Entspannung von Percy 

  Durchschnittliche Wertung: 5, basierend auf 2 Bewertungen

Kapitel Entspannung III

Wenige Minuten später waren sie ohne weitere Katastrophen beim ersten Saunagang angekommen. Der Freund hatte wohlweislich für den Anfang die mild temperierte Biosauna gewählt. Die über 90 Grad Celsius heiße finnische Sauna sparte er sich für später auf.

„Also hier kann man es aber aushalten!“ Porthos streckte sich auf seinem Handtuch auf der oberen Bank aus und war in wenigen Augenblicken eingeschlafen.

„Hoffentlich fängt er nicht an zu schnarchen…..“ murmelte Aramis und zog das Handtuch zurecht, noch immer ein wenig unbehaglich. Man hätte ja noch ein weiteres Handtuch mitnehmen können…? Ein kurzer Blick zu d’Artagnan und dem Freund belehrte ihn eines besseren. Sie saßen so bequem auf ihren Handtüchern, als ob sie im „Pomme de pine“ säßen, unterhielten sich ganz leise, da sie noch die einzigen Gäste in dieser Sauna waren. Athos beteiligte sich am Gespräch und meinte bedauernd: „Jetzt ein Glas Wein wäre auch nicht zu verachten!“

„Wir können zwischendurch etwas trinken gehen.“ Der Freund grinste. „Es wird aber antialkoholisch, das ist beim Saunieren gesünder.“

„Schade!“ seufzte Athos. „Diese….Wärme…Hitze….macht schon Durst.“

Allmählich kamen einige weitere Saunagäste, der Raum füllte sich und der Freund registrierte erfreut, dass seine Freunde sich ganz automatisch den erwünschten Saunaregeln anpassten und in entspanntes Schweigen versanken. Herrlich war das, wie die trockene Wärme durch seinen Körper drang. So bewußt entspannte er zuhause kaum, da es immer irgendetwas zu tun gab.

 

„So, ich bin dann gar!“ Der Freund grinste, erhob sich und nahm sein Handtuch auf. „Kommt jemand mit zum Abkühlen?“

Sofort erhoben sich Athos, Aramis und d’Artagnan. Porthos schnarchte selig auf der oberen Holzbank. Der Freund übersah die flehenden Blicke der anderen Saunagäste und ließ ihn schlafen. Den konnte er später „einsammeln“, überlegte er amüsiert.

Nebenan wies er auf die einzelnen Abkühlmöglichkeiten: „Zunächst, für die Warmduscher unter uns – und dazu zähle ich mich auch – eine normale Dusche mit Kalt- und Warmwasser mit stufenloser Temperaturverstellung. Ich fange immer lauwarm an und stelle es allmählich kälter.“ Er grinste schief. „Der Klassiker ist aber eher die Kaltwasserdusche oder der Wasserschlauch, die nehme ich dann danach. Dann gäbe es noch die Kübeldusche, wo aus einem Kübel ein Schwall Kaltwasser herunterstürzt und zuletzt das eiskalte Tauchbecken.“

„Du liebe Güte, das klingt ja wie eine Foltermethode!“ Athos schauderte unterdrückt.

„Naja, anfangs ist es furchtbar, aber wenn man sich gründlich abkühlt, fühlt man sich danach phänomenal, insbesondere, wenn man dann noch schwimmen geht.“

Skeptisch traute sich jeder in den Duschbereich, folgte dem Beispiel des Freundes. Dieser hantierte gerade mit dem Kaltwasserschlauch: „Herzfern beginnen, erst die Beine, dann die Arme, dann den restlichen Körper…..“ als Porthos auftauchte, Aramis resolut zur Seite schob und mit einem „Puh, war das heiß, ich brauche unbedingt Kühlung!“ zum Tauchbecken marschierte, hineinsprang und unter lautstarkem Trompeten und Prusten mehrfach untertauchte. „Aaaaah, herrlich!“ röhrte Porthos.

Der Freund kniff entsetzt die Augen zusammen. Ruhe und Entspannung im Saunabereich war die Regel. Porthos verstieß gerade gegen alles, was heilig war…….

Schließlich entstieg Porthos dem in arge Turbulenzen versetzten Becken, ging zur Kübeldusche und kippte sich unter erneutem Gebrüll den Eimer Eiswasser auf den Schädel. Aramis, Athos und d’Artagnan sahen fragend zum Freund, der errötend flüsterte: „Okay, und dann gibt es noch die ganz Harten……. Ich geh dann mal zu den Weicheiern…..“

Und als ob es nicht schlimm genug gewesen wäre, kam auch noch einer der Saunameister in den Duschbereich, steuerte geradewegs auf den Freund zu: „Hallo! Schön, dich auch mal wieder hier zu sehen!“ Der Freund wußte, was ihm bevorstand und wappnete sich. „Ja, äh, es war viel zu tun und kaum Zeit…..man kennt das ja….“ Der Saunameister nickte verständnisvoll, wurde ein wenig ernster. „Und ein paar Freunde hast du auch mitgebracht. Nett!“

D’Artagnan hatte genau zugehört und mischte sich, ein wenig verärgert, ein: „Na hört mal, mein Herr, Ihr könnt doch unseren Freund hier nicht einfach plump duzen!“

Dem Saunameister klappte die Kinnlade herunter, der Freund packte seinen Sweatshirtärmel und zog ihn mit sich, um die Ecke und außer Sicht- und Hörweite. „Komm mal mit, lass uns unter vier Augen sprechen!“

Die Musketiere schauten ihnen nach. D’Artagnans Augen funkelten: „Habt ihr das gesehen? Unser Freund – was für ein Kerl! Er fordert ihn sicher zum Duell wegen dieser Impertinenz!“

Athos war nicht überzeugt: „Was? Zum Duell? Nackt??? Womit denn???“

Aramis und Porthos unterdrückten einen Heiterkeitsausbruch, da erschien der Freund wieder, lächelte und meinte nonchalant: „Alles geklärt! Wir sollen nur darauf achten, etwas leiser zu sein, da sich sonst die anderen Saunagäste gestört fühlen könnten.“

„Leiser?“ Porthos schaute höchst unschuldig drein. „War ich etwa laut? Ist mir gar nicht aufgefallen!“

„Äh, ja, wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, ab ins Schwimmbecken, das ist nach dem Abkühlen jetzt ganz angenehm warm!“

Porthos steuerte schon den Beckenrand an, da vertrat ihm der Freund den Weg: „Wehe, Ihr springt da mit einer Arschbombe vom Beckenrand! Dann fliegen wir direkt hier raus!“

Aramis strich hinter den beiden vorbei, schnurrte wie ein Kater: „Und ich sag’s Euch, mon ami, bei dem Arsch gibt das eine gewaltige Detonation!“

Athos und d’Artagnan lachten leise und machten, dass sie zu den Stufen der Badetreppe kamen. Der Freund hörte nur noch „Ooooh.“, „Aaaah.“, „Wie herrlich!“ und beide waren bereits in langen Zügen ins Becken hinausgeschwommen.

Auch Porthos, Aramis und der Freund folgten ihnen und in der nächsten Viertelstunde hörte man keinen Mucks mehr von ihnen allen. Die Gäste aus der Vergangenheit bewunderten das schöne Schwimmbecken, schwammen nahe an den Rand und betrachteten fasziniert die glitzernden Lichteffekte auf und unter Wasser. Der Freund fand es nun allmählich auch entspannend und nahm sich vor, häufiger in die Sauna zu gehen. Das tat gut!

Nach einiger Zeit entstieg einer nach dem anderen den Fluten. In Bademäntel gehüllt, legten sich Porthos und d’Artagnan dösend auf zwei Liegestühlen neben dem Schwimmbad, Aramis dagegen kam, nachdem er sich abgetrocknet und in seinen Bademantel gehüllt hatte, zurück zum Beckenrand, wo er fasziniert ins Becken schaute, einen träumerischen Ausdruck in den Augen. Der Freund trat sachte zu ihm, folgte seinem Blick und sah Athos, wie er geschmeidig unter Wasser an ihnen vorbei tauchte. Sein schwarzes Haar war seidig im Wasser aufgefächert, eine rabenschwarze, wogende Wolke, sein Körper wurde von den Unterwasserscheinwerfern aufs vorteilhafteste angestrahlt, mühelos glitt er durch das türkisblaue Wasser.

Aramis seufzte, konnte den Blick nicht abwenden. „Ist er nicht schön, mon ami?“ wisperte er.

Der Freund schaute ebenfalls gebannt ins Wasser: „Ja…..ja, absolut!“

Aramis blickte ihn offen an: „Solch ein Anblick erfreut mein Dichterherz, müsst Ihr wissen! Ich spüre jetzt schon, wie ich Verse schreiben werde, sobald ich ein wenig Muße und Feder und Papier habe!“

Der Freund nickte, lächelte ihm zu. Tatsächlich fehlten ihm die Worte. Warum konnte ein Mann des 17. Jahrhunderts etwas derart Wundervolles sagen, während er nur starren und schweigen konnte?

„Seht Ihr, mon ami? All die Sagen von Meerjungfrauen……ich glaube, dass ein  Fünkchen Wahrheit in ihnen steckt, denn seht Ihr nicht, wie ich auch, dort im Wasser einen Meermann? Vielleicht sogar Neptun höchstselbst?“

„Ja, Ihr habt Recht, Aramis! Ich sehe es auch! Ein Wasserwesen, schön und geheimnisvoll!“

Aramis strahlte, hakte sich sachte bei dem Freund unter: „Seht Ihr? Jetzt habe ich Euch auch zum Dichter gemacht!“