And if I were to meet.... von
Durchschnittliche Wertung: 4.5, basierend auf 20 BewertungenKapitel Ein Glas zuviel von xalibur
Ich weiß nicht, woher ich es wußte, wo ich war, aber ich wußte es sofort. Die Dunkelheit, die Schemen der geduckten Häuser, der Geruch nach Holzrauch und Jauche - so hatte ich mir das Paris des 17. Jahrhunderts vorgestellt, und jetzt war ich hier. Ich lag im Gras und konnte kaum die Hand vor Augen erkennen. Mühsam rappelte ich mich hoch. Es war kalt. Die Halme waren mit Reif überzogen. Feuchtigkeit drang durch meine Jeans.
Jeans. Ich tastete über meinen Körper. Ja, ich trug meine normale Kleidung, Goretex-Jacke, Jeans und Stiefel. Oh je, damit würde ich hier auffallen wie ein bunter Hund. Trotzdem mußte ich grinsen. Mit 16 hatte ich mal eine kleine Geschichte geschrieben, wo genau das geschehen war: ich war im Traum in Paris gelandet, so wie ich war, im Nachthemd und ohne ein Wort Französisch zu verstehen. Und wurde, kaum angekommen, von der Stadtwache aufgegriffen und wegen meines schamlosen Aufzugs in die Bastille gesteckt. Nun ja, das war lange her.
Irgendwie ahnte ich, daß die Rue de Ferou in der Nähe war. Ob ich sie suchen sollte? Nur einfach mal einen Blick durchs Fenster werfen? Vielleicht brannte ja noch Licht und Monsieur Athos saß beim Wein. Ich hätte ihn ja schon gern einmal in Natur gesehen. Ich könnte ja auch klopfen, unter irgendeinem Vorwand. Dann wüßte ich auch, wie seine Stimme klingt. Aber ich wußte, ich würde nicht gehen. Ich bin ein zurückhaltender Mensch, ich dringe nicht ungefragt in die Privatsphäre anderer Menschen ein. Oder ehrlicher, ich bin einfach schüchtern. Außerdem verunsichern mich schweigsame Zeitgenossen. Und Betrunkene machen mir Angst. Und außerdem sagte die Vernunft, daß ich in meinem Aufzug mich gar nicht irgendwohin wagen konnte, ohne Schwierigkeiten zu bekommen. Und ich war nicht neugierig auf die Keller der Bastille.
Nein, ich würde nicht gehen. Hier war eine einmalige Chance, aber ich würde sie vergeuden! Ärgerlich auf mich selbst, machte ich mich auf die Suche nach dem Ausgang aus diesem Garten. Es war so dunkel, daß man die Hand nicht vor Augen sah. Kaum hatte ich ein paar Schritte gemacht, stolperte ich über etwas am Boden und fiel. Ich fiel weich, und das worauf ich gefallen war, stöhnte unwillig auf. Mir schlug das Herz bis zum Hals. Eilig rollte ich mich zur Seite und murmelte ein "Je suis desolee!", aber der Schemen, den ich nun undeutlich erkannte, grunzte nur, und legte den Kopf wieder auf die Schulter. Sein Atem stank nach Alkohol. Verdammt, das hier war nicht lustig! Bei Temperaturen unter Null betrunken draußen zu schlafen, konnte tödlich ausgehen! So sehr ich es haßte, ich mußte mich überwinden und den Mann wecken. Die Wolken rissen ein wenig auf, der Mond warf sein Licht in den Garten und ich konnte den Mann betrachten. Er hatte etwa mein Alter, ein schönes Gesicht, der Atem war in seinem Bart zu Reif gefroren. Er trug den Rock der Musketiere, der Mantel lag achtlos neben ihm. Ich wußte sofort, wer er sein mußte.
Was zum Teufel hieß "aufwachen" auf Französisch? Egal, Athos verstand doch auch English, damit konnte ich dienen. Mit klopfendem Herzen faßte ich ihn an der Schulter. "Mister, Thou hast to wake up! Thou must not sleep out here in the cold." Ein unwilliges Stöhnen war alles, was ich als Reaktion bekam. Nun, vielleicht leiden die Sprachfähigkeiten doch im Vollrausch. Verdammt, warum hab ich nie Französisch gelernt? Ich kratzte aus den hintersten Winkeln meines Gedächtnisses ein paar Brocken zusammen "Monsieur, vous ne peuvent pas dormir!" Keine Reaktion. Was ich auch tat, es gelang mir nicht, ihn wach zu bekommen. Ich versuchte sogar, ihn fortzuziehen, aber ein erwachsener Mann ist einfach zu schwer, als daß ich ihn tragen könnte. Verzweifelt ließ ich von ihm ab und kniete schwer atmend neben ihm im Gras. Die Kapuze war von meinem Kopf gerutscht, das Haar hing mir ins Gesicht. "Ihr seid ein gottverdammter Idiot! Ihr werdet sterben!" "Geht weg! Laßt mich schlafen!" Die Antwort kam mit schwerer Zunge in jener überdeutlichen Betonung, die den Betrunkenen verrät, aber sie war verständlich und im schönsten Deutsch. Ich bemühte mich, meine Überraschung zu verbergen und meine Stimme fest klingen zu lassen. "Das werde ich nicht. Ich lasse Euch nicht erfrieren. Wenn Ihr jetzt schlaft, werdet Ihr nie wieder aufwachen!" "Und wenn schon, wen kümmerts?" "Mich kümmert es." Ich faßte ihn an der Schulter und fand im nächsten Augenblick meine Hand von einem harten Griff umspannt. Der Mond schob sich wieder einmal zwischen den Wolken hervor und wir konnten einander ins Gesicht sehen. Als er meine Hand loslies und mit benommenem Kopfschütteln den Blick senkte, wußte ich, ich hatte gewonnen. "Steht jetzt auf!" "Ihr werdet keine Ruhe geben, nicht wahr?" "Nein!" "Also gut." Ungeschickt versuchte er, auf die Füße zu kommen und wäre ohne meine Hilfe sofort wieder gestürzt. Schließlich stand er schwankend. Ich legte mir seinen Arm über die Schulter und zog ihn mehr als dass er selber ging auf die Straße. "Wohin, Monsieur?" Er deutete auf ein Haus, das Gott sei Dank nicht weit entfernt war. Schweigend legten wir den Weg zurück. An seiner Tür mußte ich lange klopfen, bis endlich ein verschlafener Diener die Tür öffnete und mich erschrocken anstarrte. Ich bedeutete ihm stumm, er solle sich um seinen Herrn kümmern. Verstanden hätte er mich ohnehin nicht. Athos stützte sich schwer auf Grimaud und wankte in seine Wohnung, die Tür schloß sich, und ich war wieder allein in der Nacht.
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Der wettergegerbte Spielmann hatte an der Wand gelehnt und das Geschehen mit gemischten Gefühlen betrachtet. "Tenaka, warum seid so rachsüchtig? Ihr findet doch immer wieder jemanden." Tenakan lachte ihn aus "Villion, Ihr und Eure kleine Jean, die nicht mal wirklich Jean heißt. Sie hat sich 20 Jahre nicht um Euch geschert! Sie bekommt, was sie verdient." Seufzend hatte sich Villon wieder dem grüngekleideten Jungen neben ihm zugewandt. "Er versteht einfach nicht, daß kleine Mädchen erwachsen werden, Peter." Peter nickte traurig und ergänzte "wie Wendy."
Jetzt aber pfiff Villion vergnügt und sah den verärgerten Khan herablassend an. "Ihr seid eben kein Original." "Und Ihr? Ihr verdankt Eure Existenz einem lausigen Mary-Sue einer 16jährigen!" "Von einem Mann, der für seine Rache die Schwärmerei und Gutgläubigkeit einer 14jährigen mißbraucht, trifft mich das nicht." "Villion, dafür werdet Ihr ..." "Später, Monsier le Khan, später. Jetzt habe ich leider keine Zeit, meine Schöpferin braucht mich!" Und pfeifend ging er von neidischen Blicken begleitet durch die Tür. Seine Geschichte war im Begriff, eine Fortsetzung zu erhalten.
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Mein Musketier lag nun in seinem Bett und ich war allein in einer kalten Nacht in einer fremden Welt. Ein nettes Mary-Sue hatte ich mir da geträumt, aber jetzt wäre es Zeit, wieder aufzuwachen. Auffordernd blickte ich in den langsam heller werdenden Himmel, aber nichts geschah. Ich war kalt und hungrig und wußte nichts mit mir anzufangen. Dann fiel mir der Mantel ein. Athos hatte seinen Mantel im Garten liegen lassen. Also ging ich noch einmal zurück. Ein ungutes Gefühl machte sich in meinem Magen breit, aber ich fand keine Ursache. Der Garten war noch so verlassen wie zuvor und der Mantel lag unberührt da. Ich bückte mich, um ihn aufzuheben, als ich ein Geräusch hinter mir hörte. Ich wollte mich aufrichten, aber in diesem Moment traf etwas meinen Kopf und mir wurde schwarz vor Augen.
to be continued