Die vier Musketiere von CorinnaB
Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 4 BewertungenKapitel Trennung auf Zeit
„Was? Du weißt nicht in welchem Kloster der Vertrag liegt?“ fragte Athos ungläubig. „Woher denn? Ich bin doch nicht allwissend.“ Verteidigte sich Aramis. „Aber vielleicht bekommen wir es raus, wenn wir die Namen der Kloster durchgehen.“ Portos guckte irritiert. „Was hat denn das miteinander zu tun?“ Aramis zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, aber was besseres fällt mir im Moment nicht ein.“ D’Artagnan überlegte. „Welche Klöster liegen in Paris und Umgebung?“ „Da wären in Paris ‚Grand Couvent des Jacobins’ am linken Ufer der Seine und ein Jakobinerkloster in der Rue du Faubourg Saint Honoré am rechten Ufer der Seine.“ Athos überlegte. „Von Maria Medici genehmigt und von Henri de Gondi – Bischof von Paris größtenteils finanziert.“ Warf Aramis ein. „Dann gibt es noch das Kloster ‚Couvent des Cordelières’.“ Fuhr Athos fort. „Das liegt im Faubourg Saint-Michel im Bereich der Bièvre.“ Portos guckte auf. „Ein Nebenfluss der Seine. Tolle Landschaft dort.“„Das ist ein Frauenkloster, die nach den Regeln Franz von Assisis leben.“ „Und welche sind das?“ fragte D’Artagnan. „Beten und Arbeiten in der Stille.“ Aramis schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht, dass dort der Vertrag ist. Die Frauen würden sich in so etwas nicht mit reinziehen lassen.“ Athos bestätigte seines Freundes Annahme. „Westlich von Paris liegt die Klarissenabtei Longchamp und nördlich die Abtei Royaumont. Diese ist ungefähr einen halben Tagesritt entfernt in Asnières-sur-Oise.“ Portos lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Das klingt mir alles nicht nach Klöstern, in denen ein Vertrag mit dem Teufel zu liegen scheint.“ „Mein Gott!“ Aramis schnappte nach Luft. „Du hast es?“ Aramis nickte langsam. „Ein Kloster in Paris, welches eigentlich ein Hospiz für verwundete Soldaten des Königs ist. Ursprünglich beherbergte es das Kloster Saint-Magloire. Dieses zog allerdings 1564 um und sitzt nun in der Rue Saint Jacques. Dafür wurde von der Königinmutter ein anderes Kloster dort angesiedelt. Es heißt ‚Couvent des Filles Pénitentes’. ( Das heißt für unsere nicht französisch sprechenden Leser „Kloster der büßenden Mädchen“). Athos sprang auf. „Wenn das nicht der richtige Ort für solch einen verhängnisvollen Vertrag ist. Kommt!“ Er wollte gerade losstürmen, als plötzlich eine Gestalt vor ihm stand. „Du?“ Unser Musketier wankte. Vor ihm stand jene Frau, die er einst dachte erhängt zu haben. „Was wollt ihr hier?“ D’Artagnan hatte sich als erster vom Schrecken erholt, den alle erfasste. Er hoffte nur, dass dieses Teufelsweib nichts von ihrem Gespräch mithören konnte. Aber er war sicher, dass sie erstens leise sprachen und zweitens keine Person in der Nähe war, als Aramis das Kloster erwähnte. Mylady lächelte unsere Freunde süffisant an. „Ich komme, um euch ein Angebot zu unterbreiten.“ „Wir verhandeln nicht mit dem Teufel.“ Athos konnte sich kaum beherrschen. Drohend machte er einen Schritt auf sie zu. „Was? Wollt ihr eine Frau schlagen?“ Kardinal Richelieus Marionette wich keinen Zentimeter zurück. Aramis stellte sich zwischen die Beiden. „Was könntet ihr uns schon bieten? Einen Zusatzvertrag mit eurem Chef?“ Portos grinste in seine mittlerweile erkaltete Keule hinein. „Ihr solltet aufpassen, was ihr sagt.“ Zischte Mylady wütend. „Es könnte euch dereinst euer Leben kosten.“ Verunsichert wich Aramis zurück. „ Hört nun mein Angebot, oder lasst es.“ Athos nickte. „Sprich Weib.“ Diese begann. „Nun gut. Ich will es kurz und bündig machen. Ich werde euren vorlauten Freund dort am Leben lassen.“ Sie zeigte auf Aramis. „Wenn ihr drei Musketiere in die Garde des Kardinals übertretet.“ Jetzt verlor Athos seine Beherrschung endgültig. „Seid ihr übergeschnappt?“ brüllte er. „Das Letzte, was wir tun werden ist der Garde des Teufels beizutreten.“ Sie lächelte Aramis triumphierend an. „Dann ist euer Leben hiermit verwirkt.“ Dieser wurde bleich. D’Artagnan packte Mylady am Arm und schüttelte sie. „Das ist…“ Wie von Geisterhand war der Raum auf einmal mit Männern der Kardinalsgarde gefüllt. Allen voran ihr Hauptmann Jussac. „Ihr vergreift euch an wehrlosen Frauen?“ Er gab seinen Männern einen Wink, welche in Stellung gingen. „Ihr seid Musketiere des Königs und benehmt euch dermaßen daneben. Übergebt mir eure Degen. Ihr seid verhaftet.“ „Vielen Dank für eure Einladung, Jussac.“ Athos verneigte sich vor einem verdutzten Hauptmann. „Aber leider sind wir schon andernorts verabredet.“ Er deutete auf Mylady. D’Artagnan wunderte sich noch darüber, was die Garde des Kardinals in La Rochelle verloren hatte, als er begriff, dass die Situation von dieser Frau herbeigeführt wurde. Bevor er jedoch reagieren konnte, ging Aramis auf seinen Feind zu. „Monsieur de Treville hat uns verboten unsere Degen der Garde des Kardinals auszuhändigen.“ Er grinste Jussac an. „Wir haben euch gewarnt.“ Dieser zog seinen Degen. „Sie sind zehn und wir nur vier.“ Aramis drehte sich zu seinen Freunden um, als Jussac seinem nebenstehenden Gardisten einen Befehl gab. Dieser zog blitzschnell seinen Degen und führte diesen in einer Bewegung Richtung Aramis Hals, dass dieser ohne Athos unwillkürliches Eingreifen geköpft worden wäre. Aramis zuckte ob dieser Kaltblütigkeit zusammen. Und so hatte es Mylady geschafft unsere vier Musketiere in einen fingierten Kampf mit der Garde des Kardinals zu verwickeln.
Unseren Freunden wurde klar, dies war ein Kampf auf Leben und Tod. Die Männer des Kardinals würden sie nicht verschonen, falls einem der Musketiere auch nur ein Fehler unterlaufen sollte. Portos kämpfte mit mehreren gleichzeitig, von denen nacheinander einer verwundet oder getötet wurde. Auch Athos entledigte sich eines Angreifers. D’Artagnan und Aramis kämpften zusammen gegen drei Gardisten. Nach einem erbarmungslosen Kampf blieb nur noch Jussac übrig. Seine Männer waren entweder tot oder geflohen. Dieser ging auf Aramis los, der gerade seinem Gegner dessen Degen entwendete, woraufhin dieser ebenfalls das Weite suchte. Durch D’Artagnans Warnung konnte er den überraschenden Angriff Jussacs abwehren. Jussac focht wie ein Irrer. Aramis konnte seine kraftvollen wütenden und doch sehr platzierten Angriffe nur mit Mühe abwehren. Er fand einfach nicht in den Kampf hinein. Plötzlich schien ein Ruck durch Aramis zu gehen. Er sammelte seine Konzentration und griff nun seinerseits an. Jussac nicht mehr mit einem ernsthaften Angriff rechnend, parierte zwar, kam jedoch immer mehr aus dem Takt. Nun zeigte unser Musketier, was in ihm steckte. Elegant und absolut mühelos setzte er seinem Gegner schwer zu. Nun standen sich die Zwei schwer atmend gegenüber. Keiner der Anwesenden vermochte vorherzusagen, wer diesen Kampf gewinnen würde. Jussac wirbelte in einer atemberaubenden Geschwindigkeit auf Aramis zu. Dieser warf sich im letzten Moment zur Seite, ließ allerdings seinen Degen stehen, so dass Jussac genau hinein lief. Dieser taumelte. Mit letzter Kraft richtete er sich auf und stürzte auf unseren Musketier zu. Dieser stieß ihm den Degen mitten ins Herz.
Des Kardinals Handlanger war besiegt.
Atemlos konnte sich auch Aramis kaum mehr auf den Beinen halten. Zitternd stützte er sich auf einen Tisch. In der Kneipe herrschte absolutes Schweigen. Aramis zitterte jedoch nicht vor Erschöpfung. Ihm kamen die Worte Gabriels in den Sinn, welche er an Jussac richtete.
„Und er wird euer Schicksal sein.“
Entsetzt schlich sich Mylady aus der Gefahrenzone. Niemand achtete mehr auf sie, so dass sie unbehelligt fliehen konnte.
Mit ihrer Kutsche, welche in der Nebenstraße auf sie wartete fuhr sie so schnell wie möglich in ihre Unterkunft, um dem Kardinal Bericht zu erstatten.
Dieser Plan war Fehlgeschlagen.
Wie konnte der Kardinal bloß annehmen, Aramis würde so leicht zu besiegen sein?
Ihr Gebieter hatte sich schon damals in Sauron geirrt und Aragorn unterschätzt. Jetzt passierte das Ganze noch mal!
Diesmal überschätzte er Kardinal Richelieu, dessen Körper er sich zuweilen bediente und maß Aramis zu wenig Bedeutung bei.
Nein, um den letzten Erben der Valinar endgültig zu vernichten mussten sie andere Geschütze auffahren.
Aramis musste von ganz anderer Seite angegriffen werden.
Und zwar von seiner verletzlichen Seite; das was er am meisten liebte.
Mit der Ermordung seiner Verlobten Fabienne de Jarjaye war dies schon einmal geglückt. Warum nicht noch einmal.
Wie hieß seine neue Freundin gleich?
Sharmine. Sharmine de Lucigne.
Nein. Ihr fiel noch jemand besseres ein.
Athos
Sie hatte bemerkt, dass ausgerechnet diese Zwei eine innige und außerordentlich tiefe Freundschaft verband.
Wenn sie diese auseinander bringen könnte, würde Aramis verletzbar werden.
Dieser Plan würde zwar länger dauern, als der des Kardinals, aber er würde wirksamer sein.
Und sie hätte zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
Inzwischen kehrte im Gasthaus unserer vier Freunde wieder Ruhe ein. Nachdem man Aramis anerkennend zugesprochen hatte, saßen D’Artagnan und die drei Musketiere wieder an ihrem Tisch.
„Wir sollten uns trennen.“ Athos ergriff das Wort. „Zwei von uns suchen den Vertrag Myladys in dem Kloster und die zwei Anderen bleiben in La Rochelle.“ D’Artagnan sah die drei Musketiere an. „Ich denke, es wäre nicht empfehlenswert, wenn gleich zwei Musketiere der Königlichen Leibgarde La Rochelle verließen. Daher sollte ich mit zum Kloster gehen.“ Athos sah zu Aramis. „Und der zweite Mann bist du Aramis. Keiner kennt sich in Theologischen Angelegenheiten besser aus als du.“ Dieser nickte. „Morgen reiten wir los.“
Nach einer Weile verließen sie das Wirtshaus. Zuerst einigte man sich darauf, D’Artagnan in sein Quartier zu begleiten, bevor die übrigen Drei in ihre eigene Unterkunft zurückkehren wollten.
Da Aramis jedoch immer noch sehr erschöpft war, trennten sie sich. Portos und Aramis kehrten sofort in ihr Quartier ein, während Athos mit D’Artagnan ging.
Angeregt unterhielten sich unsere beiden Freunde, als Athos seinem Kameraden ein unauffälliges Zeichen gab. Schnell verbargen sie sich in einem Hauseingang. Kurze Zeit später vernahmen sie Stimmen. Sehr bald wurde klar, um wen es sich handelte. Vorsichtig folgten unsere zwei Freunde den Gestalten und befanden sich alsbald vor einem großen Anwesen. Nachdem sie um das Gebäude herumgelaufen waren, entdeckten sie eine offene Tür. Ihren Degen griffbereit schlichen sie zu dem Eingang. Es schien der Durchgang für die Bediensteten des Hauses zu sein. Als zwei Diener herauskamen, schlugen Athos und D’Artagnan diese bewusstlos und zogen sich deren Kleidung an. So kamen sie unbeachtet an weiteren Dienern vorbei in das Anwesen. D’Artagnan zeigte auf eine Treppe und lief los. Oben angekommen vernahmen sie die gleichen Stimmen, denen sie gefolgt waren. Was sie zu hören bekamen, stockte ihnen den Atem.
„Nein, ich habe einen besseren Plan.“ Es war Mylady. „Eurer schlug fehl. Aramis lebt noch. Im Gegenteil, euer Hauptmann ist stattdessen tot.“ Ihr Gesprächspartner wurde sichtlich unruhig. „Was schlagt ihr vor?“ Mylady nahm sich etwas zu trinken. „Ich gedenke Georges Villiers, Herzog von Buckingham umbringen zu lassen. Schließlich hat er ein Verhältnis mit der Königin und die Briten sind auf der Seite der aufständischen Hugenotten. So ist es leicht seinen Tot zu erklären und zu rechtfertigen.“ Athos war von der Kaltblütigkeit, mit der seine einstige Frau einen Mord plante fassungslos. Auch Kardinal Richelieu zog hörbar die Luft ein. „Wie wollt ihr das denn durchführen?“ „Eure Majestät, die Königin hat schon lange ein Verhältnis mit ihm. Das weiß fast jeder im Lande. Um dies dem König deutlich zu machen, müsst ihr ihn zwingen in zwei Wochen einen Ball zu geben, auf dem die Königin das Kollier mit den Diamantspitzen tragen soll, welches ihr der König einst schenkte. Ich weiß aus verlässlicher Quelle, dass sie diese Kette dem Herzog geschenkt hat. Als Beweis ihrer Liebe. So wird sie die Kette nicht tragen können. Und ihr werdet die Untreue der Königin aufdecken, indem ihr drei Diamantspitzen der Kette dem König gebt.“ Kardinal Richelieu zögerte. „Und wie wollt ihr bis zu dem Ball an die Diamantspitzen herankommen?“ Mylady lächelte geheimnisvoll. „Das lasst mal meine Sorge sein. Ich werde die Diamantspitzen bringen und den Verrat am französischen Königshaus rächen.“ Siegessicher stellte sie sich vor ihren Auftraggeber. „Und ihr werdet das Lob einheimsen.“ Immer noch skeptisch fragte Richelieu sie, wo denn ihr Vorteil bei dem Ganzen sei. „Es darf für mich kein Vorteil dabei herausspringen. Sonst würde ich sterben. Das wisst ihr. Bestandteil eures Vertrages.“ Kardinal Richelieu nickte. „So soll es geschehen.“ Athos und D’Artagnan hatten genug gehört und zogen sich zurück.
Währenddessen machte Mylady noch eine Bemerkung, die unsere beiden Musketiere sicher noch sehr interessiert hätte.
„Ich beabsichtige diesen Mord einem Musketier unterzuschieben.“ Verblüfft schaute Kardinal Richelieu Mylady an. „Wie das?“ „Die Musketiere werden einen anonymen Brief erhalten, in dem Hinweise auf das geplante Attentat an Buckingham enthalten sind. Daraufhin werden sie auf dem schnellsten Weg nach England reisen, um den Herzog zu warnen. Allerdings werden sie zu spät kommen. Ein von mir bezahlter Diener wird sie entdecken. Ebenfalls werde ich dafür sorgen, dass es für ihn aussieht, als hätte Aramis den Mord begangen.“ Ihre Augen blitzten. „So könnt ihr ihn in Paris richten. Auf Mord an einem Herzog steht Tod durch erschießen.“
Durch den lückenlosen Plan Myladys überzeugt nickte Kardinal Richelieu mit dem Kopf. Beide ahnten ja nicht, dass Aramis gar nicht in England sein sollte.
D’Artagnan war mit Athos zu Aramis und Portos zurückgekehrt. Nachdem sie von dem Vorhaben Myladys berichtet hatten, beschlossen die Vier am nächsten Morgen einen Boten an Treville zu schicken. Sie einigten sich, dass Aramis trotzdem das Kloster aufsuchen sollte. Allerdings in Begleitung von Athos, schließlich ging es um seine einstige Ehefrau. D’Artagnan und Portos würden nach England reisen und den Herzog von Buckingham warnen.
Noch in der Nacht schickte D’Artagnan einen Boten an Constance, um diese Vorzuwarnen.
Am nächsten Morgen gaben sie dem Boten einen Brief, indem sie Treville schrieben nach England reisen zu müssen, um eine Intrige gegen die Königin und einen Mordanschlag gegen den Herzog von Buckingham zu verhindern und ritten los. Zwei in Richtung Paris und Zwei nach England.
So kam es, dass der anonyme Brief Myladys die vier Freunde verfehlte. Als der Bote mit der Nachricht zurückkehrte, die drei Musketiere und D’Artagnan seien bereits fortgeritten, wurde ihr bewusst, dass die Vier ihr schon wieder einen Schritt voraus war.
Eiligst begab sie sich auf die Reise nach England.
Nach einigen Tagen und mehreren Pferdewechseln kamen D’Artagnan und Portos erschöpft aber wohlbehalten in England an. Von ihrer letzten Etappe hatten sie einen Boten vorgeschickt, der die Musketiere des französischen Königs ankündigte.
Freudig empfing der Herzog von Buckingham unsere beiden Freunde.
Bei einem feudalem Mahl aßen sich die Kameraden erst einmal satt.
Anschließend eröffnete Athos ihrem Gastgeber den Grund ihres Besuches.
„Kardinal Richelieu will mich umbringen lassen?“ Er war geschockt. „Was können wir dagegen unternehmen?“ „Wir müssen euch Tag und Nacht bewachen und nach dem Anschlag so tun, als wäret ihr wirklich tot.“ D’Artagnan kaute seelenruhig weiter, während Portos ihren kühnen Plan vorbrachte. „Und weshalb soll ich trotzdem sterben?“ „Nur zum Schein.“ Warf der Gascogner ein. „Wie auch immer.“ Der Herzog wendete sich wieder an Portos. Dieser erwiderte. „Damit wir die Intrige in Paris auffliegen lassen können.“ D’Artagnan pflichtete ihm bei. „Und das geht nur, wenn wir den Überraschungsmoment auf unserer Seite haben, euch plötzlich lebendig vor dem König und dem Kardinal stehen zu lassen.“ „Und dabei noch den angeblichen Mörder präsentieren.“ Warf Portos ein. Jetzt wurde es dem Herzog zu wirr. „Wie das denn?“ „Wir nehmen euren Mörder gefangen und klagen ihn in Frankreich wegen Mordes an. Ich schätze, da wird er seine tatsächlichen Auftraggeber verraten. Schließlich steht darauf die Todesstrafe durch erschießen. So können wir die Intrige des Kardinals und Myladys aufdecken und den dunklen Geschäften Myladys ein Ende setzen.“ Der Herzog ließ sich nur zögernd überzeugen. „Nun müssen wir dafür sorgen, dass das Kollier mit den Diamantspitzen sofort nach Frankreich zu ihrer Majestät der Königin gelangt, um sie vor der Demütigung auf dem Ball zu bewahren.“ Portos schaute von seinem Essen hoch. „Ich kann nur hoffen, dass nicht mehrere Männer versuchen euch zu ermorden. D’Artagnan wird die Kette an sich nehmen und sie ihrer Majestät überbringen. “ Er schaute zu D’Artagnan. „Du hast den Mut und den Wahnsinn, solch eine gefährliche Reise durchzustehen.“ D’Artagnan stand auf und verneigte sich. „Mein Herzog. Ich werde mich bemühen euer Vertrauen in mich zu rechtfertigen und meinen Auftrag zu eurer vollsten Zufriedenheit auszuführen.“
„Wir sollten uns als Mönche verkleiden und uns Zutritt in die Kirche verschaffen.“ Aramis zügelte sein Pferd. „Folge mir, ich kenne da jemanden, der uns behilflich sein kann.“ Er ritt in eine kleine Gasse und stoppte vor einer derart winzigen Tür, dass Athos fast auf Aramis Stute aufgeritten wäre, da er gar nicht mit einem Halt rechnete. Verwundert stieg er ab und ging hinter seinem Freund in das Haus. „Darf man hier einfach rein spazieren?“ gebückt schlich er durch das niedrige Gewölbe. Aramis legte seine Finger auf die Lippen. Vor ihm saß ein altes runzliges Männchen, welches in einem Buch zu lesen schien. Aramis beugte sich über dessen Schulter. „Bonjour Pater Johannis!“ Athos und der Angesprochene waren bei gleichermaßen erschrocken. Unser Musketier über die Lautsärke Aramis’, Pater Johannis über die Tatsache, jemanden hinter sich stehen zu haben. „René d’Herblay!“ erfreut hüpfte der alte Mann vom Stuhl und fiel unserem Musketier in die Arme. „Das ist mein ehemaliger Mentor. Er ist etwas schwerhörig.“ raunte Aramis Athos zu. „Er lehrte mich, als ich noch bei meinem Onkel auf dem Landsitz wohnte.“ Aramis strahlte. „Ich unterrichtete ihn in Theologie. Ein schlaues und gelehriges Kerlchen.“ Grinste der Pater. Prüfend musterte er Aramis. „Gott im Himmel. Du bist ja ein richtiger Mann geworden. Gut schaust du aus.“ Athos nickte. „Die Damen am Hofe können dies bestätigen.“ Aramis verdrehte die Augen. „Du weißt, ich bin nur vorübergehend Musketier und werde eines Tages einem Kloster…“ „Ja, ja, Aramis.“ Athos grinste über beide Ohren. „Für dieses Vorhaben klebt allerdings entschieden zu viel weibliches Parfüm an dir.“ Angesichts der Wendung, die dieses Gespräch nahm, kam Aramis wieder zum eigentlichen Anliegen zurück. „Pater, ich brauche zwei Priesterkutten.“ Sein ehemaliger Mentor schaute ihn durchdringend an. Da er merkte, dass sein Schüler nicht näher darauf eingehen würde, fragte er nicht weiter. Langsam ging er in ein Hinterzimmer und kam mit zwei Kutten im Arm wieder hervor. „Wollt ihr mir nicht wenigstens einen Teil eures Vorhabens anvertrauen?“ Aramis schüttelte den Kopf. „Ihr könnt uns nicht helfen. Wir stehen im Kampf gegen den Leibhaftigen und seiner überaus reizenden Dienerin.“ Pater Johannis fuhr zusammen. „Ist es diese Frau, welche immer wieder in dem Kloster drüben auftaucht?“ Athos konnte sich nicht zurückhalten. „Ihr habt sie gesehen?“ Der Pater nickte. „Ich bin öfter im Kloster um Buße zu tun. Diese Frau kommt meist, wenn es bereits dunkel ist und bleibt bis zum frühen Morgen. Danach verschwindet sie spurlos. Sie fiel mir auf, weil sie von überirdischer Schönheit ist. Blond mit großen blauen Augen, die manchmal grün zu funkeln scheinen. Etwas an ihr stört mich, aber ich kann nicht benennen, was es ist.“ Athos sackte in sich zusammen. „Das ist sie.“ Er erzählte Pater Johannis seine Geschichte. Dieser starrte seinen Gegenüber entsetzt an. „Man kann einen Pakt mit dem Teufel nur unterbrechen, wenn man den Vertrag vernichtet.“ Aramis seufzte. „Das wissen wir bereits. Deswegen sind wir hier.“ „Ihr glaubt, der Vertrag sei in diesem Kloster?“ Aramis nickte und wies seinen Mentor auf den Namen des Klosters hin. Nachdenklich stimmte er zu. „Du könntest Recht haben. Aber ihr könnt den Vertrag, solltet ihr ihn finden nicht einfach ins Feuer werfen. Er lässt sich nur durch Sonnenlicht vernichten.“ Nun war es an unseren Freunden verdutzt zu gucken. „Durch Sonnenlicht? Wie…“ Pater Johannis holte eine Apparatur zum Vorschein, welche die zwei Musketiere noch nicht gesehen hatten. Ein kompliziertes Gewirr aus Gläsern und Rädchen. Mitten drin eine Art Tisch. „Mit diesem Gerät kann man Verträge vernichten, welche mit dem Teufel geschlossen wurden. Ich beschäftige mich schon lange damit.“ Aramis warf dem alten Mann einen verwirrten Blick zu. „Ihr?“ Der Pater ging nicht weiter drauf ein. „Der Vertrag kommt auf dieses Tischlein. Die Sonne wird von den Spiegeln eingefangen und durch diese Lupe auf den Vertrag verstärkt. So fängt der Vertrag Feuer und wird vernichtet.“ Athos war beeindruckt. „Aber weshalb mit Sonnenlicht?“ Aramis kam seinem Lehrer zuvor. „Weil das Sonnenlicht ein Geschenk Gottes ist.“ Dieser nickte andächtig. Nachdem Aramis und Athos sich die Kutten übergezogen hatten, warnte Pater Johannis unsere Freunde. „Nehmt euch in Acht. Was auch immer ihr dort vorfindet. Solltet ihr mit eurer Vermutung Recht haben, werden die Mönche alles dafür tun, diesen Pakt zu schützen.“ Dankend verließen die zwei Kameraden den liebenswerten alten Mann und ritten zum Kloster. „Lass mich reden.“ Beschwor Aramis seinen Freund. Dieser nickte. „Bonjour, Monsieur.“ Sprach Aramis einen Mönch an. „Wir sind auf der Durchreise von Montpellier. Ist es erlaubt in eurer Kirche ein Gebet an den Herrn zu sprechen?“ Überrascht von dem jugendlichen Alter unserer Freunde sah er Aramis an. Bisher waren die Priester aus Montpellier immer älter als er gewesen. schließlich deutete er auf das Gebäude. „Gebt mir eure Pferde. Ich werde sie versorgen. Dort drüben im Innenhof befindet sich unsere Kirche.“ Nachdem unsere falschen Mönche ihre Pferde übergeben hatten betraten sie die Kirche. Aufmerksam sah Athos sich um. „Das ist eine wunderschöne Kirche. Aber wo sind hier die büßenden Mädchen?“ Aramis grinste ihn an. „Du möchtest ihnen wohl die Beichte abnehmen, was?“ Athos hob die Schultern. „Warum nicht? Ich kann gut zuhören.“ Aramis schritt zum Altar, kniete nieder und tat, las ob er betete. Dabei untersuchte er den Altar und das Kreuz, welches ihn schmückte. Allerdings konnte er nirgends einen Hinweis entdecken, die auf einen Hohlraum im Kreuz schließen ließe. Ernüchtert stand er auf, als sein Blick auf einen Beichtstuhl fiel. Irgendetwas zog ihn dorthin. Er suchte Athos und sah diesen durch eine Tür verschwinden. Kurz überlegte Aramis seinem Kameraden zu folgen, doch etwas an dem Beichtstuhl fesselte ihn. Beim Näher kommen betrachtete er diesen genauer. Da war etwas, was ihm helfen sollte, doch ihm wurde noch nicht gewahr, um was es sich dabei handelte. Plötzlich sprach ihn ein anderer Mönch an. „Ihr seid neu hier? Ich habe euch noch nie hier im Kloster gesichtet.“ Aramis wurde wachsam. Bedächtig wählte er seine Worte. „Ich bin auf der Durchreise und möchte unserem Herrn ein Gebet aussprechen.“ Der Andere schien noch nicht zufrieden. „Woher kommt ihr?“ „Aus Montpellier.“ Antwortete Aramis. Wieder sah unser Musketier, wie sich ein überraschter Gesichtausdruck bei seinem Gesprächspartner einschlich. „Ihr seid sehr jung…“ Glücklicherweise kam in diesem Augenblick Athos zu ihnen. „Entschuldigt uns bitte, Monsieur.“ Er zog Aramis mit sich. „Warst du in Schwierigkeiten?“ Aramis nickte. „Es wären bald welche geworden.“ Er deutete auf den Beichtstuhl. „Frag nicht warum, aber ich bin mir sicher, dass sich an diesem Beichtstuhl ein Hinweis befindet.“ Athos warf ihn einen verwunderten Blick zu. „Am Beichtstuhl?“ Plötzlich entdeckte Aramis was er suchte. „Der Kopf über dem Beichtstuhl.“ Atemlos lief er auf das Gebilde zu. „Der Kopf eines Kleinkindes Und genau dahinter ein Bild vom Fegefeuer.“ Athos verstand. „Anne de Breuils Opfer an den Teufel. Unser neugeborenes Kind.“ Gebannt starrte Aramis auf die Figur. „Du hattest Recht.“ Athos war genauso entsetzt wie sein Freund. „Wir sind am richtigen Ort.“
Am nächsten Morgen war D’Artagnan in aller früh losgeritten. Das kostbare Kollier trug er in einem gut verschnürten Lederbeutel bei sich.
Etwa nach der Hälfte seiner Reise entdeckte er Mylady. Schnell verbarg er sich in der Kapuze seines Umhanges. Hatte sie ihn ebenfalls bemerkt?
In einem Wirtshaus fragte er nach einem Zimmer. Dort eingezogen, fiel er müde in sein Bett und schlief ein. Plötzlich erwachte er durch ein Geräusch. Er verkniff es sich gerade noch so hochzufahren und sich dadurch zu verraten. Schließlich wusste er noch nicht, ob das Geräusch von draußen, oder von drinnen kam. Vorsichtig schloss er seine Finger fester um den Beutel, den er auch in der Nacht immer an seinem Körper trug. D’Artagnan ortete das Geräusch. Es kam von seiner Zimmertür. Er umklammerte den Dolch und spürte seine Pistole unter seinem Kopfkissen. Auf einmal kam eine Gestalt auf ihn zu geschnellt. Unser Gascogner sah noch, wie der Angreifer den Arm hob und einen Degen in der Hand hielt. Blitzschnell schleuderte er seinen Dolch auf den Angreifer. Dieser verharrte mitten in der Bewegung. Polternd fiel dessen Degen zu Boden. D’Artagnan konnte erkennen, dass er den Angreifer in die rechte Schulter getroffen hatte. Fluchend bückte sich der Gegner und wollte seinen Degen aufheben, als unser Kamerad bei ihm war und ihn mit dessen Degen bedrohte. „Wer seid ihr?“ Sein Gegner verlor viel Blut und wankte. „Eine Frau gab mir hundert Deniers und befahl euch zu töten.“ Verächtlich wollte sich D’Artagnan abwenden. „Für Geld würdet ihr wohl alles machen?“ Er zog noch den Dolch aus der Schulter seines Angreifers. „Geht. Bevor ich es mir anders überlege.“ Dieser hatte es ziemlich eilig aus der Reichweite unseres wütenden Freundes zu gelangen.
Beunruhigt durch den Zwischenfall schlief er in der Nacht kaum noch.
Bevor es hell wurde ritt D’Artagnan weiter.
Er hoffte, dass ihm kein weiterer Handlanger Myladys den Rückweg erschweren würde.
In der folgenden Nacht schlief Portos überhaupt nicht. Überall sah er Schatten und rechnete mit einem Angriff.
Dann geschah es.
Eine Gestalt stieg durch das absichtlich offengelassene Fenster und lief in die Richtung, in welcher sich die Gemächer des Herzogs befanden. Ihren Verfolger merkte sie nicht. Geschwind huschte sie durch die Tür des Schlafzimmers und zog einen Dolch unter ihrem Umhang hervor. Brutal stach der Mörder auf die im Bett liegende Person ein. In diesem Moment stürzte sich Portos auf die Gestalt. Allerdings konnte diese den Angriff unseres Musketiers abwenden. Portos erkannte einen Mann, den er gedachte schon einmal bei der Garde des Kardinals gesichtet zu haben. Während er sich noch zu erinnern versuchte, griff sein Gegner an. Schnell merkte Portos, dass dieser ihm nicht wirklich gefährlich werden konnte. Nach einem kurzen allerdings heftigen Kampf, der Gardist musste um sein Leben fürchteten, würde er besiegt, konnte Portos den Mann bezwingen und fesselte ihn.
Er bemerkte jedoch nicht die zweite Gestalt, welche alles beobachtete. Diese kehrte leise fluchend zu ihrem Pferd zurück. „Verdammt. Das war gar nicht Aramis.“ Herrschte sie dem wartenden Kameraden zu. „Mylady hat sich getäuscht. Das war ein anderer Musketier.“ Die Gestalt saß auf. „Und er hat unseren Mann besiegt.“ Bange ritten die finsteren Gesellen zurück zu ihrer Auftraggeberin.
„Wie ist euer Name?“ Der Mann antwortete nicht. „Arbeitet ihr für Mylady?“ Wieder schwieg der Gefragte. „Nun gut. Für den Mord an Georges Villiers, Herzog von Buckingham werde ich euch vor Gericht stellen. Und zwar in Frankreich, da ihr Franzose seid.“ Erschrocken schaute ihn sein Gegner an. „Woher wisst ihr, dass ich auch Frankreich komme?“ Portos zuckte mit den Schultern. „Jetzt weiß ich es.“ In die Falle getappt, schwieg der Mann verärgert. „Ihr wisst, in Frankreich steht auf solch eine Tat ‚Tod durch Erschießen.’ Und zwar in der schlimmeren Variante. Ihr werdet nicht direkt erschossen, sondern mit der ersten Kugel verletzt, so dass ihr langsam ausblutet und erst der zweite Schuss ist der Tödliche.“ Sein Gefangener wurde bleich. „Wollt ihr mir nun doch eure Auftraggeber verraten?“ Doch er erhielt keine Antwort. „Nun gut, dann werden wir morgen nach Paris aufbrechen.“ Er überprüfte, dass sein Gefesselter sich nicht befreien konnte und ging hinaus.
Aufgeregt kam ihm der Herzog entgegen.
Portos gab Zeichen zur Stille und führte ihn in ein entlegenes Zimmer. „Es ist alles glatt gegangen. Der Täter ist ein Gardist des Kardinals. Er liegt gefesselt und wartet auf seine Hinrichtung.“
Aufatmend setzte sich der Herzog in seinen Sessel und schenkte ihnen Wein ein. „Ich hätte nicht gedacht, dass euer Plan mit den Kissen funktionieren würde.“ Er nahm einen kräftigen Schluck des kostbaren Getränks. „Wie fahren wir nun fort?“ fragte der Herzog seinen Retter. Portos schien zu überlegen. „Ich bräuchte treu ergebene Diener, welche mit mir die Überführung des Gefangenen nach Frankreich vollbringen.“ Der Herzog nickte. „Reichen euch vier Männer?“ Portos nickte. „Ihr müsst mit euren treusten Dienern und besten Männern ebenfalls nach Paris reisen, um als Zeuge zu fungieren.“ Portos war dennoch nicht ganz zufrieden. „Es ist unverantwortlich, dass ihr allein reist. Aber ich denke, der Gefangene darf nicht aus den Augen gelassen werden.“ Der Herzog winkte ab. „Auf meine Männer kann ich mich verlassen. Für sie lege ich die Hand ins Feuer.“ Portos war noch nicht vollends beruhigt. „Ich bin mir noch nicht im Klaren darüber, ob Mylady eher euch angreifen wird, oder versucht, ihren Mann, der sie ja verraten könnte aus seiner Gefangenschaft zu befreien. Irgendwann wird sie merken, dass ihr Plan schiefgelaufen ist, da ihr Untergebener nicht zurückkehrt.“
Der Herzog lächelte ihn an. „Kümmert ihr euch um euren Gefangenen und vertraut mir, dass ich rechtzeitig kommen werde.“ Seufzend nickte Portos mit dem Kopf.
Athos und Aramis hatten Quartier im Kloster bezogen und sich am ersten Tag ausgiebig umgesehen. Nach einer ruhigen Nacht und einem für ein Kloster ausgiebigem Frühstück standen sie nun wieder vor jenem Beichtstuhl. „Was hast du?“ Athos war beunruhigt. Sein Freund stand schon Minuten still und schien in Gedanken versunken.
Plötzlich zog Aramis seinen Dolch und schleuderte ihn mit aller Kraft auf den Steinkopf über dem Beichtstuhl. Durch die plötzliche Tat erschrak Athos. Vor allem, als er sah, was diese bewirkte. Der Kopf neigte sich nach unten und heraus fiel eine schwarze Rolle. Aramis fing sie auf und öffnete den Deckel. Unseren Musketieren stockte der Atem. Sie fanden ein zusammengerolltes Stück Papier. Bevor Athos jedoch erkennen konnte, was es war, bemerkte er hinter sich einen Schatten. Blitzschnell reagierte er und zog Aramis zur Seite. Dort wo sein Freund eben gestanden hatte steckte in der Wand ein Messer. Aramis verschloss den Deckel und rannte los. Von so viel Kühnheit war selbst Athos überrumpelt. Anstatt sich von einem Kampf aufhalten zu lassen, machte unser Musketier genau das, womit alle Beteiligten am wenigsten rechneten. Er rannte einfach im Zickzack quer durch die Kirche, so dass er kein gutes Ziel abgab und entkam so den verdutzten Wächtern des Vertrags. Vor der Kirche schauten sich unsere Kameraden nach ihren Pferden um. Glücklicherweise hatte der Mönch von vorhin die Pferde zwar mit Wasser versorgt, sie aber nicht abgesattelt und nur fahrlässig angebunden. So verloren sie nicht viel Zeit und konnten davon reiten, während ihre Verfolger erst noch ihre Pferde fertig machen mussten. Somit hatten sie einen wertvollen Vorsprung. Nach einer Weile sprang Aramis plötzlich vom Pferd und verknotete die Zügel am Sattel. „Wir lassen die Pferde laufen. So treten sie sich nicht in die Zügel und wir verwischen unsere Spur. Du weißt, Fenena kommt immer zurück.“ Athos erinnerte sich an den Vorfall, als Aramis entführt worden war. Fenena hatte sie zu ihrem Herren geführt, als dieser nach ihr Pfiff. Athos sah sich um und erkannte das Haus Pater Johannis. Aramis stürmte hinein und rief seinen Mentor. „Ihr habt es tatsächlich geschafft?“ Ungläubig hielt er den mit Blut besiegelten Vertrag Anne de Breuils in der Hand. „Was steht drauf?“ Aramis zappelte ungeduldig. „Das solltet ihr am besten selbst lesen.“ Damit übergab Pater Johannis den Vertrag an Athos. Dieser fing an zu lesen. „Mit diesem Schriftstück verpflichte ich mich meine Seele in den Dienst des Leibhaftigen zu stellen. Ich erhalte die Macht und alle notwendigen Mittel, meine Ziele zur Zerstörung aller, die an Gott und das Gute im Menschen glauben zum abschließenden Ende zu bringen. Ich verpflichte mich insbesondere den lang andauernden Kampf zwischen Elben und meinem Gebieter zu beenden und die letzten Überlebenden der Valinar zu vernichten.“ Sein Blick schweifte zu seinem Freund, welcher sich wankend am Stuhl festhielt.
René d’Herblay begriff in diesem Moment. Er konnte es einfach nicht mehr leugnen.
Kardinal Richelieus Ziel war es ihn zu vernichten und damit diese unsinnige Schlacht, welche in Mittelerde begann zu Ende zu bringen.
Was war das für eine Macht, welche sich Kardinal Richelieu bediente?
Auf jeden Fall war es dieselbe, welche einst bei den Schlachten von Helms Klamm und Gondor hunderte Elben und andere tapfere Krieger umbrachte.
Es war dieselbe Macht, die das Volk der Valinar fast völlig auslöschte, seine Mutter vergiftete und seine Verlobte ermordete.
Und nun versuchte sie auch ihn zu beseitigen.
„Was?“ Die Männer schraken zusammen. „Es war ein anderer Musketier und dieser hat Dogère besiegt?“ Mylady war außer sich vor Wut. „Wo ist er jetzt?“ Einer der Männer antwortete zögernd. „Dieser Musketier hat ihn mit nach Paris genommen. Wohin wissen wir nicht.“ Der Andere fügte hinzu. „Wir gedachten erst Bericht an euch zu geben.“ Mylady blieb stehen. Ihre Augen funkelten zornig. „Ihr habt ja Recht.“ Nach einer kurzen Pause wandte sie sich an den größeren der beiden Männer. „Wie sah der Musketier aus, Bernard? War er groß und kräftig, oder eher von edler Abstammung?“ Dieser musste nicht lange überlegen. „Groß und kräftig.“ „Monsieur Portos.“ Wieder lief sie im Zimmer auf und ab.
Auf einmal kam ein Bote in ihr Zimmer gestürmt. „Mylady, Mylady!“ Schwer atmend verbeugte sich der Mann. „Sie haben euren Vertag entwendet!“ Mylady wurde blass. „Wer?“ Der Mann musste sich setzen. „Zwei Mönche aus Montpellier.“ Sie runzelte die Stirn. „Wie sahen sie aus?“ „Der Eine war sehr jung und außergewöhnlich hübsch, der Andere nicht viel älter und hatte schwarzes Haar.“ Ihre Ahnungen bestätigten sich. Sie musste schnellstens zurück nach Paris, bevor die beiden Musketiere den Vertrag vernichten konnten.
Nachdem Pater Johannis das Gerät, mit welchen sie den Pakt Myladys vernichten wollten in mehreren Tagen sorgfältig auseinandergebaut hatte, brachen die mittlerweile ungeduldig gewordenen zwei Musketiere und der alte Mann auf. Durch kleine Nebengassen gelangten sie schließlich in einen abgelegenen Garten. Aramis blickte sich verwundert um. „Wo sind wir denn hier gelandet?“ Pater Johannis lächelte geheimnisvoll. „Diesen Garten habe ich einmal geschenkt bekommen. Vor langer Zeit, als ich noch den Dienst als Priester ausübte. Ein Mönch, welcher gestorben war, hinterließ mir diesen Garten. Er gehörte seiner Schwester, die vor ihm starb. Dort hinten steht noch ein kleines Haus, welches allerdings nicht mehr bewohnbar ist.“ Er baute sein Gerät auf. „Ich komme oft hierher und sinniere über verschiedenes. Hier habe ich auch diese Maschine entwickelt.“ Athos guckte skeptisch. „Funktioniert sie überhaupt?“ Der Pater schaute ihn kurz an. „Das weiß ich nicht.“ Aramis ließ sich stöhnend ins Gras fallen. „Ihr wisst gar nicht, ob das Ding funktioniert? Habt ihr es denn nie ausprobiert?“ „Leider hatte ich bisher nicht das Vergnügen einen Vertrag mit dem Teufel in der Hand zu halten.“ Unverdrossen baute Pater Johannis seine Maschine weiter auf. Schließlich legte er den Vertrag drauf und stellte die Lupe ein. Nach einer Weile fing tatsächlich der Vertrag an Feuer zu fangen.
Doch bevor er endgültig vernichtet werden konnte, verschwand die Sonne hinter den Wolken.
Plötzlich fing er an sich selbst wieder herzustellen. „Das kann doch nicht wahr sein.“ Athos starrte auf das Papier. „Doch.“ Pater Johannis schaute besorgt gen Himmel. „Der Vertrag muss am Stück zerstört werden, sonst regeneriert er sich von selbst wieder. Das dasselbe passiert, wenn die Person, welche den Vertrag abgeschlossen hat verletzt wird. Eine Wunde ist nur dann tödlich, wenn man genau das Herz trifft. Ansonsten heilt sie wieder von selbst.“ Aramis juchzte auf. „Die Sonne! Diesmal ist keine Wolke in ihrer Reichweite.“
Wieder fing das Papier Feuer.
Portos ritt mit seinem Gefangenen und vier der treuesten Diener des Herzogs von Buckingham in Richtung Frankreich. Nach mehreren Tagen, in dessen Nächte die Soldaten des Herzogs und er abwechselnd Wache hielten, kamen sie in Paris an.
Auf dem Weg hatte sich Portos überlegt zuerst Treville aufzusuchen.
„Herein.“ Treville saß an seinem Schreibtisch und sprang hastig von seinem Stuhl auf, als er seinen Musketier entdeckte. „Was fällt euch eigentlich ein, mir einfach einen Boten zu schicken, mit absolut absurden Nachrichten, nicht selbst vorzusprechen und schließlich nach England zu unserem Feind zu reiten, um diesen angeblich zu retten?“ Portos duckte sich unter dem Donnerwetter seines Hauptmanns. „Das ist der Mörder Georges Villiers, Herzogs von Buckingham.“ Portos stieß den unglücklichen Gardisten des Kardinals in Richtung Treville. „Ich habe ihn auf frischer Tat erwischt.“ Treville war nun doch sprachlos. „Wieso…? Ich denke… Es stimmt also?“ Portos war entrüstet. „Haben meine Freunde oder ich euch jemals belogen?“ Treville legte seinen Kopf schief. „Nun ja, man könnte sagen, die Wahrheit zu euren Gunsten ausgelegt.“ Ertappt senkte Portos das Haupt.
„Nun erzählt erst einmal, was sich zugetragen hat.“ Meinte der Hauptmann der Musketiere. Nachdem Portos mit seinem Berichtet endete, rief Treville einen Musketier und befahl ihm den Gefangenen in ein Zimmer zu bringen. Die Fesseln hatten dran zu bleiben und man solle das Zimmer Tag und Nacht bewachen. Als sie allein waren sprach Portos weiter. „Allerdings, Monsieur, ist der Herzog von Buckingham nicht wirklich tot.“ Treville sah überrascht auf. „Nicht tot?“ Portos schüttelte grinsend den Kopf. „Nein, wir haben eine Falle gestellt und den Herzog gegen ein paar Kissen ausgetauscht.“ Treville guckte verdutzt. „Aber weshalb habt ihr diesen Mann dann mit nach Frankreich gebracht?“ „Wir wussten, dass Mylady eine Intrige gegen die Königin vorhat.“ Er erzählte vom bevorstehenden Ball, bei dem die Königin die Kette mit den Diamantspitzen tragen sollte und was Athos und D’Artagnan sonst noch gehört hatten. „Mit Hilfe des angeblichen Mordes und der Anklage des Mörders hoffen wir die Intrige auffliegen lassen zu können.“ Treville nickte. „Der Mörder, so denkt ihr, werde wohl seine Komplizen verraten, wenn er des Todes angeklagt wird.“ „Genau.“ „Ich werde sofort zur Königin gehen und Bericht erstatten. Sie wird den Mann des Mordes anklagen. Dessen bin ich mir sicher.“ Und so hatte Portos als erstes der vier Freunde seine Aufgabe erfüllt.
Ohne weitere Zwischenfälle erreichte nun auch unser Gascogner wieder Paris.
„Constance.“ D’Artagnan war überglücklich seine Geliebte wieder zu sehen. „Hast du die Kette?“ Er zeigte den Lederbeutel. „Du bist wunderbar!“ Constance drückte ihm einen innigen Kuss auf die Lippen. „Schnell, überbringe die Botschaft der Königin. D’Artagnan trennte sich nur ungern von Madame Bonacieux, hatte er sie doch gerade erst wieder bekommen. Schließlich siegte seine Vernunft und er eilte zu den Gemächern ihrer Majestät, der Königin. Ein Diener kündigte D’Artagnan an. Die Königin rief ihn herein. „Monsieur D’Artagnan. Habt ihr Neuigkeit aus England?“ Nervös blickte sie ihn an. Dieser verbeugte sich. „In diesem Lederbeutel bringe ich euch herzlichste Grüße und die Kette, welche ihr einst dem Herzog von Buckingham übergabt.“ Mit zitternden Händen öffnete Anna von Österreich den Beutel und nahm die Kette heraus. „Gott sei Dank.“ Flüsterte sie. „Ich bin euch zu ewig Dank verpflichtet.“ Schnell schritt sie zu einem Tisch und wollte D’Artagnan einen kostbaren Beutel überreichen. Doch dieser winkte ab. „Eure Majestät. Ich kann euer Geschenk nicht annehmen. Mein sehnlichster Wunsch ist es Musketier zu werden, so wie meine drei Freunde Athos, Aramis und Portos.“ Die Königin lächelte. „Dieser Wunsch wird euch baldigst erfüllt werden.“ Freudig verneigte sich D’Artagnan. „Vielen Dank, Majestät.“ In diesem Moment wurde Monsieur Treville angekündigt. „Ah, das trifft sich hervorragend. Schick ihn herein.“ Als Treville eintrat fand die gleiche Begrüßungszeremonie wie bei D’Artagnan statt. Danach schloss er seinen Neuanwärter in den Corps der Musketiere in die Arme. „Bei Gott, bin ich froh euch wohlauf wieder zu sehen. Ich hatte schon sorge um euch, nachdem Portos von euren Vorhaben erzählte.“ D’Artagnan war erleichtert. „Portos hat es also geschafft. Zum Glück.“ Der Diener erschien zum dritten Mal. „Eure Majestät. Der Herzog von Buckingham.“ Anna von Österreich drehte sich um und ihr Gesicht strahlte. Wohlbehalten kehrte nun auch ihr Geliebter in ihre Arme zurück. Doch der Form wegen musste sie sich mit einem frostigen Kopfgruß wie bei den Anderen begnügen. Portos war da weit ungenierter. „Mein schlechtes Gewissen ist ungeschadet eingetroffen.“ Lachte er und verbeugte sich vor dem Herzog. Dieser legte ihm die Hand auf die Schulter. „Ich sagte doch, auf meine Leute ist Verlass. Niemand unserer Feinde rechnete damit, dass der Herzog von Buckingham unterwegs nach Paris sein würde. Schließlich wurde ich ja ermordet. So hatten wir einen ziemlich ruhigen Ritt.“ Besorgt schaute sich die Königin um. „Ihr müsst die Räume sofort verlassen. Der König wird jeden Moment mit dem Kardinal von seinem Ausritt zurückkehren. Sie dürfen euch hier nicht entdecken.“ Traurig musste der Herzog zustimmen. Treville deutete auf Portos. „Nehmt diesen tapferen Musketier mit, der schon einmal euer Leben rettete. Er wird es jederzeit wieder tun und euch sicher in euer Quartier bringen.“ Portos nickte eifrig. „Ihr könnt euch auf mich verlassen.“ Trotz allem wirkte Treville besorgt.
„Jetzt können wir nur hoffen, dass auch Aramis und Athos ihr Ziel erreichen.“
Langsam begann das Papier mit jenem unheilvollen Inhalt zu verbrennen. Aufgeregt betrachteten Aramis, Athos und Pater Johannis das Schauspiel, als die Tür zu jenem Garten mit einem Schuss aufgesprengt wurde. Erschrocken fuhren die drei Männer herum und sahen mindestens ein halbes Dutzend Gardisten auf sich zukommen. „Ihr passt auf den Vertrag auf. Er darf nicht aufhören zu brennen.“ Athos stürmte auf die Gardisten zu. „Komm Aramis. Wir müssen sie aufhalten. Sie dürfen nicht an den Vertrag gelangen.“ Da betrat noch eine weitere Gestalt den Garten. Es war Mylady. „So sieht man sich wieder.“ Knurrte Athos. Bevor er weiterreden konnte, fiel ihm Mylady ins Wort. „Aramis. Ich verhafte euch wegen Mordes am Herzog von Buckingham.“ Dieser glaubte sich verhört zu haben. „Ich war doch gar nicht in England.“ „Ein Diener des Herzogs hat den Mord mitangesehen und euch erkannt. Dafür werdet ihr angeklagt.“ Mylady lächelte teuflisch. „Das kann nicht sein.“ Athos zückte seinen Degen. „Wir waren die ganzen Tage bei Pater Johannis.“ „Wer kann das noch bezeugen, außer eingeweihten, die dem Verdächtigen helfen wollen?“ Athos schwieg, da er nicht verraten wollte, dass sie im Kloster waren.
„Gib mir den Vertrag, Pater.“ Mylady streckte die Hand in Richtung des alten Mannes aus. Aramis konnte es nicht fassen. Sollte er sich so getäuscht haben? Langsam kam Pater Johannis nach vorn. In der Hand hielt er ein Stück Papier. „Aber natürlich Mylady. Hier ist er.“ Aramis verlor fast den Boden unter den Füßen. „Was? Ihr seid auf der Seite dieser Frau? Warum? Was habt ihr dann mit uns verbrannt?“ Der alte Mann schaute ihn durchdringend an. „Das war eine Kopie, die ich rasch angefertigt habe, als ich euch die Tage warten ließ, um angeblich die Maschine auseinander zu bauen.“ Aramis war so verwirrt, dass er den Wink, den ihn sein ehemaliger Mentor gab überhaupt nicht mitbekam. Auf einmal kam der Kardinal zu dem Geschehen hinzu. „Bringt ihn in die Bastille.“ Bevor Athos reagieren konnte, hatten ihn zwei Mann gepackt und hielten ihn fest. Genauso schnell wurde Aramis genommen und gefesselt. Wehrlos musste Athos mit ansehen, wie die Garde des Kardinals seinen Freund abführte.
Dann war alles vorbei. Im Garten kehrte wieder Ruhe ein. Athos hörte noch das Hufgeklapper der Pferde, als ihn Pater Johannis ansprach. „Was sollen wir jetzt machen?“ Athos sah ihn an. „Wir müssen zu Monsieur Treville.“ Schon wollte er los eilen, als er sich noch mal umdrehte. „Sagt, habt ihr Mylady wirklich nur eine Kopie ausgehändigt? Wieso hat sie das nicht erkannt.“ „Ich hatte die Tage viel Zeit, den Vertrag zu fälschen. Irgendetwas sagte mir, dass wir noch eine Fälschung brauchen könnten.“ In der Stimme des Paters klang leichter Stolz mit. „Das war sehr gut.“ Athos betrat die Straße. „Was ist mit dem echten Vertrag?“ Pater Johannis öffnete seine linke Hand. „Hier ist er.“ Athos blickte in ein kleines Häuflein Asche, die sich gerade im Wind verabschiedete. „Ihr seid genial.“ Erleichtert blickte auf. „Es ist vollbracht.“
Pater Johannis sah ihn voller Angst in die Augen. „Nun rettet euren Freund vor dem Tod.“
Aramis verstand die Welt nicht mehr. Was war passiert? Durch welchen Grund saß er hier in der Bastille. Die Zelle war dunkel, es war schmutzig und er fröstelte.
War das ein weiterer Versuch Myladys ihn auszuschalten?
Athos stürmte durch das Tor des Hauptquartiers und prallte mit einem Musketier zusammen. „Entschuldigt, ich muss zu Monsieur Treville.“
„Athos!“ Unsanft wurde er durchgeschüttelt. „Mensch Athos, wir sind es. D’Artagnan und Portos.“ Völlig überrascht sah er in zwei lachende Augen und wurde fast erdrückt, als Portos ihn umarmte. „Ihr seid schon da!“ Auch D’Artagnan umarmte ihn innig. Dann wurde er ernst. „Was ist passiert? Wo ist Aramis?“ Athos war verzweifelt. „In der Bastille.“ Seine Freunde hielten erschrocken den Atem an. „Wie bitte?“ fragte Portos ungläubig. „Hat er einer Madame die Beichte zu intensiv abgenommen?“ D’Artagnan haute ihm den Ellebogen in die Rippen. „Erzähl. Was ist los?“ Athos lehnte sich an die Wand und erzählte alles, was sie erlebt hatten. Als er fertig war, mussten sich seine beiden Kameraden erst einmal sammeln. Was sie da gehört hatten war unglaublich. „Aber der Herzog ist doch gar nicht tot.“ Portos war verwirrt. Athos fuhr überrascht in die Höhe. „Was? Ich dachte, euer Plan wäre missglückt.“ D’Artagnan schüttelte den Kopf. „Nein, wir haben den Herzog warnen können. Er ist in Paris.“ Nun berichteten D’Artagnan und Portos ihre Erlebnisse. „Dann ist das eine Falle gewesen.“ Athos bekam weiche Knie. „Mein Gott, ich habe Aramis in die Hände seines ärgsten Feindes ausgeliefert.“ Portos krächzte. „Aber wie will Mylady denn beweisen, dass Aramis den Mord angeblich durchführte?“ Athos zuckte mit den Schultern. „Das weiß ich auch nicht.“ D’Artagnan straffte sich. „Wir müssen zu Monsieur Treville.“ Die drei Freunde liefen zum Zimmer ihres Hauptmannes, als sie von drinnen Stimmen hörten. „Ihr wollt was? Ich werde nicht zulassen, dass einer meiner besten Männer der Garde des Kardinals unterstellt wird.“ Brüllte Treville. Wie angewurzelt blieben die Kameraden vor der Tür stehen. „Ich denke nicht, dass ihr in der Lage seid Forderungen zu stellen.“ Erklang die selbstgefällige Stimme Kardinal Richelieus. „Aramis sitzt in der Bastille ein. Und falls ihr unseren Bedingungen nicht nachkommt, wird er noch heute des Mordes an Buckingham angeklagt.“ „Wie wollt ihr denn etwas beweisen, was er gar nicht ausgeführt hat?“ fragte Treville verächtlich. „Das lasst mal meine Sorge sein. Ich habe die Beweise bereits.“ Kardinal Richelieu beugte sich drohend über den Tisch des Hauptmanns. „Überlegt euch, was euch wichtiger erscheint. Einen Musketier weniger in eurer Kompanie, oder das Leben Aramis.“
Schritte erklangen. Unsere drei Freunde wollten sich schon verstecken, als sie noch mal des Kardinals Stimme vernahmen. „Ich komme um zwölf Uhr und erwarte eine Entscheidung.“ Der Kardinal verließ das Zimmer. Rasch verbargen sich Athos, Portos und D’Artagnan in einem Nebenzimmer. Nachdem die Schritte verklungen waren, betraten sie aufgeregt das Zimmer ihres Hauptmannes. „Wieviel habt ihr gehört?“ empfing er sie. D’Artagnan spielte zerknirscht mit seiner Stiefelspitze. „Alles.“ „Gut, dann brauche ich euch nichts mehr zu erzählen.“ Athos überwand seine Verwunderung am schnellsten. „Was machen wir jetzt?“ „Warum sagen wir nicht einfach die Wahrheit?“ fragte Portos. „Wie?“ D’Artagnan verzog das Gesicht. „Wenn wir dem Kardinal eröffnen, dass Buckingham nicht tot ist, kann Aramis auch nicht des Mordes angeklagt werden.“ Zustimmend nickte D’Artagnan. Aber Treville blockte ab. „Wenn sie die Wahrheit erfahren, bringen sie Aramis um. Dann haben sie ja nichts mehr zu verlieren, da ihr Plan fehlgelaufen ist.“ Seufzend ließ er sich in seinen Stuhl fallen. „Wir müssen solange warten, bis sie Aramis auf dem Marktplatz erschießen wollen.“ Athos fuhr auf. „Was sagt ihr da?“ Beschwichtigend hob Treville die Hand. „Dann präsentieren wir unseren Gefangenen, welcher immer noch im Glauben ist, den Herzog ermordet zu haben. Dieser wird im Angesicht des Todes hoffentlich seine Auftraggeber verraten. Schließlich können wir mit Hilfe der Königin und dem Herzog die Intrige aufdecken, Aramis befreien und sogar Mylady des zweifachen versuchten Mordes überführen.“ Unwillig stimmten die drei Kameraden zu. Es blieb ihnen nichts anderes übrig.
Pünktlich mit dem Schlagen der Turmuhr betrat Kardinal Richelieu das Zimmer. Überrascht blickte er auf Athos, Portos und D’Artagnan. Schließlich wandte er sich an den Hauptmann der Musketiere. Was er jedoch dann vorschlug war für alle anwesenden eine Überraschung. „Ich möchte euch ein faires Angebot unterbreiten. Wir bekommen unseren Mann, den ihr hier gefangen haltet und ihr bekommt Aramis zurück.“ Lauernd wartete der Kardinal eine Antwort ab. Die drei Freunde schauten sich misstrauisch an. Auch Monsieur Treville spürte die Lüge bei diesem Vorschlag, konnte aber nicht greifen, worin diese lag. Langsam nickte er. „Wann und wo soll der Austausch stattfinden?“ „In einer Stunde vor der Zugbrücke des Basinière- und des Grafschaftsturms der Bastille.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, verließ Kardinal Richelieu das Zimmer. „Irgendetwas ist faul an der Sache.“ Athos war beunruhigt. „Ich rieche es förmlich.“ Auch Portos blieb skeptisch. „Das ist eine Falle.“ Treville atmete tief ein. „Aber wir haben keine andere Möglichkeit als hinzugehen.“
Eine Stunde später warteten unsere drei Freunde mit Treville und ihrem Gefangenen an dem vereinbarten Treffpunkt. „Da sind sie.“ Portos deutete nervös nach vorne. „Aramis! Er lebt.“ Athos war unendlich erleichtert. „Ich hatte schon die Befürchtung, sie würden ihm etwas antun.“ Allerdings waren sie vom Zustand ihres Freundes erschrocken. Er war gefesselt, seine Kleider schmutzig und er konnte sich vor Schwäche kaum auf den Beinen halten. Immer wieder stolperte er und musste von einem Gardisten des Kardinals aufgefangen werden. Als er seine Kameraden sah huschte jedoch ein Lächeln auf sein Gesicht. Monsieur Treville und Kardinal Richelieu stellten sich in einer großen Entfernung voneinander auf. Nachdem sie die Fesseln von ihren Gefangenen genommen hatten gab Kardinal Richelieu Aramis einen Schubs. Dieser ging langsam los. Auch Treville schickte seinen Gefangenen los. Die Freunde konnten es kaum erwarten Aramis in ihre Arme zu schließen.
Plötzlich krachte ein Schuss.
Erschrocken schauten sie auf ihren Kameraden, doch der stand noch.
Stattdessen brach der Mann, der den Herzog von Buckingham ermorden sollte von einer Kugel in die Brust getroffen zusammen. Bevor einer der Musketiere reagieren konnte, rannte Aramis los. Aus dem Augenwinkel sah D’Artagnan, dass der Gardist, welcher gerade seinen eigenen Kameraden tötete die Waffe auf Aramis richtete und abermals abdrückte. Mit traumwandlerischer Sicherheit schoss unser Gascogner dem Gardisten die Pistole aus der Hand. Erschrocken sah Athos, dass sein Freund strauchelte und auf seinen Arm hinabschaute. Schnell merkte er aber, dass der Schuss ihn nur streifte und lief weiter. D’Artagnan und Portos gaben ihm Feuerschutz, während Athos ihm entgegen lief.
Kardinal Richelieu und dessen Gardist verließen kochend vor Wut den Schauplatz.
Freudig fielen sich unsere vier Freunde in die Arme. Waren sie endlich wieder alle vereint. „Aramis! Wie geht es dir?“ Dieser untersuchte seinen Arm. „Die Kugel hat mich nur gestreift. Ich hatte Glück.“ „Haben sie dich gefoltert?“ Athos blickte ihn ernst an. Aramis verneinte. „Sie haben sich überhaupt nicht um mich gekümmert, ich bekam Wasser und Brot und das wars. Keine Folter, keine Drohungen, auch keinerlei Fragen zu irgendetwas.“ „Sie konnten dich ja auch nichts fragen, da du nichts gemacht hast.“ Flocht Portos ein. Auf Aramis verwunderten Blick erklärte Athos „Mylady hatte uns eine Falle gestellt, damals im Garten. Irgendwie besitzt sie gefälschte Beweise, die dich im Mordfall an Buckingham als Täter entlarven.“ Nun erzählten die drei Freunde ihre Geschichte Aramis. So wusste auch der letzte der vier Freunde bescheid. Treville ergriff das Wort. „Ich befehle euch jetzt nach Hause zu gehen, etwas anständiges zu essen und morgen einen Tag Urlaub zu nehmen.“
Erschöpft machten sich die Vier auf den Heimweg.