Die vier Musketiere von CorinnaB

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Kapitel Die Entscheidung

Da Duelle auf Erlass des Königs in Paris verboten waren, organisierte Kardinal Richelieu ein Fechtturnier, zu dem die besten Fechtmeister des ganzen Landes eingeladen waren. Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren und die Musketiere und Gardisten, welche nicht an dem Turnier teilnahmen, waren für die Sicherheit ihrer Majestäten und der Gäste verantwortlich. Unsere vier Kameraden nahmen alle am Turnier teil, waren sie doch die besten Musketiere des Königs. Von der Garde des Kardinals nahmen ein gewisser Rochefort und ein weiterer Gardist namens Fumière teil, Mylady als eingeladener Gast.
Der Kardinal wollte durch fingierte Zufälle Aramis und Mylady aufeinander treffen lassen, so dass sie ihr Duell austragen konnten.
So würde keiner etwas von dem wahren Hintergrund ihres Aufeinandertreffens erfahren.
Aramis war ungewöhnlich still in den Tagen vor dem Turnier.
Als wolle er seine Kraft sammeln und für nichts anderes vergeuden.
Man sah ihn oft für sich trainieren, wobei ein Außenstehender eher annehmen würde, er tanze oder spiele mit seinem Degen, so leichtfüßig und elegant wirkte seine Fechtkunst.

Schließlich war der große Tag herangekommen.
Das Turnier begann.
Es waren dutzende von Fechtern aus ganz Frankreich angereist. Schließlich wollte sich kein Fechtmeister ein Turnier zu Ehren ihrer Majestät des Königs von Frankreich entgehen lassen.
Nach einigen Runden, in denen auch unsere vier Musketiere an der Reihe waren, gab es schon viele Verletzte.
Die georderten Ärzte hatten alle Hände voll zu tun.
Aramis war unruhig, wusste er doch nicht, wann er auf Mylady treffen würde.
Nach einer kleinen Pause für alle Teilnehmer stand Kardinal Richelieu auf und eilte zum Turnierplatz. Nachdem er um Ruhe gebeten hatte, gab er die folgenden Turnierpaarungen bekannt.
„Messieurs et Mesdames. Als nächstes darf ich eine hochinteressante Paarung ankündigen. SIE ist eine der besten Fechtdamen unserer Zeit, ER einer der besten Musketiere des Königs. Lady de Winter und Monsieur Aramis.“
Aramis schluckte.
Nun war die Stunde der Wahrheit gekommen.
Es gab kein Zurück.
Bedächtig schritt der Musketier zu Kardinal Richelieu.
Gleichzeitig mit Mylady blieb er stehen und verneigte sich vor dem Kirchenoberhaupt.
„So, nun kämpft um euer Leben, René d’Herblay. Zeigt, ob ihr wirklich ein Valinar seid. Eure Gegnerin ist euch überaus ebenbürtig. Wenn auch ebenso gegensätzlich.“
Aramis sah Mylady in die Augen.
Was er in ihnen sehen konnte, stockte ihm den Atem.
In den teuflisch grünen Augen loderte tiefster Hass.
Mylady indes konnte dem Blick nicht mehr standhalten.
Wie war es nur möglich nichts als Liebe in Aramis’ Augen zu lesen?
Oder stand auch ein Fünkchen Wehmut in ihnen?
„Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun…“ Ihr fiel dieser Bibelvers ein.
Sie senkte den Blick.
Der lang andauernde Kampf zwischen den Elben und den Gesandten des Teufels neigte sich dem Ende zu.
Die Entscheidung lag in den Händen des letzten Nachkommen der Elben und der mächtigsten Botin des Bösen seit Sauron.
Langsam kreuzten sich ihre Klingen.
Auf dem Turnierplatz herrschte Totenstille. Wie zwei hungrige Wölfe umkreisten sich Mylady und Aramis. Es schien, als traue sich niemand so recht den Gegner anzugreifen.
Plötzlich schnellte Mylady nach vorne und attackierte ihren Gegner. Dieser konnte im letzten Moment ausweichen und die Wucht des Schlages abfangen. Aramis war überrascht, wie viel Kraft in den Hieben Myladys lag, war sie doch unübersehbar eine Frau; noch dazu ein sehr zierliches Wesen. Welche Kräfte musste sie nur mit Hilfe des Paktes gehabt haben. Entschlossen griff er seinerseits an. Er konnte nicht mit Kraft trumpfen, also setzte er auf seine Geschicklichkeit. Verbissen kämpften die beiden Kontrahenten eine ganze Weile. Sie waren beide hervorragende Kämpfer, so dass keiner die Oberhand im Kampf übernehmen konnte. Jeder hatte mehrmals die Chance seinen Gegner überlegen zu sein. Schließlich wendete sich das Blatt. Aramis konnte Mylady durch eine Reihe von gezielten Angriffen aus dem Rhythmus bringen. Unvermittelt drehte er sich gleich einer Schraube in Richtung Mylady. Dicht neben ihr hielt er inne und griff mit dem Degen von unten an. Da Mylady, irritiert durch das Manöver des Musketiers, ihre Arme schützend im oberen Bereich des Körpers hielt, war sie ohne Deckung und Aramis Degen verletzte sie am Oberschenkel. Unweigerlich fühlte sie nach ihrer Wunde, wodurch unser Musketier ihr ein weiteres Mal zusetzten konnte und sie am Arm verletzte. Wütend wich Mylady einen Schritt zurück, um nur wenig später mit voller Kraft anzugreifen. Durch die Wucht, mit denen die Degen aufeinander trafen, verlor Aramis das Gleichgewicht. Taumelnd versuchte er sich wieder zu fangen, musste sich aber dabei kurz am Boden abstützen. Das nutzte seine Gegnerin sofort aus und verpasste ihm einen Degenstrich quer über den Rücken. Keuchend vor Schmerz sackte er in die Knie. Triumphierend hechtete Mylady zu Aramis, um ihren Todesstoß zu setzten. Sie hatte ihre Rechnung allerdings ohne den Musketier gemacht. Als Mylady die Klinge sah, welche in ihre Richtung ragte, war es zu spät. Sie konnte nicht mehr bremsen. Die Waffe bohrte sich tief in ihre Rippen. Langsam kippte sie nach vorne, während Aramis den Degen aus ihrem Körper herauszog.
Als Mylady in Aramis Augen sah, schrak dieser zurück.
Diese Verletzung würde sie nicht töten.
Sie machte seine Gegnerin im Gegenteil noch gefährlicher, als sie ohnehin schon war.
Mit übermenschlicher Kraft stand sie wieder auf. Wie eine Furie ging sie auf den erschöpften Aramis los. Dieser war derart überrumpelt, dass ihn die Wucht ihres Angriffes umriss.
Athos, Portos und D’Artagnan hielten den Atem an. Wie konnte diese Frau, oder was auch immer dieses Wesen sein mochte, solche Kräfte mobilisieren? Derweil rollten die zwei Kämpfenden über den Boden. Man sah nur ein Gewirr von Körpern und Degen. Auf einmal stand Mylady auf. Unsere drei Musketiere versuchten zu erkennen, was passiert war.
Aramis registrierte nur das Blut, welches über seine Hand lief, mit der er sich den Bauch hielt.
Myladys Degen hatte ihn unterhalb der Rippen getroffen. Mit immenser Anstrengung gelang es ihm aufzustehen. Seine Knie zitterten.
Er musste husten.
Blut lief ihm über die Lippen.
Seine Lunge musste verletzt sein.
Wieder fiel er.
Er suchte Mylady.
Siegessicher riss sie ihre Arme in die Höhe.
Das war Aramis Chance.
Mit letzter Kraft schleuderte er seinen Degen.
Mylady spürte, dass die Waffe kam.
Doch diesmal war sie zu langsam.
Die Hände noch in die Luft gestreckt versagten ihre Beine den Dienst.
Röchelnd sank sie zu Boden.
Aramis hatte sie mitten ins Herz getroffen.
Athos, Portos und D’Artagnan jubelten. Der lang währende Kampf fand ein Ende.
Das Volk der Valinar hatte gesiegt. Ihr Erbe war seiner würdig gewesen…
Myladys Leiche wurde weggetragen.
Athos erinnerte sich der Verletzungen, die Aramis erlitten hatte. Besorgt eilte er zu seinem Freund. Dieser kauerte noch immer auf dem Boden. Als Athos näher kam, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Aramis’ Wunden waren kaum mehr zu sehen. Die Stichwunde im Bauch war nur noch oberflächlich und der ehemals tiefe Kratzer am Rücken fast vollständig verheilt.
Lächelnd legte der Valinar seine Hand auf Athos’ Schulter. „Sagtest du nicht, ich solle mir selbst helfen?“ Athos nickte verdattert. „Du kannst es wirklich?“ Aramis blieb ihm eine Antwort schuldig und schritt vom Platz.
Das Turnier ging noch lange.
Ein Sieger wurde gekürt und gefeiert.
Von alledem bekam unser Musketier nichts mehr mit.
Er hatte Fabienne und Sharmine gerächt.
Die Prophezeiung hatte sich erfüllt.
Seine Aufgabe war beendet.
Leise betrat er das Kloster.
Er wusste, was seine Bestimmung werden sollte.
Betend kniete Aramis vor dem Altar.
„Herr, es ist vollbracht.“