And if I were to meet.... von Anonymous

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Kapitel Geständnisse von xalibur 

Natürlich hieß sie nicht Jean. Villon nannte sie so, weil sie damals in ihrer Geschichte so eine glühende Verehrerin der Jeanne d'Arc gewesen war. Sie hatte sie sogar eine Heilige genannt! Villon seufzte. Er fühlte sich schuldig und hätte ihr gern alles gebeichtet, aber Tenaka würde ihn erwürgen. Tenaka. Der Khan wollte den Schöpfern diese Welt verleiden. Dabei konnte Villon nur verlieren. Villons ursprüngliche Geschichte spielte im Frankreich der Musketiere oder besser gesagt, etwas früher, im Paris Heinrichs VI. und er war darin gerade Anfang 20 gewesen. Sicher wollte er dem Vergessen entfliehen, aber er wäre zufrieden damit, ein gemütliches Leben als Nebenfigur in Musketierfanfictions zu führen. Wenn Tenaka Erfolg hätte, würde seine Jeanne sich von Paris abwenden und ihn genau wie die Musketiere verlassen. Er mußte sich irgendwas einfallen lassen.

Er nutzte die Zeit, um das Geschick der anderen Schöpferinnen in Erfahrung zu bringen, was nicht schwerfiel. Schließlich standen ihm die Augen und Ohren des Cour des Miracles zu Gebote. de Cavoyes hatte eine Dame in die Bastille gebracht? Oh je, das mußte Tenakas treulose Schöpferin sein. Wie konnte Tenaka ihr das nur antun? Und der Herr Leutnant der Musketiere zog mit zwei merkwürdigen Frauenspersonen durch die Gegend? Vermutlich Maren und Stella. Nahe des Palais de Cardinal entdeckte Villon ein paar Gestalten, die in dieser Welt so gar nichts zu suchen hatte. Ob die anderen Bewohner von Paris sie ebenfalls sehen konnten?
"Aeris, Mumm, was bringt Euch denn in diese Geschichte?" Aeris setzte ein unschuldiges Gesicht auf und erwiderte "Ein Kleid, ein Blumenmusterkleid." um dann einen Lachanfall zu bekommen. Villion mußte sehr verständnislos geschaut haben, denn sie setzte hinzu "Ich habe Maren ein hüsches, geblümtes Kleid verpaßt, sie ist doch in der Badewanne eingeschlafen und ich kann sie ja nicht nackt hier herumlaufen lassen." "Du hast das einfach so... erschaffen? Das können doch nur Autoren!" Wenn das ging, dann würde er seine Jeanne mit der schönsten Robe ausstaffieren und mit einer Kutsche und allen.

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Als ich erwachte, saß der Spielmann an meinem Bett und lächelte mich fröhlich an. Lucia hatte recht gehabt, mein Kopf schmerzte längst nicht mehr so und ich spürte sogar wieder Hunger. "Geht es Dir besser, ma petite?" "Ja. Du bist Francois? Francois Villon?" "Oui, Mademoiselle! Du erinnerst Dich?" Natürlich erinnerte ich mich. Er war so ziemlich die einzige Figur, die ich je erschaffen hatte. Ich hatte ihn nur nicht gleich erkannt. Damals war er jung gewesen. Damals waren wir beide jung gewesen. Er schien überglücklich zu sein, daß es mir besser ging. "Weißt Du noch, damals? Ich hatte mich unsterblich in die Baronesse verliebt, und Du hast am Adel kein gutes Haar gelassen. Aber Du hast mir trotzdem geholfen, sie zu gewinnen. Heut ist es umgekehrt. Meine Liebe zum Adel ist abgekühlt, aber wenn Du Dir unbedingt diesen Grafen in den Kopf gesetzt hast, sollst Du ihn bekommen. Schau her, ist das nicht ein schönes Kleid?" Eine grün-samtene Robe mit ausladendem Reifrock lag über einen Stuhl ausgebreitet, aber ich sah sie nur mit halbem Auge. Wie konnte Villon wissen, daß Athos ein Graf war? Wie konnte er überhaupt wissen ...? Und wieso war er so plötzlich zur Stelle gewesen, um mich zu retten? Hier stimmte was nicht!

Ich musterte ihn ernst und prüfend. "Woher weißt Du, wen ich mir in den Kopf gesetzt habe und vor allem, wer er in Wirklichkeit ist? Du wirst mir einiges erklären müssen. " Francois merkte, daß er einen Fehler gemacht hatte. Das Lachen schwand aus seinem Gesicht, er schien zu zögern, dann setzte er sich zu mir ans Bett und sagte leise "Kleine Jeanne, ich weiß nicht, was geschieht wenn ich das tue, aber ich bringe es auch nicht fertig, Dir ins Gesicht zu lügen." Und dann begann er, mir eine unglaubliche Geschichte zu erzählen, vom Haus der verlassenen Geschichten, vom Weihnachtszauber und von Maren und den anderen. "Und Doro?" "Hat das größte Pech gehabt. Sie ist an de Cavoyes geraten und der hat sie in die Bastille gesperrt."

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Heute war der Tag vor Weihnachten, also wollte Athos die Zeit bis zu seinem Dienstanfang nutzen, um zu beichten. Aber auch dort stand ihm die vergangene Nacht im Wege. Bei der Beichte ein Vergehen zu verschweigen war eine Sünde und machte die Lossprechung zunichte - ein Vergehen zu beichten, was man nicht begangen hatte, konnte aber ebensowenig angehen. Er würde sich wohl oder übel näher erklären müssen. Angetan mit einem alten Mantel, der den kalten Wind nicht halb so gut abhalten konnte wie der verlorene, machte er sich auf den Weg zu den Jesuiten. Die standen im Ruf, den Fallstricken des Soldatenlebens ein wenig mehr Verständnis entgegen zu bringen. Als er die dunkle Kirche betrat, warteten schon einige Bußwillige. Er kniete nieder, aber statt zu beten, kreisten seine Gedanken um den letzten Abend. Aber es half nichts, die Erinnerung war wie ausgelöscht. Müde stütze er den schmerzenden Kopf in die Hände und schloß die Augen. Die Kirche war nach der Kälte draußen angenehm warm, dunkel und still und langsam begann er einzudösen. Aber dann schreckte er auf. Da war ein Gesicht gewesen im Traum! Das Antlitz einer Frau hatte ihn wütend und vorwurfsvoll angesehen und gesagt "Wenn Ihr jetzt schlaft, werdet Ihr nie mehr erwachen."
Noch durcheinander von der Erscheinung betrat er den Beichtstuhl und begann seine Beichte. "Mein Sohn, Ihr habt vielleicht Unkeusches getan? Ihr wißt es nicht?" Der Priester war jung und konnte seine Gefühle nicht so verbergen, wie es der Gelegenheit angemessen gewesen wäre. "Nein, Pater." "Nun, vielleicht solltet Ihr mir einfach berichten, was Ihr getan habt und ich..." Pater, wenn ich das könnte, wüßte ich selber, ob es unkeusch war oder nicht! Die Schwierigkeit besteht darin, daß ich mich nicht mehr erinnern kann. Ich war zu betrunken." Der Priester stieß einen Seufzer aus, der verdächtig nach einem mühsam unterdrückten Lachen klang. Dann aber besann er sich auf seine geistlichen Pflichten und gewährte die Lossprechung. "Und als Buße erlege ich Euch auf, Euch bis zum Ende der Weihnachtszeit jeglichen Alkohols zu enthalten." Athos fuhr auf. Den Protest, der ihm auf der Zunge lag, konnte er gerade noch zurückhalten, denn natürlich war es undenkbar, dem Priester in dieser Angelegenheit zu widersprechen - aber, Mon Dieu! Keinen Tropfen bis Lichtmess (3. Februar)! Diese Buße kam ihn wirklich hart an, und so sehr er haßte, sich das eingestehen zu müssen, er wußte nicht, ob er sie durchhalten konnte.

Reichlich verstört begann er seine Wache am Louvre. Und ertappte sich immer wieder dabei, zwischen den vorbeigehenden Frauenspersonen nach dem Gesicht aus seinem Traum zu suchen. Verflucht, wieso konnte ein so alberner Vorfall ihm so die Ruhe rauben? Er nahm sich vor, seine Schritte von gestern zurückzuverfolgen, sobald sein Dienst vorüber war. Wenn da eine Frau gewesen war, mußte sie doch jemand zusammen gesehen haben.