constance gab ihnen zwei Teller. „Guten Morgen, warum seit ihr denn so gut gelaunt?“

„Ach nichts, einfach nur so“, lachte Leah.

„Wahrscheinlich so ein Geschwister-Geheimnis- Ding“, versuchte D´Artagnan zu interpretieren und sah die Geschwister prüfend an.

„Vielleicht“, sagte Leah geheimnisvoll.

„Was hältst du davon, wenn wir Drei heute mal auf den Markt gehen“, schlug Constance an Leah und Lexie gewannt vor.

„Ja, super“, freute sich Leah.

Auch Alexandra war froh über die Gelegenheit, Paris besser kennenzulernen. Vielleicht konnte sie dadurch vermeiden, sich noch einmal zu verlaufen.

 

Später am Tag kamen die Drei von ihrem Ausflug wieder. Sie hatten Kleidung für Leah und Alexandra gekauft, sowie Lebensmittel. Constance hatten ihnen auch noch ein wenig Paris gezeigt. Die Geschwister waren begeistert und und hatten die vielen kleinen Gassen Paris´ bewundert. Sie hatten jedoch auch bemerkt, dass es nicht überall so wunderschön war und sie waren dankbar, dass es in ihrer Zeit eine vernünftige Kanalisation gab. Erschöpft und voll von neuen Eindrücken kamen sie wieder zuhause an (war Constance Haus etwa schon ein zuhause geworden?), setzten sich und erzählten noch ein wenig, bis die Geschwister sich entschlossen nach oben zu gehen.


 

Später am Abend klopfte es unerwartet an der Tür:

„Aramis!“, rief Constance überrascht, als sie die Türe öffnete.

„Dir auch einen guten Abend“, grinste Aramis.

„Wie kann ich dir helfen?“, erkundigte sich Constance.

„Ist Alexandra hier?“, fragte Aramis.

„Ja klar, komm rein. Warte kurz, ich hole sie“. Constance ging die Treppe hoch.

Einen Moment später kam Lexie herunter.

Auch sie war überrascht über den späten Besuch. „Hi“, begrüßte sie den Gast.

„Hallo! Wie geht es dir?“, erkundigte sich Aramis.

„Gut, warum bist du hier?“, wollte Lexie wissen.

„Ich wollte nur wissen, ob es dir gut geht und mir deinen Arm noch einmal ansehen.“.

„Dem Arm geht es auch gut“, antwortete Alexandra ihm schnell.

Aramis war jedoch schon dabei, sich selber von dieser Aussage zu überzeugen und wickelte den Verband vorsichtig ab. Lexie setzte sich auf den Stuhl neben ihm.

„Ich habe mit den Anderen und dem Captain geredet“, begann Aramis.

„Und? Helft ihr uns?“, fragte Alexandra ein wenig unsicher.

„Natürlich tun wir das!“, sagte Aramis ernst und schaute Lexie dabei wieder in die Augen.

„Danke! Wirklich, das bedeutet uns viel!“

Aramis lächelte Lexie an. „Wir wollen Übermorgen aufbrechen.“

„Danke!“, damit fiel Alexandra, Aramis um den Hals und umarmte ihn. Schnell löste sie die Umarmung jedoch wieder.

„Ähm, tut mir Leid“, entschuldigte sie sich.

„Was tut dir Leid?“, fragte Aramis verwirrt.

„Wegen der Umarmung...“, erklärte Lexie.

Aramis schaute sie fragend an. „Komm her...“, diesmal nahm Aramis, Alexandra in den Arm.



 

Abends lag Alexandra im Bett und dachte nach. Sie war aufgeregt, was sie am nächsten Tag erwarten würde. Constance musste wieder in den Palast, um zu arbeiten. Sie wollte die Mädchen jedoch nicht alleine lassen, also hatte sie sich entschlossen, dass diese sie begleiten würden.

Wie würde dieses Schloss wohl aussehen? Wie ein Märchen Schloss? Wahrscheinlich nicht... Wie groß war es wohl und vor allem was für Menschen würde sie dort treffen. Vielleicht gab es ja sogar einen Schlossgarten? Lexie war aufgeregt und freute sich, einmal ein richtiges Schloss zu sehen. Oder war es ein Palast? Was war da eigentlich der genaue Unterschied zwischen einem Palast und einem Schloss? Klar, sie hatte schon Schlösser gesehen, aber die waren verlassen. Außerdem durfte man dort nur mit einer dieser langweiligen Museumsführungen rein, auf denen man sowieso nie etwas verstand, weil viel zu viele Leute teilnahmen. Aber das ganze mal belebt und Original, so wie es war, zu sehen, ist schon aufregend.

Alexandras Gedanken wanderten zu einem anderen Thema.

Sie sehnte sich nach ihrem Zuhause, ihrer Zeit und... sie hätte nie gedacht das sie das einmal sagen würde, aber sie vermisste sogar ihre Schule. Da kam ihr noch etwas in den Sinn. Wenn sie jetzt in einer anderen Zeit festsaß, wie verlief dann die Zeit 2015? Wenn sie jemals zurückkommen würde, wäre es dann vielleicht so, als wäre sie nie weg gewesen? Oder vielleicht suchte man auch bereits nach ihnen? Konnte sie mit ihren Handlungen eigentlich die Zeit verändern? Sie hatte so viele Fragen, aber vor allem wollte sie erst einmal wissen, ob sie überhaupt jemals zurück kommen würde. Sie konnte es kaum erwarten mit diesem Mann zu reden, der ihr möglicherweise eine Menge ihrer Fragen beantworten konnte. Aber dafür musste sie ihn erst einmal finden.