And if I were to meet.... von Anonymous

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Kapitel Fremde Betten von Anonymous

„Ähem.“
Ein ungehörig lautes Räuspern weckt mich. Wer räuspert sich hier? Also, ich bin´s gewiss nicht. Ausgeschlossen. Ich wecke mich doch nicht selbst auf. Und dann noch mit einem solchen Geräusch. Klingt ja nach Rohrbruch unter der Spüle. Wer bleibt übrig?
Paapiii! Nein. Papa räuspert sich nicht, sondern ruft mit lauter Stimme durch die Zimmer. „Bist du schon wach?!“
Bruder! Nein. Brüderlein grinst höchstens und zieht mir die Decke weg.
Wer bleibt also übrig? Öhm ...
„ÄHEM!“
Vorsichtig hebe ich ein Lid und linse darunter hervor. Ein ungewaschener Kopf erscheint in meinem Blickfeld. Er sieht unzufrieden aus. Und er sieht nach Planchet aus. Planchet, Diener von d´Artagnan, dem Leutnant der Musketiere.
Hm. Planchet. Eine interessante Frage: Wieso steht Planchet in meinem Schlafzimmer? Wenn ich solch konfuse Träume schon habe, dann steht doch eher Monsieur le mousquetaire in meinem Schlafzimmer, mit einem liebreizenden Lächeln auf den Lippen.
Ich öffne auch mein zweites Auge und sehe mich um. Vorerst schweigend, denn der Mann vor mir beschränkt sich auch darauf, mich stumm und vorwurfsvoll anzusehen.
Ich könnte nun natürlich entsetzt aufschreien und den Kerl fragen, wie er in mein Zimmer kommt. Andererseits fordert solch eine dumme Frage eine dumme Antwort heraus. Wie? Na, durch die Tür. Das tue ich mir nicht an!
„Äh ... wer sind Sie?“, frage ich. Meine erste Reaktion wäre es ja gewesen „Planchet, du dummer Kerl! Was glaubst du, was du hier tust?!“ zu rufen. Aber wenn ein solcher Ausruf nicht von d´Artagnan, sondern von mir kommt, dann fehlt ihm das gewisse Etwas. Die entscheidende Portion Dienstherr, zum Beispiel. Zudem ist es gut möglich, dass ich es mit dem Elektriker oder dem Installateur zu tun habe. Solche Leute schreit man nicht grundlos an. Auch wenn Schlafzimmerfriedensbruch ein guter Grund wäre.
„Planchet“ blickt missbilligend auf mich herab. „Ich bin Planchet. Und wer seid Ihr? Übrigens liegt Ihr in meinem Bett!“ Er betont das „meinem“ noch extra, aber das ist garnicht mehr nötig.
„IGITT!“, rufe ich entsetzt und springe auf, während ich hastig durch meine Haare fahre und versuche, möglichst viel imaginären Dreck abzukehren. Einen angeekelten Blick auf das Bett werfend, das bestimmt Brutstätte für tausende Läuse, Flöhe und anderes scheußliches Getier ist, springe ich weg. Planchet weicht seinerseits zurück, während er sich geistesabwesend am Kopf kratzt.
„ICH bin ... also, wer ich bin, geht einen Diener schon mal überhaupt nichts an.“, fahre ich den Mann an und weiche in Richtung Tür zurück.
„Aber Ihr habt in meinem Bett gelegen.“, versucht sich Planchet zu rechtfertigen und daraufhinzuweisen, dass er ein Recht darauf hat zu erfahren, warum ich das wohl getan habe. Das frage ich mich auch, welcher Teufel mich geritten hat.
„Reines Versehen.“, sage ich, öffne die Holztür, die in einem scheußlichen Braunton gehalten ist, und schließe sie hinter mir ohne dem armen Planchet eine Erklärung geliefert zu haben.
Einen tiefen Seufzer ausstoßend, schließe ich für einen Moment die Augen.
Planchet. Planchets Kammer. Was für ein idiotischer Traum ist das?! Seit wann habe ich Albträume dieser Art? Das ... ist doch ein Traum, oder?
„Guten Morgen, Mademoiselle.“
Ich zucke zusammen und wirble herum. Zuerst traue ich meinen Augen nicht! Vor mir steht der Mann meiner Träume. - Und er hat ein schmutziges Grinsen auf den Lippen.
„Guten ... Morgen.“, meine ich betont höflich und hebe den Kopf. Mit einiger Genugtuung stelle ich fest, dass er gerade mal so groß ist wie ich. Wenn nicht sogar etwas kleiner ... Was für ein Glück er hat, dass ich so selten Stöckel trage.
Aber wie gut er aussieht! Toll, dass ich ihm hier begegne.
„Monsieur d´Artagnan?“, erkundige ich mich nun mit Unschuldsmiene.
„Zu Diensten.“, erwiderte er und verneigt sich. Mit Mühe widerstehe ich der Versuchung, entzückt aufzuseufzen. Was für ein Kavalier! Auch wenn er immernoch ein etwas spöttisches Lächeln an sich hat.
„Ich habe Euch gesucht.“
Nun ist der Spott nicht nur auf seinen Lippen, sondern auch in seinen Augen sichtbar! Er wirft einen bedeutungsschweren Blick zu Planchets Kammer.
„Ich habe mich im Zimmer geirrt!“, gebe ich indigniert zurück und mustere mit kühlem Blick seinen Teil der Wohnung. Schließlich weiß ich wie es dort aussieht. Immerhin ist Planchet auch für diesen Teil verantwortlich und d´Artagnan wahrlich kein Ordnungsfanatiker! „Kann ja mal passieren...“, füge ich leise hinzu.
„Wie .. kann ich Euch helfen?“, besinnt er sich nun endlich auf seine Manieren.
„Äh.“ Ja. Genau. Gute Frage. Wie denn nur?
„Das weiss ich noch nicht.“
D´Artagnan starrt mich einen Moment verdutzt an und als er sieht, dass ich es ernst meine, runzelt verärgert die Stirn. „Mademoiselle, ich bin der Leutnant Seiner Majestät Louis XIII. Ich habe keine Zeit für Spielereien.“
„Ach ja ... Ihr seid ja immer in Eile.“, spotte ich. Dabei weiss ich doch genau, dass ich ständig dafür sorge, dass der arme Mann es eilig hat.
„Ganz genau!“ Ich frage mich, ob er Ironie kennt.
„Seid Ihr jetzt auch in Eile?“
„Nun .. nein.“
„Habt Ihr nun Dienst?“
„In etwa einer halben Stunde.“
Zufrieden nicke ich. „Dann ... dann bringt mich bitte in die ... zum Palais Tréville.“
Ich weiss selbst nicht, was ich dort will. Außer in d´Artagnans Nähe sein... Und wenn er schon mal dort hin geht...
Er wirft mir einen nachdenklichen Blick zu. Bestimmt ist er erstaunt über meine sagenhafte Schönheit. So wie ich über seine.
„Dann lasst uns gehen.“
Ich nicke , trete zur Tür und bleibe dort stehen. Beharrlich warte ich bis er ebenfalls kommt und sie mir öffnen möchte. Ich will hoffen, dass er mir auch seinen Arm reicht! Wenn er es nicht freiwillig tut, muss ich wohl nachhelfen. Auf ... subtile Weise. So wie es für uns Österreicher typisch ist.