Zwischen den Fronten von kaloubet , Rochefort, Aramis  und Armand-Jean-du-Plessis

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Kapitel Frechheit siegt

Das Segel des robusten Fischerbootes blähte sich im Wind. Zielstrebig steuerte das dicht mit Männern unterschiedlichen Alters besetzte Fahrzeug den Hafen von St. Martin auf der Île de Ré an. Die Passagiere waren hugenottische Freiwillige, die den Herzog von Buckingham bei der Belagerung des Forts unterstützen wollten.

Der Geheimdienstchef Seiner Eminenz fiel unter ihnen nicht im Geringsten auf. Seine Grafschaft lag in der unmittelbaren Nachbarschaft von La Rochelle, etwa ein Drittel der dortigen Bevölkerung hing ebenfalls dem hugenottischen Glauben an und Armand war mit der Art dieser Menschen sich zu kleiden und sich zu geben vollkommen vertraut. Sogar der Verwalter seines eigenen Schlosses war Hugenotte! Das Gesicht des Grafen verdüsterte sich kurz. Er hoffte inständig, dass sich diese Krise hier nicht zu einem Flächenbrand ausweiten würde, der auch seine Heimat erfasste. Wie schon sein Vater vor ihm hatte er auf seinen Ländereien immer eine Politik größmöglicher Toleranz gegenüber den Anhängern des reformierten Glaubens verfolgt, was auch Früchte getragen und zu einem einigermaßen konfliktfreien Miteinander geführt hatte. Doch niemand konnte voraussehen, wie sich die Dinge entwickeln würden, wenn die Menschen durch Einflüsse von außen fanatisiert und verhetzt wurden.

Rasch verscheuchte er die sorgenvollen Gedanken wieder. Er musste sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Was er heute vor hatte, war beileibe nicht ungefährlich. Nach seiner Ankunft im Lager des Herzogs von Angoulême, wo er auch Quartier bezogen hatte, war er seinem Auftrag gemäß viel unterwegs gewesen, hatte die Stimmung unter den königlichen Offizieren genauso ausgelotet wie die in La Rochelle und einer seiner ersten Wege hatte ihn zu Comte de Toiras nach Fort Saint Martin geführt. Er hatte ihm sowohl die Informationen aus England weitergegeben als auch die politischen Erwägungen des Kardinals ausgeführt und den Kommandanten solcherart darauf vorbereitet, dass er im Falle eines englischen Angriffs möglicherweise eine zeitlang auf sich alleine gestellt sein würde. Was ihn weiter zu der Frage geführt hatte, ob es eine Möglichkeit gäbe, in Kontakt zu bleiben, auch wenn die Festung belagert würde. Toiras hatte ihm daraufhin eine vertrauliche Mitteilung gemacht: Beim Bau des Forts war ein geheimer Tunnel angelegt worden, welcher in einem Erdkeller an der Südseite des Festungshügels mündete. Theoretisch konnte man durch diesen Gang Nachrichten hinaus oder auch hinein schmuggeln – vorausgesetzt es gelang dem Überbringer, sich durch die englischen Linien zu schleichen!

Nun, vielleicht würde das Schleichen heute nur bedingt notwendig sein… die Hände auf die Reling gestützt, blickte er einer kleinen, schnellen englischen Pinasse entgegen, die auf das Boot zuhielt und dann längsseits beidrehte. Wer sie seien und was sie wollten, rief die befehlsgewohnte Stimme eines Offiziers herüber. "Kann wer von Euch Englisch?", fragte jemand etwas ratlos in die Runde. Während Rochefort noch überlegte, ob er sich melden sollte, gab schon ein Anderer Antwort: "Volunteers for the Duke’s army, Sir!" Der Graf musterte den Sprecher, einen jüngeren Mann etwa in seinem Alter. Ziemlich sicher kein Franzose, ging es ihm durch den Kopf. Sein Englisch hatte keinen französischen Akzent aufgewiesen, und auch das dunkle Kupferrot seines Haars und sein Teint gemahnten eher an einen Briten. Vermutlich einer von Buckinghams Leuten, der sich in La Rochelle umgesehen hatte, vielleicht sogar mit dem Auftrag, Hugenotten für den Kriegsdienst anzuwerben.

Die Auskunft schien die Engländer auf der Pinasse zufrieden zu stellen. "Well, fine, then follow us!" Das Schiff wendete wieder und eskortierte das Fischerboot in den Hafen. Am Kai teilte ihnen ein junger Fähnrich mit, welche Richtung sie einschlagen sollten, um ins Feldlager Buckinghams zu gelangen, und nannte den Namen des Offiziers, der für die Rekrutierung der Freiwilligen zuständig war. Armand registierte, dass sich der Rothaarige sogleich von der Gruppe trennte und seiner eigenen Wege ging. Kurz überlegte er, ob er es ihm gleichtun sollte, doch dann entschied er sich, an seinem ursprünglichen Plan festzuhalten. Manchmal ließen sich mit der Devise "Frechheit siegt" erstaunliche Erfolge erzielen. Er würde es riskieren.

So erreichte er zusammen mit den Hugenotten nach einem Stück Fußmarsch das englische Lager, welches sich südlich und westlich des Forts zu erstrecken begann und das, wie man sehen konnte, noch im Wachsen begriffen war. Eine Vielzahl von Zelten stand bereits ordentlich in Reih und Glied, doch zahlreiche andere wurden gerade erst aufgebaut und es herrschte allenthalben emsiges Getriebe; das Ganze gemahnte an ein überdimensionales Ameisennest. Nach einer kurzen Kontrolle durch die Lagerwachen ließ man sie passieren. Indem er unbedarftes Staunen ob all dieses martialischen Gepränges vorspiegelte, musterte der Agent Seiner Eminenz nun alles mit höchster Aufmerksamkeit. Er versuchte sich möglichst viel einzuprägen, überschlug die ungefähre Anzahl der hier lagernden Feinde, machte sich so gut es ging ein Bild von deren Ausrüstung, Bewaffnung und Disziplin. Schließlich langten sie vor dem Offizierszelt an, wohin man sie gewiesen hatte, und nach einigem Warten in der Reihe seiner "Kameraden" stand der Graf vor dem Werbetisch. Er hatte sich zurechtgelegt, sich als Angestellter eines Weinhändlers aus La Rochelle auszugeben, der seinen Dienstgeber auch auf Handelsreisen zur See begleitete, was seine Englischkenntnisse wie auch die in seinem Besitz befindlichen Waffen, ein schlichtes, schartiges Rapier, einen Dolch sowie eine schon etwas altertümlich anmutende Radschlosspistole, erklärte. Seine Antworten und vor allem die Tatsache, dass er eigene brauchbare Waffen vorweisen konnte, schienen den Werbeoffizier zufrieden zu stellen. Armand erfasste ein kurzer Anflug unbändiger Heiterkeit – den er natürlich sorgfältig zu verbergen wusste – bei dem Gedanken, was Buckingham wohl dazu sagen würde, dass seine Leute soeben ihn, den Comte de Rochefort, als Freiwilligen in ihre Reihen aufgenommen hatten! Apropos Buckingham – was es freilich unter allen Umständen zu vermeiden galt, war eine zufällige Begegnung mit dem Herzog hier im Lager. Der Graf hatte zwar sein Aussehen ein wenig verändert, sein schulterlanges schwarzes Haar, das er sonst offen trug, im Nacken mit einem Lederband zusammengefasst und sich einen Drei-Tage-Bart stehen lassen. Trotzdem war ihm klar, dass Buckingham ihn von Angesicht zu Angesicht in jedem Fall erkennen würde.

Man informierte die Freiwilligen noch darüber, welchem Regiment man sie zuteilen würde. "Doch zuvor", hieß es dann, "brauchen wir noch jede helfende Hand beim Ausheben der Gräben an der Südseite. Ihr könnt Euch alle gleich dorthin begeben und mit anpacken." Rochefort jubelte innerlich. Besser konnte es nicht laufen. Genau in dem Bereich mündete der Geheimgang! Er brauchte sich also nicht mehr zu überlegen, wie er möglichst unauffällig dorthin kam. Dafür nahm er gern einige Stunden anstrengender Arbeit in Kauf. Die Männer machten sich auf den Weg. In einiger Entfernung erspähte Armand eine Ansammlung großer, prunkvoller Zelte – offenbar die des Herzogs und der kommandierenden Offiziere. Da kam ihnen aus dieser Richtung ein schlanker junger Kavalier entgegen. Aramis! durchzuckte es den Grafen. Ihre Blicke trafen sich. Rochefort verzog keine Miene, doch im Vorübergehen zwinkerte er dem Musketier unmerklich zu, aufmunternd und beruhigend. Etwa eine Woche nach seinem Eintreffen vor La Rochelle hatte Hector Rochefort eine Information von de Wardes weitergeleitet, die besagte, dass Aramis, gerüchteweise auf Buckingshams persönliche Intervention hin, aus seiner Haft im Tower entlassen worden war. Trotzdem war es beruhigend, den jungen Mann hier mit eigenen Augen zu erblicken. Er hatte blass gewirkt und etwas angespannt, schien aber ansonsten heil und unversehrt zu sein. Rochefort musste zugeben, dass er sich, von der unseligen Duell-Geschichte einmal abgesehen, bisher gut gehalten hatte. Er war nicht enttarnt worden und hatte dem Kardinal die Informationen geliefert, die dieser dringend benötigt hatte. Doch je länger er bei den Engländern blieb, desto riskanter wurde dieses Spiel natürlich…

Diable! Aramis glaubte seinen Augen nicht zu trauen - der Comte de Rochefort hier auf der Île de Ré?! Noch dazu mitten unter diesen hugenottischen Freiwilligen, mit Hacke und Schaufel in Händen?! Parbleu! Was hatte der Graf vor? Doch schon marschierten die Männer festen Schrittes an ihm vorbei, mit flüchtigem Gruß, und er wagte es nicht, sich nach ihnen umzusehen. Parbleu, hoffentlich hatte niemand hier seine grenzenlose Verblüffung im Anblick jenes gewissen Herrn bemerkt! Das konnte gefährlich werden, denn woher sollten der vermeintliche Hugenotte aus La Rochelle und er, der königliche Musketier, einander kennen? Doch Aramis war nach wie vor allein, niemand folgte ihm, keiner der englischen Offiziere kreuzte seinen Weg, und so wagte er es endlich, tief aufzuatmen, während seine vor Überraschung empfindlich bleichen Wangen wieder ihre natürliche Farbe zurückgewannen. Hm, hatte der Graf vor, sich heimlich in die Festung zu begeben? Überbrachte er dem Gouverneur womöglich gar persönliche Instruktionen Seiner Eminenz? Verdammt, wenn er, Aramis, doch nur Kontakt mit dem Comte aufnehmen, eine geheime Unterredung mit ihm herbeiführen könnte! Doch dies schien schlicht unmöglich, und so blieb ihm nichts anderes übrig, als inständigst zu hoffen, Monsieur de Rocheforts riskanter Plan, worin auch immer dieser bestand, möge erfolgreich und reibungslos gelingen!


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Die nächsten Stunden bis zum Abend verbrachte Rochefort mit Schaufel und Spitzhacke hantierend. Als es schließlich zu dunkel zum Weiterarbeiten war, wurden die Männer ins Lager zurück beordert. "Ich muss nur mal kurz austreten, ich komme gleich nach", ließ er den am nächsten Stehenden wissen, als sie sich gerade auf den Weg machen wollten. Der nickte nur müde und desinteressiert und trottete mit den Anderen davon. Armand hoffte, dass sein Fehlen später niemandem auffallen würde. Rasch huschte er im Schutz der Gräben dahin, die ihm nun hervorragend Deckung boten. Er orientierte sich an einem verfallenen Gehöft, das schemenhaft in der Dunkelheit zu erkennen war. Das letzte Stück dorthin führte über freies Feld, doch die Nacht war mondlos, und sich dicht am Boden auf Händen und Knien fortbewegend langte der Agent Seiner Eminenz ungesehen dort an. Der Eingang zu dem Erdkeller lag etwa 20 Meter von dem Gebäude entfernt an einer kleinen Böschung. Er konnte es nicht wagen, Licht zu entfachen, doch da er schon einmal hier gewesen war, fiel es ihm nicht so schwer, sich zu orientieren. Der Raum war vollgeräumt mit altem Gerümpel, hauptsächlich zerbrochene Regale zur Lagerung von Lebensmitteln. Ein solches stand auch an der hinteren Wand, die er vorsichtig tastend erreichte. Er schob sich hinter das Regal und ging dann in die Hocke. Der Eingang in den Tunnel war niedrig und hatte eine unscheinbare, mit einem Riegel versehene Holztür. Der Graf schlüpfte hinein, verschloss die kleine Pforte wieder hinter sich und atmete tief durch – die erste Hürde war überwunden. Er entzündete eine Kerze und machte sich auf den Weg in die Festung.

Der Gang mündete in den Vorratskellern, und auch der Ausstieg war, mit Absicht, sehr eng und schmal angelegt, sodass man sich auf alle Viere niederlassen musste um ihn zu passieren. Eine Steinplatte, die man mit Hilfe eines in der Wand verborgenen Mechanismus verschieben konnte, sicherte ihn. Unter der Besatzung des Forts wurde ab und an darüber gewitzelt, dass der Kommandant die Vorratsräume so streng bewachen ließ, als lagere dort die Kriegskasse der gesamten französischen Armee. Nur einige Eingeweihte wussten, dass es noch einen anderen Grund dafür gab, als den Diebstahl von Lebensmitteln zu verhindern. Und so sah sich der Graf auch bereits wenige Augenblicke später vier Soldaten mit gezogenen Rapieren und schussbereiten Pistolen gegenüber. "Wer seid Ihr und woher kommt Ihr? Legt Eure Waffen ab!"

"Ich bin der Comte de Rochefort. Meldet dem Kommandanten, dass ich hier bin. Er wird mich sehen wollen." Während er sprach, händigte er den Männern wie gefordert seine Waffen aus.

Die Soldaten tauschten einen kurzen Blick, dann erwiderte der Dienstälteste knapp: "Kommt mit." Sie nahmen ihn in die Mitte, stiegen eine Treppe empor, durchquerten unter den fragenden und verwunderten Blicken einiger Kameraden einen Hof und langten vor dem Hauptgebäude der Festung an, das auch das Quartier des Comte de Toiras beherbergte. Nachdem sie einige leise Worte mit den Wachen am Eingang gewechselt hatten, eilte eine von diesen rasch ins Innere des Hauses. Es dauerte nicht lange und der Mann war wieder zurück: "Führt den Herrn hinauf." Im Vorzimmer zu Toiras` Gemächern trafen sie auf den Leutnant de Souches. Er hatte den Geheimdienstchef des Kardinals bei dessen erstem Besuch hier getroffen und erkannte ihn sogleich. "Monsieur le Comte, seid willkommen. Der Herr Kommandant möchte Euch sofort sprechen." Zu den vier Soldaten gewandt, sagte er: "Ihr könnt dem Herrn Grafen seine Waffen zurück geben und Euren Posten wieder einnehmen." Ein anerkennendes Nicken für ihre Aufmerksamkeit und ihr korrektes Verhalten begleitete seine Anweisung.

Im nächsten Moment öffnete sich eine Tür auf der Gegenüberseite des Raumes und Jean du Caylar de Saint Bonnet, Comte de Toiras, trat heraus. Ein Ausdruck freudiger Überraschung lag auf seinem Gesicht. „Parbleu! Herr Graf!", rief er und steckte die Hand aus, um Rochefort willkommen zu heißen, „Ihr in eigener Person hier in dieser Festung! Bei allen Teufeln, was führt Euch zu mir?"

„Ein Plan, den ich mir überlegt habe, angesichts der Herren Engländer da draußen vor Euer Tür", antwortete der späte Besucher.

"Ein Plan?" Der Gouverneur runzelte gedankenvoll die Brauen, bat den Grafen mit einladender Gebärde hinein in sein Büro und schloss sorgfältig die Türe hinter sich, "ich nehme an, Monsieur le comte, Ihr steht mit jenem königlichen Musketier in Buckinghams Reihen, Monsieur Aramis, in geheimer Verbindung?"

„Ihr wisst über Monsieur Aramis Bescheid?", gab der Graf verblüfft zurück.

"Er kam zu mir auf die Festung, offiziell als Unterhändler Buckinghams, und vertraute sich mir in einem Gespräch unter vier Augen an. Und dies war auch gut so, denn ansonsten hätte ich ihn auf der Stelle als Deserteur verhaften lassen!", erklärte Toiras mit allem Nachdruck. "Pardon, Monsieur le comte," fuhr er fort, nun ein wenig unsicher, "hätte der junge Mann mir seinen geheimen Auftrag nicht offen mitteilen sollen? Doch wie gesagt, Schweigen wäre für ihn fatal gewesen."

„Nein, nein, das war schon in Ordnung so. Ich hatte nur keine Ahnung, dass Aramis hier bei Euch auf der Festung war. Er wurde im Auftrag Seiner Eminenz nach England entsandt und bei Buckingham eingeschleust, um dessen Kriegspläne auszukundschaften und konnte uns in der Tat von dort aus wertvolle Informationen zukommen lassen. Nur, seit er sich mehr oder minder gezwungenermaßen des Herzogs Kampagne hier anschließen musste, um jedweden Verdacht gegen seine Person zu zerstreuen, hatten wir keine Möglichkeit der Kontaktaufnahme mehr. Ich sah Aramis rein zufällig unten im Lager, bevor ich zu Euch kam. Aber es scheint mir zu riskant, hier persönlich Verbindung mit ihm aufzunehmen – wenn auch nur der leiseste Verdacht aufkommt, dass er für uns spioniert, ist er ein toter Mann." Rochefort schüttelte bedenklich den Kopf. „Das ist ein verdammt gefährliches Spiel, das er hier spielt. Er hätte hier bei Euch bleiben und nicht mehr ins englische Lager zurückkehren sollen. Ich nehme an, seine Absicht ist es nun, Buckingham falsche Informationen zukommen zu lassen, liege ich da richtig?"

"Jawohl.", bestätigte der Gouverneur. "Monsieur Aramis hielt es für besser, ins englische Lager zurückzukehren, um Buckingham nicht durch sein Ausbleiben womöglich zu einem sofortigen Sturmangriff zu reizen. Und er gedachte, dem Herzog bei dieser Gelegenheit falsche Angaben über die Stärke meiner Besatzung hier im Fort zu machen, um die Engländer zur Vorsicht zu mahnen und eine feindliche Attacke zu verhindern." Er hielt einen Augenblick inne, ehe er leise fortfuhr: "Ja, auch ich mache mir größte Sorgen um den jungen Mann, und ich habe ihm dies nicht verhehlt. Doch er entschloss sich dennoch, zusammen mit den freigelassenen englischen Offizieren den Rückweg ins Feldlager anzutreten - gebe Gott, dass seine heimliche Tätigkeit weiterhin unentdeckt bleibt! Doch ich muss Euch gestehen, Monsieur le comte, wir werden uns hier auf dieser Festung nicht mehr lange halten können! Meine Männer sind vom Kampf geschwächt, ihre Zahl ist empfindlich dezimiert, und unsere Vorräte gehen allmählich zur Neige!"

„Genau das ist der Grund meines Kommens. Ich habe diesbezüglich einen Plan, den ich mit Euch besprechen möchte. Wie ich schon bei meinem ersten Besuch berichtet habe, kann es aufgrund politischer Faktoren und leider auch aufgrund der ewigen leidigen Diskussionen über Befindlichkeiten und Zuständigkeiten der Herren Oberkommandierenden – ich nehme an, Ihr wisst, wovon ich rede – dauern, bis Entsatz hier eintrifft. Dies zu beschleunigen liegt leider nicht in meiner Macht. Das heißt, Ihr müsst durchhalten, und um durchzuhalten benötigt die Festung Vorräte. Die Engländer kontrollieren den Hafen von St. Martin, und ihre Schiffe patrouillieren rund um die gesamte Insel. Trotzdem könnte es mit einer gut durchdachten Aktion gelingen, Buckinghams Leute auszumanövrieren und das Fort mit Nachschub zu versorgen. Folgendes habe ich mir überlegt: - "

Der Geheimdienstchef der Kardinals schilderte Toiras sein Vorhaben; nachdem er geendet hatte, fragte er: „Und? Was haltet Ihr davon? Mir ist klar, es ist ein verwegener Plan, und wir brauchen auch eine Portion Glück, damit er gelingt. Aber allemal besser, als tatenlos abzuwarten, bis sie Euch aushungern."

„Ja, in der Tat!", erklärte der Gouverneur grimmig. „Ich muss zugeben, Euer heimliches Vorhaben scheint mir mehr als gewagt, ja, schlichtweg tollkühn und dazu schlau wie der Teufel selbst! Doch es ist und bleibt wohl unsere einzige Rettung! Ohne ausreichenden Proviant kann ich diese Festung nicht halten, gebe also Gott, Euer Plan möge gelingen!" Und damit reichte er dem Comte de Rochefort die Hand.